Interview mit ETA (GARA) - Teil 3

Ticker 17.05.2006 18:08 Themen: Repression Soziale Kämpfe Weltweit
"Der Prozess ist kein Prozess, wenn damit ein falscher Friede, ohne Inhalt errichtet wird; der Prozess kann nicht ohne weiteres ein Prozess zur Integration der Unabhängigen Linken, in die politische Normalität sein."
Interview der baskischen Tageszeitung Gara mit der ETA: Teil 1
Teil 1: http://de.indymedia.org/2006/05/147009.shtml
Teil 2: http://de.indymedia.org/2006/05/147047.shtml
Teil 3: http://de.indymedia.org/2006/05/147233.shtml


- Wenn es zu einer Heranführung der Gefangenen kommt, müsste dies als eine Geste interpretiert werden?

Es handelt sich nicht um eine Frage von Gesten. Die Frage ist, dass die Amnestie einer der prinzipiellen Schlüsselpunkte des Prozesses sein muss, der in einer Phase der Entwicklung des Prozesses, sichtbar werden muss; von heute an muss die Situation der Unterdrückung, welche die Gefangenen erleiden, beendet werden; eine Situation, die es bereits nicht mehr geben dürfte.

Wenn dieser Schritt getan würde, wäre das Einzige, was sie dadurch tun, eine Schachfigur ( oder ein Geschütz ) der Ausnahmesituation zu deaktivieren, die dem Kollektiv auferlegt ist. Sie würden damit einen grundlegenden Schritt in Richtung Respektierung der Rechte der Gefangenen machen.

- Wenn sich auf einem Gleis gut fährt, auf dem anderen aber nicht, oder wenn ein Gleis intakt ist, aber die Regierungen Nein sagen, was wird die ETA dann tun?

ETA hat ihre Entscheidung, den demokratischen Prozess anzustoßen, getroffen und wird weiter damit fortfahren, ihre Entscheidungen bezüglich der Funktion der Entwicklung des Prozesses, umzusetzen und diese Entwicklung ist, was wir analysieren werden; wir werden alle diese Faktoren zu Bewusstsein bringen, um diese Reflektion zu machen und alle Schachfiguren ( oder Geschütze ) des Prozesses in seiner Gesamtheit, hinterfragen und abschätzen.

- Was verlangt ETA genau vom spanischen Staat? Was erwarten Sie aus Madrid?

Heute können wir sagen, dass auf irgendeine Weise die Demonstration des Willens existiert, den Konflikt über Verhandlungen zu lösen; das ist, was sich bis jetzt gezeigt hat. Aber wir achten stets mehr auf Taten, denn auf Worte, und woran die Reihe jetzt ist, ist diesen Willen, in konkrete Handlungen umzusetzen, durch konkrete Kompromisse seitens der spanischen Regierung; und hier befinden wir uns in diesem Moment.

Für uns muss dieser Kompromiss zwei grundlegende Basen besitzen: Einerseits zu respektieren, was die baskischen Einwohner/innen entscheiden und anderseits, die Angriffe gegen Euskal Herria einzustellen.

Unserer Meinung nach ist es wichtig, in welcher Form auch immer, das in einen Kontext zu stellen, was sich hinter dieser Willensdemonstration und den offenen Gelegenheiten verbirgt, um einen Verhandlungsprozess zu entwickeln. Eines Teils verorten wir hier die alte Strukturkrise Spaniens; d.h. der Rahmen der Autonomien ( autonomen Provinzen ), für die Völker organisiert als Gefängnis, nachdem der Franquismus gescheitert war; und der Kampf für die Rechte des Baskenlandes, steht mit diesem Scheitern in direktem Zusammenhang und noch konkreter, der Kampf der ETA. In diesem Sinne weiß die spanische Regierung heute, dass der spanische Staat keine Stabilität haben wird, solange der im Baskenland herrschende Konflikt nicht gelöst werden wird. Und mehr noch, die einzige Form, jede Art von Reform oder Veränderung, die der spanische Staat künftig zum Vorschein bringen wird, zu stabilisieren, ist, den in Euskal Herria schwelenden Konflikt zu lösen.

Die spanische Regierung weiß, dass diese Lösung nur verhandelt werden kann; d.h. dass die Verhandlung die einzige Form der Konfliktlösung ist, weil der Verlauf dieser Dekaden und das Scheitern sämtlicher Versuche der Repression, sie zu diesem Schluss kommen ließen. Und wir fügen hinzu, dass die spanische Regierung ebenfalls weiß, dass in diesem Prozess der Konfliktauflösung, eine direkte Antwort hinsichtlich der Rechte des Baskenlandes gegeben werden muss.

- Welchen Einfluss kann ein eventueller Regierungswechsel im spanischen Staat haben ?

Ob diese oder jene Partei an der Regierung ist, letztendlich zählt, dass es der spanische Staat ist, der die Rechte Euskal Herria´s wiederanerkennen, respektieren und akzeptieren muss. Schlussendlich, wenn eine demokratische Lösung erreicht und der Konflikt zwischen dem Baskenland und dem Staat Spanien überwunden wird, wird die Implikation des Staates notwendig werden. Deshalb muss die Lösung von dem Prozess aus eine Perspektive erhalten

- Wie schätzen sie die Handlungsweise Zapateros im katalanischen Prozess ein?

Damit das, was im Baskenland getan wird, ein Prozess der Konfliktüberwindung sein wird, muss dieser Prozess als Resultat, die Respektierung der Rechte Euskal Herria´s aufweisen und allen politischen Meinungen im Baskenland Bahn brechen. Aber einseitigerweise, eine bloße Reform der Statuten, mit Bewegungen oder Pakten, anzustreben und die Unterdrückung eines zweiten Zyklus der Autonomie des Baskenlandes zu verfolgen, würde, außer das es ein Scheitern wäre, nichts weiter nähren, als den Konflikt.

- Was ist für die ETA, das, was sie in dem so genannten «Prozess» tut? Ist von Frieden die Rede, Normalisierung, beides zusammen, getrennt...

Die Achsen, die wir in unserer Erklärungen resignalisiert haben, sind unsere Referenz, um den Prozess zu entwickeln. Das heißt, dass man den demokratischen Prozess unter Teilnahme aller baskischen Agenten entwickeln und die Gesamtheit Euskal Herria´s zur Kenntnis nehmen muss. Wir beziehen uns auf den Weg, der präzise das Durchlaufen des Rahmens der aktuellen Situation, bis hin zur Situation der Wiederanerkennung der Rechte des Baskenlandes, sein wird.

Das ist, was wir anstoßen wollen und dort ist, wo angelangt werden muss. Im Endergebnis ist das, was die ETA tut, alle Türen zu erlauben und sie allen politischen Meinungen zu öffnen, um den Prozess zu entwickeln. Jetzt muss, ohne dass wir in diesem Szenario des aktuellen Rahmens verbleiben und ohne zuzulassen, dass die Türen dieses Weges sich schließen, das Ziel sein, durch diese geöffneten Türen hindurchzugehen und das Szenario der Selbstbestimmung und Territorialität zu durchqueren. Was getan werden muss, ist dieser Schritt, von einem Szenario zum anderen. Für uns wird das definitiv sein, den Prozess und die einzige Weise, den Weg für alle Meinungen zu öffnen, zu Ende zu bringen.

- Und was ist für Sie nicht der Prozess ?

Der Prozess ist kein Prozess, wenn damit ein falscher Friede, ohne Inhalt errichtet wird; der Prozess kann nicht ohne weiteres ein Prozess zur Integration der Unabhängigen Linken, in die politische Normalität sein; deshalb denke niemand, dass die Izquierda Abertzale einfach den aktuellen Rahmen, ohne irgendeinen politischen Wandel akzeptieren wird. Es kann auch keinen Prozess geben, der sich innerhalb des aktuellen Rahmen auszahlt; sondern er muss dazu dienen, den Weg zu einer wirkliche demokratischen Situation zu öffnen; denn wenn es sich um einen wahrhaftigen Prozess handelt, wird er diesen Weg durchlaufen müssen. Deshalb irren jene, die sich auf den Versuch beschränken, den bewaffneten Kampf der ETA zu deaktivieren.

- Was ist es, das heute entwickelt werden müsste?

Was heute, prinzipiell, entwickelt werden muss, sind Elemente, die von allen Agenten ausgesprochen werden. Die Mehrheit der Vermittler führt sie bereits heute im Mund, sowie alle Komponenten der politischen Debatte, um in dem Prozess die Auflösung des Konflikts zu erlangen und das ist, was entwickelt werden muss: Die Wiederanerkennung von Euskal Herria; die Rechte von Euskal Herria; das Wort und die Entscheidung der baskischen Einwohner/innen; die Notwendigkeit, dass dies Staaten diese Entscheidung respektieren und dass dazu, eine Volksbefragung abgehalten werden muss. Das sind die Elemente, die jetzt in dem Prozess konkretisiert und entwickelt werden müssen. Die Parameter und Grundlagen der demokratischen Debatte, die eröffnet werden muss, liegen dort; das sind die Elemente, aus denen der Kern des Konfliktes besteht.

Also muss das Übereinkommen, dass in diesem Prozess erscheinen muss, diese Knoten lösen. Da diese Elemente bereits zur Debatte stehen und eine Mehrheit der Agenten sie im Mund führt, ist die Stunde der Konkretisierung der Momente und Schritte, dieser demokratischen Debatte gekommen; die Stunde, konkrete Schritte zu unternehmen. Das ist die heutige Notwendigkeit; vor allem die Notwendigkeit der Konkretisierung. Wir würden sagen, dass der Moment gekommen ist, den konkreten Kompromissen in dem demokratischen Prozess, Gestalt zu geben.

Auf dem Weg, auf der Strecke von einem Rahmen zum andern, tauchen neue Knoten auf. Sie erwähnten, dass es sich in dem Prozess definitiv um Euskal Herria handelt. Welche Schwierigkeiten erwarten Sie bei der Integration von Lapurdi, Zuberoa und Nafarroa Beherea in den Prozess? Was erwarten Sie vom französischen Staat, einem Staat der verneint, «eine baskische Frage» zu haben?

An erster Stelle würde es uns gefallen zu sagen, dass die Waffenruhe der ETA auch dort eine breite Wirkung hatte und dass dies an den Reaktionen auf unsere Entscheidung zu erkennen war. Der politische Effekt der Entscheidung von ETA hat sich in der Praxis gezeigt. Die Reaktionen waren sehr vielfältig. Es ließen sich drei von uns unterscheiden: Eines Teils jene, die in ihren traditionellen Handlungsweisen der Verschlossenheit fortfuhren, indem sie aufrecht hielten, dass wir vor einer internen Frage Spaniens stehen und dass deshalb die französische Regierung keinerlei Schritte unternehmen muss. Dem gegenüber müssen wir klar manifestieren, dass sie diese Position nicht sehr lange werden aufrechterhalten können, denn das bloße Verschließen der Augen, taugt nicht zur Verdeckung des Konflikts. Im Gegenteil, in diesem politischen Moment und vor dem eröffneten Prozess, dem Konflikt keinen politischen Ausweg zu geben, nährt diesen nur.

Andererseits reagierten andere Agenten mit der Forderung an die französische Regierung, sich in den Prozess einzubringen. In diesem Fall ist es für uns von Wichtigkeit, uns mit dem Sinn und der Richtung aufzuhalten, welche diese Einbringung haben müsste. Wir möchten unterstreichen, dass die Schritte und die Implikation der französischen Regierung notwendig sind, aber dass diese Implikation vor allem auf eine Antwort gegenüber den politischen Wurzeln des Konflikts gerichtet sein muss, um auf das politische Problem zu antworten und nicht nur ausschließlich dessen Konsequenzen zu beachten. Dies enthält eine klare Interpellation: Sie müssen ihre Bereitschaft zeigen, die Rechte des Baskenlandes zu respektieren.

Die Reaktion weiterer Agenten hat dazu gedient, ihren Kompromiss zu stärken, der die Wichtigkeit betonte, dass die baskischen Agenten Lapurdi, Baxe Nafarroa und Xuberoa in den Prozess von Euskal Herria einbeziehen; und das ist unserem Verständnis nach, der Weg, den die baskischen Vermittler durchlaufen müssen. Letzten Endes sprechen wir von einem Prozess, der im gesamten Baskenland entwickelt werden muss, der eine nationale Dimension haben muss und deshalb ist es von vitaler Bedeutung, die Agenten von Lapurdi, Baxe Nafarroa und Xuberoa, in diesen einzubeziehen und dass diese eigene Schritte und Kompromisse gegenüber dem Prozess machen und ergreifen.

-Wie müsste diese Implikation aussehen? Wie müsste die nationale Dimension des Prozesses gestaltet werden?

Unserer Meinung nach, müsste dieser Kompromiss vor allem um die Wiederanerkennung von Euskal Herria gestaltet werden, indem er eine Debatte über diese Frage eröffnet, deren Forderung anregt und diese Forderung mit Festigkeit gegenüber der französischen Regierung stellt. Deshalb glauben wir, dass die baskischen Vermittler sich in dieser Form einbringen müssen. Und die Situation, die für den Prozess geschaffen wurde, muss dazu benutzt werden, die Debatte über die Wiederanerkennung des Baskenlandes in den politischen Mittelpunkt zu stellen.

- Sehr Viele sprechen von Nafarroa, und es gibt Welche, die angesichts dieser Situation nervös erscheinen, Sanz zum Beispiel ...

Was Sanz demonstriert, ist eine Handlungsweise der Defensive und deshalb hat er Angst vor der Gelegenheit, die sich durch die Entscheidung der baskischen Bevölkerung auftun könnte; denn er weiß, dass dies die Richtung des Prozesses ist.

Sanz hat gesehen, und daher rührt seine Nervosität, dass er dabei ist, die Initiative zu verlieren. Er und die Regierung der UPN, haben ihr Projekt und ihre Wettkampfpolitik, in der Reform zur Verbesserung der Rechtssprechung konzentriert und in diesem Sinn wollen sie die Debatte steuern; im Moment aber hat es eine Wendung gegeben und die Parameter der politischen Debatte sind verändert; dies hat provoziert, dass Sanz die Initiative verliert.

In letzter Instanz weiß Miguel Sanz, dass der Prozess ihn in erheblichem Maß betrifft. In Wirklichkeit macht Sanz sehr gut aus, welches die Knoten sind, die in diesem Prozess gelöst werden müssen und was in der Realität die politischen Schlüssel des Prozesses sind, präziserweise, der Debatte um Selbstbestimmung und Territorien. Sanz ist als Faschist verpflichtet, eine Mauer gegen diese Gelegenheit des politischen Wandels zu errichten. In dieser Handlungsweise sehen wir die von der UPN, aber vor allem sehen wir sie völlig in der aktuellen politischen Debatte eingetaucht.

- Die Erklärung von Anoeta nennt zwei Wege, aber es scheint so, als ob beide miteinander verbunden sind.

Unserer Meinung nach muss der Prozess als Gesamtheit beobachtet und interpretiert werden, obwohl in diesem Prozess zwei unterschiedliche Bereiche für seine Entwicklung existieren. Gleichzeitig glauben wir, dass die Schritte, die in diesem Prozess gemacht werden müssen, die Schritte die von heute an zu unternehmen sind, sich letztendlich gegenseitig nähren. Es müssen Schritte in alle Richtungen getan werden.

Die prinzipiellen Grundlagen und Ausgangspunkte des Prozesses, sind die Debatte und der demokratische Prozess, die im Baskenland angestoßen werden müssen, denn von dort muss die Antwort auf die Schlüsselfrage der Wiederanerkennung der Rechte Euskal Herria´s kommen. Das Übereinkommen für die Auflösung des Konflikts, wird von diesem Ausgangspunkt des politischen Prozesses aus, ankommen. Das ist für uns die Basis, und was die Staaten tun müssen ist, die Ergebnisse dieses demokratischen Prozesses respektieren, das Wort und die Entscheidung der Einwohner/innen des Baskenlandes respektieren, ohne Einschränkung.

Wie wir schon sagten, wird der Bereich der Verhandlung der ETA, sich entsprechend entwickeln , wie dieser Ausgangspunkte in Funktion tritt und deshalb sagen wir, dass es präzise ist, den Prozess in seiner Gesamtheit zu erfassen und darzustellen.

- Ein einziger oder mehrere Tische für die Verwaltung. Wie lautet die Meinung der ETA zu dieser Frage?

Wir denken dass dies unter den baskischen Agenten abgestimmt und konkretisiert werden muss. Aber für uns klar dass, wenn diese demokratische Debatte real zur Konfliktauflösung dient, von einigen klaren Grundlagen gesprochen werden muss und damit dies so sein kann, ist es unausweichlich, dass diese Debatte die Gesamtheit Euskal Herria´s einschließt; deshalb wird von Beginn des Prozesses an, auch eine direkte Antwort erfolgen müssen, auf den Schlüsselpunkt der territorialen Frage. Dies wird ein unumgänglicher Pfeiler sein, um den demokratischen Prozess zu Ende zu führen und damit das Übereinkommen letztlich alle Basen einschließt, die dem Konflikt zugrunde liegen... und schließlich die Rechtsgänge und Methoden, um den baskischen Einwohner/innen das Wort und die Entscheidungsgewalt zu erteilen, festgemacht werden.

- Wie muss Ihrer Meinung nach der Kompromiss der Vermittler gestaltet werden?

Der Moment für die Konkretisierung der Entwicklung des Prozesses ist bereits gekommen, und es ist an den Agenten, damit zu beginnen, den Kompromissen in diese Richtung Gestalt zu verleihen, um am Ende ein Übereinkommen zu erreichen, das auf die Schlüsselfragen des Konflikts antwortet; von heute an muss ein Prozess entwickelt werden, der dieses große Übereinkommen zum Ziel hat.

Wenn wir sagen, dass der Moment gekommen ist, Schritte zu unternehmen, so unter Bezug darauf, dass jetzt der Augenblick ist, um den bisher zum Ausdruck gebrachten Willen, in praktische Schritte und konkrete Kompromisse umzusetzen.

- Und wenn im Verlauf des Prozesses die Selbstbestimmung und Gebietsansprüche nicht wieder anerkannt werden?

Ohne diese Knoten aufzulösen, ist es nicht möglich, den Konflikt zu überwinden, nicht möglich, eine demokratische Lösung zu erlangen. Deshalb ist es unausweichlich, den Prozess von Anfang an, auf diesen Grundlagen zu errichten und das letztliche Übereinkommen, durch das er zu Ende gebracht werden wird, muss eine abgestimmte Formulierung über die Selbstbestimmung und Gebietslage sein, da diese die Schlüssel zur Überwindung des so viele Jahre langen Konfliktes sind.

- In Ihrer Erklärung machten sie einen ausdrücklichen Aufruf an die baskischen Einwohner/innen. Was sehen Sie als dessen Funktion an?

Die empfundene Freude, die unter den Einwohnern/rinnen erschien, hat damit zu tun, dass sie spüren, dass alle Optionen im Euskal Herria offen stehen und dass sie darin eine reale Möglichkeit zur Entwicklung eines Prozesses sehen, dessen Ziel die derartige Öffnung ist. Um diese Aktivierung der baskischen Einwohner/innen zu lenken, ist es notwendig, diese Vorstellung in Aktivismus zu verwandeln; dazu müssen die Einwohner/innen, Vermittler erster Ordnung sein; sie müssen sich mobilisieren; sie müssen öffentlichen Druck ausüben, damit die geweckte Hoffnung, die Form konkreter Schritte annimmt, damit die Rechte des Baskenlandes verwirklicht werden. Vor allem müssen die Einwohner/innen sich in der ersten Reihe plazieren, damit die Vermittler und Parteien der Gelegenheit nicht verlustig gehen; damit die Vermittler ihren Kompromissen Gestalt geben; damit es keine Rückschritte in dem Prozess gibt. Hierzu sind die Einwohner/innen der Schlüssel, damit die Hoffnung sich nicht auf falschen Wegen ohne Zukunft, erschöpft. Denn der Prozess beginnt und endet definitiv mit den baskischen Einwohner/innen.

- ETA richtete in ihrer Erklärung einen speziellen Aufruf an die Izquierda Abertzale

Die Unabhängige Linke muss sich darüber bewusst sein, dass die aktuelle politische Gelegenheit, sich dank ihres Kampfes eröffnet hat. Dies wird weiterhin der Schlüssel sein, dieser Impuls, dass sie mit ihrem Kampf den Prozess antreiben wird. Wie bis jetzt, ist es die Verantwortung der Izquierda Abertzale, der Motor zu sein. Die Unabhängige Linke muss den Prozess gemeinsam mit den Einwohner/innen durchlaufen und für die Implikation der Einwohner/innen in den Prozess arbeiten.

Trotzdem musste sie ein hohes Wegegeld bezahlen, um diese Situation zu erreichen, von der aus sie auch weiterhin, mit derselben Unumstößlichkeit, in den Aufbau und die Verteidigung des Baskenlandes eingetaucht sein muss. Die Gesamtheit der Izquierda Abertzale muss damit fortfahren, das Baskenland in allen Bereichen aufzubauen, die Verteidigung unserer Identität und Würde zu organisieren, im Kampf für die Unabhängigkeit Euskal Herria´s .

- Kann es nicht passieren, dass die Leute in Antriebslosigkeit fallen, wenn der Prozess länger dauert, als erwartet oder scheitert?

Wir glauben, dass die Hoffnung den eröffneten Möglichkeiten entspricht. Aber da wir, präziserweise, von einem Prozess sprechen, ist es unausweichlich konkrete Schritte zu machen, um diese Hoffnung zu verwirklichen, denn dies wird erlauben, den Prozess zu Ende zu bringen. Deshalb sagen wir, in diesem Moment ist es absolut notwendig, dass die Vermittler Schritte unternehmen, um die Entscheidung der ETA zu unterstützen und den demokratischen Prozess zu entwickeln.

Was das entmutigende Ende anbelangt, möchten wir zum Ausdruck bringen, dass in unserem Wörterbuch, das Wort Frustration keinen Platz hat und das uns dies zu einer Reflektion bringt, über den Sinn des Kampfes und den für unser Volk, während der letzten Dekaden realisierten Weg; darüber, was der Sinn des von der ETA realisierten Beitrages an das Baskenland ist. Diese Strecke des Weges war nicht frustrierend für uns. Denn wir verstehen sie genau gegenteilig; obwohl der Kampf hart ist, war es letztendlich dieser Prozess des Widerstandes und des Kampfes, der uns jetzt dazu gebracht hat, alle Gelegenheiten zu eröffnen. Das Frustrierende wäre, Euskal Herria ohne Kampf sterben zu lassen. Und deshalb ratifizieren wir, jetzt genauso wie zuvor, unsere absolute Entschlossenheit, weiterzukämpfen bis ein freies Volk erreicht ist.

- Einige versichern, dass der Prozess lang und in extremem Maß voller Hindernisse sein wird.

Wir haben gesehen, dass manche Parteien darauf abzielen, die Zeiträume und Phasen des Prozesses, solange als möglich hinauszuziehen, und das ist besorgniserregend. Der Satz «lange, hart und schwierig » ist mittlerweile berühmt-berüchtigt. Hinter diesem Satz verbirgt sich die Absicht entsprechend konkreter, politischer Interessen, die Schritte des Prozesses zu versäumen; die Schritte zu versäumen, die von heute an unternommen werden können. Wenn diese Politiker zudem von Hindernissen reden oder wenn sie darauf abzielen, dass der Prozess schwierig werden wird, dann richten sie damit eine Botschaft an die Unabhängige Linke, denn sie zeigen speziell der Izquierda Abertzale diese Härte an, weil sie anzeigen, dass diese Schwierigkeiten für die Izquierda Abertzale bestehen werden. Von daher verstehen wir dies als eine Drohung.

- Welche Wichtigkeit misst ETA dem internationalen Faktor bei?

ETA schätzt die Reaktionen, die auf internationaler Ebene durch ihre Initiative ausgelöst worden sind und die Dimension welche diese Reaktionen erlangt haben, positiv ein. Denn viele Erklärungen haben einen Schutz des Weges einer Verhandlungslösung geschaffen; besonders hervorheben möchten wir aber die Erklärungen zugunsten der Rechte des Baskenlandes; jene Reaktionen, mit denen der Befreiungskampf Euskal Herria´s verteidigt und respektiert wurde.

In allen Fällen betrachten wir diese Reaktionen als Frucht der Versuche während der letzten Jahre, den Kampf des Baskenlandes in internationalem Rahmen, präsent zu machen und die Konsequenz hieraus ist, dass heute der Konflikt zwischen Euskal Herria, Spanien und Frankreich, sowie der Prozess für die Überwindung dieses Konflikts, auf der internationalen Agenda stehen. Und dies hat für uns großen, politischen Wert.

Auf andere Weise kann es nicht sein, denn der Konflikt ist nicht eine Frage, welche ausschließlich Spanien und Frankreich betrifft; es handelt sich um einen Konflikt, der diesen Rahmen übersteigt, um direkt die internationalen Institutionen anzugehen, denn in seinem Wesen liegt das Recht auf Selbstbestimmung, das allen Völkern zukommt. Und weil die Wiederanerkennung der Rechte des Baskenlandes, gleichzeitig auch die internationale Anerkennung und Billigung fordert.



Interview der baskischen Tageszeitung Gara mit der ETA
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Ergänzungen