Marburger Frauenklink besetzt

marburger Aktivstin 10.07.2006 01:32 Themen: Antirassismus Bildung Freiräume
Heute, am Sonntag den 9. Juli wurden die Gebäude der ehemaligen Frauenklinik in Marburg besetzt. Diese Gebäude, für die in den nächsten 4 Jahren keine Nutzungspläne vorliegen, werden von den AktivistInnen als geeignetes Ersatzobjekt für das von der Schließung bedrohte antifaschistische Wohnprojekt "Collegium Gentium" angesehen.
Marburger Frauenklinik besetzt

Heute, am Sonntag den 9. Juli wurden die Gebäude der ehemaligen Frauenklinik in Marburg besetzt. Diese Gebäude, für die in den nächsten 4 Jahren keine Nutzungspläne vorliegen, werden von den AktivistInnen als geeignetes Ersatzobjekt für das von der Schließung bedrohte antifaschistische Wohnprojekt "Collegium Gentium" angesehen.


Was ist das Collegium Gentium?

Das Collegium Gentium ist ein internationales, selbstverwaltetes Wohnprojekt in Marburg. Es soll nun von Seiten der Universität, der Stadt und des Landes geschlossen werden.
Daher wurden nach jahrelangen Auseinander-setzungen den BewohnerInnen zum 30.April 2006 die Kündigungen ausgesprochen. Dem vorangegangen war ein Prozess, in dem sich zeigte, dass weder die Universität noch die Stadt bereit sind, weiterhin für diesen Zweck Räume zur Verfügung zu stellen.


Geschichte des Collegium Gentiums

Nach den verheerenden Erfahrungen mit dem deutschen Faschismus beschlossen die alliierten Befreiungsmächte im Rahmen der Entnazifizierung auch die Angehörigen der Hochschulen, deren Lehrpersonal zum Großteil antisemitische, rassistische und nationalistische Inhalte lehrte und deren Studierende ebenfalls zum überwiegenden Teil AnhängerInnen der national-sozialistischen Ideologie waren, „Re-education“- Maßnahmen zuzuführen, um dem Faschismus künftig keinen Nährboden mehr zu bieten.

So wurden von den amerikanischen Verwaltungsbehörden vermehrt Institutionen im Bildungs- und Erziehungssektor geschaffen, mit dem Ziel, der deutschen Bevölkerung, die zum Großteil der faschistischen Ideologie anhing und durch deren bereitwillige Unterstützung das Erstarken des Faschismus überhaupt möglich war, demokratisches Denken und Handeln zu vermitteln.

Eine dieser Institutionen ist das Collegium Gentium, das 1949 von den amerikanischen Nachkriegsbehörden gestiftet wurde. Die ehemalige Jägerkaserne ist eine Schenkung an die Philipps-Universität mit der Auflage, das Wohnheim zu pflegen. Außer dem Collegium Gentium fand in dem Gebäude anfänglich die Politikwissenschaft unter Wolfgang Abendroth Raum. Erst später zog das psychologische Institut ein.


Aktuelle Entwicklungen

Im Mai 2003 wurde auf Betreiben der Universitätsverwaltung ein Aufnahmestopp für neue BewohnerInnen über das Collegium Gentium verhängt. Als Begründung wurden eklatante Mängel beim Brandschutz angeführt. Des Weiteren kündigte die Universitätsverwaltung an, dass sie in Kürze ein Brandschutzgutachten vorlegen werde, welches diese Mängel bestätigen und eine weitere Nutzung der Räumlichkeiten des Collegium Gentium zu Wohnzwecken unmöglich machen werde.

Wider Erwarten erbrachte das Gutachten aber, dass es – nach einer Aufrüstung der Brandschutzmaßnahmen – durchaus möglich sei, dass das Collegium Gentium in seinen angestammten Wohnräumen bleiben kann, was nach längerem Zögern auch der Unikanzler zugab.

Die Option, mittels Umbau- und Sanierungsarbeiten den Brandschutzvorschriften gerecht zu werden, wurde jedoch von vornherein pauschal als zu teuer und technisch nicht umsetzbar bezeichnet. Konkret bedeutet dies, dass die Uni dem CG eine klare Absage erteilt hat, sich für einen Verbleib des CG in der Gutenbergstraße einzusetzen.

Konsequenterweise sprach der Unipräsident Volker Nienhaus dann der Stiftung Collegium Gentium die Kündigung aus, und setzt die BewohnerInnen damit vor vollendete Tatsachen. Das CG soll die Etage räumen müssen!


Besetzung als Teil der StudiProteste

Diese Aktion soll gleichzeitig als Teil der bundesweiten Proteste gegen den Umbau des Bildunswesens angesehen werden. Für uns gehört der Kampf für kostenfreie Bildung und das Engagement für den Erhalt von Institutionen, die der eklatante Benachteiligung einzelner Gesellschaftsgruppen im Bildungssektor zumindest ansatzweise entgegenwirken können unbedingt zuammen.
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Ergänzungen

Bitte um Unterstützung

nemec 10.07.2006 - 04:34
Da Ihr mutigen CGler einen Freiraum erkämpft habt und Euch auch als Teil des Widerstandes gegen Studiengebühren und Sozialabbaus definiert, wäre es vielleicht ganz nett, ein Cafe-Widerstand einzurichten, für Leute, die sich informieren wollen, mitmachen wollen, die nicht so schnell zur AStA gehen (Ihr seid halt mitten in der Stadt). Da ist die Resolution der Biegenstrassen-Besetzer nicht ganz durchgekommen.
Solidarischst!
nemec

Es GIBT Nutzungspläne

ichweisses 10.07.2006 - 08:19
Jeder der Zeitung liest, weiss, dass es Nutzungsplaene gibt: Die Verwaltung soll da demnaechst einziehen, weil das Verwaltungsgebaeude renoviert wird... und danach soll das Haus wohl benutzt werden, wenn die Uni Marburg zur Campus-Uni wird...
siehe:  http://www.uni-marburg.de/aktuelles/news/20060704s

Frauenklinik geräumt

eine marburger Aktivistin 10.07.2006 - 09:16
Heute in den frühen Morgenstunden wurde die Frauenklinik mit allem drum und dran (die Polizei trat Türen und warf Fenster ein u.s.w) geräumt.

nachtrag der polizei

!!! 10.07.2006 - 15:10
Marburg-Biedenkopf (ots) -
Nachtrag zur Besetzung der ehemaligen Frauenklinik in Marburg:

Weitere Ermittlungen vor Ort haben ergeben, dass die Besetzer - nach
dem Einschlagen einer Scheibe - durch eine seitlich zum alten
Botanischen Garten gelegene Kellereingangstüre in das verschlossene
Gebäude gelangten. Die Schlösser sämtlicher Außentüren wurden in der
Folgezeit durch Sekundenkleber beschädigt.
Die Türen waren von innen mit Balken und Winkelverschraubungen,
teilweise auch mit Ketten, gegen Öffnen gesichert. In diesem
Zusammenhang erfolgte die Sicherstellung von mehreren Akku-Bohrern,
Bohrmaschinen, Sägen, und anderem Werkzeug.
Zudem lässt die vorgefunden Menge an Lebensmitteln darauf schließen,
dass eine längere Besetzung des Gebäudes geplant war.


Jürgen Schlick

Pressemitteilung der Universität

echt ? 10.07.2006 - 18:20
Philipps-Universität lässt besetzte Frauenklinik räumen

Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs und Sachbeschädigung

In der Nacht zum 10. Juli 2006 haben 18 Personen die Frauenklinik besetzt. Nachdem die Marburger Polizei die Besetzung gemeldet hatte, wurde von der Philipps-Universität unverzüglich Strafantrag gestellt, um eine Räumung einzuleiten. Die Polizei räumte daraufhin gegen 7.00 Uhr das Gebäude und nahm 18 Personen zum Zwecke der Personalienfeststellung vorläufig fest - anschließend wurden sie wieder entlassen. Die Besetzer erwartet ein Ermittlungsverfahren wegen Sachbeschädigung und Hausfriedensbruchs.

„Verhandlungen kamen für uns nicht in Betracht“, erklärt Dr. Friedhelm Nonne, Kanzler der Philipps-Universität, „denn die Besetzer forderten unter anderem dauerhaften Wohnraum in der Frauenklinik. Das ist für uns indiskutabel!“ Auf Transparenten hatten die Besetzer erklärt: „CG bleibt! Wir lassen uns nicht vertreiben.“

Das Mietverhältnis mit der Stiftung Collegium Gentium (CG) in der Gutenbergstraße 18 war wegen schwerer Brandschutzmängel bereits vor über einem Jahr mit einer Frist bis Ende März 2006 gekündigt worden. Die Stiftung CG hat ihrerseits die Untermietverhältnisse mit den Studierenden mit einer von der Philipps-Universität eingeräumten Frist bis zum 30. April 2006 gekündigt. Ein von der Gewo-Bau und dem Studentenwerk unterbreitetes Angebot auf Vermittlung von alternativem Wohnraum für die einzelnen Mieter und Mieterinnen wurde nicht nachgefragt. Der Auszug aus der Gutenbergstraße ist wegen der schweren Brandschutzmängel jedoch zwingend. Entsprechende rechtliche Schritte werden zur Zeit vorbereitet.

Die Frauenklinik befindet sich derzeit noch im Besitz des Universitätsklinikums und soll in diesen Tagen an die Philipps-Universität übergeben werden. „Mit dem Kaufmännischen Geschäftsführer für den Standort Marburg, Dr. Hans-Joachim Conrad, sind wir uns einig, dass wir eine Besetzung nicht akzeptieren können. Deshalb haben wir unverzüglich Strafantrag gestellt, so dass die Polizei räumen konnte“, erklärt Nonne die gemeinsam gefasste Entscheidung.

 http://www.uni-marburg.de/aktuelles/news/2006_07_10

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