Anti-Lager-Aktionstage in Oldenburg

rot 01.10.2006 22:11 Themen: Antirassismus Globalisierung
Heute endeten die in Oldenburg/Blankenburg stattfindenden, dreitägigen Aktionstage gegen das Abschiebelager Blankenburg. Das direkt neben dem Abschiebeknast gelegene Camp, in dem mehrere Workshops, Essen, Spiel & Spaß geboten wurden, wurde von zahlreichen Flüchtlingen aus dem Lager besucht, die sich dank DolmetscherInnen miteinander und mit AktivistInnen mit deutschem Pass vernetzen und über ihre Rechte informieren konnten. Am Samstag demonstrierten über 350 Leute durch die Oldenburger Innenstadt - ohne die zeitgleich in Vechta stattfindende AntiFa-Demo (s.  http://de.indymedia.org/2006/09/158126.shtml) wären es wohl noch mehr gewesen. Ein Eindringen in das Lager wurde durch die konstant am Camp präsente Polizei recht rabiat unterbunden.
Etwa 350 Menschen haben am Samstag, den 29. September 2006, im Rahmen der “Anti-Lager-Aktionstage” gegen den staatlichen Rassismus demonstriert. Insbesondere gegen das staatliche Lagersystem, das MigrantInnen zwingt, in gesonderten Einrichtungen, ohne jedwede Perspektive, zu leben. Für MigrantInnen stellen die Lager einen erster Schritt da, um sie schnellst möglich wieder abzuschieben. In zahlreichen Redebeiträgen, die mehrsprachig verlesen wurden, machte die Demonstration auf ihr Anliegen aufmerksam. Die Polizei war - mal wieder - mit einem völlig überzogenene Aufgebot vor Ort und begleitete die Demonstration im Spalier. Nach der Demo (am 2. Tag der Aktionstage) gab es dann vor dem Lager Blankenburg leckeres Essen und nette Diskussionsrunden zu Perspektiven für die antirassistische Praxis. Mehrere AntirassistInnen, die die von der Polizei eigens errichteten Absperrungen überwunden hatten, um im Lager zu informieren (Lagerleiter Christian Lüttgau hatte für die gesamten Aktionstage ein Besuchsverbot über die Lagerinsassen verhängt) wurden von der Polizei gestoppt und recht bald wieder hinter die Absperrung geboxt.
Durch ihr Auftreten machte die Polizei klar, das sie gewillt ist als ausführendes Organ des staatlichen Rassismus, das System Lager auch in Blankenburg, aufrecht zu erhalten.
Das Camp vor dem Lager war (mit gewisser Fluktuation) durchgängig von 80 - 150 Leuten, darunter vielen Flüchtlingen besucht, obwohl von Seiten der Lagerleitung der Versuch unternommen wurde, die Flüchtlinge durch einen Gratis-Transport zum Volksfest "Kramermarkt" von der Teilnahme abzuhalten.
Der Aufruf zu den Aktionstagen ist auf der Sonderseite  http://www.alhambra.de/nolager dokumentiert.
Am 20.10. möchte die Bundeswehr in Oldenburg einen "Großen Zapfenstreich" zum Anlaß der 50-jährigen Stationiertheit von Truppen in Oldenburg abhalten (erste Infos:  http://provinzkritik.blogsport.de/2006/09/28/militaerspektakel/). Proteste hiergegen sind ebenfalls in Planung, achtet auf Ankündigungen unter  http://www.alhambra.de/joomla oder  http://provinzkritik.blogsport.de.
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Ergänzungen

Demorede1

Peter Sommerfeld 03.10.2006 - 13:41
Hier eine der Demoreden, die auf der Demonstration am 30.09 gehalten worden ist.



Demorede

Wir sind heute hier um gegen das Lagersystem in Deutschland zu protestieren.
In Deutschland werden Menschen, die Asyl beantragen, weil sie auf der Suche nach Schutz, Existenzsicherung und einem besseren Leben sind, in Lager gesteckt. Flüchtlinge leben heute vom ersten Tag an bis zur ihrer Ausweisung in Lagern. Eine Umverteilung in Dezentrale Wohnungen findet nicht mehr statt. Das Oldenburger Lager in Blankenburg hat sich von einer Aufnahmeeinrichtung zu einem Lager entwickelt, indem Menschen dauerhaft leben müssen. Wenn Flüchtlinge aus Blankenburg verlegt werden geht es für sie zumeist direkt ins Abschiebelager nach Bramsche Hesepe.

Das Leben in diesen Lagern ist wie ein trostloser Wartesaal. Zunächst warten Flüchtlinge auf den Ausgang des Asylantrages, der zu 99 % abgelehnt wird. Dann ist da die Hoffnung nicht abgeschoben zu werden. Die Lebensbedingungen im Lager zielen aber darauf ab, den Flüchtlingen jede Hoffnung zu nehmen. Ihnen soll das Gefühl der Perspektivlosigkeit vermittelt werden. Denn Deutschland soll ihnen ein Land ohne Zukunft sein. Die Isolation von der Gesellschaft und die täglichen Diskriminierungen durch das Lagersystem sind kalkulierte Methoden der Flüchtlingsabwehr in Deutschland. Nicht Integration, sondern Desintegration ist das Ziel der Lagerpolitik. Lager gehören zur Infrastruktur einer Politik die massenhafte Abschiebungen ermöglichen soll. Lager sind Bestandteil eines Krieges der gegen die Flüchtlinge geführt wird.

Seit über 20 Jahren entwickeln die Deutschen Behörden Methoden, wie sie Flüchtlinge in einen Zustand der Perspektivlosigkeit bringen kann. Sie haben durch verschiedene Projekte gelernt, wie man den psychischer Druck so aufbaut, das die Flüchtlinge ihrer Ausreise freiwillig zustimmen oder wie man sie zumindest in die Illegalität treibt.
Ein solches Laboratorium für Flüchtlingswehr haben wir auch vor den Toren der Stadt Oldenburg. Im Lager Blankenburg wird zum Beispiel seit 1998 das sogenannte „Projekt X“ durchgeführt. Hier soll eine Identität der Flüchtlinge festgestellt werden, die ihre Abschiebung ermöglicht. Die Methoden hierfür sind unter anderen häufige Verhöre, Botschaftsvorführungen, Bespitzelungen und Geldentzug. Die Erfahrungen aus diesem Projekt sind auch in das Abschiebe-Lager Bramsche Hesepe bei Osnabrück eingeflossen. Seit 2000 betreibt das Oldenburger Lager dort ein Außenlager. Dieses Abschiebe-Lager in Bramsche Hesepe hat Bundesweit Modellcharakter. Viele Delegationen aus andern bundesdeutschen Lagern reisen nach Bramsche, um sich von der Effizienz der angewandten Methoden vor Ort zu überzeugen.

Gegen die repressive staatliche Lagerpolitik, gibt es aber von Seiten der Flüchtlinge auch Strategien der Unterwanderung und des Widerstandes. Immer wieder gibt es Revolten in Abschiebeknästen und Hungerstreiks in Lagern. Öffentlich wird dieser Widerstand kaum wahrgenommen. Wir als Antirassistische Bewegung sollten uns mit den verschiedenen Formen des Widerstands solidarisieren und dem staatlichen sowie dem gesellschaftlichen Rassismus etwas entgegensetzen. Macht Aufmerksam und greift ein.

Wir sind heute hier um gegen die Realität des Lagersystems zu demonstrieren. Wir demonstrieren auch gegen den europaweiten Ausbau des Lagersystems. Die Lagerpolitik ist mittlerweile zum festen Bestandteil der EU Flüchtlingspolitik geworden.
Ob hier vor Ort oder Anderswo, die Lager müssen weg. Wir fordern die Schließung aller Lager und Lagerähnlichen Unterbringungen. Organisieren wir den Widerstand gegen das rassistische Lagersystem!
Jeder Mensch hat das Recht dort zu leben wo er oder sie möchte!
Stoppt Abschiebungen
Gleiche Rechte für alle.

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