Hartz IV verschaerft - Protest nimmt wieder zu

Hartz IV muss weg (update) 31.05.2006 19:10 Themen: Soziale Kämpfe
Das Hartz IV-Desaster geht weiter. Heute beschloß der Ausschuß für Arbeit und Soziales im Bundestag weitere Verschärfungen von Hartz IV - und zwar noch schlimmer als ursprünglich geplant. Das Hartz IV-Fortentwicklungsgesetz wurde am Donnerstag im Parlament beraten. Am Samstag, 3. Juni wird dagegen protestiert, die Demo soll Auftakt von erneuten Protesten gegen Sozialabbau sein, z.B. dezentrale Aktionen während der WM.

Demo 3.6.2006 | Wir wollen alles! | WM Protest | Labournet | net-news-global.de

Während die Bundesagentur für Arbeit in Geld schwimmt, wollen die PolitikerInnen den Erwerbslosen noch mehr Leistungen kürzen. Der Gesetzentwurf zur Fortentwicklung der Reform sieht vor, dass ALG II- EmpfängerInnen gleich gar nichts mehr erhalten und verhungern oder erfrieren, wenn sie innerhalb eines Jahres dreimal ein Angebot des JobCenters für eine Arbeit oder Qualifizierung ablehnen. Dabei wird nicht nur der Regelsatz in voller Höhe gestrichen, sondern auch die Kosten der Unterkunft und der Heizung. Die Repressionsschrauben werden nochmals heftig angezogen, und der Datenschutz geht völlig flöten. Zur Rechtfertigung bemühen die PolitikerInnen erneut das Märchen von den "arbeitsunwilligen Langzeitarbeitslosen", das auch in der sonntäglichen Sendung von Sabine Christiansen wieder auflebte.

Mit den im Gesetz geplanten verschärften Sanktionen gegen ALG II EmpfängerInnen wird weiterhin der Niedriglohnsektor ausgebaut, die Armut vergrößert (insbesondere für Frauen, Kinder und RentnerInnen). Die aufgeblähte Bürokratie bedeutet immer weniger Menschenwürde für die Betroffenen. Viele legen Widerspruch ein und klagen beim Sozialgericht.

Wie am 1. November 2003, wächst nun wieder der Protest gegen Sozialabbau, der im Jahre 2004 bei den Montagsdemos gegen Hartz IV Hunderttausende auf die Straßen brachte. Am Samstag werden es zwar nicht so viele sein, aber Grund genug gibt es, den Regierenden klar zu machen dass Hartz IV immer noch weg muss.

Weitere Texte und Infos:
Gesetzentwurf zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende
Stellungnahmen zum Gesetzentwurf
Mythos der Kostenexplosion
Hartz IV wird noch schlimmer
Telepolis: Gläserne Arbeitslose
Optimiertes Super-Elend
Keine Kostenexplosion bei der Bundesagentur: Schwarzmaler in Aktion
Unglaublich: Wer Hartz erhält, darf nicht nur herumgammeln (Süddeutsche)

Sabine Christiansen:
Bericht, Offener Brief, Meine Sonntage mit Sabine Christiansen

Stellungnahme der Wohlfahrtsverbände (PDF)
Hartz IV und kein Ende
Vorgeschichte zur Demo am 3.6.2006
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Ergänzungen

Volker Kauder

ein ALGII-Sklave 31.05.2006 - 20:35
Wer heute den Hetz-Artikel in der Süddeutschen Zeitung, ich meine das Interview mit Volker Kauder, gelesen hat, weiß wos langgeht.
Soviel Menschenverachtung und Hetze, die so offen vorgetragen wird, zeugt davon das die Regierung sich ihrer Sache sehr sicher ist. Sie erwarten keine Aufstände wenn die ersten hunderte Menschen erfrieren oder verhungern. Dieses System ist barbarisch. Vollbeschäftigung wird es nie wieder geben, aber das Prinzip das nur der Leben darf der sich der Ausbeutung durch Lohnarbeit unterordnet muss bis zum letzten aufrechterhalten werden.

Solidarität mit Werner Brauener !

Wo die Armut wohnt

Ergänzer 31.05.2006 - 20:37

ahnungslosigkeit

ach ja 01.06.2006 - 14:23
nur zur info. haushalt der Ba und ARGEn haben nichts mit einander zu tun, bzw nur sehr begrenzt.
Haushalt BA sind Beiträge Arbeitnehmer und Arbeitgeber, während die ARGEn durch die Steuerzahler finanziert werden. So ist es nicht widersprüchlich wenn die BA überschüsse erwirtschaftet während in den ARGEn eine Kostenexplosion stattfindet.
Dieses bedeutet natürlich nicht, dass das neue Gesetzt nichts dazu beitragen wird die kosten der ARGEn zu senken und massiver aktionismus ist.

historischer Vergleich: Weimar -> NS

flopserver 01.06.2006 - 20:54
"Vergangenes historisch artikulieren heißt .... sich einer Erinnerung bemächtigen, wie sie im Augenblick einer Gefahr aufblitzt." W. Benjamin

So formulieren auch die Herausgeber (u.a. Götz Aly) des hier zitierten Buches aus der Reihe 'Beiträge zur nationalsozialistischen Gesundheits- und Sozialpolitik' 1990 im Vorwort:"Bei der Festlegung unserer Themen versuchen wir Fragen aufzugreifen, die noch nicht hinreichend untersucht sind oder wieder aktuelle Bedeutung erlangen können."

>>Die gesetzliche Pflichtarbeit

Erwerbslose Personen, die zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts
öffentliche Lei-stungen erhielten, konnten bereits in der Weimarer
Zeit nach zwei Rechtsvor-schriften zur »Pflichtarbeit« herangezogen
werden. Zum einen ermächtigte die »Verordnung über die
Fürsorgepflicht« vom 13. Februar 1924 die Kommunen, ihre
Unterstützungsempfänger zu beschäftigen.205 Zum anderen konnten die
Ar-beitsämter nach § 91 AVAVG Arbeitslose in Pflichtarbeit bringen,
die sich von der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen dadurch unterschied,
daß bei ihr das Arbeitser-gebnis. d.h. der wirtschaftliche Nutzen,
geringer sein durfte, weil berufspädago-gische Ziele im Vordergrund
standen. Es sollten nämlich die Arbeitsbereitschaft und
Arbeitsfähigkeit der Langzeitarbeitslosen erhalten und gestärkt
werden.206
Beide gesetzlichen Möglichkeiten wurden bis 1933 kaum praktiziert.
In der Weimarer Zeit war die Pflichtarbeit verpönt, weil sie - nicht
zu Unrecht - nach dem Grundverständnis einer sozialen Demokratie
mit »Zwangsarbeit« gleichgesetzt wurde.207 Die Nationalsozialisten
nutzten dagegen die vorgefundenen rechtliche Möglichkeiten zur
Pflichtarbeit sofort aus, insbesondere gegenüber ihnen verhaßten
Gruppen, und legten deren »arbeitserzieherischen« Charakter überdies
soweit aus, daß sie dies auch »mit einer gewissen Beschränkung der
persönlichen Freiheit durch Lagerunterbringung, gegen den Willen des
Unterstützungsberechtigten« durchführten.

206 § 91 AVAVG .... Die Höchstarbeitsdauer der Pflichtarbeit
bestimmte eine Ausführungsverordnung des RAM vom 29.9.1927 >RGBI S.
312 ff.):>> Die Arbeitsleistung des Pflichtarbeiters soll in der
Regel 16 Stunden wöchentlich nicht übersteigen.<<
207 Nach § 91 Abs. 5 AVAVG mußten der Durchführung von Pflichtarbeit
zwei Drittel der Mitglieder des Verwaltungsausschusses des
Arbeitsamtes zustimmen. Pflichtarbeit konnte also nicht gegen die
Mehrheit der Arbeitnehmervertreter eingeführt werden. Nach Aufhebung
der Selbstverwaltung im Frühjahr 1933 gab es für die
Nationalsozialisten auch insoweit keine Hindernisse mehr.<<

aus: Arbeitsmarkt und Sondererlaß
Menschenverwertung, Rassenpolitik und Arbeitsamt
Hrg. Götz Aly; Rotbuch Verlag Berlin; S.106

PS: 1990 war Götz Aly noch nicht so verschroben, die angebliche verwandtschaft des Begriffs der 'Sozialisierung' mit dem der 'Arisierung' zu betonen, wie heute in der aktuellen Ausgabe der Zeit:
 http://www.zeit.de/2006/23/Holocaust-Forschung_xml?page=1

Bilder von der Anhörung

Detlef Müller 13.06.2006 - 22:24

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