Husum: Konzert der Bundeswehr-Bigband

egal 23.06.2006 00:48 Themen: Militarismus Repression
Am letzten Samstag, 17.6.2006 fand in Husum ein Auftritt der Bundeswehr-Bigband statt. Die Innenstadt war im Ausnahmezustand, eine friedliche Polittheatergruppe verhaftet, und mehrere Menschen als angebliche "Störer" mit Platzverweisen belegt.
"Der Marktplatz wird deshalb kein militärischer Sicherheitsbereich“, scherzt Oberst Axel Schmidt" noch im März in einem Bericht der Husumer Nachrichten über das bevorstehende Event. Doch am Samstag sahen sich alle Skeptiker bestätigt: Die Großstraße war für den Straßenverkehr gesperrt, und wurde von Soldaten überwacht. Im gesamten Innenstadtbereich hatte die Bundeswehr das Hausrecht erhalten, und unterband weiträumig mit Hilfe der Polizei das Ausüben von Grundrechten wie der Pressefreiheit (Fotos nur mit Einverständnis), der Meinungsfreiheit (bereits für stumpfes Nörgeln bekam eine Person einen Platzverweis), der Kunstfreiheit und Flugblätter verteilen war auch verboten. Damit zweigt sich sehr deutlich, was die Vertreter der Bundeswehr bei einer Rede im Rathaus nach den Farbanschlägen meinten, als sie davon sprachen, das die Demokratie verteidigt werden müsste.
 http://www.de.indymedia.org/2006/06/149429.shtml
Spannend ist auch, das die Kreisverwaltung noch am Mittwoch in der HN anlässlich eines gefälschten Schreibens  http://www.de.indymedia.org/2006/06/150053.shtml sämtliche Sondermaßnahmen dementierten. Mit der Übertragung des "Hausrechts" der gesamten Innenstadt auf die Bundeswehr haben die Verantwortlichen das gefälschte Schreiben offensichtlich nachträglich war gemacht. Was heute noch Satire war, kann leider morgen schon war sein. Dies zeigt, wie krass autoritär die Verhältnisse bereits sind, wenn es nur ein Schritt vom "Scherz" des Oberst zum Ausnahmezustand ist.

Den Höhepunkt des Tages bot sicherlich die Verhaftung der Theatergruppe. Dazu die Pressemitteilung:

Betreff: Brutale Verhaftung in Husum anlässlich des Auftritts der Bundeswehr-Bigband.
Gestern, am 17.6.2006 gegen 15:00 Uhr wurden drei Friedensaktivisten aus Husum in der Krämerstraße vor CJ-Schmidt wegen eines Straßentheaters von Polizisten der Husumer Wache brutal verhaftet. Die drei hatten versucht, ein Stück namens Mars-TV aufzuführen. Dabei handelt es sich um folgende Story: Auf dem Mars sind Armeen und Kriege seit über 100.000 Jahren abgeschafft. Deswegen können die Marsianer nicht verstehen, warum die Erdenmenschen diese Einrichtungen immer noch für sinnvoll halten, und entsenden ein Fernsehteam zu Erde, um Menschen zu fragen, wie das mit der Bundeswehr so funktioniert.

Doch in Husum war ihr gestriger Empfang eher unfreundlich. Nach nur etwa drei Minuten Sendezeit wurden die Aktivisten ohne Ansprache, Platzverweis oder ähnlichem brutal verhaftet (zwei Aktivistis wurden beide Arme brutal auf dem Rücken verdreht, und wurden so kopfüber Richtung Marktplatz geschleppt. Dort stand ein Polizeibus bereit, um sie zur Wachen in der Poggenburgstrasse zu bringen. Hier wurden die Aktivistis etwa eine halbe Stunde festgehalten, bevor sie mit einen „totalen Innenstadtverbot“ und der Drohung, falls sie sich nicht daran halten sollten, eingesperrt zu werden, wieder entlassen.

Zu einer weiteren Protestaktion kam es gegen Abend, als einige Aktivistis mit einem Megaphon versuchten, die Veranstaltung zu stören. Diese Demonstration konnte jedoch auch von der Polizei abgedrängt werden. Offensichtlich hat die (für Husum) sehr große Demonstration (ca. 300 Leute, die meisten alternativ/jugendlich) gegen die Abschiebung der Familie Makitu und die vorherigen  http://www.de.indymedia.org/2006/06/150516.shtml Aktionen dazu  http://germany.indymedia.org/2006/06/149919.shtml die Nerven der Verantwortlichen überstrapaziert.

Berufsverbot
Was Oberst Schmidt meinte, als er bei der Ausstellungseröffnung von einem „Zusammenleben, das geprägt ist von gegenseitiger Achtung und Toleranz im Umgang miteinander“ sprach , bewies noch am selben Tag der Verantwortliche der Propagandaveranstaltung Ralf Hessmann. Hessmann ist angestellt bei der Bundeswehr in Husum und gleichzeitig Kommunalpolitiker in Nordfriesland, wo er z.B. bei der letzten Bundestagswahl im hiesigen Wahlkreis vergeblich um ein Direktmandat für die SPD warb (er verlor gegen Ingbert Liebig, CDU. Dessen Unterschrift wählten die AuthorInnen des gefälschten Schreibens). Hessmann ist allerdings Bürgermeister in Hattstedt, einem Dorf nördlich von Husum. In dieser Gemeinde arbeit einer der verhafteten Friedensaktivisten als Jugendbetreuer. Am Sonntag sprach Hessmann diesem ein Hausverbot für den Jugendtreff aus, und untersagte dem Aktivisten damit, seiner Arbeit nachzugehen. Offensichtlich möchte Hessmann sein eigenmächtiges Vorgehen tarnen, denn dem Aktivisten wurde nahegelegt, das er es doch „Resturlaub“ bis zu seinem regulärem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis Ende Juni nehmen könne.

Repression gegen Linkes Zentrum
Anscheinend stehen die Verantwortlichen der Polizei unter massiven politischen Druck, Täter zu präsentieren. Im Zielfokus steht hierbei offenbar die Jugendgruppe des Speichers (www.speicher-husum.de). Der Speicher ist ein sog. Sozikulturelles Zentrum, und wird von vielen Bürgern der Stadt für z.T. ehrenamtliche Veranstaltungen genutzt. Die Jugendgruppe organisiert u.a. Punkkonzerte und ein sog. „Infocafe“. Ein Programmpunkt der letzten Woche war die Infoveranstaltung „Wozu Bundeswehr“, wo über Alternativen zum Wehrdienst informiert wurde, u.a. in Verbindung mit den FÖJ-Freiwilligen des Nationalparkamtes, die über ihre Stellen informierten. Zudem stammen die verhafteten Aktivistis vom Mars aus dem Umfeld der Speicherjugendgruppe. Dies nimmt die Polizei zum Anlass, in Gesprächen mit den Speicher-Verantwortlichen zu unterstellen, das die Jugendgruppe für die begangenen Straftaten verantwortlich sei und kommuniziert dies auch so mindestens Mitgliedern der CDU und Verantwortlichen der Bundeswehr. Zum einen ist dies Rufmord, und zum zweiten scheinen Gegner des Kulturzentrum Speichers hier eine Chance zu sehen, den Speicher in Misskredit zu bringen, indem der Speicher gezielt mit Straftaten in Verbindung gebracht wird.
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Ergänzungen

mal ne Frage

bla 23.06.2006 - 12:01
Wie kann es denn sein das „das Hausrecht“ übertragen wurde? Ich denke die Bundeswehr darf nicht im Inneren eingesetzt werden. Kann man da rechtlich nichts gegen machen?

Und wer bezahlt, bestimmt....

Andriko 23.06.2006 - 17:32
Nun denn, Musikförderung hin oder.. hin. Auf einen wichtigen Umsatnd hat ein geneigter Vorposter hingewiesen: Welchen Zweck erfüllt die Förderung?
Nun muss man sich wirklich nicht zu angestrengtem Nachdenken zwingen, um vielleicht zur Kenntnis - oder wenigstens Ahnung - zugelangen, dass es in Deutschland ANDERE Institutionen gäben könnte, die kulturelle Förderungen betreiben mögen. Warum also die Bundeswehr, welche doch einen klar anders formulierten Auftrag hat (...hatte)? Ein jeder, eine jede möge selbst antworten...
Nun, einwendend ließe sich sagen: Ach Gottchen, wenn sie doch nun das Geld übrig haben, und eigenltich ist es ja auch ganz nett, und die Kassen der Gemdeinden und Kommunen sind leer und alles ist so lieb gemeint, und niemandem tut's weh (wenn er oder sie nicht demonstriert...) - dann darf man fragen:WOHER kommt dieses Geld? Wessen demokratischer Kontrolle ist es denn nun entzogen? Und welches selbstherrliche Selbstverständins nennen die Landesfreiheitsschützer ihr eigen?

Eine kleine Anekdote dazu: Im Rahmen der Protestaktionen zur FREIHenHEIDe in Wittstock kam ich auf einer Informationsveranstalltung der Bundeswehr mit den referrierenden Offizieren ins Gespräch: Vorangegangen war ein Lobeslied auf die finaziellen Unterstützungen die den Gemeinden zuflössen, würden sie denn ihren bombenawurfplatz nebst Übeungsgelände bekommen.
Außeredem wäre die Bundeswehr bereit, Unsummen für die Dekontamination des durch Munitionsrückstände verseuchten Areals auszugeben.

Ich:"Ach? Kann das nicht jemand anderes genauso gut erledigen?"
BW:"Wer soll das denn bezahlen, wenn nicht die Bundeswehr? Wer hat denn die Mittel?"


Tja, wie schön, das die Bundeswehr per se einfach so über Mittel verfügt, und diese nicht etwa durch eine demokratisch legitimierte Vertretung zugewiesen bekommt, die diese Mittel vielleicht auch andersweitig zu verwenden vermöchte...

UZwGBw

UZwGBw 23.06.2006 - 17:56
>Wie kann es denn sein das ?das Hausrecht? übertragen wurde? Ich denke die Bundeswehr >darf nicht im Inneren eingesetzt werden. Kann man da rechtlich nichts gegen machen?

Die Bundeswehr kann jede Örtlichkeit in Deutschland sperren und zum Militärischen Sicherheitsbereich erklären. Dort hat sie Befugnisse, welche sogar noch weit über das Hausrecht hinausgehen können.
Siehe:
1) Militärische Bereiche im Sinne dieses Gesetzes sind Anlagen, Einrichtungen und Schiffe der Bundeswehr und der verbündeten Streitkräfte in der Bundesrepublik.
(2) Militärische Sicherheitsbereiche im Sinne dieses Gesetzes sind militärische Bereiche (Absatz 1), deren Betreten durch die zuständigen Dienststellen verboten worden ist, und sonstige Örtlichkeiten, die das Bundesministerium der Verteidigung oder eine von ihm bestimmte Stelle vorübergehend gesperrt hat. Sonstige Örtlichkeiten dürfen vorübergehend gesperrt werden, wenn dies aus Gründen der militärischen Sicherheit zur Erfüllung dienstlicher Aufgaben der Bundeswehr unerläßlich ist; die nächst erreichbare Polizeidienststelle ist hiervon unverzüglich zu unterrichten. Militärische Sicherheitsbereiche müssen entsprechend gekennzeichnet werden.
(3) Die zuständigen Dienststellen der Bundeswehr können zur Wahrung der Sicherheit oder Ordnung in militärischen Sicherheitsbereichen für das Verhalten von Personen allgemeine Anordnungen erlassen und die nach diesem Gesetz befugten Personen ermächtigen, Einzelweisungen zu erteilen

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