Blumen für Gudendorf

muss? muss nicht! 19.05.2006 20:35 Themen: Antifa Militarismus
Etwa 100 Menschen gedachten am 6. Mai 2006 der über 3000 Angehörigen der Roten Armee, die im schleswig-holsteinischen Gudendorf begraben liegen.
Gudendorf ist eines der vielen Massengräber in Deutschland. In Gudendorf wurde kurz nach dem Überfall Nazi-Deutschlands auf die Sowjetunion ein Kriegsgefangenenlager errichtet. Dramatisch verschlechterte sich die Situation durch Verlegung des Erweiterten Krankenreviers des Stammlagers XA von Heidkaten bei Kaltenkirchen nach Gudendorf. Nach den Forschungen von Gerhard Hoch erhielt Gudendorf damit die Funktion eines Sterbelagers. Es wird geschätzt, dass mehr als 3000 sowjetische Kriegsgefangene in Gudendorf starben. Die genaue Zahl der Opfer ist nicht bekannt.

Neben der Erinnerung an die Toten soll die Veranstaltung dazu mahnen, nicht zuzulassen, dass Menschen anderen Glaubens oder anderer Herkunft in Deutschland verfolgt, gedemütigt oder sogar ermordet werden. Benno Stahn erklärte, dass die Initiative "Blumen für Gudendorf" sich dafür einsetzen will, dass die Losung "Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!" Realität wird.

Aber auch die antiamerikanischen Reflexe der Linken wurden bedient. Vor einem Krieg gegen den Iran wurde gewarnt, eine Warnung vor der vom Iran angestrebten Atombombe blieb dagegen aus. Auch ein Verweis auf Guantanamo und Abu Ghraib durfte natürlich nicht fehlen.

Ministerpräsident Carstensen dankte in einem Grußwort, das verlesen wurde, der Initiative "Blumen für Gudendorf" für ihren stetigen Einsatz, die Erinnerung an die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft wachzuhalten. Er sprach der Initiave für ihre Arbeit Respekt und Dankbarkeit im Namen der Landesregierung aus.

Gudendorfs Bürgermeister erinnerte daran, dass von den etwa 5,4 Millionen sowjetischen Kriegsgefangenen ca. 3 Millionen in deutscher Gefangenschaft wegen der unmenschlichen Zustände durch Auszehrung und Krankheiten gestorben sind und rief aus: "Euer Tod mahnt uns zum Frieden!"

Landrat Jörn Klimant rief dazu auf, gegen neonazistische Aktivitäten wie Demonstrationen, Leserbriefe oder das Verteilen von Pamphleten Flagge zu zeigen, wobei er seine Mitverantwortung für die Genehmigung von drei Naziaufmärschen im letzten Jahr in Dithmarschen nicht erwähnte.

Gleichzeitig brachte der Landrat es aber fertig, den Nationalsozialismus zu relativieren. Er sagte: "Denn die Mechanismen, die damals zu den schrecklichen Ereignissen im Dritten Reich geführt haben, gibt es überall auch auf der Welt. Machen wir uns nichts vor: Seien wir vorsichtig damit, sie als einen Unglücksfall der Geschichte zu betrachten, sondern seien wir wachsam dafür, wo ähnliche Mechanismen an verschiedenen Ecken der Welt heute wieder funktionieren, vielleicht manchmal in abgeschwächter oder anderer Form, aber die Grundphilosophie, das Leid von Menschen auszunutzen, wirtschaftliche Problemsituationen auszunutzen, um mit vergleichsweise einfachen Antworten vergleichsweise einfache Lösungen zu versprechen, diese Dinge funktionieren nach wie vor."

Die Leiterin der Gedenkstätte Ladelund, Karin Penno-Burmeister, erinnerte daran, dass Menschen im Nationalsozialismus nicht nur ermordet wurden, sondern versucht wurde, ihre Identität und ihr bisheriges Leben auszulöschen, als ob es sie nie gegeben hätte. Wer das Auslöschen weiter unterstütze, gebe dem Nationalsozialismus im Nachhinein das Recht, Menschen vollkommen verschwinden zu lassen.

Georg Gerchen machte deutlich, dass ein rassistisches Konzept hinter der Behandlung der sowjetischen Kriegsgefangenen stand und die Wehrmacht die Verantwortung für die Ermordung der Kriegsgefangenen trägt. Gerchen erinnerte an Marko Bowenko, der am 05.07.1941 in deutsche Kriegsgefangenschaft geriet und nachdem er zunächst in das STALAG D 310 in Wietzendorf kam, am 02.08.1941 dem Arbeitskommando Boostedt 896 zugeteilt wurde. Über Heidkaten kam er nach Gudendorf, wo er am 02. Juli 1944 starb.

Zum Abschluss hielt Pastor Dr. Stein auf einem der Gräberfelder eine Andacht ab. Musikalisch begleitet wurde die Veranstaltung von der Gruppe "Windmoel" mit den Stücken "Bella Ciao", "Der Traum vom Frieden", "Die Moorsoldaten" und "Sag mir, wo die Blumen sind".
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Ergänzungen

geh pullern

egal 19.05.2006 - 22:14
es sind nunmal realitäten das der faschismus mehr als nur die shoa ist
die ermordung von russischen (kriegs)gefangenen und von millionen menschen unterschiedlichster nationalitäten und religionen ist auch faschismus
durch die überdimensionierte hervorhebung von jüdischen opfern werden die anderen verbrechen dieses krieges nicht weniger gedenkungswürdig.
die verbrechen der japaner in china gehen in einer unsinnigen antisemitismusdebatte total unter.
der holocaust wurde nicht möglich weil es antisemitismus gab,sonder hier kamen ein total übersteigerter nationalismus,antisemitismus,rassismus,diktatur und krieg(rechtsfreier raum) zusammen.
und dies alles gilt es zu bekämpfen
und da kommst du mit deinem antiamerikanismus und deinem antideutschen gesülz
ich habe fast den eindruck das es dich ärgert das es ein lager gibt in dem keine juden umgebracht wurden,und deswegen regst dich so auf.
aber bei dieser gedenkveranstaltung ging es um den gesamten faschismus.
aber hier noch ein kleines video für deine antideutschen vorurteile

Sachlichkeit statt Rituale

Mehrwegdose 20.05.2006 - 12:59
Der Artikel ist schlecht recherchiert und dafür umso mehr emotional verfärbt.
Wenn jemand (der Landrat) darauf hinweist, dass der Faschismus Ursachen hatte, die auch heute noch bestehen, dann ist das keine "Relativierung des Nationalsozialismus" sondern eine nachvollziehbare Meinungsäusserung.

Der Verfasser hat sich offensichtlich mit den dort vertretenen Meinungen bzw. Inhalten überhaupt nicht auseinandergesetzt, sonst wäre ihm aufgefallen, dass innerhalb kürzester Zeit völlig gegenteilige Behauptungen aufgestellt wurden.
So behauptet der Bürgermeister, dass von 5.4 Mio russischen Gefangenen ca. 3 Mio an Hunger und Krankheiten gestorben sind.
Ein Georg Gerchen (wer ist das?) behauptet während der gleichen Veranstaltung, dass diese Gefangenen ermordet wurden. Das ist ein grosser Unterschied.

Allein die Tatsache, dass dieser krasse Widerspruch auch von den Versammlungsteilnehmern überhaupt nicht bemerkt wurde, lässt nur einen Schluss zu:

Das war der Prototyp einer "gutmenschlichen" Ritualveranstaltung, bei der Reden vom Blatt abgelesen werden, die die Anwesenden gar nicht interessieren, und wo die Leute in der zweiten Reihe heimlich auf die Uhr kucken.

Korrektur der Ergänzung von Mehrwegdose

Einwegflasche 21.05.2006 - 19:59
Wie man die Äußerung des Landrates einschätzt, dazu kann sich jede/r selbst eine Meinung bilden, denn der ganze Abschnitt ist wortwörtlich wiedergegeben. Der Landrat offenbart mit seiner Äußerung zumindest ein sehr schlichtes Geschichtsbild: Er reduziert die Ursachen des Nationalsozialismus auf die Weltwirtschaftskrise bzw. die hohe Arbeitslosigkeit und die einfachen Antworten, die die Nazis angeblich darauf geben konnten.

Schlichter kann ein Geschichtsbild kaum sein: Wenn das allein die Ursachen gewesen wären, könnte (oder müsste?) praktisch bei jeder Wirtschaftskrise an jedem Ort der Welt wieder ein mit dem Nationalsozialismus vergleichbares menschenverachtendes Regime an die Macht kommen.

Da das aber nicht der Fall ist (oder war), stellt die Äußerung des Landrates eine sehr grobe Vereinfachung dar, die keiner Analyse standhält.

Gerchen hat das Verhungern- und Krepierenlassen der sowjetischen Kriegsgefangenen als Mord bezeichnet. Wenn Eltern ihre Kinder verhungern lassen, wird das heute (sogar vor Gericht) auch als Mord bezeichnet. Er hat nicht gesagt, dass diese hingerichtet worden sind, wobei Kader der KP, Frauen und Juden aus der Roten Armee auch erschossen wurden.

In der Überschrift wurde Sachlichkeit gefordert. Die ist in dem Kommentar aber nicht zu finden.

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