Hausbesetzen in NL bald illegal?!

woonstrijd.org 16.06.2006 12:36
Unter bestimmten Bedingungen ist Hausbesetzen in den Niederlanden legal. Das soll sich nun ändern. Mehr über Hintergründe, Auswirkungen und den Widerstand fasst dieser Artikel kurz zusammen.
Die Niederlande sind ein kleines und sehr dichtbevölkertes Land. Das führt zu Wohnungsnot und extraorbitanten Mietpreisen. 400-500 Euro für ein kleines Zimmer sind hier normal. Viele Menschen wohnen unter prekären Bedingungen, z.B. ohne Mietvertrag und Kündigungsfrist. Die durchschnittliche Wartezeit auf eine Sozialwohnung beträgt über acht Jahre.

Ein Regulationsmechanismus ist das Hausbesetzen. In den Niederlanden gibt es ein Gesetz, nach dem ein Gebäude, das ein Jahr leersteht, legal besetzt werden kann.

Die Minister Dekker (Wohnen) und Donner (Justiz) haben sich nun zum Ziel gesetzt, dieses Gesetz abzuschaffen, so dass Hausbesetzen vollkommen illegal wird. Im gleichen Zug soll eine Liberalisierung der Mietpreise vorgenommen werden. Das hat Auswirkungen, die weitergehen als auf den ersten Blick sichtbar.

Nicht nur, dass tausende HausbesetzerInnen auf der Straße stünden. Nicht nur, dass sozialen Projekten die in besetzten Häusern stattfinden wie Gratisläden, Internetcafes, Foodcoops, Treffpunkten, Nicht-kommerziellen Veranstaltungsräumen etc die Basis entzogen würde.
Auch für Menschen, die auf den ersten Blick nichts mit Hausbesetzen zu tun haben hätte dieses Gesetz verheerende Folgen. Die vier größten Städte und Gemeinden der Niederlande haben bereits gegen den Gesetzesvorschlag protestiert, weil sie fürchten, dass Hausbesitzer ohne den Druck der von den HausbesetzerInnen ausgeht ihre Häuser einfach verfallen lassen würden.

Im Moment ist es üblich, Häuser zum Schutz vor Besetzung "zeitweilig zu vermieten", auch "anti-kraak" oder "anti-squat" genannt. Die Mieter sind meist Studierende und/oder KünstlerInnen. Diese Menschen haben keine Mieterrechte, mit einem typischen Vertrag darf man z.B nicht mehr als sechs Leute gleichzeitig einladen, darf man nicht länger als zwei Wochen wegsein und muss jederzeit innerhalb von einer Woche ausziehen können. Diese "zeitweilige Vermietung" ist derzeit vom Gesetz auf drei Jahre beschränkt, falls das neue Gesetz angenommen wird, werden es fünf Jahre.

Hausbesitzer hätten allerdings mit dem neuen Gesetz gar keinen Grund mehr, "zeitweilig zu vermieten", weil sie ja ihre Häuser beliebig lange leerstehen lassen könnten. Schätzungen gehen davon aus, dass allein in Amsterdam über 20.000 Menschen auf diese Art wohnen.

Bereits jetzt schon ist es so, dass Menschen, die sich nicht leisten können ein Haus zu kaufen, oft keinerlei Wohnsicherheit haben. Die Preise für Häuser könnten aber durch das neue Gesetz noch weiter steigen, weil MaklerInnen und BesitzerInnen ohne den Zeitdruck der derzeit besteht so lange warten können bis jemand bereit ist, den gewünschten Preis zu bezahlen.

In der Vergangenheit hat es immer wieder Versuche gegeben, das Recht auf Hausbesetzen einzuschränken, z.B. gewerbliche Räume auszunehmen.
Dieser Gesetzesvorschlag ist jedoch der bisher weitreichendste und obwohl auch die Jugendparteien der Sozialisten und der Grünen sich dagegenstellen, obwohl die vier größten Städte und Gemeinden bereits protestiert haben, halten Dekker und Donner unbeirrt an ihrem Plan fest.

Weiterhin gab es bereits verschiedene Plakat-und Transpi-Aktionen, sowie eine Demo gegen Dekker. Seit vorgestern läuft eine Online-Petition, die bereits über 900 Menschen unterzeichnet haben. Am Anfang wurde bei jeder neuen Unterschrift eine Mail an jedes der zweihundert Parlamentsmitglieder geschickt, so dass diese gestern Morgen einen kleinen Eindruck von der Masse des Protestes bekamen.

Die Online-Petition ist auf Niederländisch und Englisch zu finden unter  http://petitie.squat.net/

Einen Eindruck von einer Transpi-Aktion vermitteln die Bilder unter

 http://indymedia.nl/nl/2006/06/36908.shtml

Bei dieser Aktion haben vorallem Häuser und Projekte mitgemacht, die ehemals besetzt und jetzt legalisiert sind. (Anmerkung: "kraken" bedeutet besetzen)
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Ergänzungen

fast gleichzeitig im open posting...

verfass-mensch 16.06.2006 - 13:07
Niederlande: Hausbesetzungen bald verboten?

von Grote Broek/Nijmegen - 16.06.2006 11:24

Überall in Europa sind Freiräume bedroht. Auch in den Niederlanden. Da ist es bis jetzt noch möglich und legal, Häuser die länger als 1 Jahr nicht benützt werden, zu besetzen. Aber Wohnraumbeschaffungsministerin Dekker schlägt jetzt ein neues Gesetz vor, womit es bald unmöglich wird leere Häuser zu besetzen.
Dieses gesetz ist gefördert worden von, und nützt auch nur Spekulanten und GroßImmobilienbesitzer. Die 27 große und mittelgroße Städten, viele Wohngenossenschaften, Mieterverbände usw haben schon klargemacht, gegen das neue Gesetz zu sein. Komisch ist das nicht: während Hunderttausende auf der Suche sind nach Wohnraum, stehen 8 millionen Quadratmeter Büroräume leer. Das neue Gesetz ermöglicht Besitzer diese Räume länger leer zu lassen ohne Folgen.

Widerstand gegen diesen Gesetzvorschlag wächst. Schon über 140 ehemalige besetzte Häuser zeigen durch Transparente das sie 'ermöglicht würden von der Hausbesetzerbewegung'. In den 80. und 90. Jahren sind nämlich viele besetzte Häuser 'legalisiert' worden, dass heißt gekauft von ihren Bewohner oder soziale Wohngenossenschaften. Dazwischen u.a. einige der wichtigsten Kulturtempel Amsterdams, Paradiso und Melkweg.

In den kommenden Wochen wird es ständig Aktionen gegen das neue Gesetz geben. Weitere infos gibt es auf www.krakengaatdoor.nl und www.indymedia.nl, leider beide nur auf Niederländisch...

Kraken gaat door!

Homepage::  http://www.krakengaatdoor.nl/ |

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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jetzt sollen dort...

aha 16.06.2006 - 17:30
..tatsächlich jetzt menschen für ihren wohnraum geld bezahlen???
das ist ja undenkbar, pfui!

oha - aha

xyz 16.06.2006 - 22:04
bled derf´ma san, nur net dumm
(auf hochdeutsch: blöd darf mensch sein, nur nicht dumm)