"Tag der Heimat" in Arnstadt (Thür.)

no place to hide 25.09.2006 13:41 Themen: Antifa
Am 24. September (Sonntag) veranstaltete der "Bund der Vertriebenen" (BdV), wie schon im Vorjahr einen "Tag der Heimat" in der Arnstädter Stadthalle. Busse voller "Vertriebener" suchten das Treffen des BdV auf. Auch einige AntifaschistInnen nahmen das Treffen zum Anlass um Kritik am revisionistischen Verein zu üben und versammelten sich vor der Stadthalle.
Der "Bund der Vertriebenen"

Gegründet wurde der BdV direkt nach der Befreiung durch die Alliierten Streitkräfte von ehemaligen NS-Persönlichkeiten, wie Frank Seiboth (SS-Hauptsturmführer, Gauhauptstellenleiter, Gauschulungsleiter, HJ-Gebietsführer, Mitglied der NSDAP-Gauleitung) oder dem ersten BdV-Präsidenten Dr. Hans Krüger, einem Faschist und Nationalsozialist aus vollster Überzeugung. Frühzeitig bekannte er sich zu Hitler und nahm - wie er selber angab - am 9. November 1923 am Hitlerputsch gegen die Weimarer Republik teil. Ab 1933 war er aktives Mitglied der NSDAP und verschiedener anderer nationalsozialistischer Organisationen. Besonders aktiv war Krüger in dem nach 1933 von den Nazis gegründeten und dominierten "Bund Deutscher Osten" (BDO), der ganz speziell in den osteuropäischen Ländern die subversive Wühlarbeit koordinierte und somit maßgeblich an der Vorbereitung des faschistischen Angriffskrieges von Nazideutschland beteiligt war.

Wahrlich großzügig zeigte sich der BdV bei der Verabschiedung ihrer Charta 1950, in der es u. a. heißt: "Wir verzichten auf Rache und Vergeltung..."

Der BdV ist natürlich keine rechtsextremistische Vereinigung wie NPD oder Kameradschaften, schon allein eines anderen Zielgruppenbewusstseins wegen. Dennoch stellen derartige Artikulationen den Nährboden für militante und extremistische Neonazis sowie ein gesellschaftliches Grundklima von Rassismus und deutschem Opfermythos.
Zahlreiche BdV-Aktivisten und Aktivistinnen sind etablierte Politiker bei CDU und CSU. Beim bundesweiten Tag der Heimat in Berlin am 06.08.2005 stehen u. a. Innenminister Schily und Kanzlerkandidatin Merkel auf der Rednerliste. Interessant - wie man öffentlichkeitswirksam bei Gedenkveranstaltungen zur Befreiung und Erinnerung an den Holocaust und Veranstaltungen von Holocaust-Leugnern und Revanchisten teilnehmen kann, wenn es gilt Lobby und Wähler zu bedienen.
Gleichzeitig wird die "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten" von Schilys Verfassungsschutz überwacht.
Der "Bund der Vertriebenen" ist damit neben einer geschichtsrevisionistischen Organisation auch ein Abbild der Nachkriegsgesellschaft und gescheiterten Vergangenheitsbewältigung der BRD.
(Text aus dem Antifaflyer zum "Tag der Heimat" 2005 in Arnstadt)

Alle Jahre wieder...

Wie schon im Vorjahr wurde der BdV-Event großzügig von der Lokalpresse beworben. Anstoß scheint die Thüringer Allgemeine am revisionistischen und revanchistischen Verband jedenfalls nicht zu finden. Wie auch, selbst Deutschlands Bundespräsident Horst Köhler geniert sich nicht am "Tag der Heimat" 2006 in Berlin Reden zu schwingen und die Umsiedlung der deutschen Bevölkerung am Ende des Zweiten Weltkrieges als Unrecht zu bezeichnen.
Auch Arnstadts Bürgermeister Hans-Christian Köllmer, ein guter Freund von Jörg Haider (rechtsextremer Kader aus Österreich) ist auf den Treffen des BdV in Arnstadt immer ein gern gesehener Gast. Auch diesmal ließ Köllmer es sich nicht nehmen der Veranstaltung beizuwohnen. Um die AntifaschistInnen, die vor der Stadthalle standen, wollte sich Köllmer jedoch eher weniger kümmern. Diesen Job überließ er Holocaustrelativierer und Arnstadts BdV-Verbands-Vorsitzenden Jürgen Blaustark. Blaustark wird in der Thüringer Allgemeine vom 12.11.2001 folgendermaßen zitiert: "Wir zweifeln daran, ob diese Zahl von 6 Millionen von den Nationalsozialisten umgebrachten Juden überhaupt stimmt."
Von Köllmer auf die AntifaschistInnen aufmerksam gemacht, sucht Blaustark das Gespräch und bittet die Protestierenden zu gehen, nicht ohne zu bemerken, dass sie von Geschichte doch eh keine Ahnung haben. Auf Nachfrage, wie viele Opfer denn der von den Deutschen betriebene Holocaust gekostet hat, wusste Blaustark jedoch keine Antwort mehr und ging zurück zu seinesgleichen. Die Eingangstür verschloss er sicherheitshalber. Kritisches Publikum war nicht erwünscht.

Aufklärung und Widerstand

Ca. 200 Flugblätter verteilten die wenigen anwesenden AntifaschistInnen vor der Stadthalle und in der Innenstadt. Die Flyer klärten über den Charakter des BdV und der stattfindenden Veranstaltung auf. Schon früh am Morgen säumte ein Transparent mit der Aufschrift "DEUTSCHE TÄTER SIND KEINE OPFER" den Anreiseweg der RevisionistInnen, welches Blaustark höchstpersönlich einsammelte (wohl für die private Sammlung).
Gegen 14 Uhr versammelten sich einige AntifaschistInnen am Eingang der Stadthalle, um mit Hilfe eines Transparentes mit der Aufschrift "Deutschland denken heißt Auschwitz denken" ihren Unmut gegen das revisionistische Treiber kundzutun. Nach haltlosen Drohungen und Hausverbotsgerede der "Vertriebenen" wurden die AntifaschistInnen vom Eingang der Stadthalle vertrieben. ;-) So zog der Protest weiter, etwa 30m. Bis zum Grundstücksende der Stadthalle/Brauerei. Aufgrund der abgeschiedenen Lage war der Zulauf jedoch nicht besonders groß. Gegen 16 Uhr zogen die Protestierenden ab.

Fazit

Auch und gerade in Arnstadt ist und bleibt es wichtig über die Ziele und Machenschaften des BdV aufzuklären und zu protestieren. Ein wahrnehmbarer antifaschistischer Protest war also Sinn und Zweck der Aktionen und konnte mit Hilfe von Flugblättern und Transparenten erfüllt werden.


Weitere Informationen über den BdV gibt es unter:  http://www.feindesland.tk
Regionale Antifainfos gibt es immer bei der Antifaschistischen Gruppe Südthüringen [AGST] unter  http://www.agst.antifa.net und bei Left Resistance Arnstadt [LRA] unter  http://www.lra.antifa.net
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LRA? — antifa

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