Karlsruher Antifaschist verurteilt

Autonome ProzessbeobachterInnen 26.06.2006 12:29 Themen: Antifa Repression
Ein Karlsruher Antifaschist wurde vom Amtsgericht Rastatt wegen Landfriedensbruchs zu 60 Arbeitsstunden und 2 Jahren Bewährung wegen eines Überfalls auf einen NPD-Stand im Juni 2005 verurteilt. Der Hauptbelastungszeuge Sven "Prolo" P., ein bei der Tat verhafteter ehemaliger Linker, erschien nicht vor Gericht - sein Verfahren wurde wegen seiner Denunziationen und seiner Teilnahme am Täter-Opfer-Ausgleich eingestellt. Die entscheidende Vernehmung von P. war nicht in den Prozessakten.

Dies ist die zensierte Version des Artikels, nachdem die Originalversion von Indymedia versteckt wurde. Detaillierte Informationen können bei den üblichen Verdächtigen erfragt werden.
Am Dienstag, den 13. Juni, und Freitag, den 23. Juni, fand vor der Jugendkammer des Amtsgericht Rastatt ein Prozess gegen einen Genossen vor einem Richter und zwei SchöffInnen statt. Dabei wurden zwei verschiedene Komplexe zusammengefasst:

(1) Ein Überfall auf einen NPD-Stand in Kaiserslautern am Samstag, den 04.06.2005.

(2) Eine Rangelei und Beleidigungen am Karlsruher Hauptbahnhof am Samstag, den 13.08.2005.

Die Angklage lautete auf gemeinschaftliche schwere Körperverletzung und Landfriedensbruch.

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Der Angeklagte machte keine Aussagen zu (1). Zu (2) gab er an, dass er zusammen mit einem Freund in Stuttgart vier Zufallsbekannte fragte, ob diese die beiden mit auf ihrem Wochenendticket fahren ließen. Unterwegs hörten sie, wie zwei befreundete Ehepaare, die als Zeugen geladen waren, im Suff das Badener Lied sangen. Als Antwort wurde "Ihr habt den Krieg verloren" gesungen. Daraufhin entspann sich ein Streit, bei dem einer der Betrunkenen fragte, ob die andere Gruppe nicht stolz auf ihr Land sei. Von diesen antwortete einer, dass er portugiesische Wurzeln habe und keinesfalls stolz auf Deutschland sei. Die Antwort war: "Dann geh doch zurück in dein Land, wenn es die hier nicht passt". Daraufhin gab es auf dem Bahnhof eine Rangelei, bei der mehrere Bierflaschen unglücklich zu Boden fielen.

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Der erste Zeuge war ein 33jähriger POK aus Kaiserslautern. Er sagte aus, dass die Bullen den NPD-Stand von Anfang an beobachtet hätten. Als die Nazis ihr Zeug zusammenräumten, um den Stand abzubauen, wären 10-15 schwarz gekleidete, vermummte und mit Schlagwerkzeugen bewaffnete Personen erschienen. Was genau passierte, konnte er nicht mehr sagen, das sei alles sehr schnell und chaotisch abgelaufen.

Die Bullen seien dann mit einem Bus den AngreiferInnen hinterhergefahren, ein Passant (der ebenfalls als Zeuge geladen war) wies den Bullen den Weg und schließlich hätten sie drei Personen gestellt, von denen P. festgenommen werden konnte. Dieser sei dann vom Bullen Schäfer vernommen worden und hätte Angaben gemacht, die er später zurück zog.

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Dann wurde der Zeuge Sven P. aufgerufen, doch dieser fehlte unentschuldigt.

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Es ging weiter mit KOK Andreas K. aus Kaiserslautern. Er erzählte von vier Vernehmungen von P. und zwar am 04., 05. und 06.06.2006 sowie zwei Wochen später. Die zweite (richterliche) Vernehmung am Sonntag in Kusel bei Kaiserslautern, während der P. "unter dem Eindruck der Nacht in Untersuchungshaft" und des "Drängens seines Vaters" seine GenossInnen zum ersten Mal verriet, war nicht in den Akten. Der erstaunte Richter fragte den Zeugen, worum es denn in der Vernehmung ging. Antwort: "Na eigentlich nur darum, wer dabei war." P. machte widersprüchliche Angaben, die er teilweise wiederrief. Der Rechtsanwalt meinte, die Anklage "steht und fällt mit der Aussage des Zeugen P.", zudem sei die Aktenlage sehr schlampig.

K. gab dann seine Einschätzung des Zeugen P. zu Protokoll. Dieser sei am Tattag völlig verschlossen gewesen. Bei der Vernehmung zwei Wochen später in Frankfurt in der Kanzlei seines Anwalts, um die er die Bullen "auf eigenen Wunsch" gebeten habe, sei er hingegen sehr kooperativ gewesen. Er habe einen Reifeprozess durchgemacht und in Frankfurt "die anderen Namen genannt". P. habe dort "völlig reinen Tisch gemacht", "komplett mit der linken Szene gebrochen" und "alles gesagt, was er wusste".

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Die nächsten drei Zeugen waren allesamt hässliche und dumme NPDler, die rein gar nichts zu dem Prozess beitrugen, außer ihre Daten zu nennen:

Florian Z., 21, ledig, Otterbach, Angestellter bei einem Tochterunternehmen der Bahn
Ca. 170 cm groß, schwarze kurze Haare (fast Glatze), Schnauzer
Trug weiße Adidas-Turnschuhe und eine schwarze Brille

Marc (Paul) H., 21, ledig, Otterberg, Schlosser
Ca. 180 cm groß, abstehende Ohren, schwarze kurze Haare (fast Glatze), Schnauzer
Trug weiße New Balance-Turnschuhe
Konnte detaillierte Angaben zu dem beim Überfall verwendeten Corsa machen

Matthias S., 24, ledig, Mannheim
Ca. 185-190 cm groß, hat fast eine Glatze, hinten rechts ein kleines Loch in den Haaren, Schlägervisage, enges Shirt und einen Rund-um-Mund-und-Kinn-schlechte-Laune-Bart, schlank und kräftig
Trug schwere, halbhohe Springerstiefel

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Ein 51jähriger Mannheimer Aktivbürger gab an, er habe den Vorfall (1) genau beobachtet, Fotos mit seinem Handy gemacht und den Bullen den Fluchtweg gezeigt. Er bestätigte im Wesentlichen die Aussage des ersten Bullen und sagte zudem aus, dass die Vermummten nach dem Einschlagen der Scheiben des NPD-Fahrzeugs den Inhalt eines Kanisters in das Fahrzeug geschüttet hätten, um es anzuzünden. Einer hätte das Kommando gegeben, einige hätten den Tatort abgesichert, andere hätten zugeschlagen. Er habe niemanden identifizieren können, da ja alle vermummt gewesen seien.

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Die Zeugenaussagen zu (2) waren ziemlich widersprüchlich. Es wurde ein Bulle, die beiden Ehepaare und der Begleiter des Angeklagten vernommen. Dabei ergaben sich sehr verschiedene Versionen der Ereignisse, woraufhin der gesamte Komplex beim Urteil außer acht gelassen. Am Ende wurde der 23. Juni als nächster Verhandlungstag festgelegt.

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Auch am zweiten Verhandlungstag tauchte der Hauptbelastungszeuge P. nicht auf. Der Richter hatte die Bullen beauftragt, den Denunzianten vorzuführen, jedoch ohne Erfolg. Die Bullen hätten P. in Freiburg nicht angetroffen, er sei in Gießen und seine Mitbewohner hätten keine Telefonnummer gehabt.

Dann rief er Staatsanwalt und Verteidiger zu sich und meinte, dass der Inhalt einer Akte, die er den beiden zeigte, vielleicht der Grund für das Nichterscheinen des Zeugen sei. Er erwähnte eine Naziseite und ein linkes Flugblatt, auf dem P. mit Namen, Adresse und Foto geoutet wurde. Dabei handelte es sich wahrscheinlich um die unten verlinkten Materialien. Die Verhandlung wurde für eine halbe Stunde unterbrochen, in der Verteidiger und Angeklagter die Akte studierten und diverse Gespräche geführt wurden.

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Nach der Unterbrechung ließ der Angeklagte durch seinen Anwalt ein Teilgeständnis verlesen, in der er zugab, an der Aktion in Karlsruhe beteiligt gewesen zu sein. Der Staatsanwalt plädierte auf eine Verurteilung wegen Landfriedensbruchs und einer Strafe von 60 Arbeitsstunden, die in zwei Jahren (Bewährung) abzuleisten seien. Richter und SchöffInnen schlossen sich dem Plädoyer an und niemand legte Rechtsmittel ein, so dass das Urteil rechtskräftig ist.

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NPD in K'lautern angegriffen
 http://de.indymedia.org/2005/06/118988.shtml

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Angriff auf Infostand der NPD in KŽlautern
 http://de.indymedia.org/2005/06/119109.shtml

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Zensur im Freiburger Koraktor
 http://de.indymedia.org/2006/05/147330.shtml

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freier-widerstand.net & fw-sued.net gehackt
 http://de.indymedia.org/2005/10/129338.shtml

Siehe "Freier Widerstand" Foren-Thread 4199

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hatecoretk.com forum gehackt
 http://de.indymedia.org/2005/12/135702.shtml

Daten von Hatecoretk.com veröffentlicht
 http://de.indymedia.org/2006/02/137766.shtml

Siehe "Kameradschaft Rhein-Neckar" Foren-Thread 1400

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Ergänzungen

Antirepressionsdemo in Stuttgart

butch 26.06.2006 - 15:12
Am 15. Juli findet dazu thematisch passend eine überregionale Demonstration gegen staatliche Repression und autoritäre gesellschaftliche Tendenzen in Stuttgart statt. Das Motto ist "Linke Politik verteidigen, Kapitalismus angreifen"
Weiteres dazu findet ihr u.a. auf der Homepage der Antifa Freiburg:
www.antifa-freiburg.de

Nochmal anklickbar

non-butcher 26.06.2006 - 17:08

Zur Frage nach den 2 Jahren

Ergänzer 26.06.2006 - 21:45
Das ist ja eine Verurteilung nach Jugendstrafrecht. Deswegen wurde eine Bewährung von 2 Jahren ausgesprochen. Als Bewährungsauflage muss der Verurteilte 60 Arbeitsstunden verrichten. Falls es in den zwei Jahren erneut zum Prozess kommt, wird bei dem Prozess die Strafe für den Landfriedensbruch festgelegt. Ansonsten wird das Urteil nach zwei Jahren aus den Akten getilgt.

Es geht immer weiter...

Autonom@ntifA 27.06.2006 - 11:08

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samba-klaus 26.06.2006 - 12:51
2 jahre bewährung ist natürlich schon der hammer... da hat sich der richter nicht lumpen lassen... wie gerht es weiter?... geht ihr in revision?...
grüße und solidarität an den genossen

Zur Frage: "Wie weiter?"

Antworter 26.06.2006 - 13:17
"...und niemand legte Rechtsmittel ein, so dass das Urteil rechtskräftig ist."

etwas

durcheinander 26.06.2006 - 16:58
ist mit 2 jahren die bewährungszeit gemeint oder die haftstrafe die auf bewährung ausgesetzt wurde?

Wunsiedel!!!!!!

mein Name 27.06.2006 - 17:10

Titel der Ergänzung

Mein Name 28.06.2006 - 20:47
der wunsiedel artikel ist ein jahr alt !