Blockade an Frankfurter Uni

BlockiBlack 08.06.2006 10:42 Themen: Bildung
Blockade des Frankfurter Uni-Turms seit gestern abend
Seit gestern abend ist der Uni-Turm in FfM-Bockeheim, Robert-Mayer-Straße, Sitz der Gesellschaftswissenschaften und der Pädagogik, besetzt. Es finden dort nun die Tage der studentischen Selbstorganisation statt, in denen Studierende eigene Veranstaltungen anbieten. Themen sind u.a. die Studiengebühren, die Rolle von Intellektualität im Studiprotest, Adornos "Minima Moralia", die Vereinbarkeit von Kommunismus und Radikaldemokratie und weiteres. Heute abend ab 20 Uhr findet eine tolle Party organisiert von den Fachbereichen statt.
Die Blockade ist äußerst wichtig, da zum einen klargemacht wird, dass der Kampf sich nicht nur gegen einen Koch in Wiesbaden richtet, sondern an vielen Fronten zugleich und auch in der Uni zu führen ist. So glänzt der Fachbereich 03 - Politik/Soziologie - derzeit mit dem Versuch, den Abschluss Bachelor/Master einzuführen und damit de facto ein nach 6 Semstern kostenpflichtiges Studium. Zum anderen soll durch die Blockade ein Raum der Reflektion eröffnet werden und genug Zeit abseits des Seminarstresses freigesetzt werden, um eine weitere Intensivierung und Verbreitung des Widerstandes gegen die Studiengebühren und die schlechten Bedingungen an den Universitäten im Generellen zu erreichen.

Bisher wird die Besetzung schätzungsweise von 50-100 Personen getragen, es wäre wichtig dass noch viele weitere hinzukommen um eventuelle Räumungsversuche der Polizei auf Geheiß von Präsident Steinberg zu unterbinden.
Die Polizeit verteilte übrigens bereits gestern in Uniform (!) Flugblätter auf dem Campus, in denen sie die Studierenden davor warnt, weiterhin entschlossen zu protestieren und eine Spaltung in eine friedliche Mehrheit und einen kleinen Kern Militanter zu erreichen versucht. Wir lassen uns aber nicht kriminalisieren, sondern werden weiterhin unsere Interessen zu erkämpfen versuchen!!

Anbei noch ein Flugblatt zu der Blockadeaktion:


Turm blockiert seit Mittwoch Abend!
Blocage comme necessité
- Blockade als Notwendigkeit! -

Auf der Vollversammlung der Fachbereiche 03 und 04 wurde am gestrigen Mittwoch, den 07.06., mit überwältigender Mehrheit eine dreitägige Blockade des Turms beschlossen. Diese Blockade verschafft uns Raum und Zeit für die Tage der studentischen Selbstorganisation gegen Studiengebühren und schlechte Studienbedingungen am Turm. Es genügt nicht, den Protest und die Wut auf die Straße, die Autobahn und in die vermeintliche Öffentlichkeit zu tragen, wenn wir zugleich die Normalität an der Uni aufrechterhalten. Statt trotz der desolaten Studienbedingungen und drohender Studiengebühren von bis zu 1500 € weiterhin unsere Seminare besuchen, sei es aus Angst oder stumpfer Gewohnheit, eignen wir uns die Universität kritisch an. Die Unterbrechung des regulären Lehrbetriebs ermöglicht uns andere Formen des Lernens, Diskutierens, Feierns ohne Anwesenheitslisten und Leistungsdruck. So schaffen wir uns selbst die Möglichkeit, die bisherigen Ereignisse, ihre Konsequenzen und ihre Fortführung gemeinsam auszuwerten, zu reflektieren, um sie theoretisch und praktisch weiterführen zu können. Die Blockade ist zudem Bedingung für einen entschlossenen Protest ohne Nachteile für die Beteiligten, da sie Freiraum von universitären Verpflichtungen verschafft.
Darum werden heute und morgen selbstorganisierte Veranstaltungen stattfinden, z. B. heute um 14 Uhr der Workshop „Argumentieren gegen Studiengebühren“, um 18.30 eine Diskussion über Intellektualität in den aktuellen Protesten und ab 20 Uhr eine Party der Fachschaften 03, 04 und des L-Netz. Alle Studierenden sind zudem aufgerufen, selbst Veranstaltungen anzubieten und damit die gewohnten Hierarchien des wissenschaftlichen Betriebs zu durchbrechen.

Nutzt die Möglichkeit für vielfältige Protestformen! Anwesenheitslisten verschwinden lassen! Hört auf zu studieren – fangt an, zu denken! Heute Abend 08.06. 20 Uhr Party! Kostenloses Studium für alle!

Nächste Vollversammlung am Turm:
Montag, 12.06., 12 Uhr
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Ergänzungen

resolution der turm vv: erhalt des instituts

rosa 08.06.2006 - 13:24
Zu beschliessen auf der Vollverversammlung des Turms am 7.Juni 2006

Kritisches Denken braucht und nimmt sich Zeit und Raum!

Das Institut für vergleichende Irrelevanz, das sich auf dem Campus Bockenheim befindet, existiert seit mittlerweile zweieinhalb Jahren. Am 03.12.2003 wurde, nach der uniweiten Vollversammlung, das ehemalige leerstehende Anglistikgebäude im Kettenhofweg 130 von Studierenden besetzt. Diese Aneignung von freiem studentischen Raum, geschah im Rahmen des Protestes gegen Studiengebühren, Modularisierung der Hochschulen und der allgemeinen Verschlechterung der Studienbedingungen. Im gegenwärtigen Uni-Alltag mangelt es erheblich an Räumlichkeiten für studentische Lernprozesse. Deshalb stellt das dort gegründete Institut für Vergleichende Irrelevanz (IVI) eine wichtige Institution für die studentische Autonomie dar.

Das IVI verbindet gemeinschaftliches und generationenübergreifendes Arbeiten und Leben. Unabhängig von der Universität finden hier auf lebendige Art und Weise Theorieproduktion und wissenschaftliches Arbeiten ebenso statt, wie Partys und andere kulturelle Events: Filmthemenabende, Lesungen, Podiumsdiskussionen - ebenso wie Musikkonzerte und Ausstellungen. Mit dieser Mischung aus Wissenschaft und Kultur knüpft das IVI an jahrzehnte lange Traditionen der Frankfurter Uni-Subkultur an.

Das IVI hat einen wirklichen Gebrauchswert: Denn angesichts von Studiengebühren und Effizienzdenken ist es zunehmend schwerer geworden, abseits des offiziellen Lehrplans zweckfrei zu studieren und sich mit anderen theoretisch zu bilden. Zugleich ist Frankfurt nach wie vor eine der teuersten Städte Deutschlands. Viele junge und unangepasste Leute verbringen ihre Freizeit am Rande des Existenzminimums. Unter diesen Bedingungen wird das vielversprechende wie dringende Forschungs- und Kulturprojekt IVI zum Politikum.

Eine ersatzlose Auflösung des Instituts für vergleichende Irrelevanz, wie sie der Unileitung vorschwebt, werden wir nicht dulden. Wir fordern den Erhalt des Instituts für vergleichende Irrelevanz im Kettenhofweg 130, oder in einem vergleichbaren, prachtvollen Ersatzobjekt in zentraler Lage!


Die Vollversammlung am Turm




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vom unvernünftigen Studenten

Querschläger 08.06.2006 - 14:39
Hallo liebe KommunitonInnen,

ich hab ein paar Fragen und Kritiken:

- Wen blockiert ihr denn eigendlich außer anderen Kommunitonen?
So wie ich es verstanden habe und so wie es aussieht, sind die Zugänge zu den oberen Stockwerken nur möglich, wenn man an einem der von euch angeboteten Seminaren teilnehmen will. Also Blockiert ihr
a) alle Kommunitonen die vor haben ihr Studium zu bewältigen
b) die Profs, die sie Anbieten wollen
c) Putztkräfte und co.
Nun nochmal meine Frage: Wen Blockiert ihr außer uns selbst? Anscheinend niemanden, der es verdient hat ...

Die Turm-Blockade-Leute Argumentieren:
- na dann müsst ihr nichtmehr in eure langweiligen Seminare und könnt an unseren Alternativen teilnehmen (die ich übrigens für sehr gelungen und wichtig finde)
- dadurch, dass niemand das Seminar besuchen kann, gibts auch keine Fehlstunden

Was etwas engstiernig gedacht ist, da:
- wer seine Seminare für langweilig hält, das falsche Fach studert! Ich kann das von meinen Vorlesungen nicht behaupten!
- es hält warscheinlich keinen Prof davon ab, Stoff, den er durchnehmen wollte in der Klausur auch dann abzufragen. Dann wird halt an der nächsten Möglichkeit statt gediegenen 100 Seiten eben 300 aufgegeben um wieder Anschluß zu finden!
- nur die Türmler in den "genuss" eines freien Tages kommen um an euren Alternativangeboten Teil zu nehmen. Dabei sind es die Türmler, die es garnicht so nötig hätten mal ein wenig kritisch zu denken - schließlich sind es ja schon die Geisteswissenschaften, die dort angesiedelt sind! Was ist mit den Naturwissenschaftlern am Riedber, den Medizinern in Dripptebach und im Riederwald, was ist mit den Biologen in der Siesmayerstraße, nicht zu vergessen den kompletten Campus Westend!!!!!!! Ich find es eine sauerei und es ist verdammt eingebildet diese Aktionen immer nur von Türmlern für Türmler zu machen! Da, wo es nötig ist, passiert nix! Diese Eigenbrötlerei spaltet einfach nur die Bewegung und ist kontraproduktiv! Turm-VV hier, Turm-Demo da, Turm-Plenum dort. Anstatt eure Kräfte auf einen gemeinsamen Protest aller Studierenden zu lenken, wird wieder nur eine kleine Minorität angesprochen und mobilisiert. Die breite Masse bekommt nix mit, und die Moderaten aus dem Turm distanziert sich von der Radikalität und es verebbt wie schon mal geschen.

Glaubt ihr im ernst, dass ein Student, der heute morgen seine Vorlesung besuchen wollte um sein Essay abzugeben, das er braucht um seinen Schein zu bekommen, aber weder in den Raum kommt noch seinen Prof findet, begeistert ist von eurem protest? Ihr zieht doch nur den Unmut der KommunitonInnen auf euch! Wir brauchen aber die Massen an Studenten! Auch die Moderaten sollen auf die Demos kommen! Nur wenn wir immer wieder in die Tausender kommen, werden wir in der Presse beachtete und wir können mehr erreichen!

mMn werden wir am Sammstag [12 Uhr, Platz der freien Bildung ;)] dafür die Quittung bekommen.

Aber nicht nur böse Worte möchte ich bringen.
Ich finde eure Aktionskraft und euren Ergeiz ziemlich genial. Leider finde ich wie oben beschrieben nur die Form als sehr kritisch.
Mein Vorschlag wäre, wenn man die von euch angebotenen Seminare ins IVI oder in andere Räumlichkeiten wie das KoZ verlegt und eben parallel zum normalen Unileben eine Alternativuni gründen würde, die selbstverwaltete und autonom agiert. So wie in anderen Städten es wunder bar funktioniert! All das steckt doch in dem Gedanken von euch auch! Nur ist die Blockade mMn nicht das richtige Mittel.

Es sollte (neben euren Vorschlägen) Angebote geben, wie z.B. Ethische Diskurse für Naturwissenschaftler. Dazu sollte im Campus Riedberg geworben werden - massivst - diese Leute müssen wir mit ins Boot holen! Allein, dass sie jetzt 15Km von uns weggesiedelt wurden, sollten wir den Anschluß an sie nicht verlieren und sie dort abholen, wo sie stehen: Als Natruwissenschaftliche Fachidioten [ich darf das sagen, ich bin einer von denen ;)] die keinen Ahnung haben, wie weit ihr Handeln und ihr Forschen reicht.

Als Solidarität verstehe ich auch, Menschen zu unterstützen, die aus dem System fallen. Und aus unserem Informations und Verteilersystem fallen die Riedberger und co. leider raus. mMn gehört für jedes Plakat, jedes Transpi und jeden Flyer, der im Turm oder im KoZ hängt ein zweiter im Campus Riedberg!
Wir sollten auch dort ein KoZ einrichten. Wer dort oben gewesen ist, wird wissen, daß es außer dem Cafe Physik und der stinkigen Mensa keine Ess- und Trinkangebote gibt. Ein alternatives Cafe als Anlaufpunkt ist absolut von Nöten! (und da werde ich demnäst den AStA mal drauf ansprechen).

So, das wollt ich mal zum Thema loswerden.

Ich freu mich auf jegliche Form von Kritik zu meinem Text, solange sie sie nicht in Polemik ausartet.

Gruß, von einem Querschläger

@ querschläger

unwichtig 08.06.2006 - 15:48
1. die studierenden blockieren sich am turm nicht selbst, sondern nehmen ihr studium einfach selbst in die hand. das ist nur recht und billig, schließlich sind wir, die studierenden, die universität, auch wenn der präsi das anders sehen mag. es ist deshalb wesentlich ein AKTIVER STREIK, im gegensatz zu klassischen arbeitsstreiks, wo schlicht die arbeit nieder gelegt wird (genaueres dazu siehe punkt 4).

2. die blockade wurde auf der turmVV - die lang und breit beworben war - nahezu einstimmig beschlossen. das turmfoyer war während dieser abstimmung brechend gefüllt, die vv damit entscheidungsfähig. die vollversammlung der studierenden ist das wichtigste und höchste entscheidungsgremium. studierende, die kein interesse daran haben, von ihrem demokratischen recht auf selbstbestimmung gebrauch zu machen, zeugen vorsichtig ausgedrückt von mangelndem demokratischen bewusstsein.

3. das problem, seine scheine nicht machen zu können und somit aufgrund des eigenen politischen engagements am ende des semesters auf der strecke zu bleiben, lässt sich lösen. zumindest der dekan des fb03 (nonnenmacher) hat AUF ANFRAGE STUDIERENDER (das hättest auch du machen können...) eine mail an alle lehrenden geschickt, wo er den wunsch nach scheinerwerb durch hausarbeit trotz fehlendem seminarbesuch usw. unterstützt! an allen turmfachbereichen, fb03, 04 und 05, haben sich bereits diverse profs bereit erklärt, streikstudis den erwerb fehlender scheine zu ermöglichen... auf diese weise lassen sich übrigens viel leichter viel mehr scheine machen, als in normalen semestern möglich ist...

4. sinn und zweck der blockade des turms ist: raum und zeit für den nötigen widerstand sowie die dafür längst überfälligen inhaltlichen (theoretischen) diskussionen zu erringen.
des weiteren führt nur die blockade von gebäuden dazu, dass sich der großteil der studierenden mit den forderungen des streiks auseinander setzen (müssen). nur so werden wir wirklich mehr. und zwar nicht nur ein mehr an demonstrierenden, die sich von wenigen völlig überarbeiteten kommilitoninnen einmal pro woche ne schicke vv auf dem campus organisieren lassen, sondern ein mehr an personen, die sich aktiv im streik organisieren. die möglichkeit zur weiterentwicklung der organisationsstrukturen bietet nämlich der turm zur jetzigen situation.
ausserdem geht es um das erreichen medialer öffentlichkeit, das setzen eines zeichens für die anderen fachschaften und institute der uni, sowie dem IG-Farben campus (den du offenbar mit dem steinbergschen euphemismus "campus westend" von seiner nazigeschichte diskursiv rein zu waschen versuchst), den anderen universitäten und darüber hinaus usw.
...

5. abschliessend: du schreibst: "Wir sollten auch dort [campus riedberg] ein KoZ einrichten. [...]Ein alternatives Cafe als Anlaufpunkt ist absolut von Nöten!"
genauso wie das koz vor langer zeit mal von studierenden besetzt wurde, so auch das ivi, genauso wie das mittlerweile geräumte turmcafe (tuca), genauso wie der alternative anlaufpunkt der jetzt grade im turm besteht. denk darüber mal nach und fang endlich an, dich mit deinen kommilitoninnen zu solidarisieren - sprich: zu organisieren.

HÖR AUF DEUTSCHLAND ZU SEIN, FANG AN FRANKREICH ZU WERDEN!

KommunitonInnen

Patrick Voyé 12.06.2006 - 21:40
@querschläger

Ich finde, Du hast vollkommen recht! Man sollte nicht nur das Türmchen für zwei Tage besetzen, sondern jeden Campus in Hessen, in Deutschland und in jedem europäischen Land, wo man Studenten und ihre nachfolgenden Generationen dermaßen zu verarschen sucht.

Vielleicht hätte das dann endlich den Effekt, daß sich die Kommilitonen mit den Streikenden solidarisieren (weil es nämlich inzwischen nicht mehr schick ist, sich nicht zu solidarisieren), sondern endlich die Zeit zu bekommen, sich mit der Thematik auseinander zu setzen und AKTIV zu werden.

Mein Vorschlag: forder doch Deinen AStA nicht dazu auf, DEINEN Campus aufzuklären, sondern handle selber- im AStA sitzen nämlich auch nur ein paar Studenten wie Du, die eigentlich gerne studieren würden. Meinetwegen gründe bei den Naturwissenschaften eine Kommunitone!