Haft gegen Projektwerkstättler ausgesetzt

Initiative "Danke für alles, Volker" 19.05.2006 20:24 Themen: Repression
Ein Polizist aus Giessen über die Ereignisse um den 14 Mai 2006:
"Da haben wir wohl Scheisse gebaut. Da müssen wir jetzt durch."

Die Ereignisse überschlugen sich. Am 14. Mai wurden vier Personen aus dem Umfeld der Projektwerkstatt von der Polizei festgenommen ( http://www.projektwerkstatt.de/weggesperrt/mek_140506.html). Von dort - so der Plan des Staatsschutz’ - sollte Jörg - einer der Betroffenen - direkt in die JVA Giessen wandern, wo er am 18. Mai "offiziell" seine achtmonatige Haft antreten sollte. Diese war das vorläufige Ergebnis eines umfangreichen politischen Prozess’ gegen zwei Polit-Aktivisten ( http://www.projektwerkstatt.de/prozess). Leider war es nicht entschlossener Widerstand "von unten", sondern ein Akt von oben, welcher die Planungen der Repressionsbehörden durchkreuzte: Das Bundesverfassungsgericht ordnete per Beschluss vom 17. Mai (nachlesbar unter  http://www.projektwerkstatt.de/weggesperrt/bverfg_ausgesetzt.html) die Aussetzung der Strafvollstreckung an, bis über seine Verfassungsbeschwerde, unter anderem gegen das Skandal-Urteil des Landgerichts Giessen entschieden worden ist.

Alles in allem eine herbe Schlappe für die Repressionsorgane in Giessen - und weitere dürften angesichts der peinlichen Polizei-Aktion vom 14. Mai folgen. Die Vorgänge bieten somit viel Stoff für Auseinadersetzungen - juristisch, öffentlich, politisch: Ein MEK-Einsatz (FR-Bericht:  http://www.fr-aktuell.de/frankfurt_und_hessen/lokalnachrichten/aktuell/?em_cnt=884469&sid=dfe5bb96ae7bf13d86fd37d4174b8b4d) in Giessen seit dem 8. Mai 2006, Verhaftungen ohne Beweise, eine Hausdurchsuchung ohne Rechtsgrundlage, konstruierte Tatvorwürfe und das offensichtliche Mitmischen des hessischen Innenministers Volker Bouffier (CDU). Ein Bericht über die Ereignisse, Reaktionen, Aktionen sowie vorläufige Einschätzungen der Lage.
/// 1. Teil: Reaktionen auf die Ereignisse um den 14. Mai


Kommunikative Flugblatt-Aktion in der Giessener Innenstadt

In der Giessener Innenstadt verteilten am frühen Nachmittag des 18. Mai 2006 sichtlich motivierte Aktivistinnen Flugblätter, auf denen über die Ereignisse rund um den 14. Mai 2006 (Polizei-Durchdreher mit vier Festnahmen:  http://www.projektwerkstatt.de/weggesperrt/mek_140506.html) sowie den überraschenden Beschluss des Bundesverfassungsgerichts berichtet wurde. Die Überschrift "Wer Giessen verlässt ist verdächtig" ist dabei eine Anspielung auf eine reale Aussage eines Beamten, als dieser von einer der vier betroffenen Personen nach dem Grund der Festnahme gefragt wurde: "Sie wurden gesehen, wie Sie aus Giessen heraus gefahren sind."

Dieser Satz inspirierte die VerteilerInnen, sich witzige, kommunikative Aufhänger auszudenken. Und - statt wie üblich einfach nur Zettel zu überreichen - die PassantInnen freundlich mit einer untypischen Fragen anzusprechen. Ein Einstieg sah ungefähr so aus: "Sind Sie schon mal aus Giessen raus gefahren? Freunde besuchen oder auf eine Party" - "Ja" - "Dann sind Sie bei der Polizei verdächtig!" (bei "Nein" folgte ein "Okay. Dann sind Sie bei der Giessener Polizei nicht verdächtig"). Eine andere Variante bildete die Frage "Sind Sie schon mal verhaftet worden, nachdem Sie Giessen verlassen haben?" Verwunderte bis amüsierte Gesichter waren die häufigste Reaktion, zum Teil verbunden mit irritierten oder ungläubigen Nachfragen. Daraus ergaben sich nicht selten kurze, zum Teil aber auch längere, intensive Gespräche über den konkreten Fall und die Logiken von Polizeieinsätzen. Deutlich mehr Personen oder Gruppen als gewohnt fingen noch im Weitergehen an zu lesen. Trotzdem gab es natürlich einen hohen Anteil an "Habe keine Zeit"-Sprüchen oder desinteressierten WeitergeherInnen.

Das Verteilen von Flugblättern leidet oft darunter, dass diese meist kommunikationslos ‚angeboten’ werden und daher wenig Interesse bei den ‚Zielpersonen’ aufgewirbelt wird, diese anzunehmen, geschweige denn zu lesen. Zum anderen ist diese Form auch für die VerteilerInnen eher langweilig, was das genannte Problem verstärkt. Daher war die Erfahrung sehr nett, dass auch eine an sich nicht gerade explosiv-spannende Flugblatt-Aktion abwechslungsreicher gestaltet werden kann, wenn sie mit einem interessanten, kommunikativen Element verknüpft werden. Die beteiligten AktivistInnen hatten in den zweieinhalb Stunden jedenfalls viel Spaß. Und eine zum Schmunzeln animierende Anekdote mehr: Zwei Reisende - eher Zufallsgäste in Giessen - waren von dem Flugblatt so positiv eingenommen, dass sie ihnen zufällig über den Weg laufende PolizistInnen auf die beschrieben Vorgänge ansprachen. Mit einer überraschenden Antwort eines Polizisten: "Da haben wir wohl Scheisse gebaut. Da müssen wir jetzt durch." Dieser Satz sorgte für entsprechende Erheiterung - und es darf angenommen werden. dass es einige Sicherheitskräfte in Giessen gibt, die nicht glücklich über die Polizei-Aktionen der letzten Tage sein dürften. Nur ob das was hilft ...


Dank an den ‚Scharfmacher’ per Kreide sorgt für Polizei-Kontakt

Angesichts so viel guter Laune bedankte sich eine Person bei dem prominentesten (Mit-)Verursacher der Repression und der damit verknüpften Öffentlichkeitswirkung - direkt vor der gemeinsamen Rechtsanwaltskanzlei der Innenminister von Thüringen und Hessen, Karl Heinz Gasser und Volker Bouffier. Auf die Kanzlei waren in jüngster Vergangenheit zwei Anschläge mit Farbe, Steinen und Parolen ( http://de.indymedia.org/2006/05/146051.shtml) verübt worden. Auf den diese umgebenden Fußweg wurden mit Kreide Sprüche wie "MEK-Einsatz-Festnahmen → Super Unterstützung für die Presse-Arbeit", "Die law and order Kanzlei" oder "Volker, Danke für die Aufmerksamkeit" hinterlassen - unter den Blicken der Kanzlei-‚Insassen’. Einer der dort beschäftigen Rechtsanwälte begutachtete die Sprüche sofort an und zückte sein Handy. Damit wurde den AktivistInnen der tägliche Polizei-Kontakt in einer Nebenstraße beschert, wie üblich mit mehreren Streifenwagen und zivilen Einsatzkräften - selbst eine Staatsschutz-Mitarbeiterin traf wenig später am "Tatort" ein. Auf die Aussage einer Aktivistin, dass die nicht weit zurückliegenden Polizei-Aktionen und insbesondere der MEK-Einsatz Volker Bouffier’s "Handschrift" trügen, erwiderte einer der zivilen Beamten: "Nach meiner persönlichen Einschätzung ist das nicht ganz falsch." Das Ende bildeten Platzverweise für den Bereich der Kanzlei sowie rund um das Privathaus von Volker Bouffier und die CDU-Kreisgeschäftsstelle, erteilt auf Basis des HSOG - Rechtsgrundlage wie üblich unklar (wobei das Gefährdungspotential von Kreide nicht zu unterschätzen ist ...).


/// Teil 2: Auswertung der Ereignisse


K.O.B.R.A.-Kommunique Nr. 2 : Bouffiersches Recht*

Druck des Innenministers Gießener Justiz und Polizei in Hochform: Rechtsbeugung, Freiheitsberaubung, falsche Beschuldigungen, Lügen, Gewalt

Die Polizeieinsätze und Richtersprüche der Tage vom 14.-18.5.2006 bedürfen einer rechtlichen und politischen Bewertung. Sie sind einerseits krasses und damit erschreckendes, andererseits aber auch prägnantes und damit entlarvendes Beispiel politisch gerichteter Rechtsprechung und Polizeigewalt im Dienste der Herrn. Die rechtlich bedeutsamen Vorgänge sollen hier benannt und juristisch analysiert werden. Die zeitlichen Abläufe sind den Berichten im Internet (Seite mit Links:  http://www.projektwerkstatt.de/weggesperrt zu entnehmen). Zudem soll ein einleitender Überblick den Zusammenhang darstellen.

Zeitlicher Ablauf im Überblick

In den ersten Maitagen kam es zu zwei Attacken auf die gemeinsame Anwaltskanzlei der Innenminister von Thüringen und Hessen in der Nordanlage 37 in Gießen. Neben der inzwischen durch einen Gerichtsbeschluss bekannt gewordenen Verteilung stinkender Flüssigkeit im Inneren wurde bei der ersten Attacke Farbe an der Wand verteilt und Sprüche gegen die Innenpolitik der Innenminister und speziell Skandale in Thüringen aufgesprüht. Wenige Tage später wurde erneut Farbe an der neu gestrichenen Wand verteilt, zudem gingen etliche Fenster zu Bruch.

Tags drauf schickte Innenminister Bouffier das Landeskriminalamt in die Projektwerkstatt. Verdachtsmomente gegen dieses politisches Zentrum nach Auskunft der LKA-BeamtInnen: Keine. Es sei Befehl von Bouffier. Der ist seit Jahren Antreiber einer Vielzahl von Polizeiaktionen und staatsanwaltlicher Verfolgung der AktivistInnen rund um die Projektwerkstatt. Am 8. Mai stationierte die hessische Landespolizei Sondereinheiten der Polizei (MEK) zum Schutz der Innenministerkanzlei und gegen die RegierungskritikerInnen aus der Projektwerkstatt. Am 10. Mai verfügt die Staatsanwaltschaft, ebenfalls offensichtlich auf Antrieb aus dem Innenministerium die schnelle Inhaftierung einer in einer skandalösen Prozessserie verhängten Haftstrafe gegen einen Projektwerkstättler - mit kurzer Frist.

Am 14.5.2006 folgte ein martialischer Polizeiüberfall auf vier Personen, die sich in Reiskirchen aufhielten. Ihnen wurden Farbanschläge in der Nacht vorgeworfen. Da offensichtlich in dieser Nacht aber gar keine oder zumindest keine politisch orientierten Farbattacken in Gießen geschahen, benutzte die Polizei beliebige, an Gießener Hauswänden befindliche sog. "Tags" (klassische Künstlerkennzeichen in der Sprayerszene) und behauptete, diese seien von den RadfahrerInnen gesprüht worden. Es folgten aufgrund dieser abenteuerlichen Falschbeschuldigung ED-Behandlungen. Eine Person blieb in Haft - nämlich die, die ohnehin einige Tage später die Strafhaft antreten sollte. So sollte diese einfach um einige Tage verlängert werden. Um trotz offensichtlich fehlender Gründe die Haft auch rechtlich abzusichern, jagte in den Folgetagen eine Lüge die andere, Gießener Richter und Polizeieinheiten bastelten Hand in Hand an wirren Theorien und Beweisketten, um ihren Wunsch nach Inhaftierung der ungeliebten Person aufrechtzuerhalten. Erst der Spruch des Bundesverfassungsgerichts machte einen Strich durch die Rechnung der Gießener Rechtsbeugermafia. Am 18.5. kam der Inhaftierte wieder auf freien Fuß. Der Weg dahin ist eine Kette von Handlungen, die mit dem geltenden Recht wenig zu tun haben - aber offenbar das in der Heimatstadt des Innenministers Bouffier geltende "Bouffiersche Recht" zeigen.

1. Polizeieinsatz und Festnahmen in der Nacht auf den 14.5.2006

Am 14.5. frühmorgens wurden vier Personen im Bereich des Ortes Reiskirchen festgenommen. Sie waren dort mit Fahrrädern unterwegs und hatten vor allem Lebensmittel dabei, die sie aus Lebensmittelcontainern der Umgebung geholt hatten. Während der Festnahme kam es zweimal durch absurde Polizeihandlungen zu Gefährdungen von Personen. Im ersten Fall drängte ein Auto einen auf dem Fußweg fahrenden Fahrradfahrer so ab, dass dieser mit dem Auto kollidierte. Im zweiten Fall sprang der Fahrer eines Polizeiwagens aus dem fahrenden Wagen auf einen Fahrradfahrer. Dem nun führerlos auf die nachkommenden zwei RadlerInnen zufahrenden Auto konnte eine der beiden Personen nur noch knapp ausweichen und stieß mit der offenen Fahrertür zusammen, die glücklicherweise zuschlug und so keine Verletzungen oder weiteren Fahren entstanden. Da führerlose Auto fuhr dann noch etliche Meter weiter bis es auf einen parkende anderen Polizeiwagen stieß. Sowohl bei dem Zusammenprall der beiden Wagen wie auch an der Fahrertür müssen erkennbar Schäden entstanden sein. Das Vorgehen ist offensichtlich als äußerst gefährlich einzustufen und es ist leicht auszurechnen, wenn ein solcher Vorfall umgekehrt geschehen wäre (Personen lassen Fahrzeug in Polizeigruppe fahren). Die Polizei hat hier schwerste Verletzungen billigend in Kauf genommen.
Die Festnahmen erfolgten rabiat, unter sofortiger Androhung von Pfefferspray und ohne jegliche Angabe von Gründen.

2. Polizeigewahrsam, ED-Behandlung, Verhöre

Alle vier Festgenommenen blieben etliche Stunden im Gewahrsam der Gießener Polizei, wurden verhört und erkennungsdienstliche behandelt. Zu keiner Zeit wurden irgendjemandem gegenüber Angaben gemacht, welche Verdachtsmomente vorliegen, dass gerade sie für Sachbeschädigungen die Frage kämen, die zudem nur pauschal behauptet wurden.

3. Anhörung zum Unterbindungsgewahrsam im Amtsgericht

Während drei der Festgenommenen am Nachmittag des 15.5.2006 freigelassen wurden, wurde eine der Polit-Aktivist Jörg B. vor den Richter am Amtsgericht, Gotthardt (vormals selbst Polizist), geführt. Die Polizei beantragte einen mehrtägigen Unterbindungsgewahrsam. Dieser wurde von Richter Gotthardt genehmigt und der Betroffene in den Gießener Knast geschafft (Analyse des Beschluss:  http://www.projektwerkstatt.de/weggesperrt/beschluss.html). Doch die sogenannte "Anhörung", immerhin eine grundgesetzlich geschütztes Recht, wurde zu einer Demonstration der Strategien von Gießener Polizei und Justiz: Lügen, falsche Verdächtigungen und Rechtsbeugung.

Zu Beginn verbrachte der Richter mit einem Staatsschutzbeamten eine lange Zeit alleine. Offenbar wurde er genau von diesem instruiert, was beschlossen werden sollte. Dann wurde der Betroffene hereingeholt. Richter Gotthardt teilte ihm mit, dass gegen ihn sechs Tage Unterbindungsgewahrsam (die längstmögliche Zeit nach dem Gesetz) beantragt wurden. Als der Betroffene um Stift und Papier bat, um sich Notizen machen zu können, wurde er durch den Richter barsch angegangen, dass er hier nichts zu sagen habe - um dann kleinlaut, als sich dieser den Mund nicht verbieten ließ, zuzugeben, dass ein Angehörter vor Gericht natürlich das Recht hätte, etwas mitschreiben zu können. Dann zählte er Sachbeschädigungen der vergangenen Tage vor allem an der Kanzlei Bouffier & Co. ( http://www.im-namen-des-volkers.de.vu) in Gießen mit. Als Jörg B. fragte, warum er das erzählen würde und was das mit ihm zu tun hätte, antwortete der Richter arrogant: "Ich stelle hier die Fragen". Er weigerte sich auch weiterhin, irgendetwas auszusagen, warum die Sachbeschädigungen im Zusammenhang mit der Frage eines Unterbindungsgewahrsams gegen Jörg B. aufgezählt würden. Natürlich lag nahe, dass die Polizei behauptet hatte, irgendwelche sogenannten "Beweise" gegen den Betroffenen zu haben, aber offenbar war der Richter außerstande, diese zu benennen. Daraufhin konnte Jörg B. nur feststellen, dass er nicht sagen könne, weil völlig unklar sei, wozu er sich äußern sollte.

Etwas umfangreicher war nur die Debatte um den Vorwurf, Jörg B. hätte in der Nacht zuvor auf die CDU-Geschäftsstelle Gießen und im Umfeld der Wohnung des Innenministers Bouffier (Altenfeldsweg 42) Sachbeschädigungen begangen. Was das für welche gewesen sein sollen, sagte der Richter wiederum nicht, aber der Angeschuldigte hatte ein perfektes Alibi: Er war selbst auch unterwegs in Gießen, aber weit weg von dem Ort der Sachbeschädigungen und war, weil die Gießener Polizei das regelmäßig tut, polizeilich überwacht worden (Streifenwagen). Als er aber erwähnte, dass er von der Polizei zur Tatzeit an einer anderen Stelle überwacht wurde, fiel dem Richter nichts Dümmeres ein als zu sagen: "Sie nehmen sich zu wichtig!". Zwar bestätigten die anwesenden Staatsschützer, dass eine Überwachung tatsächlich geplant gewesen war, aber zum Konkreten sagten sie nichts - das hatten sie wohl vorher schon dem Richter alles gesteckt. Es ist anzunehmen, dass sie dabei absichtlich gelogen und die Überwachung von Jörg B. verschwiegen haben. Der angeschuldigte Jörg B. beantragte nach dieser erneuten offensichtlichen Voreingenommenheit, einen Befangenheitsantrag formulieren zu können, was der Richter aber untersagte. Es entstand ein Streit darüber, aber der Richter blieb dabei, dass ein Befangenheitsantrag nicht gestellt werden könne. Daraufhin kündigte Jörg B. an, dem Schauprozess nicht mehr weiter beiwohnen zu wollen und ging Richtung Ausgang, aber die Staatsschützer zwangen ihn mit Gewalt, im Raum zu bleiben.

Nach dieser sogenannten "Anhörung" verging eine lange sogenannte "Beratungspause", die der Richter wiederum mit einem Staatsschützer verbrachte. Obwohl kein einziger Hinweis auf die Täterschaft von Jörg B. an den benannten Sachbeschädigungen in der Anhörung zur Sprache kam und trotz des sauberen Alibis für die Nacht auf den 14.5. schickte der Richter den Betroffenen für sechs Tage in Unterbindungsgewahrsam und stellte in den Begründungen fest, dass die Anhörung ergeben hätte, dass der Anklagte alle Taten selbst ausgeführt hätte - auch die, wo er polizeilich überwacht an einem anderen Ort war. Zudem tauchte in der Begründung erstmals das Märchen der AV- und AR-Tags auf - Sprühereien im klassischen Stil der Graffitiszene, die an verschiedenen Häusern, Telefonkästen usw. in Gießen zu sehen sind. Irgendeine politische Botschaft oder ähnliches dieser Tags ist nicht zu erkennen. Im Beschluss des Richters wird behauptet, dass AV und AR auch als Kürzel auf Internetseiten zu "Kreativen Antirepressionstagen am 13./14.5." auf der  http://www.projektwerkstatt.de zu finden seien. Allerdings gibt es weder eine solche Internetseite (solche Antirepressionstage haben auch nie stattgefunden) noch ist das Kürzel AV oder AR (außer in zitierten Gerichtsbeschlüssen, die z.T. so abgekürzt werden) überhaupt irgendwo auf der  http://www.projektwerkstatt.de zu finden. Die ganze Sache ist also zum Zwecke der Inhaftierung komplett ausgedacht worden. Rechtlich bewertet: Von Seiten der dieses wohl gegenüber dem Richter behauptenden Staatsschützer Lutz und Broers ein klarer Fall von falscher Verdächtigung, von Seiten des Richters ein klarer Fall von Rechtsbeugung im Amt. Und von allen, weil mit dem Zweck der Inhaftierung herbeigelogen, ein Fall von Freiheitsberaubung. Problem nur: Das müssten Gießener Staatsanwälte und Gerichte verfolgen ... die aber sind leider die Täter!

Parallelen zu einem älteren Fall von frei erfundener TäterInnenschaft drängen sich auf: Nach einer Gedichte-Lesung im Dezember 2004 erfand die Polizei einen Brandsatz, den es nie gegeben hat:  http://www.projektwerkstatt.de/gav/texte/0912doku.html

Das Verbot, einen Befangenheitsantrag zu stellen, ist zudem ein Verstoß gegen die Regeln für solche Verfahren. Schließlich ist der Beschluss ein Verstoß gegen das Hessische Sicherheits- und Ordnungsgesetz, weil dieses vorschreibt, dass immer mildere Mittel zu prüfen sind, bevor ein Freiheitsentzug erfolgt. Dieses ist unterlassen worden - logisch, denn das einzige, was von vorneherein klar war, war das Ziel: Jörg B. sollte weg!
Gegen den Beschluss wollte Jörg B. sofortige Beschwerde einlegen. Eine Begründung dazu wollte der Richter aber nicht abzeptieren, sondern der Betroffene sollte diese im Knast schreiben und nachreichen - bei sechs Tagen, um die es ging, schon eine unverschämte Verzögerungstaktik ... die aber erst der Anfang sein sollte. Immerhin durfte Jörg B. Stift und Zettel mitnehmen, sonst wäre es schon daran gescheitert.

4. Formfehler bei der Haft

Für den Inhaftierten begann eine bemerkenswerte Odyssee - in fünf Tagen lernte er vier hessische Orte kennen, an denen Menschen eingesperrt werden. Es begann (wie beschrieben) im Polizeigewahrsam des PP Mittelhessen (Ferniestraße 8). Nach dem Richterspruch ging es in die JVA Gießen (Gutfleischstr. 2a). Dort zeigte sich erhebliche Verwunderung der Beamten am Eingang: Unterbindungsgewahrsam kannten sie gar nicht. Ihre Zweifel waren berechtigt, aber zunächst setzte sich die Autorität der Staatsschutzbeamten durch und Jörg B. wurde in eine Zelle gesperrt. Mangels Schildchen zu Unterbindungsgewahrsam wurde er offiziell als Untersuchungsgefangener geführt - fängt auch mit "U" an. Zudem wurden ihm Aufnahmebereich Zettel und Stift wieder abgenommen, so dass das Schreiben einer Beschwerde nicht mehr möglich war. Staatsschützer Broers krallte sich zudem noch das Handy, das der Betroffene bei sich hatte - im typischen Stil Gießener Polizei ohne Begründung und ohne Sicherstellungsbescheinigung (wer die Macht hat, hat das Recht - und umgekehrt).
Tags drauf erhielt Jörg B. Zettel und Stift zurück und begann sofort mit dem Schreiben. Das war ein Glück. Kurze Zeit später suchte ein schnell reagierender Rechtsanwalt den Betroffenen auf und konnte die Begründung zur sofortigen Beschwerde mitnehmen und an das Gericht weiterleiten. Im Knast, das hatte sich bereits geklärt, wäre das Weiterleiten nicht vollzogen worden: "Lassen Sie sich eine Briefmarke zuschicken und schicken Sie es als Brief", war dem Inhaftierten entgegengehalten worden. Da wären die 6 Tage wohl rum gewesen ... so aber war die Beschwerde schnell beim Amtsgericht und dort begann die rechtswidrige Verzögerungstaktik (siehe nächster Punkt).

Kurz nach dem Kontakt mit dem Rechtsanwalt (von daher doppeltes Glück!) wurde Jörg B. aus seiner Zelle geholt. Das Justizregime hatte festgestellt, dass er gar nicht hätte in den Knast gebracht werden dürfen, weil der für Unterbindungsgewahrsam gar nicht da ist. So ein Fehler führt natürlich vor allem dann nicht zur Freilassung, wenn die Justiz selbst nicht nur als Richter, sondern auch als Verursacher mit eigenem Interesse an der Haft agiert. Also wurde ein Gefangenentransporter bestellt und der Betroffene in einer exklusiven Alleinfahrt mit Beamtenbegleitung durch Hessen gefahren - ohne ihm gegenüber das Ziel anzugeben. Die Fahrt endete im zentralen hessischen Polizeigewahrsam im PP (Polizeipräsidium) Frankfurt in der Adickesallee (Kreuzung Miquellallee). Das Gewahrsam liegt im Nordteil des Gebäudes mit Fenstern nach außen - allerdings nicht sichtbar wegen einer doppelten Fassaden. Die Zellen haben keinerlei Ausblick und sind gefliest und nur mit einer Gummimatratze ausgestattet. Einzige Sitzgelegenheit ist das Klo. Es sind viele, viele Zellen auf drei Stockwerken, unten die Gefangenensammelstelle (GeSa) für Großeinsätze, darüber die üblichen Gewahrsamszellen (meist unter einem Tag Aufenthaltsdauer) und im dritten Stock die Langzeit-Gewahrsamsgefangenen. Für die Polizei war ein Fall wie Jörg B. völlig neu, bislang besiedelten nur Abschiebehäftlinge dieses Stockwerk.

Über den Aufenthalt kann der Inhaftierte vieles weitere erzählen - von rechtlicher Relevanz ist aber mehr, was derweil im Amtsgericht Gießen geschah, um die Beschwerde gegen die Inhaftierung zu verzögern.

5. Verzögern ...

Es gibt keinen Zweifel, dass das Amtsgericht Gießen seit Jahren am plattesten agiert im blinden Hass gerade gegen AktivistInnen aus dem Umfeld der Projektwerkstatt, zu denen auch Jörg B. gehört. Die haben des öfteren klare Kritik an dem Treiben von Justizbehörden insgesamt und dem Gießener Amtsgericht speziell geäußert. Militante Attacken auf das Amtsgericht wurden dann immer den AktivistInnen aus diesem Kreis zugeschoben und mit wüsten Verhaftungen, Hausdurchsuchungen usw. reagiert. Geholfen hat das den RichterInnen und den mit ihnen handelnden Polizei- und StaatsanwaltschaftsbeamtInnen nicht, die Kritik blieb bestehen - wenn auch durch den persönlichen Filz der Politeliten in den Medien Gießens vieles verschwiegen werden konnte.

Das Amtsgericht ließ sich einen bemerkenswerten Trick einfallen, um die Beschwerde nicht bearbeiten zu müssen und Jörg B. damit im Knast zu belassen. Sowohl die Erfindung des Befangenheitsantrags, den es nie gab, weil er untersagt wurde, ist eine Rechtswidrigkeit wie auch die damit begründete Verzögerung, denn selbst wenn es den Antrag gegeben hätte, wäre die Beschwerde aufgrund des wichtigeren Rechtsgutes (Freiheitsentziehung) vorrangig zu behandeln gewesen. Der Trick mit dem erfundenen Befangenheitsantrag ist dem Amtsgericht nicht versehentlich passiert, denn in der Beschwerde hatte der Betroffene als einen Grund für die Rechtswidrigkeit des Gerichtsbeschlusses zum Freiheitsentzug genau die rechtswidrige Untersagung des Befangenheitsantrages als einen Punkt angegriffen. Die Rechtsbeuger aus dem Gießener Amtsgerichtes benutzten nun ihre erste Rechtsbeugung, um damit die zweite zu legitimieren. Angesichts des Zusammenspiels mehrerer Personen bei dieser gezielten Reihung von Rechtsbeugungen ist nicht nur gegen alle Beteiligten einzeln der Straftatbestand der Rechtsbeugung im Amt sowie wegen der Wirkung auf eine konkrete Person der Freiheitsberaubung gegeben, sondern auch der des Strafparagraphen 129 (Kriminelle Vereinigung), der immer dann gilt, wenn organisiert Recht gebrochen wird. Das ist im Gießener Amtsgericht sichtbar der Fall.
Der Anwalt des Betroffenen legte mehrfach Protest gegen das Vorgehen ein, ohne dass das Amtsgericht seine Strategie veränderte.

6. Überraschung: Der Beschluss des Verfassungsgerichts

Am 17.5.2006 platzte in den Ablauf die Überraschungsnachricht hinein. Das Bundesverfassungsgericht verfügte einen Aufschub der Strafhaft von Jörg B. wegen des laufenden Verfahrens ( http://www.projektwerkstatt.de/weggesperrt/bverfg_ausgesetzt.html). Der Betroffene hatte nämlich Verfassungsbeschwerde gegen seine Verurteilung eingereicht, weil er im Hauptpunkt verurteilt wurde, weil er sich gegen seine Verhaftung als Redner auf einer Demonstration (während der Rede!) gewehrt haben sollte. Die Verhaftung erfolgte ohne Vorwarnung und ohne vorherige Auflösung der Demonstration, worin der Betroffene einen Verstoß gegen das Versammlungsrecht sah. Alle Gerichtsinstanzen und die Staatsanwaltschaften hatten das Vorgehen der Polizei für rechtens befunden, d.h. sie fanden Angriffe auf Demonstrationen ohne Grund und ohne Vorwarnung für legal - ein typischer Fall des "Bouffierschen Rechts", dass in Gießen und Hessen gilt. Informationen zur Verfassungsklage gibt es unter  http://www.projektwerkstatt.de/antirepression/prozess/revision/verfklage_jb.html.

7. Weitere Verzögerung und Landgerichtsbeschluss

Mit dem Spruch der Verfassungsrichter war auch der Grund für den vorgeschalteten Unterbindungsgewahrsam entfallen, denn Richter Gotthardt hatte diesen ja wegen der nach seiner Meinung hohen Gefahr von Sachbeschädigungen im Vorfeld des Haftantritts verhängt. Im § 35, Abs. 1 der HSOG heißt es: "Die festgehaltene Person ist zu entlassen 1. sobald der Grund für die Maßnahme der Gefahrenabwehr oder der Polizeibehörde weggefallen ist, 2. ...". Doch auch dieses Gesetz gilt in Gießen nicht. Vielmehr beschäftigte sich das Amtsgericht in Gießen weiter mit dem Befangenheitsantrag, dann mit der Beschwerde (die es natürlich ablehnte) und reichte dann das ganze in die nächste Instanz weiter. Auch das Landgericht Giessen befasste sich erstmal mit dem Vorgang anstatt, wie das Gesetz es (siehe Zitat) klar fordert, die Entlassung sofort in die Wege zu leiten. Zwar hat das Landgericht nicht wie das Amtsgericht mit zusätzlichen Tricks verzögert, die Entlassung hätte aber trotzdem sofort bei Wegfall des Grundes geschehen müssen, d.h. am 17.5. mittags.

Das Landgericht hob dann am 18.5. um 9.30 Uhr die Haft auf. Die Begründung aber hat es in sich. Einzig der Spruch des Verfassungsgerichtes wurde als Aufhebungsgrund benannt, während im übrigen die Lügen und Erfindungen des Amtsgerichtes nicht nur gedeckt wurden, sondern eine weitere Erfindung hinzugefügt wurde. Das Landgericht behauptet im eigenen Beschluss, dass der Unterbindungsgewahrsam deshalb richtig war, weil die Anschläge auf die Kanzlei der Innenminister Bouffier und Gasser wegen des bevorstehenden Haftantritts von Jörg B. erfolgten. Das ist interessant: Die Anschläge geschahen am 4. und 8. Mai (nach Polizeibericht und Augenschein vor Ort). Am 10. Mai aber entschloss sich Staatsanwaltschaft ausweislich des Datums auf der Ladung zum Haftantritt erst, Jörg B. einsperren zu lassen. Wenn die Anschläge einen Zusammenhang damit gehabt haben sollten, hätten die TäterInnen schon über den Haftantritt wissen müssen, bevor die Staatsanwaltschaft überhaupt überlegte, das zu tun - absurd. Aber Gerichte sind halt wahrheitsschaffende Instanzen und es gilt, was sie sagen. Danach kann in Gießen ein Anschlag am 4.5. eine Reaktion auf einen Vorgang am 10.5. sein. Wer den Kopf schüttelt, hat es immerhin verstanden, was Gießener Gericht so treiben. Rechtsbeugung ist das allemal - Freiheitsberaubung nicht, weil das Gericht ja trotzdem die Haft aufhob.

Eine Seite weiter behauptet das Landgericht Gießen in seinem Beschluss, der Betroffene sei in der Tatnacht in der Nähe der CDU-Geschäftsstelle gesehen worden. Dem hatte nicht nur Jörg B. selbst widersprochen, sondern aufgrund der Tatsache, dass er an einem anderen Ort von der Polizei observiert wurde, wird hier erneut eine offensichtliche Lüge wiederholt. Da dem Landgericht die sofortige Beschwerde des Betroffenen vorlag, dort von der Observation zu lesen war und das Landgericht als Beschwerdeinstanz auch ein sogenannten Tatsachengericht ist, d.h. dass es die Informationen selbst zu prüfen hat, ist hier ein klarer Fall von Rechtsbeugung im Amt geben.

8. Verlegung in die JVA Preungesheim

Während das Landgericht Giessen an seinen Beschlüssen bastelte, wurde der Betroffene vom PP Frankfurt in die JVA Preungesheim verlegt. Dort blieb er ca. eine Stunde, bis die Haftentlassung endlich auch dort eintrudelte und er wieder rausflog. Die Überstellung nach Preungesheim per Gefangenentransporter wirft aber selbst wieder rechtliche Fragen auf. Wenn, wie sie in der JVA Gießen ja ergab (siehe Punkt 4) ein Knast für Unterbindungsgewahrsam nicht zugelassen ist, die Strafhaft aber ja durch das Bundesverfassungsgericht schon am Tag zuvor aufgehoben wurde - warum ist Jörg B. dann in den Knast in Preungesheim gebracht worden? Was war die Rechtsgrundlage hierfür?

9. Hausdurchsuchung in der Projektwerkstatt

Am 14. Mai 2006 ab 9.15 Uhr durchsuchte ein Polizei-Kommando unter Führung der Staatsschützer Broers und Reinhold Mann (Nachfolger von Puff, d.h. der neue Chef im ZK 10, Staatsschutz) ohne Durchsuchungsbeschluss die Projektwerkstatt. Unter Angabe von Gefahr im Verzug stellten die PolizistInnen vor allem die Räume im Wohnhaus auf den Kopf, dokumentiert durch Berge von aufgewirbelten Papieren und Unterlagen. Dabei wurden Flugblätter, Broschüren sowie ein private Unterlagen mitgenommen. Mensch darf gespannt sein, wieso Kalender oder Flugblätter als Tat- oder Beweismittel für Sachbeschädigungen darstellen sollen. Im Sicherstellungs-/Beschlagnahme-Protokoll ist nämlich lautet die Begründung bzw. der Verdacht "Sachbeschädigung".
Aus aktueller Sicht war Gefahr im Verzuge nicht gegeben, denn nach der HSOG gilt (§ 38, Abs. 6):

"Wohnungen dürfen jedoch zur Abwehr dringender Gefahren jederzeit betreten werden, wenn auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte erfahrungsgemäß anzunehmen ist, daß dort a) Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben oder b) sich Straftäterinnen oder Straftäter verbergen." Nach beidem hat die Polizei offensichtlich nicht gesucht, sondern war eher überrascht, überhaupt noch auf Menschen in dem Haus zu treffen.
Von dem im § 39 des HSOG festgehaltenen Regeln für die Art und Weise einer Hausdurchsuchung hat sich die Gießener Polizei, die auch hier wohl eher dem "Bouffierschen Recht" gefolgt ist, an keine einzige gehalten:
- Abs. 1: "Durchsuchungen bedürfen außer bei Gefahr im Verzug der richterlichen Anordnung." Wie oben geschrieben gab es kein "Gefahr im Verzug", aber ebenso konnte die Polizei auch keinen Durchsuchungsbefehl vorlegen.
- Abs. 2: "Bei der Durchsuchung einer Wohnung hat die Wohnungsinhaberin oder der Wohnungsinhaber das Recht, anwesend zu sein." Zweifelsfrei wäre es der Polizei möglich gewesen, dieses Recht zu sichern, denn zwei auf die Adresse angemeldete Personen wie auch der Rechtsvertreter des Hausbesitzervereins befanden sich im Polizeigewahrsam. Sie aber wurden weder vorher noch nach der Durchsuchung überhaupt informiert geschweige denn konnten anwesend sein. Vielmehr entstand der deutliche Eindruck, dass die Polizei gerade hoffte, auf ein leeres Haus zu treffen, um dort entsprechend "Bouffierschen Recht" frei wüten zu können.
- Abs. 3: "Der Wohnungsinhaberin, dem Wohnungsinhaber oder der Person, die zur Vertretung befugt ist, ist der Grund der Durchsuchung unverzüglich bekanntzugeben, soweit dadurch der Zweck der Maßnahme nicht gefährdet wird." Auch dieses wäre problemlos möglich gewesen, weil alle solche Personen im Gewahrsam der Polizei waren. Der Durchsuchungszweck konnte gar nicht gefährdet werden, weil wegen des Gewahrsams die Personen, wären sie informiert worden, keine Möglichkeit der Handlung gehabt hätten.
- Abs. 4: "Über die Durchsuchung ist eine Niederschrift zu fertigen. Sie muß die verantwortliche Gefahrenabwehr- oder Polizeibehörde, den Grund, die Zeit, den Ort und das Ergebnis der Durchsuchung enthalten. Die Niederschrift ist von einer oder einem durchsuchenden Bediensteten und der Wohnungsinhaberin oder dem Wohnungsinhaber oder der zugezogenen Person zu unterzeichnen. Wird die Unterschrift verweigert, so ist hierüber ein Vermerk aufzunehmen. Der Wohnungsinhaberin, dem Wohnungsinhaber oder der Person, die zur Vertretung befugt ist, ist auf Verlangen eine Durchschrift der Niederschrift auszuhändigen." Auch das erfolgte nicht - bis heute nicht. Ebenfalls ist keine Durchsuchungsgenehmigung u.ä. nachgereicht worden.
Jeder einzelne Fehler würde die Hausdurchsuchung rechtswidrig erscheinen lassen. Dass die Polizei alle Fehler gemacht hat, die überhaupt möglich waren, zeigt die Gießener Verhältnisse.

9. Die Lügen bleiben ...


Nach den Ereignissen erschienen verschiedene Texte in den Medien. Gegenüber JournalistInnen wiederholten die Sprecher der Gießener Polizei ihre Lügen über die AR- und AV-Tags sowie über die Täterschaft bei den Attacken auf die Kanzlei von Bouffier/Gasser.

*Mit dem Begriff "Bouffiersches Recht" ist umgangsprachlich gemeint, dass die Gießener Justiz- und Polizeibehörden bei politischen Vorgängen die Interessen der Herrschenden verfolgen unabhängig vom sonst geltenden Recht. Da der hessische Innenminister Bouffier der einflussreichste Politiker der Stadt ist, gehen viele Aktionen auf ihn zurück. Seit Jahren fordert er offensiv ein, seine KritikerInnen aus dem Umfeld der Projektwerkstatt mundtot zu machen. Unter anderem befahl er höchstpersönlich den illegalen Angriff auf eine polizeikritische Demonstration am 11.1.2003 in Gießen, die zu der Verurteilung von Jörg B. führte, der am 11.1.2003 als Redner auf der Kundgebung das Opfer des Polizeiangriffs war.


/// Weitere Artikel zu den Ereignissen

- Beschluss des BverG:  http://www.projektwerkstatt.de/weggesperrt/bverfg_ausgesetzt.html
- Seite zum 14. Mai 2006, MEK-Einsatz und mehr:  http://www.projektwerkstatt.de/weggesperrt/mek_140506.html)
- Seite zum (aktuell gebannten) Knast-Aufenthalt von Jörg:  http://www.projektwerkstatt.de/weggesperrt/haupt.html

Indymedia

- Neues zum Polizei-Ausraster vom 14. Mai in GI: (16.05.2006)  http://de.indymedia.org/2006/05/147073.shtml
- Festnahmen & Co: Polizei-Durchdreher in GI (14.05.2006):  http://www.de.indymedia.org/2006/05/146808.shtml
- Haftantritt von Jörg (10.05.2006):  http://www.de.indymedia.org/2006/05/146426.shtml
- Anschläge auf Kanzlei von Gasser und Bouffier in Giessen (06.05.2006):  http://de.indymedia.org/2006/05/146051.shtml


/// Links

- Zum Vergleich - Polizei erfand Brandsatz bei Gedichte-Lesung (Dezember 2004):  http://www.projektwerkstatt.de/gav/texte/0912doku.html
- Dokumentation über Fälle falscher Verdächtigungen und ähnliche Nettigkeiten durch Polizei und Justiz in Giessen:  http://www.polizeidoku-giessen.de.vu/
- Kritisches zu Volker Vouffier und Co.:  http://www.projektwerkstatt.de/bouffier
- Seiten zu Recht, Repression und Alternativen zu Strafe:  http://www.projektwerkstatt.de/antirepression


/// Termine

- Pfingsten 2006: Versuch der Befreiung eines Genfeldes der Universität Giessen und vielfältige Aktionen ( http://www.gendreck-giessen.de.vu,  http://germany.indymedia.org/2006/05/146381.shtml)


PS: Natürlich ist der Beschluss vom BVerfG, genau wie die gegen ihn anhängigen Verfahren nur ein gewiefter Trick, um davon abzulenken, dass Jörg ein Spitzel ist - insofern viel Spass bei den schlechten Kommentar-Schlachten.
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Ergänzungen

geschafft oder verschleppt?

mm 20.05.2006 - 00:40
Statt "der Betroffene in den Gießener Knast geschafft" würde ich in Zukunft lieber den Begriff ""der Betroffene in den Gießener Knast verschleppt" verwenden. Das hört sich dann erst so richtig rechtswidrig und faschistoid-kriminell an.
Bei Begriffen wie "staatliche Verschleppung" und "Deportation" läuft es dem Leser schon beim Lesen kalt den Buckel runter!

Mobiles Einsatzkommando in Saasen entdeckt

nächtlicher ausgang 21.05.2006 - 11:36
Spaßige Nacht in Saasen. Kurz vor Mitternacht entdeckten AktivistInnen aus der Projektwerkstatt einen der Wagen, wo die seit ca. 2 Wochen operierenden Bullen des Mobilen Einsatzkommandos auf ihren Monitoren die Projektwerkstatt überwachten (die FR berichtete bereits über diesen Einsatz, siehe  http://www.fr-aktuell.de/frankfurt_und_hessen/lokalnachrichten/aktuell/?em_cnt=884469&sid=dfe5bb96ae7bf13d86fd37d4174b8b4d). Schnell war auch klar, in welchem Wagen die Überwachungstechnik stand (von diesem wurde dann per Funk das Bild zum Monitorwagen übertragen). Nach genauerem Betrachten der Familienlimousine (GI-CP 106) fuhr diese weg. Es kam Bewegung ins Dorf. Menschen aus dem Umfeld der Projektwerkstatt gingen ihre Runden und begegneten (neben anderen Autos) 3-4 ständig selben Wagen, die ebenfalls immer die Runde drehten. Sodann wurde der Kamerawagen mit Plakaten verhängt und auf diesen, sowie auf der Straße davor kenntlich gemacht, dass es sich hier um einen Überwachungswagen des MEK handelt.
Nach einiger Zeit wurde ein zweiter Wagen (BMW-Combi) mit gleicher Monitorausstattung entdeckt. Ob es ein Ersatz war oder eine zweites Paar existiert, dass andere Bereiche überwachte (dann müsste ein weiteres Auto mit Kameras & Co. in Saasen gestanden haben), konnte nicht mehr geklärt werden, denn auch dieses Auto fuhr weg und schließlich schien es so, als wäre das MEK erstmal verschwunden.
Der verhängte Kamerawagen wurde in den frühen Morgenstunden weggefahren. Er war als Werkzeugwagen einer Firma getarnt. Der Werbeaufdruck enthielt auch eine Internetadresse:  http://www.hevo-fh.de. Die gibt es sogar. Mensch kann irgendwelche Geräte sehen, aber fast alle Links führen schließlich zu „Not found“-Meldungen. Adressen gibt es auch nirgends.
Die Firma ist auch als Firma in Reiskirchen eingetragen im Telefonbuch in der Daimlerstr. 4
Soweit der lustige Bericht ... wer also Langeweile hat, kann nach Saasen kommen und Räuber und Gendarm spielen.
Mehr Infos auch mit Sonderseiten zum MEK über  http://www.projektwerkstatt.de/weggesperrt.

hevo-fh.de

Ladida 24.08.2006 - 12:56
Schon mal aufgefallen: Die Homepage www.hevo-fh.de hat kein Impressum, das kann man anzeigen... Außerdem kommt es mir so vor, als ob "Vorspielung falscher Tatsachen" im Spiel ist ;-)

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Keine inhaltliche — Ergänzung

tipp — tippex

Hüstel — Ian Mc