Gütesiegelunternehmen am Pranger

autoreponder 05.06.2006 10:57 Themen: Soziale Kämpfe
Derzeit reißen die Medienberichte über schlechte Löhne und Arbeitsbedingungen im kommerziellen Sicherheitsbereich nicht ab. Immer wieder geraten auch “Gütesiegelunternehmen“ des BDWS in die Kritik.
Sicherheitswirtschaft: Gütesiegelunternehmen am Pranger


Ende 2004 berichtete ein Mitarbeiter der Gesellschaft für Sicherheit und Eigentumsschutz (heute GSE Protect) in der taz Berlin (27.12.04) über schlechte Bezahlung, falsche Lohnabrechnungen und Mobbing bei GSE (siehe hierzu:  http://www.taz.de/pt/2004/12/27/a0226.1/text ). Dem Brandenburger Sicherheitsunternehmen wird vorgeworfen in Berlin untertariflich zu entlohnen. (siehe hierzu:  http://www.taz.de/pt/2005/10/19/a0247.1/text.ges,1 )
Im Juni 2003 war im Stelleninformationssystem (SIS) auf der Internetseite der Bundesargentur für Arbeit (BA) folgendes Stellenangebot zu finden: “Wachmann-/ frau, Objektschutz, 3,96 + Zuschläge, Vollzeit/ 72 Stunden“. Dieses Stellenangebot kam von der Sicherheitsfirma Securicor GmbH (heute G4S) in Magdeburg, die zwei Wachschützer für das anhaltinische Klietz suchte (Junge Welt, Politik, 01.10.03).
Der Preiskampf um die Aufträge geht mittlerweile so weit, dass selbst Branchenprimus Securitas seinen Mitarbeitern (ca. 2500 in Berlin) weniger als 4,25 Euro dafür zahlt, dass sie psychisch kranke Straftäter im Krankenhaus des Maßregelvollzugs (KMV) in Reinickendorf (Berl.) bewachen. „Man sieht eigentlich nicht ein, warum man für diesen Hungerlohn Leib und Leben aufs Spiel setzen soll, um einen flüchtenden Insassen um jeden Preis aufzuhalten“, berichtet ein Securitas-Mitarbeiter (Berliner Zeitung, Lokales, 21.10.03).


Repression gegen Gewerkschafter und Betriebsräte

Im Sommer 2005 wurde der aktive Ver.di-Gewerkschafter Torsten Furgol als Betriebsratsmitglied bei Gegenbauer Sicherheitsdienste fristlos entlassen, weil er Branchenmissstände anprangerte (Neues Deutschland, 22.07.05). Ein Arbeitsgericht hat diese Kündigung mittlerweile aufgehoben. (siehe hierzu:  http://www.labournet.de/branchen/dienstleistung/allg/gegenbauer.html )
Das Hamburger Abendblatt (HA) vom 02.06.06 berichtet über Mitarbeiter der Power GmbH die der Arbeitgeber einzuschüchtern versuchte, weil sie einen Betriebsrat gründen wollten. HA-Zitat: „Uwe Winter arbeitet für das Hamburger Unternehmen Power GmbH. Als er im vergangenen Jahr versuchte, dort zusammen mit anderen Beschäftigten einen Betriebsrat zu gründen, sah er sich nach eigener Darstellung ’massiven Repressionen’ ausgesetzt. ’Wir wurden unter Druck gesetzt und bekamen Abmahnungen wegen angeblichen Fehlverhaltens im Dienst’, erzählt er. Laut Ver.di hat die Power GmbH insgesamt fünf Mitarbeiter entlassen, die im vergangenen Jahr den Betriebsrat gründen wollten.“ Solche Verhältnisse kannte man bisher nur vom Hanauer Sicherheitsunternehmen Pond Security, einem Sicherheitsunternehmen welches aufgrund eines Exklusivvertrages mit der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika US-Militäranlagen und –Konsulate in Deutschland schützt (siehe hierzu:  http://germany.indymedia.org/2005/11/132294.shtml ).

Alle diese namentlich genannten Unternehmen sind Mitgliedsunternehmen im Bundesverband Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen (BDWS) e.V., einem “Gütesiegelverband“ der sich Tariftreue und Einhaltung von Arbeitsrechten auf die Fahnen geschrieben hat und damit für Brancheninteressen wirbt. Zertifizierte BDWS-Unternehmen sind offizielle Partner der Polizei und bevorzugte Auftragnehmer der öffentlichen Hand.
Nun gibt es neuerliche Vorwürfe gegen Securitas Deutschland.“Max“ schrieb am 02.06.06 im “Forum für den Wachmann“: (…) „ich kann bestätigen das SECURITAS nicht Tarif bezahlt, ich habe einen Vertrag für die WM und bekomme 6,50 EUR die Std in Baden Würrtenberg. Kann mir einer helfen was ich dagegen tun soll.“ “Ronnie“ antwortete daraufhin: „Tarif ist in Baden-Württenberg 7,59 Euro ab 01.06.2006 7,71 Euro“.
(siehe hierzu:  http://www.forumromanum.de/member/forum/forum.php?action=std_show&entryid=1095538815&USER=user_277009&threadid=2 ).
Securirtas Deutschland schützt bei der WM 2006 über 130 Hotels und Trainingseinrichtungen und erwartet alleine dadurch einen Umsatz im zweistelligen Millionenbereich (siehe hierzu:  http://www.reviersport.de/sportinfos/news.php?idNews=95354&return=sportinfos%2Fwochenueberblick_revier.php%3Fp%3D0 ).

Der BDWS ( http://www.bdws.de) täte gut daran im eigenen Lager für Ordnung zu sorgen und bei beschriebenen Branchenmissständen nicht nur reflexartig auf die statuslose “Billigkonkurrenz“ zu verweisen.



Medienberichte über schlechte Löhne und Arbeitsbedingungen im Sicherheitsgewerbe:


Wachleute klagen über Armutslohn (Hamburger Abendblatt, 02.06.06)

 http://www.abendblatt.de/daten/2006/06/02/569299.html


Arm trotz Vollzeitjob/ Was bringen Mindestlöhne? (ZDF.reporter, 31.05.06)

 http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/28/0,1872,3939484,00.html


"Als würde man Sklave sein"/ Hungerlöhne für Wachleute (ARD-plusminus, 23.05.06)

 http://www.daserste.de/plusminus/beitrag_dyn~uid,MDR_2932265%20%20%20%20%20~cm.asp


Ein Wachmann für 4,70 Euro/ In Sachsen ist Billigarbeit weit verbreitet (Neues Deutschland, 06.04.06)

 http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=88475&IDC=3
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Ergänzungen

BDWS und Bullen

Glietsch 05.06.2006 - 12:42
In Berlin wurde Anfang diesen Jahres eine sog. Sicherheitspartnerschaft zwischen Unternehmen des BDWS und der Berliner Polizei vereibart. Die Security-Kräfte dürfen die Polizei z. B. bei Fahndungen unterstützen und werden ihrerseits dadurch unterstützt, dass die Poilizei auch personenbezogene Daten von allen möglichen "gefährlichen" Leuten an die Security-Firmen weitergibt. Ausserdem erhalten manche Security-Kräfte Schulungen von der Polizei.

Zu den Firmen, die an der Sicherheitspartnerschaft beteiligt sind, gehören z. B. Securitas (immer wieder wegen rassistischer Gewalt aufgefallen), Industrie- und Handelsschutz (haben wohl ein paar Neonazis in ihrer Reihen) und Wachschutz. Die Firma Wachschutz ist eine der Partnerfirmen der Berliner Verkehrsbetriebe und zuständig für Fahrgastkontrollen. Die Mitarbeiter bekommen Kopfprämien und "kontrollieren" entsprechend intensiv. Immer wieder kommt es zu Gerichtsverhandlungen gegen gewalttätige Kontrolleure.

Infos z. B. auf www.safercity.de

Securitas am Pranger

M. Buhl 08.06.2006 - 11:52
Ferner wird Securitas im "Wachmannforum" vorgeworfen in Bezug auf die US-Militärbewachung "Abzockerei" mit Vermittlungsgutscheinen der BA zu betreiben, behauptet ein Insider ("Maverick38").

 http://www.forumromanum.de/member/forum/forum.php?action=std_show&entryid=1094270255&USER=user_277009&threadid=2