"Braunschweiger Kessel" war rechtswidrig

braunSCHWEIG 16.06.2006 13:17 Themen: Antifa Repression
Landgericht: Die Einkesselung von 250 Anti-NPD-DemonstrantInnen am 18. Juni 2005 in Braunschweig war rechtswidrig +++ Weitere Strafanzeigen gegen die Polizeiführung laufen noch +++ Innenminister gerät unter Druck +++ "Ein Braunschweiger Kessel Buntes" Kundgebung und Fest des Bündnis gegen Rechts +++
Das Landgericht Braunschweig hat die Einkesselung von 250 Menschen am 18. Juni 2005 in Braunschweig für rechtswidrig erklärt.

Zur Erinnerung: Am 18. Juni gingen in Braunschweig über 3.000 Menschen auf die Straße, um einen Aufmarsch der NPD mit ca. 250 Teilnehmern zu stoppen. Mehrfach wurde die Route der Nazis von hunderten von Demonstranten dicht gemacht. Die Polizei ging mit Wasserwerfern und Schlagstöcken gegen (Sitz-)blockaden vor. Am Hagenmarkt wurden 250 Menschen auf Beschluß eines Amtsrichters über Stunden eingekesselt.

Im Nachinein gab es starke Kritik am Polizeieinsatz, der von vielen als brutal und unangemessen bezeichnet wurde. Einige der Betroffenen des Kessels am Hagenmarkt haben gegen ihre Festsetzung geklagt und Recht bekommen. Eine Pressemitteilung des Landgerichts mit der Begründung des Urteils gibt es auf den Seiten des Bündnis gegen Rechts Braunschweig:  http://www.bgr-bs.antifa.net

Es gibt noch weitere laufende Strafverfahren und Verwaltungsgerichtklagen gegen die Polizeiführung und den Polizeieinsatz.

Selbst aus Polizeikreisen gab und gibt es Kritik am Polizeieinsatz. Der ehemalige Braunschweiger Polizeipräsident Ahlers bezeichnete das Urteil in der heutigen Ausgabe der Braunschweige Zeitung als "Ohrfeige für den Innenminister" und forderte Konsequenzen, sollte es stimmen, dass dieser über die Einkesselung informiert war.

Anläßlich des "Jahrestages" des "Braunschweiger Kessels" lädt das Bündnis gegen Rechts zu einer Kundgebung/Fest auf den Kohlmarkt in Braunschweig ein. Das Motto lautet "Ein Braunschweiger Kessel Buntes - 1 Jahr nach dem NPD-Aufmarsch". Neben Infoständen, Reden und Austellungen gibt es auch ein Kulturprogramm mit Kabarett, Ska, HipHop u.v.m.

Das Bündnis will mit seiner Aktion auch über die zunehmenden Nazi-Aktivitäten und Überfälle in der Region Braunschweig hinweisen und über Möglichkeiten des Widerstandes gegen rechte Umtriebe und Aufmärsche diskutieren.

Mehr Infos gibt es auf den Seiten des Bündnis



Zur Erinnerung hier Berichte auf indymedia zum 18.06.05

 http://www.de.indymedia.org/2005/06/121158.shtml

 http://www.de.indymedia.org/2005/06/120966.shtml

 http://www.de.indymedia.org/2005/06/120859.shtml

 http://www.de.indymedia.org/2005/06/120837.shtml

Auf der Webseite des Bündnis  http://www.bgr-bs.antifa.net/archiv.htm gibt es zudem weitere Erlebnisberichte.
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Ergänzungen

Antifaschistischer Spaziergang in BS!!!

Nazis auf´s Maul 16.06.2006 - 18:07
Ganz wichtig und nicht vergessen:

Morgen Abend am 17. Juni um 21 Uhr findet der "2. Spaziergang gegen rechts" in Braunschweig statt!

Treffpunkt ist der Kohlmarkt,kommt zahlreich,letztes mal waren es 600 Jugendliche,die Lautstark durch Braunschweigs Innenstadt gezogen sind.

Mehr Infos auf der Seite vom Bündnis gegen rechts Braunschweig(www.nazi-aufmarsch-stoppen.de.vu) oder auf den Seiten örtlicher linker Gruppen.


Antifa heisst Angriff...!!

Pressemitteilung des Landgerichts

Rickenharp 16.06.2006 - 21:26
Die Pressemitteilung des Landgerichts finde ich sehr lesenswert. Das Gericht weist in ihr darauf hin, dass Versammlungen nicht aus dem Schutzbereich des des Art. 8 GG rausfallen, weil
- sie (als Spontandemo) nicht angemeldet sind
- es zu einzelnen Flaschenwürfen o.ä. kommt
- die Meinungskundgabe nonverbal stattfindet
- es sich um eine (Sitz-)Blockade handelt

Insbesondere einzelne Würfe mit diversen Gegenständen oder (angebliche) Verstöße gegen das Versammlungsgesetz werden immer wieder gerne von der Polizei als Vorwand benutzt, um Demos anzugreifen - sei es durch Kessel, indem die Demo angehalten wird oder indem durch Prügelangriffe die Situation eskaliert wird. All dies stellt in den o.g. Fällen ein Eingriff in die Demonstrationsfreiheit jedenfalls der anderen TeilnehmerInnen dar - das scheint vielen von uns und in der Öffentlichkeit nicht bewusst zu sein. Ob das auch den Profis bei der Polizei nicht klar ist oder ob sie sich bewusst darüber hinweg setzen, weiss ich nicht - außer "zu dumm für ihren Job" und kriminell sehe ich jedenfalls keine andere Erklärungsmöglichkeit.

@Rickenharp

egal 17.06.2006 - 11:24
informiere dich bitte richtig, bevor du unwahrheiten bzw. ungenauigkeiten verbreitest!
deine aussage:
"Insbesondere einzelne Würfe mit diversen Gegenständen oder (angebliche) Verstöße gegen das Versammlungsgesetz werden immer wieder gerne von der Polizei als Vorwand benutzt, um Demos anzugreifen - sei es durch Kessel, indem die Demo angehalten wird oder indem durch Prügelangriffe die Situation eskaliert wird."
das was du angreifen der demonstration nennst, ist nicht grundsätzlich rechtswidrig, weil auch unbetroffene teilnehmer in der nähe stehen!
die polizei hat nach herrschender rechtsmeinung sehr wohl das recht, vermeintliche straftäter aus dem aufzug heraus festzunehmen, weil diese nicht den schutz des versammlungsrechtes unterliegen.
kommt es dann zu der immer wieder beschworenen solidarität (eigentlich schwachsinn in diesem zusammenhang) ist der auflösungsgrund zum beenden der demo durch die polizei bereits gegeben.
ich will hier kein rechtsexpose erstellen, aber es gibt nach dem rechtsgrundsatz ad majore ad minus die möglichkeit für die polizei, maaßnahmen unterhalb (der qualität) der versammlungsauflösung zu treffen, wenn diese (die auflösung) bereits möglich wäre.
hört sich kompliziert an, ist es aber eigentlich gar nicht:

größere unfriedlichkeiten = versammlungsauflösung möglich,

polizei nimmt aber nur einen block (den mit den gewaltätigen personen) aus dem aufzug heraus und schließt diese von der versammlung aus

das wäre, ganz oberflächlich betrachtet erst einmal rechtmäßig!

die liebe Polizei

Rickenharp 17.06.2006 - 16:13
Um auch für für Nicht-JuristInnen nachvollziebar zu bleiben: Damit die Polizei in Grundrechte (z.B. die Versammlungsfreiheit, das Recht am eigenen Bild etc.) eingreifen darf, braucht sie eine entsprechende Ermächtigungsnorm. [Insofern ist tatsächlich jeder Angriff auf eine Demo grundsätzlich rechtswidrig, da diese Ermächtigungsnormen gerade die Ausnahmen dazu sind ;-) ]

1. Worauf es mir hauptsächlich ankam: Die Polizei ignoriert ganz gerne mal, dass das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit auch in den genannten Fällen besteht (so auch beim Braunschweiger Kessel) - mit der Folge, dass sie meint, auch ohne spezielle Ermächtigungsnorm vorgehen zu dürfen. Dass das rechtswidrig ist, hat das Landgericht nochmal festgestellt.

2. Eingriffe in die Rechte der sog. "Nicht-Störer" (also der anderen Demo-TeilnehmerInnen), wie das Anhalten der Demo oder Prügeleinsätze gegen jedeN, der oder die gerade im Weg ist, sind (nach herrschender Rechtsmeinung) dann zulässig, wenn auch die Auflösung der Demo zulässig ist (ad majore ad minus - oder so). Eine solche Auflösung ist dann zulässig, wenn "die Versammlung einen gewalttätigen oder aufrührerischen Verlauf nimmt" oder "durch den Verlauf der Versammlung gegen Strafgesetze verstoßen wird, ...". Wenn einzelne sich nun "unfriedlich" verhalten, macht es eben nicht die Versammlung insgesamt unfriedlich (so auch das Landgericht). Das heisst dann aber logischerweise, dass weder Auflösung noch andere Eingriffe (Kessel, Anhalten, Prügeleinsätze,...) zulässig sind. Wenn nun die Polizei trotzdem (auch) gegen die anderen TeilnehmerInnen vorgeht und dies zu einem unfriedlichen Verlauf der Demo führt, werden dadurch eben nicht die Grundrechtseingriffe nachträglich gerechtfertigt. Die Polizei kann sich ihre Eingriffsvoraussetzungen nicht selbst schaffen.

3. Ja, das kann bedeuten, dass eine Demo weiterziehen darf, obwohl einzelne vermummt sind, Stahlkappen tragen, Sachen geworfen haben etc.. Das ist die Konsequenz des hohen Ranges der Versammlungsfreiheit.

@Rickenharp

egal 20.06.2006 - 01:32
zugegeben, indy ist nicht gerade ein diskussionsforum für justitiare, aber folgendes:
du beschreibst leider sehr blauäugig und kennst offensichtlich nicht die gesamte rechtsprechung!
schau die doch mal den § im versammlungsgesetz an, der sich mit der ausschließung von personen aus der versammlung befasst!
straftäter (vermummte) genießen nämlich nicht mehr den schutz des versammlungsgesetzes, sie können von der polizei ausgeschlossen werden.
und jetzt kommt es zu dem von mir bereits beschriebenen solidaritätshandlungen der umstehenden (verhinderung der ausschließung bzw. der festnahme).
in diesem augenblick kommt es regelmäßg zu verstößen wie landfriedensbrüchen, widerständen, etc.
danach ist die rechtslage für die polizei immer einfach!

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