Proteste gegen Uni-Senatssitzung in Bochum

Bochumer Student 13.07.2006 16:34 Themen: Bildung
Nachdem Ende April eine Senatssitzung an der Ruhr-Universität Bochum gesprengt wurde, und Ende Mai einige Tausend Studenten (sehr viele aus Bochum) an einer landesweiten Demonstration in Düsseldorf gegen Studiengebühren teilnahmen, hätte mensch davon ausgehen können, dass der der Bochumer Uni-Senat nicht daran interessiert ist, weitere Proteste zu provozieren. Jedoch ist genau das Gegenteil eingetreten. Die heutige Senatssitzung sollte unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Hier dazu ein Kurzbericht und einige Fotos.
Vor dem Gebäude, wo das Senat tagte, fand eine Vollversammlung der Studenten statt. Leider war die Interesse der Studierenden relativ gering, es waren ca. 100 Leute anwesend. Es wurden kurze Vorträge gehalten über das Hochschul"freiheits"gesetz, über die bisherige Arbeit der Uni-Arbeitsgruppen zu den Themen Kosteneinsparung und Studiengebühren.
Nach etwa 1 Stunde wurde entschieden, die nicht-öffentliche Senatssitzung in eine öffentliche zu verwandeln. Das Senat hatte sich bereits in ihren Räumen barrikadiert und die Polizei war ebenfalls anwesend, um die Professoren zu schützen (vor was eigentlich? Vor guten Argumenten gegen Studiengebühren?). Kommunikationsversuche mit der Polizei scheiterten ebenso wie Versuche mit Leitern in die Räume zu kommen. Gegen 12 Uhr bin ich dann gegangen. Hier noch ein Bericht vom Bochumer Protestkomitee gegen Studiengebühren:

"Ich stehe gerade auf dem Nordforum der RUB vor der Uni-Verwaltung, wo in der dritten Etage gerade der Senat zum Thema Studiengebühren tagt. Während zunächst alle damit gerechnet hatten, dass heute noch kein Gebühren-Beschluss gefasst wird, war offensichtlich eine Überrumplungsaktion geplant: Entgegen der Zusage, dass offen mit den Studierenden diskutiert werden soll, hat die professorale Mehrheit die Sitzung kurzerhand für nichtöffentlich erklärt. Es ist damit zu rechnen, dass der Senat heute noch einen Beschluss treffen will.

Etwa 100 Studierende, die von der Entwicklung erfahren haben, sind sponatan in das Senatsgebäude gegangen, um die Öffentlichkeit der Sitzung herzustellen. Sie werden von einem Polizeiaufgebot daran gehindert, den Senatssitzungssaal zu kommen. Ein Bochumer Student ist leicht verletzt worden, als sich ein Polizist auf ihn stürzte, um das Eindringen in den Saal zu verhindern. Der Polizist hat den Studenten auf den Boden geworfen, und ihm Handfesseln angelegt, wobei die Arme des Studierenden blutig aufgeschlagen wurden. Außerdem hat er einige Schürfwunden davon getragen. Die Studierenden probieren derzeit, über Balkons und mit Leitern in die dritte Etage des Verwaltungsgebäudes zu gelangen, bisher vergeblich. Hier unten auf dem Nordforum stehen Zivilpolizisten, die die Lage beobachten.

Soviel zur derzeitigen Situation. Wenn ihr in der Nähe seid: Kommt vorbei, helft und protestiert mit!"

Protestkomitee Bochum http://www.protestkomitee.de/

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Ergänzungen

Pressemitteilungen: AStAs und Senat

Bochumer Student 13.07.2006 - 19:05
Senat entscheidet sich hinter verschlossenen Türen für Studiengebühren
Die Endgültige Entscheidung ist am 18. September.
Auf der heutigen Sitzung des Senats an der Ruhr Universität Bochum sollten ursprünglich nur die Berichte von Arbeitsgruppen zum Thema Studiengebühren vorgestellt werden. Am ersten Juni hatte der Senat beschlossen, Arbeitsgruppen zum „Hochschulfreiheitsgesetz“, zu „Einsparpotenzialen im Universitätshaushalt“ und für „Möglichkeiten zur Verbesserung der Lehre und Modelle zur Erhebung von Studiengebühren“ einzurichten. Heute kam es ganz anders: Die professorale Mehrheit im Senat hat die Studierenden überrumpelt und beschlossen, dass die Universitätsverwaltung eine Gebührensatzung ausarbeiten soll.

Um sich vom Protest der Studierenden abzuschotten, haben die SenatorInnen bereits zu Anfang der Sitzung einem Antrag der ProfessorInnenschaft stattgegeben, die Öffentlichkeit - und damit auch die betroffenen Studierenden - von der Sitzung auszuschließen. Die obere Etage des Verwaltungsgebäudes wurde hermetisch abgeriegelt. Polizeieinheiten und Uni-Angestellte haben sämtliche Zugänge versperrt. Der Protest vor den Türen war jedoch so laut, dass die Sitzung zwischenzeitlich wegen der Geräuschkulisse unterbrochen werden musste.

Offene Diskussion nicht erwünscht

„Der Senat hat sich nicht an seine eigenen Zusagen gehalten, offen mit den Studierenden über die Haushaltslage und Studiengebühren zu diskutieren“, sagt der AStA-Referent für Hochschulpolitik Martin Strömeier. „Wegen der Arroganz der Unileitung haben wir vor dem Verwaltungsgebäude auf einer studentischen Vollversammlung über die die Ergebnisse der Arbeitsgruppen und aktuellen Entwicklungen informiert. In der Studiengebühren-Arbeitsgruppe hatten Studierende Vorschläge eingereicht, wie man die Lehre ohne eine Erhebung von Gebühren verbessern kann. Diese Vorschläge fanden jedoch keine Beachtung“, so Strömeier weiter.
Studentische SenatorInnen verlassen aus Protest die Sitzung

Nach dem Studiengebühren-Beschluss des Senats haben die studentischen SenatorInnen aus Protest die Sitzung verlassen. Auf der überwiegend chaotischen Sitzung hat die Sitzungsleitung zudem mehrmals Anträge der studentischen Fraktion nicht beachtet und übergangen. „Aufgrund von Gedächtnisprotokollen werden wir jetzt prüfen, wie wir juristisch gegen die heutigen Vorkommnisse vorgehen können“, sagt die AStA-Vorstitzende Stefanie Konetzka.

Ein Student leicht verletzt

Trauriger Höhepunkt der heutigen Sitzung: Als ein Student versucht hat, durch ein Fenster in den Senatssitzungssaal zu gelangen, hat die Polizei den Studenten auf den Boden geworfen und ihm Handfesseln angelegt, wobei die Arme des Studierenden blutig aufgeschlagen wurden. Außerdem hat er einige Schürfwunden davon getragen.

Bis zum 18. September will die Verwaltung nun ihre Vorschläge für eine Gebührensatzung erarbeiten, dann wird dies auf einer Sondersitzung des Senats zur Abstimmung gestellt. „Besonders skandalös ist, dass nach den Plänen der Verwaltung noch nicht einmal studentische VertreterInnen bei der Ausarbeitung der Satzung mitreden dürfen. Wir werden mit dem Protest auf jeden Fall weiter machen, denn die Studiengebühren wären eine Katastrophe für die Ruhr-Uni“, so Stefanie Konetzka weiter. „Wie wir mit der nächsten Senatssitzung umgehen, das werden wir in den kommenden Wochen entscheiden.“

 http://www.asta-bochum.de/CMS/senat_entscheidet_sich_hinter_verschlossenen_turen_fur_studiengebuhren_article88.html




Bochum, 13.07.2006
Nr. 246

RUB erarbeitet Gebührensatzung
Studienbeiträge: endgültige Entscheidung vertagt
Vier Eckpunkte für Mittelverwendung definiert

Der Senat der Ruhr-Universität hat heute die Universitätsverwaltung beauftragt, den Entwurf einer Gebührensatzung zu erarbeiten. Dieser Satzungsentwurf wird mit der Arbeitsgruppe „Erhebung des Verbesserungsbedarfs der Studienqualität“ und mit den Senatoren rückgekoppelt, ehe der Senat in einer Sondersitzung am 18. September 2006 darüber debattiert und gegebenenfalls eine Satzung verabschiedet. Damit ist in der heutigen Senatssitzung keine eindeutige Entscheidung für oder gegen Studiengebühren gefallen. Begleitet, aber nicht gestört wurde die Sitzung wiederum von Studierendenprotesten: Knapp 100 Studierende protestierten auf dem Nordforum und im Treppenhaus des Verwaltungsgebäudes gegen Studiengebühren sowie gegen die Verlegung der Debatte in den nichtöffentlichen Teil der Senatssitzung.

Vier Eckpunkte definiert
Festgelegt hat der Senat heute vier Eckpunkte, an denen sich eine Gebührensatzung orientieren soll:

* Das soziale Profil der Hochschule soll deutlich sichtbar werden, zum Beispiel durch Ausnahme- und Härtefallregelungen für behinderte Studierende, studierende Eltern, Studierende aus einkommensschwachen oder kinderreichen Familien.
* Die Mittel werden größtenteils nach dem „Herkommensprinzip“ verteilt: Sie sollen, nach einer bestimmten Gewichtung, den Fakultäten und Fächern zugute kommen. Ein bestimmter Teil der Mittel würde zentral verteilt werden, zum Beispiel für die Bibliothek oder die Hörsaalausstattung.
* Dezentrale Entscheidung: Über die Verwendung der Mittel, die die Fakultäten bekommen, entscheiden die Fakultäten selbst – unter maßgeblicher Beteiligung studentischer Interessenvertreter.
* Die Einführung, Erhebung und Verwendung von Studienbeiträgen bedarf eines effektiven Controllings.

Erarbeitet hat diese Eckpunkte die Arbeitsgruppe „Erhebung des Verbesserungsbedarfs der Studienqualität“, die der Senat am 1.6.2006 eingesetzt hat und die sich aus Vertretern aller vier Statusgruppen zusammensetzt (Professoren, wissenschaftliche und nichtwissenschaftliche Mitarbeiter, Studierende). Sie sollte dem Senat Modelle zur Verwendung von Studienbeiträgen vorschlagen und wird nun in den Entwurf einer Gebührensatzung mit einbezogen.

 http://www.pm.ruhr-uni-bochum.de/pm2006/msg00246.htm