Frontex-Einsatz vor den Kanaren verlängert

Ralf Streck 01.09.2006 19:52 Themen: Antirassismus Weltweit
Der Strom der Einwanderer aus Afrika auf die Kanarischen Inseln reißt nicht ab. Allein im August landeten mehr Bootsflüchtlinge auf den Kanarischen Inseln als im Vorjahr. Spanien hat nun erreicht, dass der Einsatz der europäischen Grenzschutzbehörde "Frontex" bis zum Ende des Jahres verlängert wird, der im September schon wieder beendet werden sollte.  http://de.indymedia.org//2006/08/154580.shtml Doch Frontex hat nichts erreicht und ohnehin wird hier ne Scheindebatte geführt. Die Einwanderer kommen zumeist über den Flughafen Madrid oder den Landweg über Frankreich. Ohne sie, so spanische Banken, wäre das Land in eine Rezession abgestürzt. Marokko hat wieder 53 Menschen im verminten Niemandland abgesetzt.
Spanien hat nun durchgesetzt, dass der Frontex-Einsatz vor den Kanarischen Inseln bis zum Jahresende verlängert wurde. Dafür, so der EU-Justizkommissar Franco Frattini, stünden aber keine weiteren Mittel bereit, als die zugesagten drei Millionen Euro. Die spanische Vize-Ministerpräsidentin María Teresa Fernández de la Vega hatte bei Besuchen bei der finnischen EU-Präsidentschaft und in Brüssel in den vergangenen Tagen dafür geworben, dem Land mehr als bisher bei der Abwehr der Flüchtlinge zu helfen: „Das ist nicht das Problem eines Landes, sondern des gesamten Kontinents“, sagte sie.

Alle müssten Spanien bei der Kontrolle der Seewege beistehen, sagte sie. Spanien sei es zu verdanken, wenn die Flüchtlinge nicht in andere EU-Länder gelangten. „Selbst wenn jedes Land nur geringe Mittel bereitstellt, werden wir am Ende gut gerüstet dastehen - wenn alle mitmachen“, mahnte sie. Die bisherigen Kräfte müssten verdoppelt werden, um effektiv zu sein. Der Einsatz, seit März versprochen, begann im August mit zwei Schiffen und zwei Flugzeugen, die Portugal, Italien und Finnland stellen.  http://de.indymedia.org//2006/05/148064.shtml

Aber hier wird eine Scheindebatte geführt. Während Frontex vor Westafrika patrouillierte, kamen so viele Einwanderern und Flüchtlinge wie nie auf den Urlaubsinseln an. Im August waren es mit 5000 Menschen mehr als im gesamten Vorjahr und mit etwa 19.000 im laufenden Jahr sind fast viermal so viele wie im Vorjahr. Das ist das Ergebnis davon, dass andere Wege verschlossen wurden und die Menschen nun mit Booten den 1200 Kilometer langen Weg aus dem Senegal meistern. Derzeit laufen auch verstärkt Boote an Spaniens Südküste von Marokko aus an. Das Königreich hat derweil erneut 53 Menschen mitten in der Wüste im verminten Niemandsland zu Mauretanien ausgesetzt. Eine Person starb, bevor eine Hilfsorganisation sie entdeckte.

Auch offizielle Stellen geben zu, nur vier Prozent der „Illegalen“ kämen über den Seeweg. Der Rest kommt über Frankreich und über Flughafen in Madrid, meist aus Ländern, wo nicht einmal ein Touristenvisum verlangt wird. So darf man fragen, warum sich Spanien gegen Afrikaner abschottet. Demnächst will das Land eine Konferenz der EU-Mittelmeer-Anrainerstaaten zur Kontrolle der Seegrenzen und zur Abschiebung der Zuwanderer abhalten.

Gleichzeitig gibt es Studien von span. Banken, wonach Spanien ohne die Einwanderung in die Rezession abgestürzt wäre. In zehn Jahren hätten die Einwanderer 3,2 % des BIP. Ohne ihre Arbeitskraft wäre der BIP jährlich um etwa 1% gefallen statt auf nun 3,6% zu steigen. Die Caixa Catalunya rechnet vor, dass das Einkommen der Spanier pro Kopf auf Basis der
Einwanderer um 2,6% gestiegen ist. Insgesamt profitiert Spanien also von den Einwanderern, die als Billigjobber und Erntehelfer gebraucht werden.  http://de.indymedia.org//2006/04/144370.shtml

Die Frage, warum derart viele Menschen ihr Leben aufs Spiel zu setzen, um Europa zu erreichen, wird ohnehin nicht gestellt. Statt diese Länder zu entwickeln, die ihren Einwohnern nicht einmal minimale Lebensbedingungen sichern, fließt viel Geld in die Abschottung, die dann umgangen wird. http://de.indymedia.org//2006/06/149259.shtml Die Wege werden immer gefährlicher. Die Regionalregierung der Kanaren allein hat seit Jahresbeginn 500 Tote auf der Inselgruppe gezählt. Gestern (heute) wurden erneut 84 Leichen an der Küste Mauretaniens angespült, nach 70 Menschen wird noch gesucht. Im Frühjahr hatten der Rote Halbmond und der spanische Geheimdienst übereinstimmend davon gesprochen, tausende Menschen hätten auf dem langen Weg im letzten Herbst ihr Leben vor den Kanaren verloren.

© Ralf Streck, Donostia-San Sebastian den 01.09.2006
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Ergänzungen

Masters of the Sea

azadi 05.09.2006 - 18:37
Sehr schockierender aber hochinteressanter Atikel hierzu auf www.german-foreign-policy.com

Masters of the Sea
 http://www.german-foreign-policy.com/en/fulltext/56017

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