Bericht vom ESF in Athen

JungdemokratInnen/ Junge Linke 13.05.2006 21:59 Themen: Globalisierung
Vom 4. – 7. Mai fand in Athen das 4. Europäische Sozialforum statt.
Nach den dezentralen Veranstaltungsorten in Paris und London befand sich dieses wieder an einem zentralen Ort – einem alten Flughafen- und Olympia-Gelände.
Vom 4. – 7. Mai fand in Athen das 4. Europäische Sozialforum statt.
Nach den dezentralen Veranstaltungsorten in Paris und London befand sich dieses wieder an einem zentralen Ort – einem alten Flughafen- und Olympia-Gelände. Es bestand im wesentlichen aus zwei großen und einer kleinen Halle, die in Räume unterteilt waren und auch Platz für Organisationsbüros und eine große Fläche mit Ständen bot. Hier präsentierte sich ein breites Spektrum von Parteien, Gewerkschaften, NGO und Basisorganisationen, von Stalinos und Trotzkisten diverser Internationalen bis zu monothematischen Gruppen.
Im Außenbereich gab es einige (zu wenige Freßstände) und drei Bühnen, auf denen abends verschiedene Bands spielten. Hier kamen auch viele (junge) Menschen aus Athen dazu, sodass es abends auf dem großen Gelände nahezu unmöglich war jemanden zu finden. Etwa 15 Minuten Fußweg vom Veranstaltungsort entfernt lagen die – staubigen und zugigen – Schlafhallen, in kleinere Einheiten abgetrennt und mit Styroporplatten versehen. Am Abend des 3. eröffnete ein Konzert im Stadtzentrum von Athen das ESF. Die langen Schlangen bei der Registrierung am nächsten Morgen, das nicht vorhandene Frühstück und die auch nicht gerade kurzen Kaffeeschlagen ließen erste organisatorische Mängel sichtbar werden und einen den ersten Seminarblock verpassen.
Diese teilten sich in 7 Zeitschienen auf, jeweils 3 am Donnerstag und Freitag und eine am Samstag, so dass tatsächlich sehr vieles gleichzeitig stattfand. Seminare hieß hier Poodiumsdiskussionen mit mehr oder weniger starker Publikumsbeteiligung und – mehr oder weniger guter – Übersetzung. In den kleineren Workshops gab es dagegen keine Übersetzung.

Die Demo war mit über 20000 Teilnehmenden recht groß und kraftvoll. Die Stimmung war gut, das Wetter auch, einzig vorbeiziehende Tränengasschwaden beeinträchtigten die Stimmung etwas. An der Spitze des Demozuges hatten griechische Anarchisten die Polizei angegriffen, einen Bullenwagen angezündet und Banken entglast. Außerdem wurde ein COBAS-Gewerkschafter von ihnen schwer verletzt, als er sich über die Gefährdung der Demo beschwerte. Insgesamt war die Reaktion – wie ja hierzulande sehr unüblich – recht solidarisch und richteten sich praktisch ausschließlich gegen die Polizei. Die reagierte mit – wohl auch nur bedingt legalen – Tränengas/Chemie-Cocktails. Abgesehen davon sah man vom Demozug aus nur die Überreste und die hermetisch abgeriegelten Gebäude der Amerikanischen Botschaft oder des Polizeipräsidiums. Es muss aber gesagt werden, dass derartige Auseinandersetzungen für griechische Verhältnisse völlig normal und im Vergleich eher harmlos waren. Die Demo endete mit einer kleinen Straßenparty vor dem Parlament.

Am Sonntag morgen folgte nur noch die Versammlung der sozialen Bewegungen. Dort kamen inhaltliche Vorschläge für Aktionstage und Mobilisierungsaufrufe sowie viele Einzelinteressen zu Wort. Schließlich wurde zentral ein Aktionstag gegen einen möglichen Krieg gegen den Iran (incl. Besatzung des Iraks und Palästina) beschlossen und europaweit zur Mobilisierung gegen den G8 in St. Petersburg und Heiligendamm aufgerufen.

Insgesamt muss festgehalten werden, dass der inhaltliche Austausch vor allem zwischen den Seminare und an kleinen aber spannenden Runden am Abend stattfand. Der zentrale Ort war hier sehr förderlich. Die organisatorische Schwächen waren teilweise schon recht nervig. Vor allem die Übersetzung ist verbesserungswürdig, die technische self-made Ausrüstung von ALIS kam hier aber auch zum ersten mal zum (Groß)Einsatz. Und wenn man sich dann noch überlegt, dass die Vorbereitung des ESF insgesamt nur von recht wenigen Gruppen geleistet wurde, kann man nur die gute Arbeit lobend hervorheben. Die geringere TeilnehmerInnenzahl dieses Sozialforums würde ich vor allem auf die größere Entfernung zurückführen, nur wenige haben die Zwei-Tage-Anfahrt mit Zug oder Bus auf sich genommen und fliegen ist nun mal leider nicht jedem möglich. Auf der anderen Seite gab es eine deutlich größere Beteiligung aus Osteuropa, die über einen Sozialfond auch finanziell unterstützt wurden.

Auf jeden Fall haben sich diese Tage gelohnt.

Da ich organisatorisch eingebunden war, bin ich leider nicht dazu gekommen, mir die Alternativ-Foren anzusehen. Zumindest vom Playground habe ich aber nur gutes gehört.

weitere Artikel:

Infotour G8 2007 in Griechenland
 http://de.indymedia.org/2006/05/146481.shtml

LCR zur Zukunft des ESF
 http://de.indymedia.org/2006/05/146440.shtml

Das ESF in Athen
 http://de.indymedia.org/2006/05/145999.shtml
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Ergänzungen

beyond esf ?

ich 14.05.2006 - 14:16
gab es keine autonomes beyond esf forum o.ä.
wie sonst immer . das ist doch wesentlich interessanter, als die unzähligen (langweiligen ) parteiständen, deren leute nur darum bemüht sind einen zu werben , sowie die ganzen dummen merchandising stände (mit che guevara tshirts tassen taschentüchern etc.)?
in london war das beyond esf wirklich notwendig um linksradikale politik " machen zu können". spannende workshops, soli vokü , tube ( s bahn) party .. vielleicht kann ja jemand mal was posten!
lg ich

Organisation

Frudja 14.05.2006 - 14:25
Die OrganisatorInnen des ESF haben eine ganze Menge geleistet bei dem diesjährigen Forum. FreundInnen vor Ort berichten bereits jetzt von spannenden Diskussionen und einem weitaus kritischeren Umgang mit reformistischen Postionen, was auch an der starken linken Szene in Griechenland liegt (ausführliche inhaltliche Berrichte dazu gibt es demnächst). Dass es deutschen Gruppen unangenehm ist ohne morgendlichen Kaffee mit monothematischen Gruppen und mit politischen AktivistInnen aus anderen Ländern in Kontakt zu kommen wurde dabei bewusst in Kauf genommen. Letztendlich erweitert sich der Horizont wie auch die breite Themenpalette zeigt, die sich nicht nur in Konzerten erschöpft bei denen die eigene kleine Bezugsgruppe nicht auffindbar ist (zu dieser gibt es hier auch nähere Informationen:  http://de.indymedia.org//2002/01/13734.shtml ).

Das Programm des ESF findet sich übrigens hier:  http://athens.fse-esf.org

zu Organisation

Aktivist & Jungdemokrat 16.05.2006 - 12:55
Um Missverständnisse aufzuklären:
Das fehlende Frühstück war durchaus ein Versorgungsproblem, was vor allem denen aufgefallen ist, die in den Hallen geschlafen haben. Wer mit Frühstück im Hotel versorgt war, hatte da natürlich weniger Probleme mit. Ne VoKü wäre schon nett gewesen.
Zum anderen ging's hier nicht "um unsere kleine Bezugsgruppe", sondern eher um die über 200 Leute unserer Europäischen Dachorganisation ENDYL, die aber auch verschwanden, da die Konzerte stark von Athenern besucht wurden. dadurch war der zufällige Kontakt mit Aktivisten schon seltener. Hier ginge es gerade um Austausch mit anderen Gruppen und Aktivisten aus Europa, was aber natürlich auch passiert ist.
Schade dass so unsolidarisch mit diesem Bericht umgegangen wird. Die Alternativ-Foren sind übrigens in den verlinkten Berichten zu finden.

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