Stuttgart: LANDESWEITE FREIRAUMDEMO

Aktionsbündnis Freiraum 21.05.2006 20:21
Am Samstag, den 20. Mai, fand in Stuttgart eine landesweite Demonstration
für den Erhalt und Ausbau selbstverwalteter Zentren statt.
Anlass hierfür war die Entwicklung der Situation linker Zentren (besonders
in Süddeutschland), die jüngst mit den Räumungen des OBW9 in Stuttgart und
der Ex-Steffi in Karlsruhe einen dramatischen Höhepunkt fand.
Stuttgart: Landesweite Demonstration für den Erhalt und Ausbau
selbstverwalteter Zentren

Linke Zentren schaffen!
Für eine starke selbstverwaltete, unkommerzielle, soziale, antirassistische und antifaschistische Bewegung!

Am Samstag, den 20. Mai, fand in Stuttgart eine landesweite Demonstration
für den Erhalt und Ausbau selbstverwalteter Zentren statt.

Anlass hierfür war die Entwicklung der Situation linker Zentren (besonders
in Süddeutschland), die jüngst mit den Räumungen des OBW9 in Stuttgart und
der Ex-Steffi in Karlsruhe einen dramatischen Höhepunkt fand. Diese
Zuspitzung der Situation ist Teil einer gesamtgesellschaftlichen Entwicklung, die in Form von staatlicher Repression und Räumungen direkt die linke Szene trifft. Ein solidarisches Miteinander und eine offensive Antwort auf staatliche Repression sind gefordert, wenn es darum geht, die alten Zentren zu verteidigen und neue zu schaffen.

Aus dieser prekären Gesamtsituation im "Ländle" ist ein "Bündnis für den
Erhalt und Ausbau selbstverwalteter Jugend- und Kulturzentren in
Baden-Württemberg" zusammengekommen, um der derzeit praktizierten
konservativen Kahlschlagpolitik Einhalt zu gebieten.

Trotz Regen und wechselhaftem Wetter fanden sich am Samstag 1000 Menschen
ein, um den Unmut auf die Strasse zu tragen. Eine buntgemischte Gruppe
belagerte den Ausgangspunkt der Demonstration, die Lautenschlagerstraße in
Stuttgart.

Zu Beginn der Demonstration kam es zu Verzögerungen, da einige der Demo-
Teilnehmer auf ihrer Anreise durch Polizeikontrollen aufgehalten wurden.
Dies wurde nicht hingenommen und so setzte sich der Tross erst in Bewegung, als auch die Letzten die unnötigen und repressiven Kontrollen seitens der Polizei passiert hatten.

Gleiches widerfuhr dem Demowagen des Club Alpha aus Schwäbisch Hall
( http://www.clubalpha60.de), einem 10 Meter langen bunten Freiraum-Piratenschiff, welches von Beamten auf seinem Weg zur Demo zunächst aufgehalten wurde und dem das Weiterfahren nur mit Polizeieskorte genehmigt wurde.

So begann die Demo um 14:30 Uhr mit halbstündiger Verspätung. Nachdem die teilnehmenden Zentren und einige UnterstützerInnen begrüßt wurden (sorry, dass nicht alle genannt worden konnten!) kam ein Redebeitrag, in dem die allgemeine politische Situation dargelegt wurde.

Nach der Rede zog die Demo langsam aber entschlossen in Richtung des ersten Zwischenkundgebungsplatzes vor der CDU Zentrale. Mit Parolen wie "Kein Tag ohne autonomes Zentrum!" und "Macht ihr uns das JuZe platt, nehmen wir uns die ganze Stadt!", von energischen lautstarken TrommlerInnen begleitet, wurde der entschlossene Charakter und die Forderungen der Demo verdeutlicht, was mit einem kurzen Zwischensprint noch unterstrichen wurde.

Bunte Demo-Clowns, die sich als PolizistInnen (genaugenommen PozilistInnen) verkleidet und mit Klobürsten bewaffnet hatten, begleiteten die gesamte Demo und sorgten für mehrere spaßige Aktionen.

Demo-BauarbeiterInnen nahmen Maß und ließen vor den Augen der Teilnehmer und der erstaunten Bevölkerung rund um die Demonstration kleine Freiräume entstehen und verwandelten wiederum andere Plätze in grauenhafte Tatorte des Freiraummordes. Alles in allem kam es zu sehr kreativen Aktionen im Verlauf der Demo.

Am Zwischenkundgebungsplatz kam die Ex-Steffi zu Wort, in der sie ihre
Situation nach der Räumung schilderte und auf die nächsten Demonstration für selbstverwaltete Zentren am 8.7. in Karlsruhe verwies. (Mehr Informationen unter:  http://myblog.de/nextsteffi).

Nach dem Redebeitrag bewegte sich die Demonstration weiter Richtung
Rotebühlplatz/Stadtmitte, auf dem die letzte Zwischenkundgebung stattfand.
Mit dem Redebeitrag vom OBW9 wurde noch mal auf die prekäre Situation in
Stuttgart eingegangen.

Ungeachtet der städtischen und polizeilichen Auflagen, welche bestimmten
dass im Verlauf der Demonstration nur 20 Minuten Musik abgespielt werden
dürfe, wurde die ganze Demo von lautstarken Bässen und lautstarker Musik
umrahmt.

Das Piratenschiff schwamm weiter in der Menge der motivierten Demoteilnehmer durch die Eberhardstraße zur Abschlusskundgebung vor dem Rathaus.

Ein Zwischensprint über den Marktplatz hin zur Türe des Rathauses, an der
mit geballten Fäusten kräftig angeklopft wurde, die uns aber nicht geöffnet wurde, ließ die Polizei kurz den Atem stocken.

Nach einigen Minuten Musik und Reclaim the Streets Actions kam auch schon
der Redebeitrag des Esperanzas ( http://www.esperanza-gd.de), der nochmals auf die Notwendigkeit von Freiräumen aufmerksam machte und darauf verwies, dass durch solidarisches Verhalten und durch gegenseitige Unterstützung einiges möglich ist.

Nach der Demo fanden sich noch viele Teilnehmer im BAZ110 ein ( http://www.baz110.de), dort hatte die Tübinger Lu15 ( http://www.lu15.de) eine sehr leckere After Work Vokü vorbereitet.

Alles in Allem kann man sagen, dass die Demo sehr erfolgreich, bunt,
ausdrucksstark war und einen positiven Blick in die Zukunft zulässt.

Allerdings liegt noch viel Arbeit vor uns auf dem Weg, selbstverwaltete
Zentren zu etablieren bzw. neue zu schaffen und die alten auszubauen.

In gemeinschaftlicher Kooperation werden wir das "Bündnis für den Erhalt und Ausbau selbstverwalteter Jugend und Kulturzentren in Baden-Württemberg" vorantreiben und uns der derzeitigen Situation mit vereinter Kraft entgegenstellen.

Einen Finger kann man brechen - Fünf Finger sind eine Faust!

Weitere Informationen über das Bündnis, Presseartikel sowie Bilder findet
ihr unter:

 http://freiraumdemo.fasthoster.de/home.htm

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Ein kurzer Exkurs zur Situation, den Rahmenbedingungen und der Notwendigkeit selbstverwalteter linker Zentren.

Die Situation in Süddeutschland:

Die Räumung der Ex-Steffi war bisher nur ein Höhepunkt der schwierigen
Situation linker Zentren in Süddeutschland. Erinnert sei an ähnliche
Schicksale des OBW9 in Stuttgart oder der Alten Feuerwache in Saarbrücken im letzen Jahr und den Räumungen der Neubesetzungen Linkes Ufer in Mannheim (2003) und Casa Loca in Heidelberg (2004). Auch die Vertreibung der Wagenburg Schattenparker in Freiburg, sowie zahllose Provokationen,
Eskalationen, Drohungen und Räumungen in der Vergangenheit sind Teil der
staatlichen "Null-Toleranz"- Politik gegen die linke Bewegung. Aktuell haben viele noch bestehende Zentren in Süddeutschland keinen sicheren Stand und müssen fast täglich neue Konzepte erarbeiten und um ihre Existenz bangen.

Neuerdings hat auch die Lu15, ein selbstverwaltetes Wohnprojekt in Tübingen um ihre existenzielle Sicherheit zu bangen. Der Mietvertrag wird nicht fortgeführt und mit einer Räumungsklage wird bald zu rechnen sein.
( http://www.lu15.de) Wir beobachten dies nicht nur in Süddeutschland. Auch bundesweit und international lassen sich ähnliche Entwicklungen verzeichnen. Sind die fetten Jahre vorbei?

Gesellschaftliche Rahmenbedingungen und unsere Antwort darauf:

Mit der Räumung der Ex-Steffi am 6. April 2006 gab es eine Zäsur in der
jüngeren Geschichte linker Zentren in Süddeutschland. Es wurde deutlich, was sich schon seit geraumer Zeit abzuzeichnen schien: Die Räumung war politisch gewollt, es gab keine wirklichen Ausreden mehr (Es gibt kein realistischen Nutzungskonzept des Geländes seitens der Stadt) und die Räumung wurde in aller Öffentlichkeit und mit aller Brutalität durchgezogen. Die Stadt ist sich darüber im Klaren, dass sie diese Politik machen kann, ohne dabei selbst übermäßig in die Kritik zu geraten. Weder ein breiter öffentlicher Aufschrei noch direkte Konfrontation mit der radikalen Linken waren zu befürchten, zumindest nicht in einem Maße, in dem es für die Stadt gefährlich oder teuer hätte werden können.

Für uns stellt sich dabei die Frage, wo die Ursachen liegen und wie wir eine Situation des öffentlichen Drucks schaffen können, in der die Stadt mit anderen Rahmenbedingungen konfrontiert ist.

Einerseits müssen wir eine gesellschaftliche Entwicklung beobachten, die,
beeinflusst durch den globalen Neoliberalismus und dem damit verbundenen
regionalen und nationalen Wettbewerb, mit Konkurrenz und Vereinzelung der
Individuen, stark in Richtung eines sich verschärfenden autoritären und
ausgrenzenden Staates drängt. Die Instrumente der Ausgrenzung, seien es
Rassismus, Sexismus, Sozialkahlschlag, Überwachung oder eben auch die
Repression gegen die linke Bewegung, werden von großen Teilen der Politik
getragen und von der deutschen Bevölkerung toleriert, wenn nicht sogar
befürwortet. Nach genau diesem Muster funktioniert Ausgrenzung und - bezogen auf den aktuellen Anlass - die Abgrenzung der linken Szene vom Rest der Gesellschaft.

Unsere Antwort darauf muss demnach ein offensiver Angriff auf die
staatlichen Mechanismen der Repression genauso sein, wie eine Stärkung der
öffentlichen Wahrnehmung durch Medien, Aktionen und Bündnisse, die der
linken Bewegung den Rücken stärken. Eine Aktion ist immer nur so gut, wie
sie beim Adressaten ankommt. Die linke Bewegung muss daher ihre
Handlungsunfähigkeit überwinden und weg von einer reinen Abwehrhaltung
selbstbewusst auf regionaler wie überregionaler Ebene ein nicht
vernachlässigbarer Problemfaktor für die herrschende Politik werden.

Die Notwendigkeit linker Zentren (nicht nur) für die antifaschistische
Bewegung:

Um diese Entwicklung voran zu treiben, sind die Zentren und Freiräume der
linken Bewegung ein nicht zu unterschätzender Faktor in den Bereichen
Struktur, Identifikation und Mobilisierung.

Während in großen Städten mit mehreren Zentren die bestehende Struktur zum
selbstverständlichen Repertoire der linken Bewegung gehört, sieht man gerade in strukturschwachen und ländlichen Regionen ihre Wichtigkeit. Häufig haben junge linke Gruppen Probleme, geeignete Räumlichkeiten für ihre Veranstaltungen zu finden. Nicht selten wurden AntifaschistInnen aus
Jugendzentren herausgeekelt, weil sie zu staatskritisch waren. Auch dienen
eigene Räumlichkeiten oftmals als Schutz- und Rückzugsort vor Nazigewalt. In den deutschen Regionen, in denen die Neonaziszene am stärksten ist, finden sich meistens keine linken Zentren.

Neben der Struktur bietet ein Zentrum der linken Bewegung die Möglichkeit
der gemeinsamen Identifikation nach Innen und Außen. So können sich Gruppen vernetzen, kommunizieren und sich gegenseitig unterstützen. Das
Zusammenspiel von Politik und Kultur bietet auch eine Schnittstelle zu
anderen gesellschaftlichen, politischen und (sub-) kulturellen Spektren und fördert neben einer attraktiven Außenwirkung auch das eigene
Mobilisierungspotential.

Zusammenfassend lässt sich der Aufruf an die gesamte linke Bewegung
formulieren, das Thema der linken Zentren und Freiräume stärker zu
unterstützen und in ihre politische Arbeit zu integrieren. Die Stärkung der linken Politik kann nur über ein solidarisches Miteinander und eine
selbstbewusste Politik mit starken Zentren und Bewegungen im Rücken
erfolgreich sein.

(AK Antifa Mannheim)
 http://akantifa-mannheim.de
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Ergänzungen

fight goes on - 23.06. in Karlsruhe

keintagohne 22.05.2006 - 17:21
Keine Ruhe für Karlsruhe!
Freiräume erkämpfen - in Karlsruhe und überall!
Kapitalismus stürzen!

Nachttanzparade | 23.06. | 18h | Hauptbahnhof KA

Große NexT Steffi-Demo | 08.07. | Karlsruhe

weitere Photos

Infoladen Ludwigsburg 22.05.2006 - 18:19
weitere photos sind auf der homepage des Infoladen Ludwigsburg zu sehen.
www.infoladenludwigsburg.de.am