Besetzung des cine "Bogart"

C6 04.07.2006 00:42 Themen: Freiräume Soziale Kämpfe Weltweit
Im Zentrum Madrids befindet sich das seit Jahren leerstehende Kino "Bogart", kaum 50 Meter vom Parlament entfernt. Die ca. 700qm Grundfläche und 5 Stockwerke wurden am Sonntag den 25. Juni von 150 Aktivist_innen besetzt. Dies stellte die Auftaktaktion für die "siete días de lucha social", den "sieben Tagen für den sozialen Kampf" dar.
Seit 1998 organisieren mehrere Gruppen und Einzelpersonen, die sich unterschiedlichen Themenschwerpunkten widmen, Jahr für Jahr in Madrid eine Woche des sozialen Ungehorsams. Fernab parteipolitischer oder gewerkschaftlicher Organisationen angesiedelt, wurde zu Gender, Antikapitalismus, Ökologie, soziale Exklusion, Migration, Antifaschismus, Kritik an der Katholischen Kirche, Copyleft, Wohnraumpolitik und der Erschaffung sozialer Räume gearbeitet. Die Aktionsformen reichten von symbolischer Besetzung, Demos über öffentliche Essensausgabe bis hin zu reclaim the street und street art. Konfrontationen mit der Polizei wurde, soweit möglich, pazifistisch begegnet.

Neben Diskussionen und theoretischer Arbeit zu allen erwähnten Themen, die im "Bogart" selbst stattfanden, wurden kreative Aktionen im gesamten Stadtgebiet veranstaltet. Demos und Kundgebungen thematisierten vor Abschiebeknästen, Erziehungsheimen und städtischen Institutionen die Repressionen und staatliche Gewalt gegenüber Migrant_innen, den konstant starken Einfluss der katholischen Kirche sowie weitere Kontinuitäten der franquistischen Diktatur. Andere Aktionen vor Konzernzentralen, Botschaften und der Militärhochschule richteten sich gegen die kapitalistische Aubeutung v.a. der sogenannten "3. Welt", Militarismus und Kriegspolitik. Im Büro der Schriftsteller_innenvereinigung protestierten Aktivist_innen gegen juristische Barrieren gegen die freie Verbreitung geistigen Allgemeinguts durch restriktive Copyright- und Patentierungsbestimmungen. In Modeläden und im öffentlichen Raum wurde symbolisch die ungebrochen patriarchalen Verhältnisse angegriffen.

Mit der kostenlosen Verteilung ökologischen Essens wurde versucht, die Menschen auf der Straße für die Probleme der kapitalistischen Agrarwirtschaft zu sensibilisieren. Nicht zu vernachlässigen ist auch der gegenwärtig in der spanischen Politik und Öffentlichkeit viel diskutierte verheerende Wohnraummangel, der kurioserweise massivem Wohnraumleerstand gegenübersteht. Nicht nur die Besetzung des geräumigen Kinos in der Innenstadt selbst muss in Zusammenhang mit diesem Diskurs gesehen werden. Mehrere Demos richteten sich gegen die Spekulation mit Immobilien, symbolisch wurde an anderer Stelle, aber vor dem gleichen Hintergrund und mit derselben Motivation, eine Wohnung besetzt.

Den durchweg gewaltfreien Aktionen trat ein gelegentlich recht massives Polizeiaufgebot gegenüber. Doch sahen sich die Polizeikräfte einer mit den Besetzer_innen und Aktivist_innen sympathisierenden bürgerlichen Presse gegenüber, sodaß die ersten Tage der Woche relativ repressalienfrei verliefen. Ausweiskontrolle und die damit einhergehende Datensammlung bildeten den Schwerpunkt der Repression. Die anfängliche Belagerung des besetzten "Bogart" durch die Polizei musste jedoch - wahrscheinlich aufgrund wohlwollender bis euphorischer Berichterstattung - bereits Montag mittag aufgegeben werden. Gegen Ende der Woche verschärfte sich jedoch das Vorgehen der Polizei, die Gelegenheit beim Schopfe ergreifend, bemühte die Staatsmacht gar einen Helikopter.

Die Woche war als Aufstand gegen die herrschende Ohnmacht gegenüber Staatsmacht und Verwertungslogik konzipiert. Es sollten die Kontinuitäten des Franquismus und die patriarchale, rassistische Ordnung in der Gesellschaft angegriffen werden. Der Erfolg der "Sieben Tage für den sozialen Kampf" im politischen und sozialen Zentrum der Hauptstadt ist dem flexiblen Konzept, wie auch der Dynamik der Linken in Madrid zu verdanken.
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Selberschauen

C6 04.07.2006 - 01:05
 http://www.rompamoselsilencio.net/

DAs ist die Website!!!

 http://www.rompamoselsilencio.net/ecrire/upload/lp_rs_okpacion_.wmv

DAs ist ein nettes Video, welches die Bestzung in bunten Bildern und mit frischer Musik zeigt!!!

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige den folgenden Kommentar an

Warum ? — blubbaaa