Berlin: Demo gegen ausufernde Überwachung

su2 18.06.2006 03:00 Themen: Freiräume Netactivism
Am Nachmittag des gestrigen 17. Juni demonstrierten ca. 250 Leute für "Freiheit statt Sicherheitswahn".
Die Demonstration begann um 14:00 Uhr auf dem Alexanderplatz. Aufgerufen hatten verschiedene Bürgerrechtsgruppen, u.a. der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, der FoeBuD, das Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF) und STOP1984.

Kritisiert wurde die ausufernde Überwachung, bei der die Grundrechte immer häufiger den Sicherheitsinteressen untergeordnet werden.

Eines der Kernthemen, war die Vorratsdatenspeicherung. Gemeint ist damit die im Dezember 2005 beschlossene EU-Richtlinie zur pauschalen Speicherung von Telekommunikationsverbindungsdaten. Dies sind z.B. wer wann mit wem telefoniert oder eine SMS geschickt hat oder wann man sich wie lange mit welcher IP-Adresse bei seinem Internetprovider eingeloggt hat.

Werner Hülsmannn, Vorstandsmitglied des FIfF forderte die Abgeordneten insbesondere von CDU und SPD auf "Beweisen Sie Rückgrat! Stimmen Sie am Dienstag (20. Juni 2006) für die Nichtigkeitsklage vor dem Europäischen Gerichtshof und gegen die Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung in Deutschland!".

Um 15:30 Uhr setzte sich der Zug via Karl-Liebknecht-Str. und "Unter den Linden" zum Bundesjustizministerium in Bewegung. Dort skandierten die Demonstrantinnen und Demonstranten u.a. "Vorratsdatenspeicherung: Sinnlos, teuer, einfach dumm".

Patrick Breyer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung zitierte Benjamin Franklin, einen der Väter der US-Verfassung mit den Worten: "Wer Freiheit aufgibt um zeitweilige Sicherhet zu gewinnen, verdient beides nicht."

Weitere konkrete Forderungen waren der Stopp der Videoüberwachung des öffentlichen Raums, der Biometrie und RFID-Chips in Ausweisen und Pässen und der Massenübermittlung von Fluggastdaten. Ebenso abgelehnt wird ein automatischer Kfz-Kennzeichenabgleich auf öffentlichen Straßen.

Twister von STOP1984 räumte mit dem Vorurteil auf, dass nur wer was zu verbergen habe, sich für den Erhalt der Privatsphäre einsetzen würde: "Schämt Euch für Sprüche wie 'Ich habe nichts zu verbergen'! Habt was zu verbergen und seid stolz darauf!"

Passanten, die nichts zu verbergen hatten, wurden mit verteilten Wattestäbchen freundlich gebeten gleich Speichelproben für die Gen-Datenbank abzugeben.

padeluun (FoeBuD e.V.) verdeutlichte in seiner Ansprache: "In einer Demokratie heiligt der Zweck nie die Mittel".

Darum sollen neue Gesetzesvorhaben zur Überwachung gestoppt und alte einer unabhängigen Überprüfung unterzogen werden.

Mit Rufen wie "Freiheit stirbt mit Sicherheit" und "Stoppt den Überwachungswahn" unterstützten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer diese Forderungen.

Die Demonstration endete um 17:30 Uhr wieder auf dem Alexanderplatz mit einer Abschlusskundgebung.

Weitere Photos und auch den auf der Demo gespielten Song "Sicherheitswahn" mit Otto Schily, Günther Beckstein und Angela Merkel finden sich auf der angegebenen Webseite.
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Ergänzungen

kritischer kurzfilm zu überwachung/wm

frickelfraktion 20.06.2006 - 16:34
u.a. zur überwachung bei der wm gibt es jetzt auch einen kurzfilm im netz. watch this:

Gegen Sicherheits- und Überwachungsstaat

vio 07.07.2006 - 23:44
Schöne und wichtige Aktion!
Wäre super wenn endlich nochmal ein bisschen mehr zum Thema Überwachung und Repression laufen würde, dass ist in den vergangenen Jahren ziemlich eingeschlafen. Leider gibt es auch kaum gute gesamtpolitische Einschätzungen dieses Komplexes (jedenfalls kenne ich keine).

Passend zum Thema ist auch dieses Posting zur staatlichen Repression in Baden-Württemberg:
 http://de.indymedia.org/2006/07/151707.shtml

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 4 Kommentare

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ALF 18.06.2006 - 21:14
Traurig, dies erneut sagen zu müssen:

GESICHTER UNKENNTLICH MACHEN!!

@ALF: nein

(muss ausgefüllt werden) 18.06.2006 - 22:03
die fotos sind aus anderer quelle so. nix unkenntlich

schlechtes Gefühl im Magen

grummler 18.06.2006 - 22:13
Schade, dass auf der Kundgebung eine derartige Widersprüchlichkeit durchsickerte und deshalb viele Leute keine Lust mehr hatten, auch noch bei der Demo mitzumachen.
1. Der Flyer: Auf diesem wurde die Frage "Was kann ich machen?" durch zwei Alternativen beantwortet. Entweder mensch solle "seinem Abgeordneten" einen Brief schreiben oder einer Bürgerechtsbewegung beitreten.
Also mal wieder eine Gruppe, die an die das Gewissen der etablierten Parteien glaubt. Müssen immer wieder die gleichen Fehler gemacht werden? Wie stets um die Idee direkter Aktionen, usw.
2. Dann schließlich ein grauenvoller Redebeitrag: "die hier Versammelten wenden sich gegen Leute, die Dinge sagen, wie 'Deutschland verrecke', usw.", nein, "im Gegenteil, man lebe gerne hier und woll, das dies auch so bleibe". Außerdem sei man für Sicherheit.
Bevor hier Gruppen kritisiert werden, sollte sich mit antinationalen Standpunkten auseinandergetzt werden. Dies ist offensichtlich nicht geschehen, denn wenn die Rednerin wissen würde, was die Deutschen am abschieben sind und wieviel Deutschland allgemein im Überwachungswahn steckt, würde auch ihr schlecht werden.
Ach so, das mit der Forderung nach Sicherheit ist ja eindeutig. Nur so ein Tip, wie wäre es sich als Gruppe mal allgemein Staaten in unserem Wohlfühlkapitalismus an sich als Problem übertriebener Überwachung anzuschauen. Kann ein Staat nicht überwachen, ohne dabei zugrundezugehen?

Fazit: Die Organisation scheint technisch viel zu wissen, politisch scheint aber wenig Analyse stattgefunden zu haben. Alles verkürzte Kritik. Mensch kann nicht die Überwachung zurückfahren und alles andere so lassen.
Kapitalismus, Nation, Staat, usw. gehören mitweggedacht. Sonst gibts herbe Widersprüche und Argumentationslücken, Leute. Außerdem ist Nationalismus scheiße, davon giobts leider immer mehr in "der Linken".
Deutschland sabotieren.

...

... 19.06.2006 - 00:09
"ALF 18.06.2006 20:14
Traurig, dies erneut sagen zu müssen:

GESICHTER UNKENNTLICH MACHEN!!"

Traurig, dass irgendwelche Dogmatiker meinen, anderen Leuten ihre Meinung aufdrängen zu müssen (und glauben, diese noch nicht einmal begründen zu müssen)- selbst Entscheiden!