frankfurt: Besuch vom Senat und VHU

steffie streik 07.06.2006 19:46 Themen: Bildung
Heute kam es zu einer spontanen Demonstration von der Uni Frankfurt zum Campus Riedberg, wohin sich der Senat in seiner Furcht vor den Studierenden geflüchtet hat. Rund 50 Studierende versammelten sich vorm "Cafe Corts" und zogen von da aus zunächst zur U-Bahn, um den weit entfernten Campus zu erreichen. Bei der Senatssitzung, bei der es um die Wahl der neuen Vize-präsidenten ging (nur Männer wohlgemerkt) stellte sich durch kritische Fragen heraus, dass alle Kanditaten Studiengebühren nicht wirklich ablehnend gegenüberstanden und die Realitäten von Studierenden nicht erkennen. Als Studierende sich an der Wahl mit dem Stimmzettel "Keine Studiengebühren" beteiligten wollten, kam es zu kleineren Rangeleien seitens des Hausrechtsinhabers, der "ich mache von meinem Hausrecht gebrauch" blökte und Studierende schubste.
Anschließend kam es zu einem Besuch beim nahegelegenen VHU (Verband hessischer Unternehmerverbände), wo ein Brief für den nicht anwesenden Herrn Fasbender übergeben wurde, da dieser sich in letzter Zeit polemisch über die Protestierenden äusserte.
Vor dem neuerdings in "Cafe Corts" umbenannten Cafe Koz versammelten sich gegen 12 Uhr rund 50 Studierende. Während ein Teil die Sonne genoss zog ein kleiner Teil nochmal durch Hörsäle um dort zu mobilisieren - mit leider mäßigem Erfolg.
Ab 13 Uhr zogen dann eine Schar von 50-70 Studierenden zur U-Bahn um mit dieser zum Campus Riedberg zu fahren. Dort angekommen wurde auf der Straße weitergelaufen - mit ständiger aber kleiner Polizeibegleitung. Die Ankündigung vom Frankfurter Polizeipräsident Thiel, ab jetzt "keine Demos mehr ohne Anmeldung" zuzulassen bewahrheitete sich nicht - insgesammt hielt sich die Polizei die ganze Zeit zurück.
Am Campus angekommen wurden auch dort nochmal die Hörsäle unsicher gemacht, was zu einem kleinen Zuwachs der Demo führte.
Der Senatsbesuch selbst war langweilig wie erwartet - die Kandidaten für die Ämter der Vizepräsidenten stellten sich nacheinander vor, wohlgemerkt alles Männer, was auch von Senatsmitgliedern kritisiert wurde.
Das übliche Geschwafel, ein wenig Kritik an der Ausführung der Pläne zu Studiengebühren und Einstellungstests, aber keine klaren Statements dagegen oder wirkliche Kritik - der Weg passt ja, nur im Detail eben nicht.
Kritische Fragen von den Studierenden wurden versucht abzuwiegeln, aber immer mehr Studierenden reichte es und sie verzogen sich nach draußen.
Ein Teil führte dann noch eine kreative Protestform aus und steckte geschwind, bevor reagiert werden konnte, schnell geschriebene Proteststimmzettel in die Wahlurne, um so an der Wahl teilzunehmen. Das passte manch einem garnicht und "Ich mache von meinem Hausrecht gebrauch" rufend schubste ein älterer Herr Studierende von der Wahlurne weg.
Draußen versammelten sich nochmal alle und waren sichtlich unzufrieden mit dem Verlauf, wollten noch was machen.
Also wurde spontan zum nahegelegenen Verband hessischer Unternehmen gezogen, um dort einen eiligst angefertigten Brief für Herrn Fasbender, den Vorsitzenden des VHU, zu übergeben, bzw. mit ihm zu diskuttieren oder ihm einfach mal so die Meinung zu sagen.
Aber er war ja nicht da - und so wurde das Gebäude zwar gestürmt aber - naja, nach einigen Verhandlungen halt den Brief abgegeben und zurück zur Uni - da kamen so Gerüchte rüber, als ob da was ginge.
Auf dem Rückweg durch die U-Bahn wurden zwei selbige nochmal schnell am Abfahren gehindert, die genaue Verzögerungszeit ist aber unbekannt.

Währenddessen rannten Polizeikräfte über den Campus, um einen Flyer zu verteilen, der Studierende spalten soll:

unter dem Titel "Friedlich demonstrieren statt d e m o l i e r e n !!!" informiert die Polizei über ihren Gemütszustand: "schon seit mehreren Wochen" begleite sie nun schon diese "andauernden demonstrativen Aktionen". Wenig später fabuliert sie dann "Personen mit einer extremistischen Einstellung" herbei, die "keinen direkten Bezug zu Universitäten" hätten.
Schnell gemerkt, gehen die Demos doch auch gegen Bildungs- UND Sozialabbau.
Nach einer Aufzählung, welche Straftaten angeblich begangen worden seien kommt dann eine kleine Statistik:
"Insgesamt wurden dabei achtzehn Polizeibeamte verletzt" - von verletzten Demonstranten keine Spur zu finden.
Nett: "Die daraus resultierende Schadenssumme beläuft sich auf ca. 75.000 bis 100.0000.- Euro" :)

Schließlich kommt sie im letzten Satz zu dem, worum es ihnen geht:
"Wir unterbinden unmissverständlich Blockaden von Autobahnen und Bahngleisen"
"Melden Sie Ihre beabsichtigten Versammlungen bei der Versammlungsbehörde an."
"Distanzieren Sie sich von Gewalttätern und gewaltverherrlichenden Aktionen"
unterschrieben vom Polizeipräsidenten Thiel.

Mit dieser unverhohlenen Drohung bekräftigt er seine bereits in der Frankfurter Rundschau verkündeten Drohungen und zieht die Abschreckungsschraube weiter an.
Diesen Einschüchterungsversuch verurteilen wir zutiefst. Gleichzeitig zeigt er aber auch den Druck, unter dem er und die hessische Landesregierung steht. Das ausgerechnet zur WM Studiengebühren eingeführt werden ist nicht Schuld der Studierenden - Proteste dagegen sind selbstverständlich.
Diesen Steilpass können Studierende nur noch zu ihrem Vorteil auswerten.
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Flugblatt der Polizei und Gewaltbegriff...

S. 07.06.2006 - 23:31
Interessant an dem Spalter-Flugblatt der Polizei ist das mit den "Personen mit einer extremistischen Einstellung, die keinen direkten Bezug zu Universitäten" hätten. Gestern teilte der Herr Pozileipräsident Thiel allerdings noch mit: "Bislang seien [...] etwa 15 mutmaßliche Störer im Alter zwischen 21 und 26 Jahren festgenommen worden. Bei ihnen handele es sich in der Mehrzahl tatsächlich um Studenten."

Aha!

Außerdem finde ich es fahrlässig, wie die Polizei den Gewaltbegriff auf Blockaden ausdehnt: Wer wie Herr Thiel Blockaden ("Nötigung"), Selbstverteidigung ("Ein Ellbogenschlag gegen einen Polizsten kann bis zu zwei Jahre Haft bedeuten") und "Randale" in einen Topf wirft und als "Gewalt" bezeichnet, muss sich nicht wundern, wenn sich die Erkenntnis breit macht, dass mit "friedlichen" Mitteln (also nachts um 3 durch ein Industriegebiet laufen und sich der ach so großzügigen Versammlungsfreiheit erfreuen) absolut nichts zu erreichen ist...

Dokumentation der Aktivitäten

Heinz 07.06.2006 - 23:51
der Widerstand der Studierenden ist supergut. gibt es irgendwo eine laufende dokumentation aller Kämpfe im Unibereich??

Dokumentation der Aktivitäten

tut nichts zur Sache 08.06.2006 - 00:20

Jetzt erst recht!

foobar 08.06.2006 - 02:29
Nicht einschüchtern lassen! Der Begiff "Gewalt" ist Ansichtssache und zu einer Studidemo gehören nunmal auch Kreuzungsblockaden - ansonsten interessierts nämlich niemanden! Deshalb:

KICK IT LIKE FRANKREICH:
Samstag, 10.06., 12 Uhr,
Campus Bockenheim, Ffm.

Wir brauchen Hilfe aus ganz Hessen! Bitte kommt trotz des Samstagstermins alle und mobilisiert fleißig, es ist - gerade aus aktuellem Anlass - wichtig, dass wir weiter eine große, breite und bunte Bewegung sind!

marburg

steffen streik 08.06.2006 - 04:49
in marburg hat es heute wohl auch etwas gegeben - laut der oberhessischen presse waren 3000 leute auf einer demo, anschliessend gab es autobahnblockaden. gerüchteweise kam hier an, dass auch der bahnhof blockiert wurde, was von einem studenten, der nicht nach marburg fahren konnte "wegen einer sperrung im raum giessen", verstärkt wurde.

auch hier der spaltungsversuch im vorlauf - die herrschenden sitzen auf wackeligen stühlen und merken, was sich da zusammenbraut. bundesweit nehmen die repressionen gegen studiproteste zu, mit dem vorwand der wm. hoffentlich kriegen auch die studierenden davon mit - die presse verschweigt nach wie vor die bundesweiten proteste - ausser in lokalnachrichten kommt kaum was.
darum ist es an uns, kommilitoninnen und andere mitstreiterinnen zu gewinnen, ein guter artikel aus marburg und eine neue indyprint wären da ein anfang - und die indyprint verteilen! egal ob schon was geht in der uni oder nicht.

dass die wm nun hier in deutschland ist, zur gleichen zeit wie unsere proteste, darauf können wir keine rücksicht nehmen - wir haben den "termin" nicht ausgesucht.
und die wm kann auch genutzt werden, auch studis haben karten...