Schlechter Tag für "Riss+Lücke" Bauwagenplatz

Riss+Lücke 08.07.2006 14:04 Themen: Freiräume
Die Menschen des Wuppertaler Wagenplatzes "Riss+Lücke" haben heute Nacht erneut ein Brachgrundstück in Wuppertal besetzt. Es wurde jedoch schnell entschlossen, das Gelände freiwillig zu verlassen. Freiraumdemo in Wuppertal ohne Zwischenfälle.
In der Nacht auf heute, Samstag, den 08.07.06, haben die Menschen des Wuppertaler Bauwagenkollektivs "Riss+Lücke" erneut ein Grundstück in der Wuppertaler Nordstadt besetzt. Knapp 6 Wochen nach der gewaltsamen Vertreibung der Bewohner_Innen vom alten Platz am Mirke Bahnhof, hätte Wuppertal damit wieder ein alternatives Wohn- und Lebensprojekt haben sollen. Die neue Heimat der Bewohner_Innen wäre eine idyllische Brache mitten im Grünen gewesen.

Leider stellte sich am frühen Morgen heraus, dass das Gelände entgegen aller Indizien kein städtisches Grundstück ist, sondern ein_er Anwohner_In gehört. Daraufhin wurde schnell beschlossen, das Gelände wieder zu verlassen. Zur Zeit wird versucht, die Transporte zu organisieren. Die Polizist_Innen, die vor Ort sind, sind dabei nicht grade hilfreich.

Was bisher geschah:

Am Freitag, den 14.04.06 besetzten sozial engagierte Menschen ein seit 15 Jahren brach liegendes Bahngelände am Mirke Bahnhof. Aus dem Wunsch heraus in einer größeren Gruppe zusammenzuleben und Politik und Kultur jenseits des Mainstream umsonst und für alle nach außen zu tragen, zogen sie ihre Bauwägen auf das stark vermüllte Grundstück. In der Folgezeit wurde der Platz zu einer vielseitigen Begegnungsstätte: Der Müll wurde entfernt, ein Blumenbeet angelegt, und fanden regelmäßig Veranstaltungen, Vokü und ein Konzert statt. Außerdem wurden zwei kurze Dokumentarfilme über den Platz beim Wuppertaler Medienprojekt gedreht.

Bei den Anwohner_Innen des Geländes kam das Projekt gut an, viele unterstützten die Wagenbewohner_Innen mit Sachspenden (sogar ein Wohnwagen wurde der Gruppe geschenkt) oder kamen regelmäßig auf einen Kaffee vorbei. Ein freundschaftliches Verhältnis entwickelte sich zu einigen.

Auch die Wuppertaler Presse, von der bürgerlichen Tageszeitung WZ über die Umsonst-Monatsmagazine bis hin zur Wuppertaler Strassenzeitung und den lokalen Radio- und Fernsehsender (Radio Wuppertal und WDR) berichteten häufig und ausschließlich positiv.

(z.B: "Freundliche junge Menschen besetzen Brache" (WZ), "Die Angst vor dem guten Beispiel" (IIOII) oder "Der Traum vom alternativen Wohnen" (Die Strasse)). Gleiches galt für viele Lokalpolitiker_Innen verschiedenster Parteien, die sich von dem Engagement beeindruckt zeigten und aktiv in die öffentliche Diskussion eingriffen.

Nur die Verwaltungsfirma des Grundstücks, die Bahntochter ASSETIS zeigte sich unnachgiebig und ließ den Platz, trotz vorheriger Zusage auf Verhandlungen unter falschen Angaben und erheblichen Rechtsbrüchen am 23.05.06 brutal räumen. Die Wägen wurden unrechtmäßig beschlagnahmt und der Gruppe so die Basis zur Weiterführung des Projekts entzogen.

Die Verwaltungsspitze der Stadt, eine neoliberale Koalition aus SPD und CDU, lehnte jegliche Einmischung in den Konflikt mit der Begründung ab, es handele sich um eine private Auseinandersetzung zwischen ein paar Jugendlichen und der Bahn. Der politische Anspruch des Projekts und die prekären Umstände aus und wegen denen es entstanden ist, wurden geflissentlich ignoriert. Auch der Vorschlag zweier Stadtratsfraktionen, der Forderung von "Riss+Lücke" stattzugeben und nach der Räumung eins der massig vorhandenen Brachgrundstücke aus städtischem Besitz zur Verfügung zu stellen wurde schon im Ansatz abgeschmettert. Statt sich mit dem Wagenplatz und der prekären Lebenssituation der Bewohner_Innen zu beschäftigen wurde versucht möglichst schnell das Feindbild vom "Chaoten" und "destruktiven Krawallmacher" aufzubauen. Bisher erfolglos.

Heute:

Mit der heutigen Besetzung wollten die Bewohner_Innen ihrer Forderung nach einem Gelände der Stadt Nachdruck verleihen. Denn in Wuppertal liegen unzählige Gelände brach und die Stadt hat kein Geld auch nur das Nötigste an diesen Geländen vorzunehmen. Dennoch werden Millionen verschwendet um den Hauptbahnhof und die Innenstadt umzubauen und zu einer widerlichen Kommerzlandschaft für Geschäfte zu machen, deren Auslagen sich sowieso nur die wenigsten leisten können. Und da soll kein Platz für ein unkommerzielles Freiraumprojekt sein?

Es geht wohl eher darum emanzipatorische Projekte, die in aller Deutlichkeit nach außen tragen, dass Menschen ohne Sexismen, Rassismen und all den Unterdrückungsmechanismen, die die kapitalistische Gesellschaft tragen besser und schöner leben kann, im Keim zu ersticken.

Dagegen richtete sich auch die Demonstration, die heute unter dem Motto "Freiräume erkämpfen – "Riss+Lücke" bleibt" mit leider nur ca. 80 Teilnehmer_Innen (ja, sie begann um 10 Uhr, es sind heut noch zwei andere Demos in der Umgebung, und es hat vorher die ganze Zeit geregnet) durch die Wuppertaler Innenstadt zog.

Trotz dieses heutigen Fehlschlags wird "Riss+Lücke" weiterkämpfen.
Da "Riss+Lücke" nun immer noch kein Gelände hat, wird weiterhin ein Gelände für einen Wagenplatz gefordert.

Für Freiräume überall!
Für "Riss+Lücke"!
Schluss mit der Verwertbarkeit – her mir dem Leben!!!
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Ergänzungen

SoliParty für Riss und Lücke

soziales*zentrum*köln 10.07.2006 - 02:18
Freitag 21.Juli.2006

ab 18h Freiraumfilme, Infostände, leckeres veganes Essen

ab 21h Konzert und Party mit......
2LHUD (PunkReggaeDubCore Arschtritt deLuxe)
STATUS HYSTERIE (Hardcore/Punk aus Aachen)
und einer weiteren Band

in anschluß Elektro/Pop mit verschiedenen DJ´s

Solibeitrag: 3euro