Das Erzeugen von Angst als Methode

Moribund Burgermeister 07.09.2006 21:47 Themen: Kultur
Mobilfunkkritiker führen die Diskussion über gesellschaftliche Probleme ins Absurde. - Der folgende Artikel beschreibt den im Kern totalitären Charakter der mobilfunkkritischen Aktivisten-Szene und grenzt diese anti-moderne Bewegung von den ökosozialen Bewegungen ab.
Deutschland. - Auf Webseiten und in Newslettern der mobilfunkkritischen Szene ist derzeit ein bedenklicher Trend zu beobachten. Angeblich werde, so heisst es, von immer mehr Ärzten in Deutschland eine Häufung von Erkrankungen beobachtet, die durch Mobilfunk-Sendestationen verursacht worden sein sollen.

In der Szene kursiert z.B. die Untersuchung einer Bamberger Ärztin. Diese stellte jüngst der mobilfunkkritischen Zuhörerschaft in mehrseitigen Fallberichten gesundheitliche Details von Einwohnern der Ortschaften Icking, Haibach und Bruchhof zur Verfügung(1).

Die geschilderte Palette an Krankheiten und Symptomen, die im Zusammenhang mit der Nähe der Wohnungen zu Mobilfunksendern stehen sollen, umfasse demnach vielerlei Beschwerden, die es allerdings auch ohne Mobilfunk bereits gegeben hat. Dazu gehören z.B. allgemeine Schlafstörungen, Schwitzen, Kopfschmerz, Schwindel, Übelkeit, Konzentrationsstörungen, Leistungsabfall in der Schule, Reizbarkeit, Aggressivität, depressive Stimmung, häufige Infekte, Allergien oder Sehstörungen, aber auch lebensbedrohliche Krankheiten wie Krebs. Auch Störungen bei Pflanzen und Tieren werden aufgeführt.

- Wie man eine neue Krankheit erfindet -

Der Trick: In Ermangelung schlüssiger Beweise, die einen Zusammenhang der angeblich epidemisch auftretenden Krankheitssymptome mit der Existenz von Mobilfunksendern herstellen könnten, versuchen harte Mobilfunkkritiker seit einiger Zeit, Krankheiten und Befindlichkeiten, die wahrscheinlich schon seit Menschengedenken Begleiterscheinungen menschlicher Existenz sind, als ein angebliches "neuartiges Krankheitsbild" zu verkaufen und dem Einfluss von Mobilfunkstrahlung zuzuschreiben.

Die vorgeblich "neuartigen Krankheitsbilder" erinnern an Berichte über Strahlenerkrankungen nach Atomkraftunfällen. Sie erweisen sich aber bei näherem Hinsehen als willkürlich zusammengepuzzeltes Zerrbild, mit dem eine allgemeine Gefahr suggeriert wird. Die Bevölkerung unterliege einer permanenten Bestrahlung durch Mobilfunksender, einer "Zwangsbestrahlung", wie manche Mobilfunkgegner betonen. Somit stehe die Volksgesundheit insgesamt auf dem Spiel, so lautet die Botschaft.

Es muss befürchtet werden, daß diese Sichtweise auf Kosten anderer notwendiger Maßnahmen geht. Wer davon überzeugt ist, daß die Verhaltensauffälligkeiten seines Kindes von der Mobilfunkstrahlung herrühren, der verzichtet möglicherweise auf eine notwendige Eltern- oder Eheberatung, auf gesundheitliche Beratung oder Therapie. An die Stelle dringend notwendiger, rationaler Ursachenforschung tritt ein irrationaler Strahlenangst-Wahn.

Gegen die eigentlich permanent notwendige, kritische Diskussion über eine Leistungsgesellschaft, in der schon Kinder auf Schul- oder Scheidungsstreß mit Verhaltensauffälligkeiten reagieren und dagegen Medikamente erhalten, in der Menschen unter Arbeitsdruck an Tinnitus erkranken, in der alte Menschen sich zunehmend als bloße Kostenfaktoren im Gesundheitsbetrieb abqualifiziert sehen, verbreitet die Mobilfunkgegner-Szene ihr krudes, esoterisch anmutendes Raunen von einer allgemeinen Strahlengefahr, die als Ursache allen Leidens postuliert wird.

- Zusammenhang nicht bewiesen -

Nun ist der Zusammenhang mit Mobilfunkexposition leicht behauptet, lässt sich aber umso schwerer nachweisen.

In vielen Veröffentlichungen der Mobilfunkkritiker wird immer wieder die große Bandbreite an Erkrankungen genannt, deren gemeinsame Ursache in der Mobilfunkexposition liegen soll. Krankheiten innerer Organe, Nervenleiden, Brustkrebs, psychische Probleme – wie da ein Beweis zu führen sein soll, der all diesen Krankheiten in geradezu abenteuerlicher Vereinfachung eine einzige Ursache zuweist, ist schlicht nicht möglich.

Ebenso verhält es sich mit der Behauptung von der Häufung dieser Krankheiten. Wissenschaftler sind sich einig, daß die in den letzten Jahren nur noch leicht ansteigende Zahl registrierter Krebsfälle auf die stete Verbesserung der Diagnostik zurückzuführen ist. Auch ist die allgemeine Lebenserwartung weiterhin im Steigen begriffen, was der Theorie von einer allgemeinen Gesundheitsschädigung durch Mobilfunk ebenfalls widerspricht.

Es kann jedoch festgestellt werden, daß die Wortführer in der mobilfunkkritischen Szene sich nicht durch Argumente beirren lassen. Auch werden Wissenschaftler und Skeptiker, die dem Postulat einer allgemeingefährlichen Mobilfunkstrahlung nicht folgen, unter Nennung des Namens als "betreibergesteuert" und industriefinanziert diffamiert. Hinweise auf deren angebliche Manipulationen und Machenschaften sind Legion. Selbst die Weltgesundheitsorganisation wird in dieses Verschwörungsraster mit einbezogen.

Aus der Fülle an Studien und Arbeiten, die zur biologischen Wirkung hochfrequenter Mobilfunkstrahlung vorliegen und die in ihrer Mehrzahl einen entwarnenden Charakter haben, werden solche herausselektiert, aus denen sich eine Gefährdung des Menschen konstruieren lässt.

Die nähere Durchsicht selbst solcher einseitig selektierter "Beweise" zeigt allerdings, daß das unwissenschaftliche Ausschlachten von Studien und Daten der unseriösen Absicht geschuldet ist, Unsicherheit und dumpfes Unbehagen zu erzeugen.

- Falsch interpretierte REFLEX-Studie -

Als Beispiel mag der Umgang mit der in der Szene oft zitierten REFLEX-Studie dienen, die quasi als Generalbeleg für die Gefahren des Mobilfunks und als eine Art argumentatives Flaggschiff der selbstgewähnten Mobilfunkopfer herhalten muss. Durch den Versuchsaufbau zu dieser Studie, der die Situation eines ständig funkenden Handys in Kopfnähe innerhalb einer geschlossenen Kammer nachstellt, wurde das Auftreten von DNA-Strangbrüchen bei in-vitro- (also nicht im lebenden Organismus befindlichen) Zellen nachgewiesen. Der Rückschluss auf die Einwirkung durch einen Funkmast ist abenteuerlich und wird von den Autoren der Studie auch gar nicht vorgenommen. Die Anordnung stellt einen Extremfall dar, damit Effekte überhaupt prinzipiell erkannt werden können. Die längst bekannten Empfehlungen, Handy-Sprechzeiten zu begrenzen und nicht innerhalb eines Autos zu telefonieren, sind für die Praxis des Telefonierens ein völlig ausreichender Schluss, der aus dieser Studie gezogen werden kann. - Die gefürchteten DNA-Strangbrüche verursacht übrigens auch des Sonnenlicht. Folglich, und wissenschaftlich schon seit langem bekannt und erörtert, erleben menschliche Zellen jeden Tag DNA-Brüche und vollziehen dagegen auch einen Reparaturmechanismus. Es stellt sich somit die Frage, warum Mobilfunkgegner nicht schon längst die flächendeckende Verteilung von UV-Lichtschutzanzügen einfordern.

- NAILA-Studie mit Fehlern -

Auch die sogenannte NAILA-Studie, die ein Cluster auffällig häufiger Krebserkrankungen in der Nähe eines Sendeturms in der fränkischen Kleinstadt Naila präsentiert und sich unter Verwendung ärztlich erhobener Krankheitsdaten in einer statistischen Auswertung derselben versucht, tragen Mobilfunkgegner wie ihr Schild und Schwert für eine krude Überzeugung vor sich her, die besagt, daß in Deutschland seit der Nutzung des Mobilfunks eine großflächige Verkrebsung der Bevölkerung ihren Lauf nimmt. Für die in methodischer Hinsicht fragwürdige und inzwischen stark unter Kritikerbeschuss geratene Studie, die von örtlich tätigen Ärzten erstellt wurde, sind kreisförmige Zonen um einen Sendemast eingeteilt und Krebsopfer innerhalb der Zonen ausgezählt worden. Den Erstellern hätte jedoch bekannt sein müssen, dass ein Sendemast in keiner Weise gleichförmig kreisförmig abstrahlt, sondern es zu Konzentrationszonen von Sendeleistung kommt, und dass es in bebautem wie hügeligem Gebiet darüber hinaus zu Reflexionen kommt, die der Vorstellung von einer gleichmäßig kreisförmigen Zone einheitlicher Leistungsdichte um einen Sendemasten herum gründlich widersprechen. Außerdem wurde die für weitreichende Aussagen viel zu geringe Erhebungs- und Fallzahl kritisiert.

Die Art und Weise, wie die Studie der Öffentlichkeit präsentiert wurde, weckt den Verdacht auf versuchte Manipulation der lokalen Bevölkerung. Es sind zunächst über fünf Monate hinweg Ergebnisse veröffentlicht worden, die eine Gefahr für die Bevölkerung nahelegen. Währenddessen beklagten Fachleute , dass die zugrunde liegenden Daten und Methodendetails zurückgehalten werden, also der fachlichen Überprüfung entzogen sind. Die Lokalblätter, die in der Regel keine ausgebildeten Physiker und Wissenschaftler beschäftigen können, brachten während dieser Zeit bereits alarmierende Berichte entsprechend dem Kenntnisstand, der von den Machern der Studie gewährt worden war. Als die Studie dann, Monate später, endlich in einer Medizinzeitschrift veröffentlicht wurde(2), setzte es fundierte Kritik, über die in überregionalen Blättern wie der Süddeutschen Zeitung berichtet wurde. Da aber war das Thema vor Ort schon "durch", die Bevölkerung verängstigt und den Interessen der harten Mobilfunkgegner-Front Genüge getan.

- Wiener Studie: Mangelhaft -

Eine weitere Feldstudie, die in der Szene als die "Wiener Studie" im Umlauf ist, will eine Häufung allgemeiner Krankheiten wie Kopfschmerzen usw. entdeckt haben, wobei die Autoren der Studie allerdings wie übrigens auch ihre Kollegen aus Naila vergessen haben, ihre Daten um die Tatsache zu bereinigen, daß es sicher auch unter den befragten Probanden solche gibt, die in einem Haushalt mit einem DECT-Telefon leben. Damit haben die ansonsten zu vielerlei Befindlichkeiten befragten Probanten nämlich einen eigenen kleinen Sender mitten in der Wohnung stehen, der ohnehin viel stärker auf sie einstrahlt als der 100 oder 200 m entfernte Sendeturm am Ortsrand. Was mit der "Wiener Studie" präsentiert wird, sind also im besten Fall verwaschene Daten, denen jede präzise Aussagekraft fehlen muss.

- Angst essen Seele auf -

Möglicherweise sind Ärzte, die im Stil der eingangs erwähnten Bamberger Kollegin verallgemeinernde und angsteinflößende Aussagen zur Mobilfunkexposition treffen, selbst ein Teil des Problems. Das Studium einer Veröffentlichung des durchaus mit kritischen Beiträgen zur Frage der Mobilfunk-Strahlenexposition in Erscheinung getretenen Dr. Ulrich Warnke, eines anerkannten Spezialisten auf diesem Gebiet, legt diese Vermutung nahe(3). Als ein Fazit kann man dieser Arbeit entnehmen, dass ein kranker Mensch, dem bezüglich seines Leidens der Mobilfunk als Ursache eingeredet wird und der diese Erklärung willig akzeptiert, eine psychische wie biochemisch/physikalische gesundheitsgefährdende Konditionierung erfährt. Zitat: "Nun bemerkt die Person diese Funktionsstörungen und konzentriert selbstverständlich die Aufmerksamkeit darauf. Der Auslöser -in diesem Fall die Strahlung- wird gesucht und gefunden." Dem vermeintlichen Auslöser der Erkrankung werde "’Sinn und Bedeutung’ erteilt und damit bricht ein Damm und die Person leidet intensiv." - "Gleichzeitig werden alle Umweltreize intensiv beachtet und negativ belegt, was massive Funktionsstörungen nach sich zieht."

Bemerkenswert an dieser Arbeit ist, daß nicht leichtfertig eine Psychologisierung der Probleme Betroffener versucht wird (ein Vorwurf der Mobilfunkgegnerschaft lautet, dass man sie staatlicherseits nicht nur "zwangsbestrahlt", sondern darüber hinaus für "verrückt erklärt"). Es wird vielmehr der wissenschaftlich begründete biochemische Mechanismus beschrieben, in dessen Zuge sich die erlebte Angst im Körper als Krankheit zu manifestieren beginnt.

- Totalitäres Denken in der Anti-Mobilfunk-Szene -

Will man ein Fazit zur politischen Wirkung der Aktivitäten mobilfunkkritischer Initiativen ziehen, so ist zunächst hervorzuheben, daß das Auftreten und der aggressiv vorgetragene Absolutheitsanspruch das Wesen totalitären Denkens offenbaren. Die Benutzung wissenschaftlicher Arbeit als Steinbruch zu dem einzigen Zweck, die eigene Überzeugung zu bekräftigen, verrät die wissenschaftsverachtende Haltung, so wie auch das Auftreten mobilfunkkritisch beseelter Aktivisten einen totalitär-anmaßenden Charakter hat.

In diesem Zusammenhang fällt auch auf, daß das Thema "Mobilfunk" an renommierten umweltkritischen Organisationen wie der bekannt umweltkritischen Partei Bündnis90/Grüne oder etwa "Greenpeace" praktisch vorbeigegangen ist. Ein solches umweltpolitisches Thema hätte eigentlich das Zeug zum Kernthema für eine Partei, die sich durch ihren ökosozialen Anspruch definiert. Die Auseinandersetzung mit der Thematik ist jedoch bislang in der innerparteilichen Diskussion und erst recht im öffentlichen Auftreten eine Randnotiz geblieben, denn innerhalb der Partei herrscht Skepsis gegenüber Mobilfunkinitiativen vor.

Warum das so ist, das kann erkennen, wer Versammlungen mobilfunkkritischer Initiativen besucht, die häufig und typischerweise im Zusammenhang mit der Bekämpfung geplanter Sendemastenstandorte veranstaltet werden. Die in den Initiativen aktive Klientel hat wenig Affinität zum Publikum der Grünen. Das grüne Milieu fühlt sich traditionell einem liberal-ökologisch-sozialen Weltbild zugetan, während man bei den Mobilfunkaktivisten nicht selten autoritär strukturierte Personen erleben kann. Grenzwerte sind da ebenso wenig diskutabel wie zum Beispiel die fest verankerte Ansicht über die "Betreiberfreundlichkeit" des unwilligen städtischen Repräsentanten, der zudem in aggressiv vorgetragenen Leserbriefen oder auch schon mal bei einem Diskussionsabend persönlich verunglimpft wird.

- Verschwörungsmentalität -

Was nicht wenige Mobilfunk-Aktivisten antreibt, ist eine verschwörungstheoretisch ausgerichtete Weltanschauung. Hinter Politik, Wissenschaft, Finanzen und Mobilfunkfirmen wirken dunkle Mächte und Einflüsterer. Auch scheint das Mobiltelefon überhaupt als Metapher für eine sich allzu schnell wandelnde Welt zu stehen, in der der Einzelne nicht mehr "mitkommt", in der unhörbare Botschaften den Lauf der Welt vorzugeben scheinen. In welche Weltanschauung diese Sicht der Dinge letztlich mündet, ist nicht schwer zu erraten.

Die Diskussion über Grenzwerte wird dazu benutzt, einen Hebel gegen moderat eingestellte Politiker anzusetzen: Die akzeptablen Grenzwerte wurden von den Initiativen in den letzten Jahren mit dem Hinweis auf "neueste" Studien und Erkenntnisse immer weiter nach unten gesetzt, wodurch sich in den Auseinandersetzungen mit Stadtverwaltungen und Gemeinden ein endloses Hase-und-Igel-Spiel entwickelt hat. Wer den niedrigsten Grenzwert vorweist, hat immer recht. Die geforderte Prävention kann im Prinzip niemals geliefert werden.

Zwar ist es eine Erkenntnis der Aufklärung, dass die 100%ige Unschädlichkeit jedweder Sache prinzipiell nicht bewiesen werden kann. Diese geisteswissenschaftliche, in ihrem Grund anti-totalitäre Erkenntnis bekämpfen Mobilfunkgegner-Aktivisten jedoch bis aufs Messer und fordern kategorisch, man müsse ihnen die völlige Unschädlichkeit der Mobilfunktechnik erst lückenlos nachweisen, bevor diese eingesetzt werden dürfe.

Von großer Schädlichkeit in vielen Gemeinden ist überdies, daß eine jahrelange, vehemente öffentliche Diskussion über höchstens theoretische Gefahren betrieben wird, während dringendere lokalpolitische Themen an den Rand gedrängt werden. Ein Stadtrat, der im Visier aggressiver Mobilfunkkritiker steht und öffentlich heruntergeputzt wird, achtet beinahe zwangsläufig darauf, daß er seine Reputation nicht noch weiter beschädigt, etwa indem er gegen die drohende Ausweisung eines Asylbewerbers Stellung nimmt, oder indem er etwa der Gemeinde zusätzliche Kosten für ein Jugendprojekt zumutet.

Die auf Druck von Mobilfunkkritikern durchgeführte neue Bauleitplanung oder auch nur das Versetzen mehrerer Funkmasten verschlingen schließlich mitunter 6-stellige Summen. Die von den Mobilfunkkritikern aggressiv eingeklagte Priorität für ihre nebulösen Anliegen schadet somit dem gesellschaftlichen Fortkommen. Aussagen und Gefühligkeiten von sogenannten "Elektrosensitiven", deren besondere "Fähigkeiten" allerdings in keinem Blindversuch je bewiesen wurden und deswegen als esoterisch einzustufen sind, erhalten ein übermäßiges Gewicht. Sie erzwingen politische Entscheidungen, die viel Geld kosten, und die an anderer, notwendigerer Stelle finanzielle Engpässe und damit gesellschaftlichen Schaden verursachen.

Die Mobilfunkkritiker-Szene betreibt mit ihrem einseitig-selektiven Ausschlachten wissenschaftlicher Untersuchungen eine wissenschaftsfeindliche "Informations"-Politik. Das Wirken des "harten Kerns" der Szene speist sich dabei aus verschwörungstheoretisch motivierten Unterstellungen gegenüber wissenschaftlicher wie auch politischer Arbeit.

Die mobilfunkkritische Szene ist somit ihrem Wesen nach eine kleinbürgerliche Bewegung, deren wesentliche Methode und deren Lebenselixier das Erzeugen von Angst ist. Wenn man allerdings zulässt, daß irrationale Angst das Tempo diktiert, dann wird letztlich der Diskurs um die Verbesserung der Gesellschaft generell seinen Schaden nehmen.

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Fussnoten:
(1)Die Daten wurden zwar anonymisiert präsentiert, die Probanden könnten jedoch vor Ort durchaus de-anonymisiert werden. Die angegebenen Abstände der Wohnungen von Funkmasten und die gleichzeitig mitgeteilten Straßennamen liefern dazu die notwendigen Koordinaten, zusätzliche Angaben über Familienverhältnisse tun das Übrige.

(2) Die "Naila-Studie" wurde in "umwelt-medizin-gesellschaft" vom Oktober 2004 veröffentlicht. Eine umfangreiche Historie der Diskussion um diese Studie findet man unter  http://www.fgf.de/fup/publikat/news_einzel/NL_05_04/Die_Naila_Studie_in_den_Medien_04-05d.pdf#search=%22eMVU-Wahrnehmung%20Naila%22

(3)Unter diesem Link:  http://www.hese-project.org/de/emf/WissenschaftForschung/Warnke_Dr.%20rer.%20nat._Ulrich/Mobil-%20und%20Kommunikationsfunk.pdf findet sich (Stand 7.9.2006) der erwähnte Beitrag von Dr. Warnke.

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Ergänzungen

Strahlungsbelastung

no esohysterik 08.09.2006 - 10:21
Die zusätzliche Belastung durch Mobiltelefonnetze ist relativ niedrig. Die größten Strahlungsquellen im Haushalt sind immernoch der (Röhren) Fernseher, Röhrenmonitore für den Computer und die Mikrowelle. Das vergessen die Strahlungshysteriker meist.

Das schlimmste an dieser Problematik ist, dass die die sich am lautesten über Strahlungsbelastung und Elektrosmog beschweren meist wenig oder keine Ahnung von den physikalischen Hintergründen haben.

interessant-

postmodi 08.09.2006 - 11:24
aber wer ist diese mobilfunkstrahlung-kritische Szene? wieviele , wie gross?
welche relevanz haben die wenn laut statistik mittlerweile mehr handys angemeldet sind als -menschen in diesem land wohnen?
ich steh diesen dingern auch kritisch gegenüber was aber nichts mit strahlen irgendwas zu tun hat, mehr damit dass fast jedeR das Gefühl hat eines haben zu müssen und sonst nicht zur jeweiligen gruppe dazugehört.
handyloose menschen laufen gefahr durchs kommunikationssraster zu fallen und- alleine zu bleiben während die anderen schon längst wissen wo die party steigt(überwachungsbeauftragte eingeschlossen).
positiv: handyloose haben weniger schulden.
es ist auch etwas skurill durch die strassen zu laufen und diese freisprechhandymenschen zu hören.
positiv dabei: selbstgesprächler fallen nicht mehr so auf und werden als komisch betrachet.
mal schauen, wie die zwischenmenschliche kommunikation, dank elektrischer revolte in einige Jahren ausschaut.

Heise-Artikel

... 09.09.2006 - 15:34
Biophysiker: Grenzwert für Handystrahlung sicher
 http://www.heise.de/newsticker/meldung/77955


Frage an Thomas Ziegler: was sind "kritischere Studienergebnisse"? Bis jetzt gibt es keinen wissenschaftlich haltbaren Beleg, daß die gepulste Strahlung mehr macht, als ein bischen Wärme. Und die macht der Sonnenschein auch. Außer heute. Da ist bewölkt.

Schnell wie die Eisenbahn

Linker 09.09.2006 - 20:56
Im 19. Jahrhundert gab es Ärzte die gesagt haben daß die hohe Geschwindigkeit die die Eisenbahn erreicht Menschen krank machen kann,
und was damals als "hohe Geschwindigkeit" galt waren nach heutigen Maßstäben nur lahme Bummelzüge.
Gibts eigentlich noch Anti-Eisenbahn-Aktivisten ? ;-)

REFLEX-Studie konnte nicht repliziert werden

Moribund Burgermeister 03.10.2006 - 05:21
Diese Mitteilung...

 http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi?db=pubmed&cmd=Retrieve&dopt=AbstractPlus&list_uids=16997616&itool=iconabstr&query_hl=3&itool=pubmed_docsum

...berichtet über einen Wiederholungsversuch des Aufbaues der in Mobilfunkkritiker-Kreisen sehr populären REFLEX Studie, durchgeführt an der Uni Ulm.

Auszug (eig. Übersetzung):
"Wegen der anhaltenden Diskussion um die biologische Signifikanz der beobachteten Effekte bestand das Ziel der vorliegenden Studie, die Ergebnisse unabhängig zu replizieren, bei Verwendung der gleichen Zellen, der gleichen Ausrüstung, unter den gleichen Bedingungen."

Die Ergebnisse des seinerzeit mit Unterstützung der EU finanzierten REFLEX-Projektes konnten nicht dargestellt werden. Fachlich interessant wird sein, wie die Ersteller der EU-finanzierten REFLEX-Studie dies beantworten.

Nun hat allerdings die REFLEX-Studie in den Reihen der mobilfunkkritischen Gemeinde inzwischen den Rang eines Glaubensgrundsatzes inne. Man darf, zumindest aus Milieustudien-Gründen, auf die Reaktion der Mobilfunkgegnerschaft gespannt sein. Diese mobilfunkkritische Seite...

 http://www.izgmf.de/Aktionen/Meldungen/Archiv_04/Reflex-Abschlussbericht/reflex-abschlussbericht.html

...vermittelt einen Eindruck von dem verschwörungstheoretischen Kult und Popanz, der seinerzeit um die REFLEX-Studie veranstaltet worden ist. Alle möglichen dunklen Mächte sollen angeblich damit beschäftigt gewesen sein, die Veröffentlichung der (heute kann man sagen: mutmaßlich) unzweifelhaften Ergebnisse der REFLEX-Studie zu verhindern. Angeblich sollten "die REFLEX-Resultate unterdrückt werden", ergänzende Untersuchungen wurden als absichtliche "Verzögerungen" interpretiert.



Argumentativ schwacher Artikel

Mitdenker 16.11.2006 - 11:37
Dieser Artikel ist entweder von einem Industrievertreter oder von jemandem geschrieben worden, der keinerlei Hintergrundwissen hat. Die rhetorischen Ausfälle deuten allerdings eher auf die Industrie hin. Fakt ist, es gibt jede Menge Studien, darunter einige von der Industrie finanzierte, die durchaus eine Vielzahl von biologischen Effekten durch das bezeichnen, was heute als "Mobilfunkstrahlung" generalisiert wird. Unter www.hese-project.org, www.elektrosmognews.de (Bereich Studien), www.izgfm.de oder in den Datenbanken von Pubmed und anderswo lassen sich hunderte Studien dieser Art finden. Die Kritik an der Naila-Studie ist sehr dünn. Gleichwohl es Reflexionen, Verstärkungen und Abschwächungen gibt, so ist die Strahlung in Sendernähe dennoch tendenziell eindeutig am höchsten. Natürlich könnte man ein entsprechendes Studiendesign durch konkrete Messwerte verbessern, flächendeckend müßte so etwas eigentlich schon lange eingeleitet worden sein. Warum ist dies wohl bis jetzt noch immer nicht geschehen, es gibt anscheinend sehr viel zu verbergen. Das Argument mit den DECT-Telefonen scheint auf den ersten Blick recht schlüssig, dennoch sind diese überall verbreitet und nicht nur in Sendernähe, sondern genauso weiterweg davon anzutreffen, wodurch man also keinen echten Confounder identifizieren kann. Die Ergebnisse der handwerklich sehr gut gemachten Naila-Studie hat man mit dieser Kritik weder widerlegen können, noch hat man sich bemüht, durch professionelle epidemiologische Studien bei Anwohnern in der Nähe von Basisstationen unter Einschluß von Meßwerten der Kritik den Wind aus den Segeln zu nehmen. Fazit: Die Mobilfunkindustrie fürchtet jede Art von Medien, die ihnen nicht dient, so dass sie jetzt sogar schon Indymedia mit ihren Ergüssen zuspamt.

Die immergleichen Stereotypen...

Moribund Burgermeister 17.11.2006 - 22:18
Zum obigen Artikel wird noch einmal festgestellt, dass er mit nichten von einem Vertreter der Mobilfunkindustrie geschrieben worden ist. Folglich wird Indymedia auch nicht von der Mobilfunkindustrie oder irgendeiner anderen Organisation "mit ihren Ergüssen zugespamt", wie hier hineingeraunt worden ist.

Dieses typischerweise nicht um Nachweis bemühte "Argument" soll den Beitrag diskreditieren, illustriert ihn aber vielmehr.

Vorwürfe an den Autor auf angebliche Industrienähe, auf angeblich fehlendes "Hintergrundwissen" und Aussagen wie "es gibt anscheinend sehr viel zu verbergen" stellen stets wiederkehrende Stereotypen dar, die von der Seite mobilfunkkritischer Aktivisten dort vorgebracht werden, wo eigentlich Argumente gefragt wären.

Aussagen dieser Art sind leider innerhalb der mobilfunkkritischen Szene typisch. Sie verfolgen das Ziel, kritischen und wissenschaftlich fundierten Fragen auszuweichen und im Gegenzug die Nachfrager in eine bestimmte Ecke zu stellen. Hier sollte man bei der Frage verharren, wo denn für solche Äußerungen die entsprechenden Nachweise, also nicht bloßes Ahnen und Raunen, geliefert werden.

Es verwundert auch die hanebüchene Behauptung, die Naila-Studie sei "handwerklich sehr gut gemacht". Es stimmt schon einmal nicht, dass die Strahlung in der Nähe von Sendetürmen grundsätzlich stärker ist als weiter entfernt. Darauf hat schon die Bauhöhe des Funkmasten einen eindeutig messbaren Einfluss. Für Naila gilt dazu noch, dass es in der talartigen Lage des Ortes mit Sicherheit zu Reflexionen kommt, die das Idealbild vom kreisförmig angeordneten Feld verzerren. Die Naila-Studie ist von Ärzten designt worden, die physikalische Seite ist nicht genügend durchdacht. Daraus erwachsen unübersehbare Schwächen, die inzwischen von Fachleuten kritisiert worden sind.

Gerade die von den Naila-Studienverantwortlichen vorgeführte Ignoranz gegenüber dem Vorhandensein von DECT-Telefonen oder Handys in vielen Haushalten, wo doch gerade diese Geräte viel stärkere lokale Strahlenquellen darstellen als die Sendestationen, entwertet die Naila-Studie nachhaltig. Die DECT-Strahlung im Haus überdeckt die sehr viel leistungsschwächere Strahlung der Mobilfunk-Basisstationen nämlich um ein XX-Faches. Somit ist begründet anzuzweifeln, ob die Studie überhaupt in der Lage gewesen sein kann, den Einfluss eines Sendemasten von anderen denkbaren Einflüssen, wie z.B. durch DECT-Telefone oder Handys, zu isolieren. Ein DECT-Telefon wirkt u.U. auch in Nachbarwohnungen hinein, hier wäre dann z.B. auch zu berücksichtigen, wie die Verteilung von Ein- Zwei- oder Mehrfamilienhäusern bewertet worden ist. Im Studienzeitraum dürfte auch die Zahl der eingesetzten Telefone kontinuierlich zugenommen haben. Wo aber sind in der Studie die entsprechenden Daten zu diesen Faktoren aufzufinden? Naheliegender wäre es dann, eine Studie auf den bloßen Einfluss von DECT-Telefonen oder die Handynutzung hin zuzuschneiden, was jedenfalls die Einteilung in DECT und Handy-Haushalte und Kontroll-Haushalte bzw. Personen ohne DECT oder Handy ermöglichen würde. Das böte einen Vorteil gegenüber sogenannten "Querschnittsstudien" der Art Naila, mit denen nur im ohnehin sehr dünnflüssigen Datenbrei herumgerührt wird.

Die Vielzahl vorliegender Studien zum Thema wird im obigen Artikel gar nicht bestritten. Die allermeisten Studien können jedoch nicht für Mobilfunk-Alarmismus herangezogen werden. Im Gegenteil. Man kann sie als Entwarnung begreifen. Denn die verschwörungstheoretische Vorstellung, 100e und gar 1000e Studien an internationalen Instituten, an Universitäten, in international anerkannten Labors, unter Beteiligung von Fachleuten und nicht selten auch einfachen Studenten (die doch spätestens nach dem 3. Bier in der Studentenkneipe anfangen würden zu plaudern) seien allesamt nur zu dem Zweck erstellt, irgendetwas zu vertuschen, ist völlig hanebüchen und kann nur von jemandem aufgestellt werden, der noch nie ein Labor von innen gesehen hat, geschweige denn, dass er auch nur entfernte Kenntnis über das Design, also die grundsätzliche Anlage einer Studie, oder etwa über statistische Methoden besäße. Abermals gilt jedoch auch hier: Wer will diesen immer wiederkehrenden verschwörungstheoretisch motivierten Killer-Vorwurf von der vorgeblichen "Industriefreundlichkeit" entkräften, und wie? Dieser Vorwurf, gerade dieser, wird absichtsvoll bis an das Lebensende aller Anti-Mobilfunk-Initiativen wiederholt werden. Man verbrennt sich mit dieser Art der "Argumentation" nicht die Finger, und man souffliert doch immer wieder bloß Geahntes und Gerauntes in die Debatte.

Diese Art des Diskutieren ist die Methode, wie sie totalitärem Geist entspringt. Sie hat ein wissenschafts- und damit ein gesellschaftsfeindliches Motiv, und eben davon handelt der obige Artikel.

Das gesendete Unheil

Ju 14.07.2010 - 23:42
Das gesendete Unheil: Wie Bürgerinitiativen gegen den Mobilfunk kämpfen

Für eine handyfreie Welt: Bürgerinitiativen kämpfen mit wissenschaftlich oft zweifelhaften Argumenten gegen den Mobilfunk. Ein Beispiel dafür gibt eine Debatte im Wiesental ab.
Kampf für eine handyfreie Welt

Die regionale Szene der Mobilfunkgegner ist in der "Initiative gegen Mobilfunk im Großen und Kleinen Wiesental" organisiert. Deren Vorsitzende, die selbsternannte Elektrobiologin und bekennende Esoterikerin Heidemarie Walter, und ihre Mitstreiter kämpfen schon länger mit einigem Erfolg für eine handyfreie Welt – und nun eben gegen die Tetra-Technik. Gegen die Strahlung verlangen sie "Sicherheitszonen von mindestens 400 Metern zu Kindergärten und unserem dicht besiedelten Wohngebiet". Die von ihnen behaupteten schädlichen Wirkungen des Mobilfunks reicht von "A wie Alzheimer bis Z wie Zellstörung".

Es ist eine schillernde Szene, die seit den 1990er Jahren in der ganzen Republik gegen Funkmasten protestiert. Für sie gilt als unumstößliche Wahrheit, dass elektromagnetische Strahlung den Menschen krank macht. Handys, Wlan und alles, was dazu gehört, seien daher zu verbieten. Ein Vorkämpfer ist Ulrich Weiner, jener junge Mann, der in Schopfheim im Strahlenschutzanzug aufgetreten ist. Der frühere Mitarbeiter eines Telekommunikationsunternehmens flüchtet vor den allgegenwärtigen Strahlen: im Campingwagen reist er von Funkloch zu Funkloch.


Als angeblicher Experte tritt der Münchner Alternativmediziner Hans Christoph Scheiner auf, ein eloquenter Rundreisender in Sachen Mobilfunk-Angst. Ob Kopfschmerzen, Krebs, Depression oder Potenzstörung: Es gibt kaum eine Krankheit, die er Funkstrahlen nicht schon zugeordnet hätte. Doch seit geraumer Zeit erfährt er auch in der mobilfunkkritischen Szene Gegenwind. "Der Mann ist völlig vernagelt", sagt etwa Franz Titscher über Scheiner, mit dem er in Allach bei München als Vorsitzender einer Bürgerinitiative einst gegen einen Mobilfunkmast gekämpft hat.

Scheiner selbst sieht sich von der Mobilfunkindustrie verfolgt. Und er bestreitet, jemals einen direkten Zusammenhang zwischen Mobilfunk und Erkrankungen wie Krebs und Alzheimer hergestellt zu haben. "Das wäre völlig falsch." Doch am Ende des Gesprächs mit der BZ sagt er, dass Gehirntumore vermehrt auf der rechten Seite des Gehirns aufträten – "dort also, wo in der Regel mobil telefoniert wird".

Eine andere Hauptfigur der Szene ist Siegfried Zwerenz, Vorsitzender des Antimobilfunkvereins "Bürgerwelle" und ebenfalls bei der Schopfheimer Diskussion vertreten. Sein "Dachverband der Bürger und Initiativen zum Schutz vor Elektrosmog" organisiert Klagen von Bürgern gegen Mobilfunkbetreiber und verbreitet im Internet Propaganda.

Kontrast zum Stand der Forschung

Die Behauptungen von Scheiner, Zwerenz und Co. stehen in klarem Kontrast zum Stand der Forschung. "Die Wissenschaft ist sich einig, dass bei den vorliegenden Feldstärken von keiner gesundheitlichen Belastung durch Handys und Mobilfunkmasten auszugehen ist", sagt Julia Hurraß, Mitarbeiterin am Institut für Umweltmedizin und Krankenhaushygiene des Universitätsklinikums Freiburg. Nachgewiesen sei bei den für den Mobilfunk verwendeten Frequenzen lediglich eine Wärmewirkung – und diese auch nur bei hohen Feldstärken.

Für Hurraß grenzen die Aussagen der Mobilfunkgegner an gezielte Panikmache. In ihrem Institut meldeten sich immer wieder tief besorgte Menschen, "die sich von elektromagnetischen Feldern ganz krank fühlen", berichtet Hurraß. Deren Beratung stoße aber an ihre Grenzen: "Weil sie oft so viel wirres Zeug gelesen haben, sind diese Menschen kaum zugänglich für unsere Argumente." Schon das Wort "Elektrosmog" sei für elektromagnetische Felder unzutreffend. Es impliziere wider besseren Wissens, "dass es sich bei Funkstrahlen um etwas Gefährliches handelt".

Forschungsbedarf bei Langzeiteffekten

Julia Hurraß kennt fast alle Studien, auf die sich die Mobilfunkgegner berufen. Keine einzige habe der wissenschaftlichen Überprüfung standgehalten, sagt sie. Versuche mit angeblich elektrosensiblen Menschen hätten keine Hinweise gebracht, dass sie die Funkstrahlen spüren oder im Blindtest unterscheiden können. Forschungsbedarf gebe es allenfalls bei Langzeiteffekten. Mit deutlichen Folgen für die Gesundheit sei allerdings nur bei Feldstärken zu rechnen, die "weit oberhalb der uns im Alltag umgebenden Werte liegen".

Die Weltanschauung der Mobilfunkgegner ist von diversen Verschwörungsfantasien geprägt. In Aufsätzen und Internetforen wird das Bild eines Komplotts von Mobilfunkindustrie, Medien und Politik gegen die eigene Bevölkerung gezeichnet. So zirkuliert im Internet der Brief eines angeblichen Holocaust-Überlebenden aus Israel (der sich auf Informationen der "Bürgerwelle" beruft) an den Papst. Darin ist von einem von der Mobilfunkindustrie und der Weltgesundheitsorganisation gemeinsam geplanten "elektromagnetischen Holocaust" die Rede. Dazu passt der Slogan, der bei einer Anti-Mobilfunk-Demo im November 2009 in Stuttgart skandiert wurde: "Alle Masten müssen fort, wir wollen keinen Völkermord." Umweltwissenschaftlerin Julia Hurraß ist über solche Formulierungen empört: "Ich finde es fatal, solche Begrifflichkeiten und rechtsextremen Äußerungen hier zu verwenden."

Zentraler Treffpunkt der Hauptfiguren unter den Mobilfunkgegnern sind die jährlichen "Anti-Zensur-Konferenzen” des Schweizer Sektengründers Ivo Sasek. Saseks "Antizensurbewegung" richtet sich gegen die Medien, die im Dienste der Mächtigen die Bürger angeblich desinformieren und manipulieren. Deshalb brauche es eine Gegenbewegung von Bürgern, die die Wahrheit spürten und sich dann zur Wehr setzten. Vor zwei Jahren war auch Mobilfunkkritiker Hans Christoph Scheiner zu Gast bei Sasek.

Schopfheim: Ortschaftsräte lehnen Bau neuer Funkmasten ab

Dass die "Antizensurzeitung", das Hauptorgan der Sasek-Sekte, in der Schopfheimer Stadthalle auslag, kann sich Initiativen-Chefin Heidemarie Walter nicht erklären: "Damit haben wir nichts zu tun." Eine Verbindung der Wiesentäler Mobilfunkgegner zur Antizensurbewegung gebe es nicht. Allerdings zeigt sich die Schopfheimer Mobilfunkgegnerin selbst Verschwörungstheorien gegenüber offen: In von ihr regelmäßig veranstalteten "spirituellen Stammtischen" will sie klären, "wer wirklich die Macht hat in der Welt". Auf ihrer Website wirbt Walter für die "Germanische Neue Medizin”, einer abstrusen Heilungsmethode, dessen Erfinder sich vor Gericht wegen der Beihilfe zur Körperverletzung verantworten musste.

Doch trotz allem: Die Botschaft der Mobilfunkgegner kommt im Wiesental an: Unter Hinweis auf die ungeklärten Gesundheitsfolgen haben einige Schopfheimer Ortschaftsräte den Bau neuer Funkmasten inzwischen abgelehnt. Und auch die Stadt Schopfheim will dem Land und der Polizei keine Grundstücke für Tetra-Masten zur Verfügung stellen.

Online unter:  http://www.badische-zeitung.de/ratgeber/natur-umwelt/das-gesendete-unheil-wie-buergerinitiativen-gegen-den-mobilfunk-kaempfen--32940326.html

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Nett. — egal

risikotechnologien — handlungslogiker

@egal — tagmata

qsowieso — nbvjfdk

Kein Akteur — Moribund Burgermeister

Keine Angst — Warhead

Loewenzahn: — Aziel

uppsala!?... nö, war lund!! — thomas ziegler

Angst als Methode — Moebius B.