Juristischer Schlagabtausch in Gießen

AbwehrspielerIn der Ordnung 02.07.2006 13:38 Themen: Repression
Am 14.5.2006 überfielen Kommandos der Polizei vier Menschen auf dem Weg zur Projektwerkstatt nahe dem Ort Reiskirchen. Sie beschlagnahmten Kleidung, containertes Essen und Fahrräder, zwangen drei Personen zur Abgabe von DNA (bzw. versuchen das zur Zeit gerade noch), sperrten eine weitere (deren DNA sie schon hatten) für fünf Tage ein (Unterbindungsgewahrsam) und durchsuchten ohne Rechtsgrundlage die Projektwerkstatt in Saasen. Dazu dachten sie sich Straftaten mit politischen Hintergrund komplett aus, verschleppten Beschwerden, sperrten Leute mit gefälschten Akten in falsche Knäste usw. Das Ganze geriet zur Meisterstunde Gießener Rechtssprechung, wegen der Dominanz des hessischen Innenministers in seiner Heimatstadt Gießen auch „Bouffiersches Recht“ genannt.
Nun also haben die Betroffenen die juristische Aufarbeitung begonnen. Klar ist, dass der politische Gegner in der Justiz selbst sitzt. Mit ihrer Kritik an Strafe, Knast und innerer Sicherheit haben viele Menschen aus dem von der Polizei so genannten „Umfeld der Projektwerkstatt“ in Polizei, Staatsanwaltschaft und Gießener Gerichten Hass erzeugt. Schließlich sitzen dort Menschen, die einerseits ihre Machtfülle jeden Tag gewöhnt sind, Menschen wie am Fließband zu Unterwerfungsgesten nötigen, schon der Ausgangssituation jeder Begegnung mit anderen Menschen durch Uniform, andere Kleidung, Sitzordnung (z.B. im Gericht) und die Verteilung der Befehlsgewalt eine unüberbrückbare Hierarchie durchsetzen, um dann (meist gepaart mit Gleichgültigkeit gegenüber sozialen Folgen und einer mindestens mit den Jahren entstehenden Arroganz) ihren Willen als „im Namen des Volkes“ oder ähnlich gottähnlich aufgeladen durchzusetzen. Der politische Protest gegen die Justiz und Polizei in den vergangenen Jahren hat zu umfassenden Konflikten geführt. Die nächste Aufarbeitung (auch der aktuellen Auseinandersetzungen) folgt ab September. Dort will Richter Wendel wieder einem Projektwerkstättler den Prozess machen. Anklagevorwurf diesmal: Justizkritische Aktionen ( http://www.projektwerkstatt.de/prozess).


Umfassende Strafanzeige gegen RichterInnen und PolizeibeamtInnen

Jörg B., der auf die benannte Art von den Gießener Gerichten hinter Gitter geschickt worden war, hat gegen die Beteiligten Strafanzeige wegen Freiheitsberaubung, Rechtsbeugung, falscher Verdächtigung und übler Nachrede gestellt. Angesichts des Gießener Justizfilzes ( http://www.justiz-giessen.de.vu) ist allerdings damit zu rechnen, dass gar nicht ermittelt wird. Das geschah in der Vergangenheit sehr oft, siehe zu früher eingestellten Anzeigen gegen Polizei oder Obrigkeit  http://www.projektwerkstatt.de/polizeidoku/anzeigen.html und zur Person des politischen Staatsanwalt Martin Vaupel mehr unter  http://www.staatsanwalt-vaupel.de.vu.
Gründe für die Strafanzeigen sind:
1. Der von Richter Gotthardt verhängte Unterbindungsgewahrsam gegen den Justiz- und Polizeikritiker Jörg B. wurde mit einer frei erfundenen „Sachbeschädigung (Farbschmierereien) mit politischem Hintergrund“ begründet. Einen solchen Vorgang hat es nie gegeben. Anders als früher, als Polizei und Gerichte sich Farbattacken bis Brandanschläge völlig frei ausdachten und dafür Leute einsperrten (Beispiel:  http://www.projektwerkstatt.de/gav/texte/0912doku.html), wurden diesmal gewöhnliche Sprayer-Tags umgedeutet. Die Bullen suchten sich irgendwelche Sprayer-Kunst und behaupteten, dass wären die Verhafteten gewesen. Sie fanden ein blaues Tag (siehe Abbildung, in Farbe unter  http://www.projektwerkstatt.de/weggesperrt/bilder/scha_140506.jpg), auf dem zwar tatsächlich deutlich „AV GCE“ zu lesen war, die Bullen aber behaupteten, dass dort AV-Tage zu sehen sei und damit „Antirepressionstage“ gemeint seien, zu denen die Projektwerkstatt im Internet just für diese Tage aufgerufen hätte. Nun hieß es aber ersten nicht „AV-Tage“, sondern deutlich „AV GCE“, zweitens passt selbst AV-Tage nicht als Abkkürzung zu Antirepressionstage und drittens war nirgends im Internet zu Antirepressionstagen eingeladen worden (per Google und auch sonst durch nichts auffindbar). Alles also komplett ausgedacht. Richter Gotthardt, früher selbst Bulle, aber übernahm die Lügen der Bullen. Dass er sogar wusste, dass alles gelogen war, zeigt sich in einem noch spannenderen Detail. Der einzusperrende Jörg B. war, wie am 17.5. von der Frankfurter Rundschau enthüllt wurde, von einer Sondertruppe der Polizei (MEK) auf Schritt und Tritt observiert worden. Folglich wussten die Bullen, wo er war und dass er eben ganz woanders war als sie behaupteten. Das teilten sie dem Richter sogar mit und wiesen ihn an, das aber zu verschweigen. Und wie so ein Gießener Richter zwar auf die Bullen und den dahinterstehenden Wunsch des hessischen Innenministers Bouffier ( http://www.im-namen-des-volkers.de.vu) hört, aber ansonsten vor allem doof ist, notierte er diese Anweisung der Bullen in den Gerichtsakten. Diese liegen nun vor und beweisen, dass hier gezielt gelogen und Recht gebeugt wurde.
2. Zudem verschleppte das Landgericht Gießen (Vors. Richter Geilfus, Richterin Dr. Berledt und Richter Schnabel) zwei Tage gezielt die Eilbeschwerde, um den Betroffenen bis zur damals noch von den Justizbehörden erhofften langen Strafhaft ( http://www.weggesperrt.de.vu) zu behalten.
Gegen alle beteiligten RichterInnen an Land- und Amtsgericht ist nun also Strafanzeige (Download mit allen Anlagen als PDF:  http://www.projektwerkstatt.de/weggesperrt/download/) wegen Freiheitsberaubung, Rechtsbeugung, übler Nachrede und falscher Verdächtigung erstattet. Zudem haben die beteiligten Polizisten wegen Beihilfe zur Freiheitsberaubung und wegen den erfundenen Straftaten Anzeigen wegen übler Nachrede und falscher Verdächtigung bekommen.


Weitere Strafanzeige wegen Haft im JVA Frankfurt-Preungesheim

Am 18.5.2006 geschah dann aber noch etwas Seltsameres. Obwohl das BVerfG schon am Tag vorher die Strafhaft erstmal aufgehoben hatte, wurde der Betroffene noch vom Polizeigewahrsam in den Knast (JVA Preungesheim in Frankfurf) verlegt. Die Rechtsgrundlage dafür ist völlig unklar. Folglich hat Jörg B. Beschwerde gegen die Inhaftierung (PDF-Download unter  http://www.projektwerkstatt.de/weggesperrt/download/beschwerde_haft_jvapreungesheim.pdf) und Strafanzeige wegen Freiheitsberaubung auch in diesem Fall eingelegt.


Beschwerden

Gleichzeitig sind etliche Beschwerden eingereicht worden – von den Betroffenen und von einem Rechtsanwalt. Wie zu erwarten war, versucht die Gießener Justiz alles zu verschleppen, zu vertuschen und abzuschmettern. Die einzelnen Beschwerden und der Stand der Dinge.

1. Hausdurchsuchung am 14.5.2006
Ohne Durchsuchungsbefehl, ohne Angabe von Gründen und ohne Wohnungs- oder Hausinhaber zu benachrichtigen, ZeugInnen zuzulassen oder anschließend eine Niederschrift zu fertigen (also alle Formvorschriften missachtet!), wühlte die Polizei am 14.5.2006 in der Projektwerkstatt herum. Was sie suchte, war nicht erkennbar, aber schon ihr Interesse: Kalender, Adressenlisten & Co. nahm sie mit. Wegen der Wohungsdurchsuchung hat eine dort gemeldete Person Widerspruch eingereicht und um Akteneinsicht gebeten, um dann ein Begründung nachzuschieben. Die Amtsrichterin Kaufmann, für ihren Pro-Polizei-Stil bekannt, machte aber einen bemerkenswerten „kurzen Prozess“: Sie lehnte den Widerspruch ohne Begründung ab, ließ keine Akteneinsicht zu und wartete die Begründung auch nicht ab (offenbar ahnte sie, dass es dann schwieriger würde). Als das wiederum moniert wurde, wies sie die neuerliche Beschwerde gegen ihre Verfahrensweise mit Bezug auf schon benannte Gründe im vorherigen Beschluss ab. Nur dass da nichts drin war ... Justiz in Gießen halt.
Bis heute gar nicht informiert über die Hausdurchsuchung wurde der Hausinhaber, der Förderverein der Projektwerkstatt. Dessen Vorstand schrieb an die Polizei mit der Bitte um Aufklärung – und erhielt keine Antwort. Daraufhin richtete er eine Beschwerde an das Verwaltungsgericht (Wortlauf als PDF unter  http://www.projektwerkstatt.de/weggesperrt/download/widerspruch_verein_hausdurchsuchung.pdf). Das Verwaltungsgericht deutete aber schon an, über das Ganze nicht entscheiden zu wollen, sondern es an das Amtsgericht abzutreten, wo dann wieder Richterin Kaufmann wartet ... diese Methoden der Nichtbefassung ist mensch von der 10. Kammer des Verwaltungsgerichtes schon gewöhnt – eine reine Wir-schützen-die-Polizei-Combo (siehe z.B.  http://www.projektwerkstatt.de/10_7_04).
Extraseite zur Hausdurchsuchung am 14.5.2006 unter  http://www.projektwerkstatt.de/weggesperrt/durchsuchung140506.html.


2. DNA-Entnahme
Bei allen Verhafteten soll DNA entnommen werden. Das passt zu der Beschlagnahme von Adressenlisten, Kalendern usw. bei der illegalen Hausdurchsuchung in der Projektwerkstatt. Die Straftat einer politischen Sprayerei wurde ausgedacht, um ordentlich rumwühlen zu können in persönlichen Daten. Alle Beteiligten haben Widersprüche eingelegt, bei einem wurde die DNA-Probe allerdings schon zu Haftzeiten vollzogen – nachdem er bei einer späteren Aktion ( http://www.gendreck-giessen.de.vu) erneut verhaftet und auch zum Fingernagelabschneiden mit brutaler Gewalt gezwungen worden war.


3. Festnahmen
Alle Betroffene der Polizeiaktionen vom 14.5.2006 (siehe Berichtsseite unter  http://www.projektwerkstatt.de/weggesperrt/mek_140506.html) haben Beschwerden eingereicht. Jörg B. hat zudem auch Fortsetzungsfeststellungsklage gegen die Festnahme eingereicht (PDF-Download mit Anlagen unter  http://www.projektwerkstatt.de/weggesperrt/download/vgklage_festnahme_1_7_06.pdf).

4. Unterbindungsgewahrsam
Der für mehrere Tage festgehaltene Polit-Aktivist hatte selbst und per Rechtsanwalt sofort Eilbeschwerde gegen seine Inhaftierung eingelegt. Die wurde erst verschleppt (siehe oben) und dann in der Hauptsache abgelehnt, d.h. die Gerichte deckten sich und die Polizei mit der weiter aufrechterhaltenen Lüge der Sprühereien mit politischem Hintergrund. Außerdem behaupten alle weiter, die Anschläge auf die Rechtsanwaltskanzlei der beiden Innenminister Bouffier und Dr. Gasser ( http://www.projektwerkstatt.de/bouffier) am 3./4.5. und 8.5. seien eine Reaktion auf die Ladung zum Strafantritt. Diese wurde aber erst am 10.5. überhaupt in der Staatsanwaltschaft geschrieben – wie kann das denn gehen? Gießener Justiz halt ...
Die Beschwerden liegen inzwischen vor dem Oberlandesgericht.


Info, Kontakt, Links

Zu den Betroffenen kann über die Projektwerkstatt Saasen ( http://www.projektwerkstatt.de/saasen) Kontakt aufgenommen werden.

Der kommende Prozess vor dem Amtsgericht Gießen ab ca. September 2006 wird wegen der politischen Hintergründe sicherlich zum Schlagabtausch der Rechtsbeuger-Mafia Gießener Gerichte und ihren Kritikern werden. Das wird sich lohnen ...

- Kreative Antirepressionsaktionen:  http://www.projektwerkstatt.de/antirepression
- Kritik an Justiz Gießen:  http://www.justiz-giessen.de.vu
- Kritik an Polizei Gießen:  http://polizeidoku-giessen.de.vu
- Rechtstipps für alle, die mit Ordnungsbehörden aneinandergeraten:  http://www.recht-extremismus.de.vu
- Und wer meint, das seien alles unschöne Auswüchse einer eigentlich guten Idee (Rechtsstaat, Demokratie), dem sei empfohlen:  http://www.demokratie-total.de.vu.
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Ein anderer Fall von Staatsterror

Fridolin BRandt 02.07.2006 - 22:53
Der Germeringer Hobbyimker Fridolin Brandt ist in die Mühlen der Landwirtschaftlichen Sozialversicherung geraten. Ob-wohl er nach seinen Angaben nachweislich keinen Gewinn mit seinen zwölf Bienenvölkern erzielt, wurde er vor zwei Jahren überraschend zum Landwirt erklärt und zur Zahlung von 20 000 Euro in die Pflicht-Alterskasse aufgefordert. Brandt legte Widerspruch ein und klagte vor dem Sozialgericht. Das Verfahren ist noch anhängig und noch nicht entschieden. Bis heute droht ihm allerdings die Zwangsvollstreckung der auf über 30 000 Euro aufgelaufenen Summe. Seit 40 Jahren ist Fridolin Brandt Hobby-Imker, zwölf Bienenvölker hat er zurzeit. In seinem Brotberuf als Vertriebsleiter bezahlte er nach seinen Angaben 36 Jahre lang in die Renten- und Krankenkasse ein. Umso überraschter war er, als er vor zwei Jahren den Bescheid erhielt, 20 000 Euro an die Landwirtschaftliche Sozialversicherung (LSV) nachzuzahlen. Bis zu 160 Völkern ist die Imkerei als Liebhaberei vom Finanzamt eingestuft, also keine Aufzeichnungspflicht über Einnahmen und Ausgaben. De Fakto also steuerfrei, nach § 13 Einkommenssteuergesetz Brandt legte bei der LSV Widerspruch ein und klagte gleichzeitig vor dem Sozialgericht München.

Trotz dieser aus Sicht von Brandt erfolgversprechenden Klage Um einer drohenden Pfändung zu entgehen, legte der schwer herzkranke Bienenzüchter ein ärztliches Attest vor. Darin wird ihm von einem Germeringer Arzt bescheinigt, dass "eine Zwangsvollstreckung mit Sicherheit medizinisch weitreichende Folgen hätte". Strafanzeige wegen Erpressung und Nötigung.

Trotz dieses Attestes wurde Brandt gestern zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung ins Büro des Fürstenfeldbrucker Gerichtsvollziehers Erich Zotz geladen. Er ließ sich von Friedhelm Berger, der auch langjähriger Präsident des europäischen Imkerverbandes war, und von Albert Kahle vertreten. Die zwei sind Präsidenten des Umweltbundes, einer Initiative für Imker, Gärtner und Landwirte. Fälle wie die von Brandt sind für sie keine Neuigkeit. Berger fordert deswegen für den Umweltbund seit langem, Imker und Gärtner wieder aus der landwirtschaftlichen Versicherung zu entlassen.

Via Dienstweg erstatteten sie bei dem Gerichtsvollzieher in Verbindung mit der Zwangsvollstreckungssache Strafanzeige - unter anderem wegen räuberischer Erpressung, Nötigung und Körperverletzung. Nur unter dem Druck der Anwesenheit der Presse, willigte dieser der Niederschrift der Strafanzeige widerwillig zu. ) prophezeite den beiden aber: "Wir sehen uns wieder."

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 8 Kommentare an

Das gehört... — eeak!

@ eeak! — ich

Gießener Klassenkampf 2006. — Bismarcks Hering

nicht mehr zu helfen — Physikus

@Physikus — arghhh

boh ey... — ...

Anführungszeichen — AbwehrspielerIn der Ordnung