Panasonic verweigert Gelände für Solifest

Thomas Trüten 13.07.2006 21:45 Themen: Soziale Kämpfe
Beim heutigen Treffen des Solidaritätskreises mit 14 Teilnehmern standen neben dem Austausch von Informationen und Erfahrungen zum gestrigen Vorort Termin des Arbeitsamtes die Vorbereitung des Solidaritätsfestes am Sonntag den 16.7. im Mittelpunkt.
Inzwischen haben Panasonic Kollegen zum Teil 4 Briefe bekommen, in denen wiederholt die Eintrittsfrist in die Transfergesellschaft Refugio verlängert wurde. Aktuell ist es so, daß diese Frist erneut (bis Montag 17.07.2006) verlängert wurde. Allerdings erhalten diejenigen Kollegen, die jetzt in die Refugio gehen, keine Kopfprämie von 1750 Euro mehr.

Kollegen die in der Transfergesellschaft sind, berichteten von ihren Erfahrungen: "Mir haben sie gesagt, “Du kannst 8 Wochen Urlaub machen, das ist uns völlig egal. Wir können Euch sowieso nur einen Deutschkurs anbieten”."

Keine Spur also von irgendeiner weitergehenden auch fachlichen Qualifikation! Das beweist: Es geht hier nicht um irgendwelche minderqualifizierten Arbeiter, sondern der Zweck der Transfergesellschaft war es , den Kampf der Kollegen zu zersetzen.

Doch das ist auch jetzt nur zum Teil gelungen. Die Versuche eines Teils des Betriebsrates, darauf zu orientieren, Mehrheiten dafür zu bekommen, daß der Sozialplan gekippt werden kann, scheitert nicht nur an den aktuellen Kräfteverhältnissen der Befürworter, die mit 6:4 Stimmen in der Minderheit sind. Es gibt auch Kritik daran, daß dies wiederum einen Sozialplan zum Ziel des Kampfes machen würde statt neue Arbeitsplätze. Daß diese erkämpft werden können und daß die Forderung nach der 30 Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich die Kernforderung dabei sein muss wurde von wurde mehrfach in die Diskussion eingebracht.

Ebenfalls wurde eingebracht, daß die Demonstrationen von DGB und der Montagsdemobewegung genutzt werden müssen, um die Erfahrungen der Kollegen zu verbreiten. Bereits im Gespräch ist dazu die Ausarbeitung einer Dokumentation des Kampfes der Kollegen.

Es entbrannte eine Diskussion über die Frage, ob es einen Anlaß zum Feiern gibt. Einige Kollegen verbinden mit Feiern einen greifbaren und unmittelbaren Erfolg für den Kampf der Kollegen. Da der Kampf um die Arbeitsplätze vorerst nicht zum Erfolg führte, sehen sie keinen Anlaß zum Feiern.

"Ich bin 46 Jahre alt, wer soll mich noch einstellen, ich bleibe den Rest meines Lebens arbeitslos. Ich kann nicht feiern, wir haben verloren." Mit dieser Ansicht war ein türkischer Kollege nicht alleine.

Es gibt hierzu aber auch die Meinung, daß die Kollegen stolz auf den geleisteten Kampf sein könenn, sie haben gezeigt, daß man mehr als 3 unter einen Hut bringt. Es ist jetzt auch wichtig, diese Erfahrungen zu verbreiten, was in der Verantwortung der Kollegen liegt. Dazu gehört auch, die schmerzlichen Schwächen des Kampfes zu verarbeiten, wie das einseitige Verlassen auf den Betriebsrat. Es wurde dazu angemerkt, daß in Deutschland aufgrund des Betriebsverfassungsgesetzes Betriebsräte einen selbständigen Kampf überhaupt nicht organisieren und führen können. Selbst wenn sie das wollen, stehen sie doch mit einem Bein im Gefängis. Daraus folgte bekanntlich das Fehlen einer selbständigen betrieblichen und einer gewerkschaftlichen Organisation, es gab zum Zeitpunkt des Kampfes bei Panasonic keinen gewerkschaftlichen Vertrauenskörper, was auch immer wieder Chancen vergab, die gewerkschaftliche Einheit zu fördern.

Vorhanden war zwar eine relativ breite überbetriebliche Solidarität, die aber noch nicht unmittelbar zu Solidaritätsaktionen innerhalb des Konzernes, aber auch anderen Betrieben usw. geführt hat. Besonders in der Türkei war der Kampf ein Medienereignis. In Deutschland, ja der Region Esslingen / Stuttgart, einem Zentrum der Automobilindustrie begann und endete die Aufmerksamkeit der bürgerlichen Medien mit dem Beginn und dem Ende des Hungerstreiks.

"Wir wollen den Kontakt nicht verlieren" ist ein weiterer Grund, die Kollegen nach dem Ende der Mahnwache nochmals zusammenzubringen.


Das Treffen des Solidaritäskreises kam darüber überein, auf der morgigen Betriebsversammlung eine Abstimmung und Unterstützung für das Solidaritätsfest zu organisieren. Es soll dabei auch ein Protestbrief veranschiedet werden, der an die Geschäftsleitung gerichtet ist, mit der Aufforderung, den Platz für das seit Wochen geplante Fest freizugeben:

Noch heute hatte sich Ewald Dürr, Personalchef des Bildröhrenwerks, mit dem Verweis "Privatgrundstück" geweigert, das Fest auf dem Parkplatz vor Tor 1, wo schon der Aktionstag vom 15.6. durchgeführt wurde, stattfinden zu lassen. Das zeigt die tiefsitzende Angst vor den Kollegen, denn: Was wäre dabei, die Kollegen ihr voraussichtlich letztes Fest feiern zu lassen?

Gleichzeitig wird neben diesem Antrag auf Genehmigung des Platzes dies ebenfalls bei der Stadt Esslingen beantragt. Im Verweigerungsfall werden rechtliche Schritte erwägt.

Entscheidend ist aber auch gerade bei dieser Aktion, ob es gelingt, möglichst viele Kollegen für die Unterstützung und aktive Teilnahme am Fest zu gewinnen. Dazu wollen einige Kollegen aus dem Solikreis auch morgen beim Fest der Stuttgarter Kickers im GAZİ Stadion (auf der Waldau, Guts-Muths Weg 4, 70597 Stuttgart) Einladungen an die Teilnehmer dieser regionalen Großveranstaltung verteilen.

In dem Sinne sind aber auch alle FreundInnen und KollegInnen der Panasonic Arbeiter aufgefordert, praktisch zum Gelingen des Festes beizutragen, mit Essens-, Getränke- Geld oder Zeitspenden für das Fest oder kulturelle Beiträge.

Informationen zur Kontaktaufnahme:

Betriebsrat:  http://www.panasonic-es.de.ki
Solikreis:  http://www.solikreis-panasonic-es.de

Und in unserem Blog:

 http://www.trueten.de
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Ergänzungen