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Studentenproteste in Hessen

pop 08.06.2006 12:37
Anbei einige wichtige Termine der Studentenproteste in Hessen. Ausserdem der Aufruf der antifa [f].
Auch die Polizei hat einen eigenen Aufruf gestartet:
( http://www.hr-online.de/website/rubriken/nachrichten/index.jsp?rubrik=15662&key=standard_document_22998406).

Interessante Termine für die nächsten Wochen der
Studienproteste in Hessen - von der antifa empfohlen -
sind:

- Do 8.Juni 18Uhr Marktplatz Giessen
Linke Demo: Mit Sicherheit dagegen - Studiengebühren,
Sozialabbau & Sicherheitswahn – Weg damit!

- Samstag 10. Juni - anlässlich des Englandspiels - 12
Uhr - Campus Bockenheim Ffm - "KICK IT LIKE
FRANKREICH..."

- 13. Juni Darmstadt Großdemo

- 17. Juni 9 Uhr Willy-Brandt-Platz Naziaufmarsch in
Ffm verhindern!

- 28. Juni Demo in Wiesbaden

- 1 Juli Linke Demo - in Ffm - gegen Rassistische
Ausgrenzung und Innere Aufrüstung
( http://www.just-kick-it.tk/)


Aufruf der antifa [f]
- - - - - -- - -
Gegen Studiengebühren und Sozialabbau
Für Französische Verhältnisse !



Jetzt ist es auch in Hessen so weit: Die
CDU-Landesregierung will Studiengebühren einführen und
damit endgültig dem gesellschaftlichen Mindestanspruch
von Bildung für alle eine Absage erteilen. Eingebettet
ist dieser Angriff auf alle Studierenden in ein noch
krasseres Kürzungsprogramm: Frauenhäuser, Drogenhilfe-
und andere soziale Einrichtungen werden die Mittel
gekürzt oder gänzlich gestrichen, während reaktionäre
Vereinigungen wie der nationalistische “Bund der
Vertriebenen” weiterhin mit Riesen Summen gesponsort
werden. Doch damit bewegt sich die CDU nur im
gesellschaftlichen Trend, denn schließlich ist ja der
“Standort Deutschland” in Gefahr: Zu hohe
Sozialausgaben, zu wenig Arbeitsplätze, zu viele
Arbeitslose, zu wenig Wirtschaftswachstum. Das ist
schlecht für Deutschland im neoliberalen Wettbewerb.

Deswegen soll (mal wieder) ein Ruck bzw. eine Reform
durch den “Standort Deutschland” gehen. “Alle
gesellschaftlichen Gruppen sollen Opfer bringen” (G.
Schröder) um dieses Land für die Konkurrenz im
Kapitalismus zu konditionieren. Da interessiert es
dann auch niemanden, noch den Anschein von
“Demokratie” zu erwecken. “Es gibt keine Alternative
zu unseren Reformplänen” sagt die Bundeskanzlerin und
spricht damit nur aus, was ohnehin jeder wissen
könnte: Nicht das Wohlergehen und das Wollen der
Menschen steht in dieser Gesellschaft im Vordergrund,
sondern der kapitalistische “Sachzwang” von globaler
Ausbeutung und Konkurrenz. Die Palette der
Grausamkeiten, welche im Namen des “Standorts
Deutschland” dafür bundesweit begangen werden ist
dementsprechend lang und reicht weit über die
Einführung von Studiengebühren in Hessen hinaus. Die
“Agenda 2010″ und “Hartz 4″ mit denen z.B.
schon die SPD “reformiert” hat, stellt den
großflächigsten Angriff auf soziale Strukturen seit
langem dar.

Empfängern staatlicher Unterstützung wird bei
Ablehnung “zumutbarer Arbeit” die Hilfe bis hin zu
gänzlichen Wegfall gestrichen. Wobei “zumutbar”
natürlich Definitionssache der deutschen Ämter ist und
die Beweislast einfach umgedreht wird. Das führt dazu,
dass zusätzlich 1,5 Millionen Menschen von Sozialhilfe
leben müssen und keine neuen Rentenansprüche erwerben.
Arbeitslose sollen zur Arbeit getrieben werden “wer
nicht arbeitet soll auch nicht essen” heißt es dazu am
Stammtisch treffend. Der Kündigungsschutz bei
kleineren Unternehmen wird aufgeweicht, wodurch
zunehmend nach dem Hire & Fire Prinzip eingestellt
werden wird. Schon jetzt arbeiten Arbeitsämter mit
Zeitarbeitsfirmen zusammen, welche teilweise sogar
Arbeitsplätze zu Leiharbeitskonditionen anbieten. Das
bedeutet konkret Bruttostundenlöhne in Höhe von 5-7
Euro. Des weiteren wurde das Rentenalter auf 67 Jahre
angehoben, während die CDU sogar die Anrechnung der
Lebensarbeitszeit auf den Renteneintritt forder. Das
heißt, dass beispielsweise Studenten noch viel später
in Rente gehen dürften. Weitere Maßnahmen wie z.B. die
zunehmende Privatisierung der Gesundheitsfürsorge sind
ohnehin auf dem Weg oder schon passiert.

Ordnung und Sicherheit
Zusätzlich verschärft z.B. die hessische
Oberstufenreform mit der Umwandelung des
Gemeinschaftskunde-Unterrichtes in “Politik und
Wirtschaft” und der Einführung zentraler
Prüfungsfächer ebenfalls die schon bestehenden
Zwangsverhältnisse in der Schule. Passend zum Trend
wird mit ausufernden “Sicherheitsgesetzten”, der
Ausweitung der polizeilichen Befugnisse und Law and
Order Politik die Ruhe im Standort Deutschland gegen
alles durchgesetzt, was den sich verschärfenden
Prozess der Verwertung stören könnte. Die Masse der
für den Standort und die “Sachzwänge” überflüssigen
Menschen wächst schließlich. Ist gegen den Abbau der
sozialen Rechte und der damit verbundenen Ideologie
vom Recht des Stärkeren jedoch noch eine mehr oder
weniger starke Opposition wahrnehmbar gewesen, so geht
die Umsetzung der zweiten Seite der Medaille des
Standorts Deutschland fast gänzlich unbemerkt vor
sich: Der Ausbau von Überwachungstechniken im Alltag
(z.B. Kameraüberwachungen, private Sicherheitsdienste,
massive Einschränkung von demokratischen Bürger- und
Grundrechten, die Einrichtung von sogenannten
Bürgerpolizeien, großangelegte Razzien gegen
MigrantInnen, Repression gegen Fussballfans, Kontrolle
von Sozialhilfeempfängern, der Ausbau der
polizeilichen Befugnisse); zusammen genommen eine
Entwickluung, die sich treffend als Innere Aufrüstung
skizziern läßt – all dies wird weitgehend kommentarlos
hingenommen. Abgesehen von einigen Bürgerrechtlern und
Verfassungssrichtern ist selten überhaupt Protest
wahrnehmbar. Dabei sind die Auswirkungen dieser
Entwicklung nicht zu unterschätzen: Einerseits werden
die, sich verschärfenden sozialen Konflikte – den
„Sachzwängen“ des Standortes entsprechend – nur noch
als polizeiliche Probleme wahrgenommen und
kriminalisiert. Die wachsende Masse der, für den
Standort, überflüssigen Menschen muss schließlich
kontrolliert werden. Andererseits verstärkt diese
Entwicklung auch das, in diesem Land ohnehin
bestehende autoritäre Bild von Mensch und
Gesellschaft, in dem Abweichungen von der Norm
tendenziell als Problem gelten. Das bemerkte sogar
die, einer linksradikalen Position sicherlich
unverdächtige, Bundesverfassungsrichterin
Hohmann-Dennhardt, die letztes Jahr in ihrer
Entscheidung zum „Großen Lauschangriff“ erklärte: „Es
geht nicht mehr darum, den Anfängen, sondern dem
bitteren Ende zu wehren, an dem das, durch solch eine
Entwicklung erzeugte Menschenbild einer freiheitlichen
Demokratie nicht mehr entspricht“. Kein Zufall ist es
dementsprechend auch, dass z.B. der ehemalige
Arbeitminister Clement (SPD) eine Broschüre
herausgeben ließ, in der sogenannte „Abzocker“ und
arbeitsunwillige „Hartz IV-Betrüger“ in faschistoider
Art mit „Parasiten“ verglichen werden. Hier zeigt sich
deutlich, wie die ach so moderne „neue Mitte“ im Zuge
der Politik für den nationalen Standort Positionen der
extremen Rechten integriert. Doch lässt sich der
Ausbau von Polizeistaat und Überwachungsgesellschaft
nicht allein aus der ökonomischen Entwicklung und der
sich daraus ergebenden kapitalistischen Notwendigkeit
zur repressiven Aufrechterhaltung der
Geschäftssicherheit ableiten: Schließlich geht es –
parallel zur sinkenden Gestaltungsfähigkeit des
Staates in Bezug auf die Kontrolle über
polit-ökonomische Prozesse – auch darum, noch
Handlungsfähigkeit zu suggerieren. Trotz sinkender
Kriminalitätszahlen versucht der Staat, gerade auf
diesem Feld mit der Inneren Aufrüstung
Handlungskompetenz zu beweisen, die ihm auf allen
anderem Gebieten nach dem postulierten „Ende der
Geschichte“ abgeht. Am Ende der angeblichen
„Deregulierung“ für den Standort Deutschland
jedenfalls, sind die Menschen noch verwalteter,
überwachter und kontrollierter als bereits zu vor. Der
Widerstand dagegen ist also nicht zuletzt schon aus
logischen Gründe eine Frage der intellektuellen
Selbstverteidigung.

Capitalism is the real slim shady
Doch anstatt nun endlich den Aufstand gegen diese
weitere Brutalisierung der Gesellschaft zu
organisieren beeilen sich Teile der Gewerkschaften und
der studentischen Vertretungen ständig nationalistisch
unter Beweis zu stellen wie nützlich sie doch für
Deutschland sind und versichern, dass auch sie
eigentlich nichts wirklich anderes wollen als
“Leistungssteigerung” und “Arbeit für alle”. Das die
Menschen aufgrund technischer Entwicklung und
Produktivitätssteigerung für die (Lohn)arbeit schlicht
nicht mehr gebraucht werden, interessiert dabei
niemanden. Schließlich haben auch die geplanten
“Reformen” neben der Entlastung des Staatshaushaltes
das erklärte Ziel “den Menschen Arbeit zu geben”, bzw.
die Menschen immer früher dazu zu drängen auch die
schlechtesten Arbeiten anzunehmen. Miese Arbeit sei ja
besser als gar keine und für Kreativität und
kritisches Denken ist auf Dauer nun mal kein Platz im
Kapitalismus. So richten sich die meisten Menschen
auch noch begeistert selbst zur Marke “Ich AG” hin.

Hier spiegelt sich neben der bösen Liebe der Menschen
zu dem was Ihnen angetan wird das völlige Fehlen eines
Verständnisses von dem, was Arbeit eigentlich ist.
Anstatt Arbeit als Bestandteil der kapitalistischen
Praxis zu erkennen wird sie zum “festen Bestandteil
der menschlichen Natur” verklärt. Im Gegensatz zu
menschlichen Tätigkeiten an sich macht sich der Mensch
mit der Lohnarbeit jedoch selbst zum Instrument der
kapitalistischen Logik. Um das eigene Überleben im
Kapitalismus sicher zu stellen bleibt ihm letztlich
nichts anderes übrig, als sich zum Mittel des Zwecks
der Profitproduktion zu machen, also seine
Arbeitskraft auf dem “freien Markt” zu verkaufen.
Dadurch tritt er mit anderen Menschen in Konkurrenz
und stellt in der Produktion die Rentabilität sicher.
Ein solches, durch den Tausch Arbeitskraft gegen Geld
ermöglichtes Gesellschaftsverhältnis degradiert den
Menschen selbst zur Ware, die vergleich- und beliebig
austauschbar ist mit anderen verdinglichten Waren. So
wird durch den Tausch Arbeitskraft gegen Geld ein
Kreislauf am Leben erhalten in dem die Produktion zur
Profitmehrung im Vordergrund, menschliche Bedürfnisse
hingegen im Hintergrund stehen.

Anstatt sich also darüber aufzuregen das Menschen
vermehrt als “Humankapital” bezeichnet werden, sind
vielmehr gesellschaftliche Verhältnisse zu
Kritisieren, in denen Menschen faktisch nichts anderes
sind als “Humankapital”. Dementsprechend ist das
Versprechen von Individualität und Freiheit schon
immer eine Lüge gewesen. Schließlich kann diese
Gesellschaft ihr Glücksversprechen nie einlösen so
lange alles was sie anzubieten hat, verwertbar sein
und bleiben muss. Deswegen führt auch das Gerede von
der “sozialen Markwirtschaft”, der “Demokratie” und
“Sozialpartnerschaft”, die es laut einigen
Gewerkschaften und Asten zu verteidigen gelte, in die
Irre. Ist es doch grade der Staat, der mit seinem
Gewaltmonopol Eigentums und Produktionsverhältnisse
schützt und so die Geschäftsbedingungen aufrecht
erhält sprich die Erpressung zur Arbeit organisiert.

Die “sozialen Errungenschaften” und “Bürgerrechte”
waren immer das Ergebnis von erfolgreichen Kämpfen
gegen die Herrschaft und nun werden sie mit der
fortschreitenden Entwicklung des Kapitalismus eben
sang- und klanglos wieder einkassiert. Dieser ist eben
ein totales gesellschaftliches Verhältnis, dem sich
innerhalb dieses Systems niemand entziehen kann. Das
dadurch nun zwangsläufig entstehende soziale Elend
geht folglich auch maßgeblich von der strukturellen
Verfasstheit der Gesellschaft und nicht einfach von
bestimmten Eliten oder anderen Gruppen aus. Auch wenn
Charaktermasken wie Koch und Co. durch die Gegend
wanken wie die letzten Marionetten - die Fäden zieht
niemand. Der durch den Kapitalismus in die Welt
gesetzte objektive Widerspruch, dass immer weniger
Arbeit nötig ist, jedoch dadurch die Lebenssituation
der Menschen immer schlechter wird, ist innerhalb
dieses Systems nicht aufzuheben. Alles andere ist
Ideologie.

Studiengebühren verhindern - die Regierung stürzen!
Das ist nicht nur kein schöner Zustand, sondern muss
auch nicht immer so bleiben. Schließlich sind diese
Zustände von Menschen gemacht, also können sie auch
von Menschen verändert werden. Das heißt, dass es Zeit
ist, wieder die Systemfrage zu stellen und sich zu
wehren. Will das Engagement für eine vernünftige
Bildung für alle Menschen erfolgreich sein kann es
also nicht dabei stehen bleiben “Gegen
Studiengebühren” zu sein oder gar den dümmlichen
Versuch zu starten, beweisen zu wollen, dass “auch
Studenten über 30 fleißig sind”. Die Kritik muss
vielmehr aufs Ganze gehen und sich mit alle jenen “von
Drogenhilfeeinrichtungen über Frauenhäusern bis hin zu
Flüchtlingsinitiativen” solidarisieren die von der
Politik der hessischen Landesregierung betroffen sind
und Widerstand organisieren. Nicht die alleininge
Rücknahme der unverschämten CDU-Pläne, sondern eine
grundlegende Veränderung der Verhältnisse hin zu einer
solidarischen Gesellschaft sollte die Forderung aller
fortschrittlichen Kräfte sein. Um dies überhaupt zu
ermöglichen, muss sich der Widerstand auf jeden Fall
auch gegen die Koch-Regierung als Ganzes richten, die
beispielhaft wie kaum eine andere für reaktionäre
Gesellschaftsvorstellungen steht. Dabei wird uns
jedoch keine Resolution und keine Demo alleine ein
schönes Leben jenseits der Verwertungslogik bringen
können.

Dabei hat sich eine vernünftige Bewegung weder vom
Ministerpräsidenten noch sonst jemandem die Mittel für
ihren Widerstand diktieren zu lassen. Denn, so banal
es klingt, gemeinsam sind wir stark. Egal ob
“friedlich” oder militant” Fortschritt muss erkämpft
werden. Schließlich gibt es keinen Grund, dass die
Ohnmacht für immer sein muss.

Gegen kapitalistische “Sachzwänge” und nationalen
Arbeitswahn - Keinen Finger krumm für diese
Gesellschaft!
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Ergänzungen

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 4 Kommentare an

soso — ochjo

liebe indy-mods — eine strukturergänzung

Respekt ! — Hesse