Demonstration in Frankfurt: 13 Festnahmen

dagewesen und hingesehen 10.06.2006 19:22 Themen: Bildung
Heute haben erneut hunderte Studenten spontan in Frankfurt demonstriert. Leider waren es nur zwischen 500 und 700 und das, trotz nicht so spaeter Mobilisierung auch außerhalb von Frankfurt.
Es kam zu mindestens 13 Festnahmen im Zusammenhang mit der versuchten - und teilweise erfolgten - Stuermung des Hbf.
Der Treffpunkt war um 12h zum Aktionstag _Kick it like Frankreich_ auf dem Campus Bockenheim und nach den Toenen des Polizeipraesidenten Thiel und den anfangs wenigen, provokant direkt vor einer Campusauffahrt stehenden Waffeneinheiten in neuen gruenen Uniformen schien es nicht sonderlich klar, ob auch heute wieder ein spontaner Lauf in die Oeffentlichkeit moeglich werde wuerde.

Kurz vor 13h ging die teilweise mit Gas gefuellten Luftballons ausgestattete Gruppe los. Unbeirrt von den Durchsagen der Polizei, dass es sich um eine ungenehmigte Versammlung handele und man damit keine Rechte ... blabla, schritten wir die Senckenberganlage entlang.

An der Kreuzung Friedrich-Ebert-Allee/Senckenberganlage (Autobahnzubringer) war die Polizei erst weiter stadtauswaerts aufgefahren:
Die eine Deutung ist, dass sie dort standen, damit sie uns vor der Autobahn schuetzen koennen, die andere Deutung, dass sie uns in Richtung Autobahn locken wuerden, um dann Aerger zu machen und uns mal wieder als Krawallmacher hinzustellen.

Nur die Fahrbahn der Gehrichtung benutzend und mit Muehe die Straßenbahn (verlaeuft parallel) blockierend, setzte sich der Zug fort. Allerdings nur bis ca. 70m vor die Kreuzung Fr.-Ebert-Allee/Mainzer Landstrasse. Dort riegelten Beamte mit Schildern und Helmen die Strasse ab und freuten sich, auch auf der stadtauswaerts führenden Seite Busse mit Bewaffneten zu haben. Vor der Autobahn zogen die dort nicht benoetigten Busse nach, sodaß vor, neben und hinter den Studentengruppe ein massives Aufgebot stand.
Die Unbewaffneten liefen auf die vorderen eigenen Reihen auf und gaben so auch die U-Turn-Kreuzung mit Linksabbiegemoeglichkeit frei, was bedeutet, dass nur die Fr.-Ebert-Anlage nicht mehr durchfahren werden konnte, aber keine den Verkehr wirklich beeintraechtigende Blockade stattfand, und ließ sich von der Polizei ganz offensichtlich kesseln.

Hinter dem Kessel standen keine zehn Studente, die dann grossteils lieber mit Gaffern und Fussballffans auf dem Buergersteig herumalberten. Die hintere Kesselreihe zueckte auf Befehl - teilweise mit Vorfreude und aermelhochkrempelnd - die Schlagstoecke, musste sich aber noch gedulden.

Drei Leute nahmen den in die Menschengruppe gefahrenen Wasserwerfer zum Anlass, die U-Turn-Kreuzung wenigstens auf einer Spur zu blockieren, woraufhin ein paar weitere Waffentraeger, die erst die Tram auf deren Rueckseite geschuetzt hatten, der Kreuzung naeher kamen. Zur Sicherheit der drei auf der Fahrbahn halfen zeitweise bis zu vier Freunde und Helfer in Gruen mit, die Autos vorbeizulenken. Und mit der Ueberlegung, ohne gruene Schutzmacht wuerden sie sich alleine fuehlen und bestimmt aus Angst die Spur freigeben, verliessen die vier die jedoch danach noch recht lange dort Verharrenden.

Eine Gruppe mir unbekannter Groesse, deren Herkunft mir unklar ist, da meines Erachtens der Kessel noch geschlossen war, rannte die Ludwigstrasse (quasi parallel zur Fr.-Ebert-Anlage und deren Verlaengerung Duesseldorfer Strasse und direkt auf die Nordseite des Hauptbahnhofes zulaufend) herunter.

Im und am Hauptbahnhof waren alle Zugaenge mit gruenen Monturen gesegnet und so fielen die Englandfans gar nicht auf. Leider waren die den Bahnhof "stuermenden" Studenten nicht wirklich lauter als der uebliche Betrieb und ohne die Schnittlauchfraktion haetten uns wohl kaum Bahnhofsbesucher zur Kenntnis nehmen koennen.
Sehr positiv ist zu bewerten, dass noch von den viersprachigen Flugblaettern (Deutsch, Franzoesisch, Englisch und Tuerkisch) welche vorhanden waren und mit denen die Oeffentlichkeit informiert wurde.

Immer wieder wurden angebliche Studenten des Bahnhofes verwiesen, um nicht zu sagen, wurden herausgetrieben. Es kam dabei auch zu zu erwarteten Uebergriffen durch die Polizei:
Die nun blau uniformierte BFE (schickes Schild, gelb auf dunkelblau) jagte junge Leute durch den Bahnhof, wobei mindestens in einem Fall ein koerperlich weit ueberlegenes Mitglied der BFE eine junge Frau sehr grob fasste. Leider war kein Eingreifen moeglich, da dies nur zu Problemen fuer den Einschreitenden geworden waere.

Die Gruppe hat vor 15h den Bahnhofsvorplatz verlassen und ist Geruechten zu Folge Richtung Sachsenhausen (Stadtteil suedlich des Mainufers) gezogen.



Leider kam es auch zu mindestens 13 Festnahmen.
Diesen 13 Personen wird etwas (leider kenne ich mit den Begriffen nicht ausreichend gut aus und habe sie mir nicht im Wortlaut merken koennen) in Richtung: schwerer Eingriff in den Schienenverkehr und/oder Landfriedensbruch vorgeworfen.
Da es sich dabei um Straftaten handelt, die mit mindestens einem Jahr Strafe geahnt werden koennen, sind die Personen erkennungsdienstlich behandelt worden, ihrer Mobiltelephone etc. entledigt worden und werden dem Bereitschaftsstaatanwalt im Polizeipraesidium vorgefuehrt.

Dieser entscheidet, ob die Beschuldigten auf freien Fuss gesetzt werden oder wegen Flucht- bzw. Verdunklungsgefahr festgehalten werden.


Wir hoffen, die Schokolade hat etwas auf gemuntert!
Solidaritaet mit den 13!
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Ergänzungen

bahnhof

blocker 11.06.2006 - 09:55
also ich kann nur hinzufügen dass der ganze bahnhof den klang unserer Protestrufe vernommen hat. Es hat wunderbar gschallt im Bahnhof als wir unsere Parolen vorbrachten...

kick it like Frankreich macht Lust auf mehr...

also FIGHT ON

Besser nur ein halber Bericht als garkeiner!

j 11.06.2006 - 17:58
Bleibt mal locker Leute, es ist der erste Bericht, der zur Demo überhaupt aufgetaucht ist - die anderen (vollständigeren) Beiträge kamen allesamt später. Da die Demo mehrfach geteilt wurde wird KEINER absolut vollständig sein, da es immer andere Sichtweisen gibt (stimmt es eigentlich, dass eine kleine Gruppe in den S-Bahn-Tunnel eingedrungen ist? Wurde zumindest gestern in den Medien berichtet, konnte davon hier aber noch nix lesen).

Links zu anderen Berichten:
 http://de.indymedia.org/2006/06/149560.shtml
 http://de.indymedia.org/2006/06/149614.shtml
(bitte ergänzen, wenn es noch mehr gibt)

spaltung der demo/hbf/13 festnahmen

stillerbeobachter 12.06.2006 - 03:49
zitat:
>> Die Gruppe hat vor 15h den Bahnhofsvorplatz verlassen
>> und ist Geruechten zu Folge Richtung Sachsenhausen
>> (Stadtteil suedlich des Mainufers) gezogen.

nicht nur gerüchten zufolge, dies geschah tatsächlich.


mein eindruck ist der, dass die demo (ungewollt) gespalten wurde. nachdem der demonstrationszug (ca 14h) etwa eine stunde auf der friedrich-ebert-anlage (zwischen messe und hbf, etwa auf höhe des alten polizeipräsidiums) verharrte - von allen 3 seiten durch ausserordentlich gut gepanzerte(!) polizisten eingekesselt - fand sich eine offene hofeinfahrt am rande des präsidiums. durch diese konnte gewissermaßen ein häuserblock und damit auch die in richtung hauptbahnhof von der polizei errichtete blockade (inkl einsatzbereitem wasserwerfer) umgangen werden.

zunächst unbemerkt konnte sich also ein teil des demonstrationszuges durch eben diese hofeinfahrt absetzen. relativ schnell erkannte dies wohl auch die polizei, da immer mehr demonstranten in die hofeinfahrt drückten...und folglich die zuvor auf der friedr.ebertanlage eingekesselte menge kleiner wurde. ein großteil der polizei wurde in ihre manschaftswagen verfrachtet. ein großer teil dieser staatsdiener muss dann wohl auch recht schnell am anderen ausgang der besagten hofeinfahrt, welche letztendlich zur mainzer landstrasse hin führt, gewesen sein und hat diese gesperrt.

1) nach meiner auffassung gelang es dann etwa 100-150 studenten durch rennen die mainzerlandstrasse zu überqueren und durch seitenstrassen den anliegenden hauptbahnhof zu erreichen und in ihn einzudringen. dies allerdings nicht über einen legalen eingang sondern über eine baustelle, wozu absperrgitter von studenten aber auch arbeitern vor ort selbst beiseite geschoben wurden.

2) der größte teil des demonstrationszuges gelang es nicht rechtzeitig über die hofeinfahrt auf die mainzer landstrasse und damit richtung hbf zu kommen. während noch etwa 150-200 leute in dem eingekesselten areal vor dem polizeipräsidium/friedrich ebert anlange teilweise/mehr oder weniger unentschieden verharrte oder richtung hofeinfahrt drängte, kam aus dieser auch schon jener teil der demo zurück, welcher es nicht rechtzeitig auf die mainzer landstrasse schaffte.
wohl fahrlässigerweise und sichtlich verwirrt hatte die polizei ihre sperre auf der friedrich-ebert-anlage richtung messe unterdessen aufgegeben, so dass der weg frei war zur angrenzenden u-bahn station. diese nutzen etwa 200 studenten [***], mit dem ziel unterirdisch den hauptbahnhof (mit u-bahn, nicht zu fuss) zu erreichen. ein weiterer teil lief schliesslich den weg bis zum hbf und wurde auch nicht von der sich in auflösung befindlichen polizeiblockade aufgehalten.


in diesen momenten fand die spaltung der demo statt, die sich dann allerdings sehr viel später, teilweise am mainufer, teilweise in alt-sachsenhausen wieder zusammenfand.




[***] zum gleichen zeitpunkt war der erste teil der demo bereits in den bhf eingdrungen und nach sehr kurzer zeit auch wieder herausgeknüppelt, unter einsatz von pfefferspray. dabei gab es die ein oder andere böse platzwunde im gesicht. es handelte sich bei den "schlägern" um eine total in schwarz-gekleidete spezial-polizeieinheit (soweit ich weiss aus thüringen kommend und dafür abbestellt, den betrieb des hbf am wm-spieltag der engländer in frankfurt aufrecht zu erhalten). roland koch hatte ja bereits eine null-toleranz-vorgehensweise ausgegeben, wobei damit wohl eigentlich die gewaltbereiten fussballfans addresiert werden sollten.

um es kurz zusammenzufassen: etwa 150 leute drangen via baustelle in den hbf ein. dabei soll es nach darstellung der polizei und presse zu zerbrochenen glasscheiben, blockierten gleisen, feuer und einer rauchbombe gekommen sein. bis auf die blockierten gleise, in dem sinne dass sie übersprungen wurden, und der so genannten rauchbombe, von der keiner weiss woher sie kam, decken sich die offiziellen anklagepunkte nicht mit den erzählungen von augenzeugen und teilnehmern.
es kommt verschärfend hinzu, dass letztendlich willkürlich ein kleines grüppchen (13 leute, vielfach in den medien erwähnt) aus der gesamten menge an demonstrationsteilnehmern heraus zunächst in eine ecke geschickt und letztlich verhaftet wurde. diese 13 leute wurden 4-6 stunden festgehalten und sehen sich 3-7 anklagepunkten gegenüber. darunter brandstiftung, vandalismus, landfriedensbruch...

die anklagen sind konstruiert und genauso wie die festnahmen an sich vollkommen willkürlich.
in einer gruppe in den hbf einzudringen ist eine sache, letztlich aber für etwas angeklagt zu werden, von dessen existenz (wie z.b. feuer, zerborchenes glas..) man keine ahnung ist sicher mehr als nur lächerlich.

in sämtlichen anklagepunkten wird als zeuge der hauptkommissar einer polizieeinheit genannt, welcher mit seinem platoon ausschlisslich auf die besagten 13 leute aufpasste, dass diese nicht abhauen oder sich mit freunden unterhalten. dieser kommissar war jedoch gar nicht im hbf sondern erhielt seine angaben von eben jenen spezialkräften in schwarz, die den bahnhof sauber halten sollten.

die ganze szene, vom ersten feindkontakt mit den men-in-black bis zu den letztendlichen verhaftungen inkl. profil-photos, fingerabdrücke, bis zu 3-stündigen zellen-aufenthalt (im Pol.Präs), datenaufnahme und pissen nur in begleitung eines beamten muten an wie eine skurrile posse.
in anbetracht der tatsache, dass ich heute in nahezu jeder nachrichtenpublikation von „13 verhafteten studenten“ und „blockade der gleise am hauptbahnhof“ lese lässt mich einerseits schallend lachen. Andererseits bleibts mir auch wieder im halse stecken.

so wie hier die realität mittels willkürlichen festnahmen (inkl. behandlung wie ein schwerer verbrecher), konstruierten vorfällen (wie z.b. in anklagepunkten beschrieben) und der anschliessenden instrumentalisierung mittels der medien verdreht wird, möchte man fast meinen, hinter all dem stecke die politische absicht, die studentenproteste aufs weitere mal zu kriminalisieren.

@ politischer gefangener etc.

anna arthur 12.06.2006 - 17:11
es ist sehr wichtig von den geschehnissen gedächtnisprotokolle anzufertigen und mit den richtigen leuten und anwälten zu bequatschen.
gefährlich ist es allerdings hier solche einzelheiten wie "wer war wann wo" und "wer hat was gemacht, oder nicht gemacht" hier zu veröffentlichen. am besten erst mal keine aussagen machen, die bullen lesen mit. so könnt ihr ungewollt durch indirekte aussagen andere belasten...

Nicht nur Festnahmen

ingewarsamter 12.06.2006 - 17:31
Am Bahnhof wurden nicht nur 13 Leute festgenommen, mindestens 2 andere Demonstranten wurden vorrübergehen in Gewarsam genommen und haben eine Anzeige gekriegt. Heftig waren beim Herausdrängen aus dem Bahnhof aber echt die vielen Schläe und Tritte, so wie ich das gesehen habe wurde min. ein Demonstrant verletzt, er konnte zumindest vor Schmerzen nicht alleine weitergehen und musste von 2 Leuten aus der Gefahrenzone gezogen werden.

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oje — oje

Ja der Bericht — ist echt

ergänzung — dodo

fwefwe — dffwe

mindesten 13 WILLKÜRLICHE Festnahmen vorm HBF — politischer gefangener 13