Mach's noch einmal ver.di...in Berlin!

autoreponder 28.06.2006 19:15 Themen: Soziale Kämpfe
Mitarbeiter des Wach- und Sicherheitsgewerbes protestierten vor kurzem in Hamburg gegen schlechte Löhne und Arbeitsbedingungen. Arbeitgeberverband greift ver.di an.
Beim Bundesverband Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen (BDWS) e.V. - dem Lobby- und "Gütesiegel"-Verband der Arbeitgeber - liegen die Nerven blank. Am 15.06.06 folgten zahlreiche Mitarbeiter des Wachgewerbes einem Aufruf von ver.di um vor dem Hamburger Rathaus gegen die schlechten Löhne und Arbeitsbedingungen in der Branche zu demonstrieren. Laut ver.di liegt der Stundenlohn der Wachleute vielfach bei 6,10 Euro; Arbeitnehmer müssten "bis zu 300 Stunden im Monat arbeiten um finanziell über die Runden zu kommen" (siehe hierzu:  http://www.abendblatt.de/daten/2006/06/16/574510.html ). Und es gab noch einen Grund für die Hamburger Wachleute um zu demonstrieren: Am 02.06.06 berichtete das Hamburger Abendblatt über Mitarbeiter der Power GmbH (BDWS-Mitgliedsunternehmen) die vom Arbeitgeber massiv unter Druck gesetzt wurden, weil sie einen Betriebsrat gründen wollten. Laut ver.di soll das hanseatische Sicherheitsunternehmen sogar jene fünf Mitarbeiter entlassen haben, die sich in Sachen Betriebsrat besonders hervorgetan hatten (siehe hierzu:  http://www.abendblatt.de/daten/2006/06/02/569299.html ). Nebenbei: Die Power GmbH verfügt über einen hochbezahlten Mitarbeiter-/Beraterstab von ehemaligen Beamten die einst der Führungsriege der Hamburger (Kriminal)Polizei angehörten (siehe hierzu:  http://germany.indymedia.org/2005/03/110508.shtml ).

Noch schlechter als in Hamburg ist die Entlohnung des privaten Sicherheitspersonals in Berlin und Brandenburg (siehe hierzu:  http://www.taz.de/pt/2006/06/27/a0245.1/text.ges ). In der Bundeshauptstadt sorgt das BDWS-Unternehmen GSE Protect regelmäßig für Schlagzeilen: Ende 2004 berichtete ein Mitarbeiter in der taz Berlin (27.12.04) über schlechte Bezahlung, falsche Lohnabrechnungen und Mobbing bei GSE (siehe hierzu:  http://www.taz.de/pt/2004/12/27/a0226.1/text ). Dem Brandenburger Sicherheitsunternehmen wird ferner vorgeworfen seine Mitarbeiter in Berlin untertariflich zu entlohnen (siehe hierzu:  http://www.taz.de/pt/2005/10/19/a0247.1/text.ges,1 ).

Der BDWS als "Gütesiegelverband" hat sich Tariftreue und die Einhaltung von Arbeitsrechten auf die Fahnen geschrieben. Damit wirbt der BDWS für Brancheninteressen, wie beispielsweise die verstärkte Beauftragung der Mitgliedsunternehmen durch die öffentliche Hand. Viele BDWS-Unternehmen sind zudem an Aufträgen rund um die Fussball-Weltmeisterschaft 2006 beteiligt. Dies dürfte auch mit ein Grund dafür sein, weshalb BDWS-Hauptgeschäftsführer Harald Olschok besonders sauer auf den Hamburger ver.di-Protest reagiert. In einer Pressemitteilung vom 21.06.06 wirft der BDWS der Dienstleistungsgewerkschaft vor die „WM als Plattform“ zu nutzen und damit „das gesamte Sicherheitsgewerbe in Hamburg zu diskreditieren“. (...) „Dem von ver.di eingeschlagenen Weg, mit falschen Behauptungen und einer durchsichtigen Strategie den Unmut der Beschäftigten hervorzurufen, wird der Verband jetzt aktiv entgegentreten, so der Hauptgeschäftsführer des BDWS“. (...) „Abschließend forderte Olschok ver.di auf, auf unsinnige und für das Sicherheitsgewerbe rufschädigende Aktionen zu verzichten und mit der Landesgruppe Hamburg des BDWS wieder unverzüglich in Tarifverhandlungen einzutreten.“ (siehe hierzu:  http://www.bdws.de/cms/index.php?option=com_content&task=view&id=359&Itemid=50 )

BDWS in großer Sorge

An der Basis des Sicherheitsgewerbes brodelt es gewaltig und die Mitarbeiter werden – angeheizt durch die negative Branchenberichte der letzten Zeit - mutiger. Viele von ihnen haben keine Lust mehr für die Arbeit-/Auftraggeber im Schichtdienst Leib und Leben zu riskieren und sich dabei mit Hungerlöhnen abspeisen zu lassen; sie machen ihrem Ärger hierüber öffentlich Luft.
Der BDWS weiß, dass Unruhen in der Branche den Verbands- bzw. Unternehmensinteressen erheblich schaden. Proteste die in Streiks übergingen wären aus Sicht des Verbandes eine Katastrophe. Wenn selbst BDWS-Unternehmen, Löhne und Arbeitsbedingungen betreffend in die Kritik geraten, ist die Lage für den Verband ernst.
Der Protest der Wachleute in Hamburg war berechtigt und er zeigt Wirkung: Der BDWS bittet ver.di an den Verhandlungstisch. Damit könnte dieser Protest aus der Sicht der Arbeitnehmer die künftigen Tarifverhandlungen für das hanseatische Sicherheitsgewerbe positiv beeinflusst haben.

Protest in Berlin?

Schaut man sich die Tariftabelle des Sicherheitsgewerbes für die Bundesländer Berlin und Brandenburg an, so wird deutlich, dass die durchschnittlichen Bruttolöhne noch unter denen in Hamburg liegen. Alleine aus diesem Grund dürfte ein ver.di-Protest seine Wirkung in der Bundeshauptstadt nicht verfehlen. Mit Sicherheit würden in Berlin nicht weniger Wachleute einem Protestaufruf folgen als in Hamburg. Und ver.di könnte damit sogar ein bundesweites Signal für die Beschäftigten im Sicherheitsgewerbe setzen; wichtig, denn der Dienstleistungsgewerkschaft wird auch von Mitgliedern vorgeworfen das Bewachungsgewerbe “Stiefmütterlich“ zu behandeln.
Den Arbeitgebern der boomenden Sicherheitswirtschaft fällt es zunehmend schwerer den Mitarbeitern die oftmals üppige Unternehmensumsätze (2004 erstmals über vier Mrd. Euro allein durch personelle Dienstleistungen) bei gleichzeitig schlechten Löhnen zu erklären. Damit sich diesbezüglich für das Basispersonal etwas zum positiven verändert braucht die Branche “Unruhe“.
Mehrere Internetforen (siehe unten) rund um den kommerziellen Sicherheitsbereich belegen: Die Stimmung unter den Wachleuten und Security-Mitarbeitern hat sich verschlechtert. Der Unmut über die beschriebenen Missstände lässt die Basis lauter werden. Ob nun mit oder ohne ver.di-Engagement könnten auf die Arbeitgeber der Sicherheitswirtschaft stürmische Zeiten zukommen.


Weitere Informationen zum Thema im Internet:

Wach-Portal

 http://www.german-devils.de


Forum für den Wachmann

 http://www.forumromanum.de/member/forum/forum.php?action=std_tindex&threadid=2&USER=user_277009


Wachleute

 http://www.wachleute.de/


Securityforum

 http://www.iphpbb.com/board/fs-46976556nx42516.html


Rote Karte gegen Dumpinglöhne! Beschäftigte aus dem Sicherheitsgewerbe protestierten gegen Billiglöhne (19.06.06)

 http://hamburg.verdi.de/


Sicherheitswirtschaft: Gütesiegelunternehmen am Pranger (05.06.06)

 http://de.indymedia.org//2006/06/149070.shtml
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Ergänzungen

Deutschlandradio v. 07.12.06

Power-Ranger 03.01.2007 - 11:12
"Markige Männer

Aus dem Innenleben der Hamburger Sicherheitsdienste

Männer, die bei der Security arbeiten, leben davon, einzuschüchtern. Als "Sklavenhalterei" bezeichnet der Hamburger SPD-Vorsitzende Mathias Petersen die Arbeitsbedingungen. Nur wenige sind bereit, ihre Arbeit in der Öffentlichkeit zu diskutieren. Kritik am Auftreten und Vorgehen selbst ernannter Sheriffs war bislang tabu." (...) (Deutschlandradio, 07.12.06)

 http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/laenderreport/571594/

*Dieser Radio-Beitrag kann als MP3 oder Flash von der Beitragsseite heruntergeladen werden. Beitragslänge 13:08 min.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Ist wohl ein Witz — Syndikalist

@verdi.aner — Linker Gewerkschaftsaktivist

Verdi und die Büttel — Syndikalist