Hartz-IV-Ombudsratsbericht und die Medien

alionsonny 24.06.2006 23:00 Themen: Medien Soziale Kämpfe
Gestern wurde der Abschlussbericht des Hartz-IV-Ombudsrats veröffentlicht. Die Tagesschau berichtete aber nur sehr selektiv. Auch in Onlinemedien sind heute die Informationen zum Umfang des Missbrauchs beim ALG II seltsamerweise verschwunden.
Zwar berichtete Tagesschau.de gestern ausführlich über diesen Bericht und nannte die darin enthaltenen Fakten. Es wurde vom Ombudsrat festgestellt, daß es ein ziemliches Kompetenzwirrwarr in den ARGEs gäbe, welches beseitigt werden müsse um ein effizientes Arbeiten der ARGEs zu ermöglichen. Des weiteren wurde aber auch fetsgestellt, daß der Umfang des Missbrauchs beim ALG II nicht überdurchnittlich groß wäre.

Seltsam war nun, daß in den 20 Uhr Nachrichten zwar über ersteren Punkt (Kompotenzchaos bei ARGEn) ausführlich berichtet wurde, aber kein Wort zum geringen Missbrauchsumfang verloren, obwohl eben diese Feststellung im Bericht des Ombudsrates ausführlich behandelt wurde. Auf eine Anfrage an die Redaktion der Tagesschau meinerseits wurde bis heute nicht reagiert.

Überhaupt scheinen die Erkenntnisse des Ombudsrates im Bezug auf den angblichen Missbrauch beim ALG II in den Medien, heute auch online, eher totgeschwiegen zu werden. Während gestern eine Websuche noch dutzende Ergebnisse erbrachte in denen auch die Erkenntnisse zum Missbrauch veröffentlicht wurden, findet man heute nur noch gekürzte Artikel, in denen zwar das Kompetenzwirrwarr bei den ARGEs ausführlich behandelt wird, jegliche Informationen zu den Missbrauchserkenntnissen wurden aber sorgfältig entfernt.

Es scheint so, als wäre einigen Menschen daran gelegen die Tatsache, daß der Missbrauch beim ALG II eben nicht wie von einigen behauptet katastrophal hoch ist, möglichst totzuschweigen. Diese Menschen scheinen über solch große Macht zu verfügen, daß die gängigen Onlinemedien am heutigen Tage nicht mehr darüber berichten.
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Ergänzungen

Nachrichtenüberblick Missbrauchsdebatte

OWLgS 25.06.2006 - 02:45
Zahlen, Fakten und Stellungnahmen über den angeblichen Missbrauch bei Hartz IV und die "Kostenexplosion" unter .....

 http://www.missbrauchsdebatte.owlgegensozialabbau.de

Ombudsrat

OWLgS 25.06.2006 - 09:37
Der Ombudsrat für Grundsicherung

Postanschrift
Ombudsrat - Grundsicherung für Arbeitsuchende -
Postfach 040140
10061 Berlin


Siehe auch ...

 http://www.ombudsrat.de

Aufgaben | Pressemitteilungen | Schlussbericht | Abschlussbericht des Ombudsrats (PDF)


E-Mail an Peter Struck, Fraktionsvorsitzender

WinstonSmithResists 25.06.2006 - 13:36
Sehr geehrter Herr Fraktionsvorsitzender Dr. Struck,

der Abschlussbericht des Hartz-IV-Ombudsrats aus der vergangenen Woche macht deutlich: der Mißbrauch bei der Grundsicherung für Arbeitssuchende (ALG II) ist kein Massenphänomen. Die Agentur für Arbeit selbst beziffert ihn auf unter 3%.

Herr Fraktionsvorsitzender, Sie und Ihre Fraktion im Deutschen Bundestag betreiben eine Mißbrauchsdebatte ohne validierte Grundlage. Jüngst grefien Sie sogar auf Ihre Weltanschauung zurück, anstatt politisch zu argumentieren. Sie werden in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 25.6. mit folgender Äußerung zitiert: «Das Menschenbild, das wir hatten, war vielleicht zu positiv. Es war zu optimistisch anzunehmen, dass Menschen das System nur in Anspruch nehmen, wenn sie es wirklich brauchen.»

In einer Sache haben Sie Recht: es sind immer mehr Menschen, die dieses System aus ganz unterschiedlichen und individuellen Gründen in Anspruch nehmen. Darin liegt meines Erachtens die Sorge, die Sie begründet formulieren, nicht aber ursächlich beim Namen nennen.

Von welchem Menschenbild sprechen Sie? Sprechen Sie zum Beispiel von dem Arbeitgeber, der einen Langzeitarbeitslosen nur dann einstellt, wenn er ein Vermittlungsgutschein von der Arbeitsagentur vorlegt? Oder sprechen Sie von den Wohlfahrtsverbänden, die zusammen mit der ARGE über jeden 1-Euro-Jobber ein Geschäft abwickeln?

Schade, dass Sie diese Fakten nicht ansprechen und vielmehr ständig ein imaginäres Phänomen vom Hartz-IV-Massenmißbrauch lancieren. Kommunikationspolitisch halte ich das für einen schwerwiegenden Fehler.

Denn je mehr Sie mit dieser Debatte medial in Erscheinung treten, desto mehr zeigen Sie den Menschen, dass Sie einer Lösung der Probleme auf dem Arbeitsmarkt nicht gewachsen sind oder - schlimmer noch - eine solche gar nicht wünschen.

Ich fordere Sie als Fraktionsvorsitzenden daher nachdrücklich auf: Beenden Sie umgehend die Mißbrauchsdebatte bei den Hartz-Reformen und wirken Sie dahin, dass sich Ihre Kolleginnen und Kollegen wieder den konkreten Problemen zuwenden, die der Abschlussbericht des Ombudsrates deutlich beim Namen nennt!

Ich empfehle Ihnen den Bericht zur eingehenden Lektüre. Möge er Sie wieder näher an die Realität der Menschen heranführen, die Sie zu Unrecht mit Ihren Mißbrauchs-Vorwürfen und unter Rückgriff auf ein negatives Menschenbild pauschal diffamieren.

Mit freundlichen Grüßen aus xxxxxx
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