Nazi-Outing bei Braunschweig

(muss ausgefüllt werden) 10.09.2006 22:21 Themen: Antifa
Heute Mittag sind einige AntifaschistInnen nach Cremlingen gefahren, um die Anwohnerinnen und Anwohner über das Treiben ihres Nachbarn Marc Stange zu informieren: Marc Stange betreibt unter dem Label "Max H8" in Cremlingen seinen Versandhandel mit Naziklamotten und gehört zur "Kameradschaft Celle".
Es wurde per Megafon ein kurzer Text verlesen, der die wichtigsten Fakten über Marc Stange zusammenfasste und Flugblätter an die umliegenden Haushalte und zuhörenden AnwohnerInnen verteilt. Die meisten Passanten zeigten sich interessiert und aufgeschlossen, Herr Stange selbst ließ sich nicht blicken...

Nach zwei bis drei Minuten wurde die Aktion ohne Zwischenfälle beendet. Zur Dokumentation hier noch der Text des Flugblattes, das an die AnwohnerInnen verteilt wurde.


Sehr geehrte Anwohnerinnen und Anwohner,

Sie werden zustimmen, dass Cremlingen ein kleines, ruhiges und beschauliches Örtchen ist – hier ist die Welt noch in Ordnung, so scheint es, doch ist das wirklich so?

Auf den Internetseiten der Gemeinde Cremlingen erfahren wir, dass hier zahlreiche kleine und mittelgroße Gewerbebetriebe angesiedelt sind. -1- Einen von diesen Betrieben in der Gemeinde Cremlingen finden wir besonders „interessant“ und möchten Ihnen diesen daher heute einmal samt Inhaber etwas genauer vorstellen. Es handelt sich um den Textilvertrieb Marc Stange, welcher sich in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft, genauer gesagt Spitzer Winkel 5 befindet. Dieser produziert und vertreibt die Marke „Max H8“, was für „Maximum Hate“, also „maximaler Hass“ steht, ein wie wir finden unpassender Name für ein in dieser Idylle angesiedeltes Unternehmen.
Und auch sonst scheint mit diesem Unternehmen „etwas nicht in Ordnung“, das Wappenähnliche Logo der Firma ist in den Farben Schwarz-weiß-rot, also den Farben der Fahne des Deutschen Reiches, gehalten und wird durch Altdeutsche Schriftzeichen „geziert“. Die Kleidungsstücke haben Aufdrucke mit Runen oder Schriftzüge wie „Thule“, eine Insel aus der Germanischen-Mystik, welche bei Nazis sehr beliebt ist. Auch die „Schwarze Sonne“ ist auf einer der Jacken im Angebot der Firma zu finden. Das Symbol ist in der rechten Jugendkultur äußerst angesagt, da es den Boden des „Obergruppenführersaales“ der Wewelsburg zu Zeiten des Nationalsozialismus schmückte. „Außerdem wird das Symbol gerne von Anhängern der rechten Szene getragen, da das Zeichen wie mehrere ineinander verdrehte Hakenkreuze aussieht.“ -2- Welches Klientel die Firma bedient, hat auch das Internetauktionshaus Ebay erkannt und kurzerhand den Verkauf von Artikeln der Marke „Max H8“ auf seinen Seiten verboten.

Und auch aus politischer Sicht ist Cremlingens wohl einziger Modedesigner kein unbeschriebenes Blatt. Marc Stange zählte zum Umfeld der am 24. Februar 1995 verbotenen Freien Arbeiter Partei, welche „unter anderem berüchtigt für aggressiv nationalistische Propaganda, ihre inhaltliche Nähe zum Nationalsozialismus und gewalttätige, rassistisch motivierte Übergriffe“ -3- war. In dieser Zeit beteiligte Stange sich des öfteren an Übergriffen auf Andersdenkende, er selbst bezeichnet dies in einem Interview mit der Kampagne „Schöner leben mit Naziläden“ -4- (an der sich auch seine Firma beteiligt) als Feindkontakt. Seine letzte Inhaftierung ist jedoch schon über zwei Jahre her.
Aktuell „gehört Stange zum festen Stamm der Kameradschaft Celle“ -5- , diese wird in der Literatur, welche sich mit Neo-Faschismus und Nazi-Kameradschaften beschäftigt, immer wieder als eine der führenden Kameradschaften für die Region Norddeutschland/Niedersachsen genannt -6- . Stange beteiligte sich beispielsweise an einem Aufmarsch der NPD am 28.01.2006 in Lüneburg, wo er mit anderem das Transparent der Kameradschaft Celle trug -7- . Beim „Celler Wasa Lauf“ am 12. März diesen Jahres trat eben genannte Kameradschaft in Trikots der Firma von Marc Stange auf. In dem bereits oben erwähnten Interview gibt Stange an, auf jeder größeren Demo zugegen zu sein. So war Stange auch am 13. Mai diesen Jahres bei einer Kundgebung der NPD in Göttingen anwesend. Besonders interessant war dabei, dass er seine Zeit an diesem Tag mit dem Matthies Müller aus Braunschweig verbrachte. Der in mindestens 18 Fällen straffällig gewordene Braunschweiger war es, der den Jugendtreff des DGBs in der Nacht vom 9. auf den 10. April in Brand setzte, dies mittlerweile gestanden hat und deswegen bis vor kurzem in U-Haft saß.

„Die Vernichtung des Faschismus
mit seinen Wurzeln ist unsere Losung“

Schwur der Überlebenden des KZ Buchenwald,
19. April 1945

1  http://www.cremlingen.de/cgi-bin/cremlingen/sitemap/show_page.cgi?id=86
2  http://de.wikipedia.org/wiki/Schwarze_Sonne
3  http://de.wikipedia.org/wiki/Freiheitliche_Deutsche_Arbeiterpartei
4  http://nd-b.com/ww/nazilaeden/inhalt.htm
5 Der Rechte Rand – Informationen von und für AntifaschistInnen, Nr. 101, Seite 7
6 siehe bspw. Braune Kameradschaften von Andrea Röpke und Andreas Speit (Hg.)
7 zu sehen unter:  http://aacelle.aa.funpic.de/index.php?option=com_content&task=view&id=36&Itemid=51
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Zur Situation in Braunschweig

banda nera 10.09.2006 - 22:49
Brandanschlag von Neonazis auf Fahrzeug der Falken

In der Nacht vom 20. auf den 21. Juli versuchten Neonazis den VW-Bus der Sozialistischen Jugend - Die Falken anzuzünden. Das Auto stand in der Tuckermannstraße vor den Büroräumen, während unbekannte Täter Brandsätze unter dem Fahrzeug entfachten. Auf dem Fahrzeug und der Bürotür hinterließen sie Aufkleber mit der Beschriftung „Braune Armee Fraktion - 11/88“.

Ein sich zufällig in der Nähe aufhaltender Spaziergänger entdeckte Flammen unter dem Auto und konnte schlimmeres verhindern, indem er die Brandsätze wegtrat und die Feuerwehr rief. Zeugen berichteten später von drei mit Kapuzen vermummten Personen, die sich kurz vor Ausbruch des Feuers zwischen null und ein Uhr am Fahrzeug aufhielten.
Am selben Abend fand im B58 ein Konzert des antifaschistischen Jugendbündnisses statt. Das Konzert war mit 220 zahlenden Besuchern ausverkauft und bildete den Abschluss einer Reihe von Veranstaltungen, die das Ziel hatten, auf die aktuellen neofaschistischen Übergriffe aufmerksam zu machen. Dass der Anschlag in der selben Nacht zeitgleich zu der Veranstaltung mit dem Motto „Nazis wegrocken“ passierte, dürfte kein Zufall gewesen sein.
Die Falken waren bereits öfter Opfer rechter Gewalt: Nachdem Anfang April die Kinder- und Jugendgruppenräume in der Böcklerstrasse zuerst mit SS-Runen beschmiert wurden, schmissen hier unbekannte Täter am 29. April einen Holzpfahl durch die Schaufensterscheibe. Diese Tat passierte zeitgleich zu einem Solikonzert für das Bündnis gegen Rechts, an dem sich neben anderen Jugendgruppen auch die Falken beteiligt hatten. Diese Art der „Reaktion“ auf antifaschistisches Engagement entwickelt sich seitens der Nazis offenbar zu einer Art Strategie. Auch als am 22.4. in der Innenstadt aus Prostest gegen den Brandanschlag auf den DGB-Jugendtreff ein Abendspaziergang mit mehreren hundert Jugendlichen stattfand, versuchten Nazis das antifaschistische Café am Cyriaksring anzugreifen. Neben dem mehr oder weniger erfolgreichen Auftreten als dumpfe Schläger, versuchen sich die braunschweiger Nachwuchsnazis offenbar weitere Aktionsformen anzueignen, mit denen sie zielgerichteter gegen kritische Meinungen und Standpunkte vorgehen wollen.

Staatsschutz spielt NPD den Ball zu

In Bezugnahme auf die Falken wurde auf den Internetseiten des Unterbezirks der NPD bereits am 10. Juli ein Artikel verfasst, der gegen die Jugendorganisation hetzt, welche dort als intolerant und gefährlich dargestellt wird. Offiziell ist die NPD bemüht, sich ein bürgerfreundliches Image zurechtzulegen und ungesetzliche Handlungen weit von sich zu weisen. Ein Blick auf das der Homepage angegliederte Forum reicht jedoch um zu erfahren, dass dort eifrig versichert wird, wie problemlos mit „verschiedenen nationalen Gruppen“ zusammengearbeitet werde.
Mit der Meinungsmache gegen die Falken hat es die NPD insofern nicht schwer, als dass sie problemlos auf die Argumentation zurückgreifen kann, welche die Polizei in der regionalen Presse veröffentlichte. In der Braunschweiger Zeitung wurde am 20.5. berichtet, dass die Veröffentlichung eine Chronik von neofaschistischen Übergriffen Anlass sei, gegen die Falken wegen „Vortäuschung von Straftaten“ zu ermitteln. Mit der Abstreitung einer Häufung der neofaschistischen Übergriffe und dem Versuch die Gewalttaten den Veröffentlichern in die Schuhe zu schieben, gibt der Staatsschutz der NPD einen Steilpass!

Verhalten der Polizei ermutigt die Nazis weiterzumachen

Auch im aktuellen Fall belassen es die Ermittlungsbehörden nicht dabei „objektiv“ in alle Richtungen zu ermitteln. Stattdessen werden die Zeugenaussagen noch vor einer ordentlichen Vernehmung öffentlich angezweifelt und die Indizien als „fast schon zu klischeehaft“ für einen rechtsextremen Hintergrund bezeichnet.
Durch das öffentliche Infragestellen der Zeugenaussagen und dem erneutem Verweis auf die Ermittlungen gegen die Falken wegen „Vortäuschung von Straftaten“ (Peiner Allgemeine Zeitung v. 22.7.) können die Nazis gleich einen doppelten Erfolg für sich verbuchen. Ihre Opfer werden somit nicht nur materiell, sondern auch öffentlichkeitswirksam geschädigt. Wir teilen in diesem Punkt die Einschätzung der Falken, dass die Nazis sich unter solchen Bedingungen animiert fühlen weiterzumachen.

Bild von Stange

robo 11.09.2006 - 10:05
hallo liebe mods, könntet ihr bitte dieses foto noch anhängen? danke...

Bild von Marc Stange

bs 11.09.2006 - 12:02
Die Bildunterschrift unter dem ergänzten Bildist etwas uneindeutig: Matthies Müller ist der Typ mit Kapuze und Sonnenbrille, Stange steht links daneben.

Outing

irgendwer 12.09.2006 - 08:41
Zitat: Herr Stange selbst ließ sich nicht blicken
Geht auch schlecht wenn er nicht zugegen war. Das Auto war nämlich zum Zeitpunkt nicht da. Hab Euch doch selbst gesehen (12:19).

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 4 Kommentare

Max H8

By the way 11.09.2006 - 11:13
H8 könnte auch eine neue Umschreibung der verbotenen 88 sein. Irgendwie sind die Herren da immer einfallsreich. Am Samstag fotografierten auf dem Dresdner Hauptbahnhof Polizisten gezielt Jackenlogos eines kontrollierten "Fußballfans". Konnte nicht erkennen, was das war.

Abmahnen?

Provencal 11.09.2006 - 11:22
Kann man den Knaben nicht von einem dieser Abmahnanwälte teuer Abmahnen lassen? Ein Postfach in Braunschweig erfüllt m. E. nicht die gesetzlichen Anforderungen für eine ladungsfähige Anschrift im Impressum eines Webshops.

lolinger

wie 11.09.2006 - 13:07
oft werdet ihr den denn noch outen? Sucht euch doch mal neue Targets ....

wann bitte

... 11.09.2006 - 13:59
@ wie:gab es schonmal ein outing von marc stange? also mir ist von keinem etwas bekannt, das müsste dann doch schon ein paar tage her sein...
@ bs: wenn du das bild anklickst, dann wirst du sehen das es nicht so ganz uneindeutig ist...