Solidarität von Berlin nach Beirut

Wladek Flakin und Jalava Ladmie 15.08.2006 00:08
Am Samstag war die bisher größte Demo in Berlin gegen den Krieg im Libanon. Über 5.000 Menschen zogen vom Roten Rathaus zum Potsdamer Platz. Dabei waren nicht nur Menschen libanesischer und palästinensischer Herkunft – auch jüdische Vereine wie "jüdische Stimme für einen gerechten Frieden" gingen mit. Die deutsche Linke, in Gestalt von WASG, Linkspartei.PDS, Friedensbewegung usw., ließ sich endlich auch bei einem Protest gegen den Libanon-Krieg blicken.
Im Libanon gibt es bereits mehr als tausend Tote - hunderte Kinder sind durch die Bomben ermordet worden. Während viele ihre Hoffnung in eine UN-Resolution und einen Waffenstillstand setzten, drängten israelische Truppen weiter Richtung Litni-Fluss vor. Auch der Terror der israelischen Armee im Gaza-Streifen ging unvermindert weiter.

Die DemonstrantInnen in Berlin forderten einen sofortigen Waffenstillstand. Dass tausende Menschen überhaupt auf eine Demonstration kamen, zeigt die richtige Erkenntnis, dass man sich nicht auf die Versprechen der UNO und der imperialistischen Mächte verlassen darf. Die Resolution der UNO, die am Samstag beschlossen wurde, ließ dann auch der israelischen Armee noch ein paar Tage Zeit für ihre Großoffensive – der Tod von UN-Soldaten, die bei einem Raketenangriff der israelischen Armee starben, wurde kritiklos akzeptiert. Dies bewies, dass eine breite, internationale Solidaritätsbewegung notwendig ist, um den Krieg zu stoppen.

Der Berliner Innensenator (SPD) hatte für die Demonstration scharfe Auflagen erteilt: so waren Flaggen der Hisbollah oder Bilder ihres Anführers Nasrallah verboten. Gleich zu Beginn gab es einige Festnahmen von Hisbollah-AnhängerInnen, die diesem total undemokratischen Verbot nicht Folge leisten wollten. (Seit wann sind Symbole der israelischen Armee, die für viel mehr Terror verantwortlich ist, verboten?) Dieses Verbot wurde benutzt, um scharfe Polizeikontrollen vor der Auftaktkundgebung zu rechtfertigen und Menschen arabischer Herkunft zu schikanieren.

Die Demonstration war im Verhältnis zu den Aktionen am gleichen Tag in anderen Hauptstädten, auch im Verhältnis zur Zahl libanesischer und palästinensischer MigrantInnen in Berlin, ziemlich klein. Eine Woche vorher waren zum Beispiel 100.000 Menschen auf einer Demonstration in London gewesen, die nur zwei Tage früher angekündigt worden war. Trotzdem war es positiv, in Berlin ein Zeichen zu setzen, gegen den Krieg und gegen die mehr oder weniger offene Unterstützung der deutschen Regierung für ihn.

Meistens zeigt sich die deutsche Linke, aufgrund der "historischen Verantwortung" der Deutschen gegenüber dem Staat Israel (von der Joschka Fischer uns immer erzählt hat) immer wieder paralysiert. Dabei vergisst sie jeden internationalistischen Anspruch und unterwirft ihre Politik einer Art Standortlogik. Viele vermeintliche Linke blieben auch am Samstag mit einem Verweis auf "Antisemitismus" der Demo fern. Sicher gab es unter den Hisbollah-AnhängerInnen starke Tendenzen in diese Richtung, doch das kann man nur bekämpfen, wenn die Linke ihre eigenen Inhalte in die Demo und in die Anti-Kriegsbewegung insgesamt hineinträgt. Insgesamt war das einzige "antisemitische" an der Demo die klare Ablehnung der israelischen Kriegspolitik.

Der Kampf gegen Antisemitismus ist für die deutschsprachige Linke eine wichtige Aufgabe. Für diesen Kampf ist es zentral, zwischen "den Juden" und dem Staat Israel zu differenzieren. Man muss klar machen, dass es auch viele jüdischen Menschen und auch viele Israelis gibt, die gegen den Rassismus und die Kriege des israelischen Staats auf die Straße gehen. Wenn man jede Gegnerschaft zum Staat Israel mit Judenhass gleichsetzt, setzt man praktisch umgekehrt auch "Israel" und "Juden" gleich – das geht alles nach hinten los!

Mit internationalistischen Demonstrationen dieser Art können wir nicht nur unsere Ablehnung des Krieges zum Ausdruck bringen – wir können auch Druck auf Israel und die imperialistischen Mächte ausüben, um die politische Seite der Kriegsführung schwieriger zu machen. Der Krieg im Nahen Osten wird ohne Zweifel weiter gehen – deshalb sollten wir alle dafür arbeiten, dass die Antikriegsbewegung in aller Welt größer und radikaler wird!



Die Linke auf der Demo....

Die unabhängige kommunistische Jugendorganisation REVOLUTION war natürlich auch dabei, mit einer kleinen aber sehr lautstarken Gruppe - und das ohne Megafon!

Transpi und Flyer sprachen die einzige Perspektive für Frieden im Nahen Osten an: „Turn INTIFADA into REVOLUTION“ ( http://www.onesolutionrevolution.de/revolution/0608/libanon). Auch mit Sprechchören versuchten wir diese Perspektive zu vermitteln:

- Gegen jeden Imperialismus - Kampf der IDF und für den Kommunismus!
- Bringt die Invasion zu Fall - Sozialismus überall!
- Brecht mit Hamas und Kadima - Revolution in Ramallah!

Eine endgültige Lösung des Konfliktes in Palästina und im Libanon, ein endgültiges Ende der Kriege in der Region, kann nur durch den Sturz des Kapitalismus kommen. Die Unterdrückten in Israel – die ArbeiterInnen, die Angehörige ethnischer Minderheiten, Queer-Menschen und alternative Jugendliche usw. – müssen für eine Revolution gegen den Staat Israel kämpfen. Die einzige wirkliche Perspektive ist ein gemeinsamer Staat für Israelis und PalästinenserInnen - demokratisch, um allen Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft, gleiche Rechte zu gewährleisten, und sozialistisch, um die Gegensätze zwischen arm und Reich, den Nähstoff für den Konflikt, zu überwinden.

Die Position der SAV war ganz anders. Sie traten als WASG Berlin auf, mit einem eigenen orangefarbenen Block. Es ist zu begrüßen, dass sie als Teil ihres Wahlkampfes an Antikriegsdemos teilnehmen, dennoch hätten sie doch wenigstens durch ein Flugblatt eine inhaltliche Aussage zum Krieg machen sollen. Stattdessen verteilten sie Wahlkampfzeitungen. Doch statt sich deutlich auf das Parlament auszurichten, sollte es doch in erster Linie darum gehen, solche Kämpfe voranzutreiben und zu versuchen, sie mit anderen zu verbinden. Parlament und Wahlen können Sozialisten nur benutzen, um eben diese Kämpfe zu stärken.

In Gesprächen wurde klar, dass sie SAV die Unterstützung des libanesischen und palästinensischen Widerstand keineswegs befürwortet. Doch kann man unserer Meinung nach nicht aus bloßem Pflichtbewusstsein für eine Niederlage der israelischen Invasionen im Südlibanon und im Gaza-Streifen eintreten, vom Umkehrschluss, einem Sieg der Hisbollah bzw. der HAMAS aber nichts wissen wollen. Revolutionäre müssen den Widerstand im Libanon und in Palästina nicht wegen, sondern trotz ihrer reaktionären Führung unterstützen.

Anders sahen dass die Genossen von Linksruck. In ihrem Flugblatt forderten sie „Solidarität mit der Hisbollah“, sie hätten zu ihr nur „einige Differenzen“. Sie treten richtigerweise für die Niederlage der israelischen Invasion ein und unterstützen den Widerstand der Libanesen. Aber eine solche Unterstützung muss auch dazu dienen, die reaktionären, islamistischen Kräfte, die diese Widerstandsbewegung anführen, zu bekämpfen und durch kommunistische zu ersetzen. Das kann nur erreicht werden, wenn Kommunisten den Widerstand aufbauen und anführen, d.h. in der Praxis zeigen, dass das kommunistische Programm für die elementaren Bedürfnisse der Massen das Beste ist. Die Solidarität muss den militärischen Aktionen der Hisbollah und der HAMAS gelten, sich aber klar von deren reaktionären Programm und Politik distanzieren – sprich die Unterstützung ist mit schärfster Kritik verbunden. Wenn man „einige Differenzen“ hat, müssen sie auch beim Namen genannt werden und Revolutionäre sollten es auch wagen, eine Perspektive der sozialistischen Revolution zu erwähnen!

REVOLUTION versucht diese Perspektive aufzuwerfen und ganz konkret, wo es sie gibt, gemeinsame Kämpfe von Israelis und PalästinenserInnen zu unterstützen. Deshalb haben wir zum Beispiel auf unserem Flyer ein Bild von einer Antikriegs-Demonstration in Tel Aviv mit mehreren tausend TeilnehmerInnen abgedruckt. Deshalb haben unsere Sprechchöre immer wieder auf "Klassenkampf in Israel" verwiesen, als wirksamstes Mittel um den Krieg zu stoppen.

Wie wir mit Sprechchören immer wieder klargemacht haben: Es gibt nur eine Lösung... One solution: Revolution!



+++++++++++++++++++++++++ LINKS +++++++++++++++++++++++++

gibt es wirklich gemeinsame Kämpfe von Israelis und PalästinenserInnen?

Protest gegen den Mauerbau: Demonstrant durch Gummigeschoß schwer verletzt
junge Welt 14.08.06,  http://www.jungewelt.de/2006/08-14/030.php

»Wir demonstrieren gemeinsam mit Hamas«
Israelische Friedensaktivisten unterstützen die Proteste gegen den Mauerbau in Bilin. Ein Gespräch mit Yossi Bartal
junge Welt 16.06.06,  http://www.jungewelt.de/2006/06-16/020.php

Freitagsdemo in Bilin
Intifada am Sperrwall in Bilin: Palästinenser protestieren mit Israelis und internationalen Friedensaktivisten gegen den Bau der »Apartheidmauer« – Woche für Woche
junge Welt 16.06.06,  http://www.jungewelt.de/2006/06-16/019.php

Der blinde Fleck der israelischen Linken
 http://www.trend.infopartisan.net/trd7806/t027806.html
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Ergänzungen

Ahnungslos oder Querfront?

Frager 15.08.2006 - 00:19
Im Artikel schreibt der Sektenkader:
"Der Berliner Innensenator (SPD) hatte für die Demonstration scharfe Auflagen erteilt: so waren Flaggen der Hisbollah oder Bilder ihres Anführers Nasrallah verboten. Gleich zu Beginn gab es einige Festnahmen von Hisbollah-AnhängerInnen, die diesem total undemokratischen Verbot nicht Folge leisten wollten."

Dann sehen wir uns doch mal ein typisches Bild eines Hisbollah-Aufmarsches an:

Was ist indymedia?

Grundsätze 15.08.2006 - 00:25
indymedia Deutschland versteht sich als ein multimediales Netzwerkunabhängiger und alternativer Medien, MedienmacherInnen, engagierter Einzelpersonen und Gruppen


Was will indymedia NICHT sein?
- Ersatz für schon bestehende alternative Informationsstrukturen; hier soll indymedia nur unterstützende / vernetzende Funktion haben.
- Absatzpool für vorbereitete Stellungnahmen hierarchischer, etablierter oder kommerzieller Gruppierungen

Außer Libanesen nix gewesen.

saul 15.08.2006 - 03:09
Nu is erstmal Ruhe da unten und was machen wir nun? Melden sich die Hassdemonstranten beim Arbeitsamt für arbeitslos gewordene Berufsdemonstranten? Haben sie sich nun ausgetobt? Na gut, die Fahnen können sie einmotten, sie werden beizeiten wieder gebraucht. Der nächste Knall ist da unten so sicher wie das Amen in der Kirche. Das soll deren Problem sein, nur den Friedensfreunden die sich an diese Demos hängen sei nur soviel gesagt. Die scheißen auf euch und halten euch zurecht für das was ihr seid. Nützliche Idioten. Na macht nur so weiter, weit kommt ihr damit nicht.
Fundsache:
 http://lizaswelt.blogspot.com/2006/08/kujau-fr-arme.html
Sogar ein nettes Bildchen von green helmet is im www zu finden. :-))

wohin?

... 15.08.2006 - 14:52
wo ist der Artikel denn hin?

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