HDTV: WDR betreibt Irreführung

inwa 12.05.2006 11:33 Themen: Medien
Im Internet finden sich zahlreiche irreführende Bildvergleiche zwischen dem heutigen Fernsehstandard PAL und dem angeblich besseren HDTV, wie die Initiative zur Wahrung der Rechte der Nutzer digitaler Systeme und Medien (inwa) dokumentiert. Selbst der WDR beteiligt sich an der allgemeinen Verdummung der Zuschauer.
Immer wieder ist von exclusiveren oder schärferen Bildern in Zusammenhang mit HDTV zu lesen. Anhand der Bilder im Anhang kann überprüft werden, dass das nicht der Fall ist. Wenn HDTV auf einer 12 Meter hohen Leinwand projiziert wird, erreicht es erst aus rund 50 Metern die zu sehende Auflösung, die PAL heute normalerweise hat.

Im BET-Broadcast Fachwörterbuch (Link im Anhang/Quellen) ist zu lesen, dass HDTV nicht schärfer ist als PAL. Denn das Auflösungsvermögen des Auges ist begrenzt und die Schärfewirkung eines Bildes zudem viel mehr von den Kontrasten im Bild abhängig. Im Fernsehbereich wird, wie im Script zur Vorlesung "Medientechnik" von Prof. Dr. Ing. Martin Rieger nachzulesen ist, zudem eine Technik zur Steigerung der Schärfewirkung eingesetzt, die sich Kantenanhebung nennt.

Nach Auskunft von Dr. -Ing. Franz Stollenwerk, ehemaliger Leiter der Sendertechnik beim NDR und Prof. an dem Institut für Medien- und Fototechnik der FH Köln, liegt nach Studien der normale TV Betrachtungsabstand derzeit etwa bei dem 4fachen der Diagonalen eines 16:9 TVs, was dem dem 5fachen der Diagonalen eines 4:3 TVs entspricht. Der optimale PAL Betrachtungsabstand, an dem keine höhere Auflösung schärfer oder detailreicher gesehen wird, ist das 2,5 - 3fache der Diagonalen eines 16:9 TVs, was dem 3 - 3,5fachen der Diagonalen eines 4:3 TVs entspricht.

Vergleicht man den normalen zum optimalen Betrachtungsabstand, ergibt sich für PAL eine Auflösungsreserve von rund 25% - 35%. Nach Auskunft der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) wird die Standardklasse der 70 cm 4:3 Geräte durch die 80 cm 16:9 Geräte abgelöst. Da 80 cm 16:9 Geräte weniger hoch sind, ergibt sich auch hier eine erneute Auflösungsreserve für PAL von zusätzlich 5 - 10%. Es gibt einen gewissen Trend zur 90 cm 16:9 Klasse. Aber die entspricht auflösungstechnisch etwa der 70 cm 4:3 Klasse. Es ist also davon auszugehen, dass deutlich über der Auflösungsgrenze von PAL zugeschaut wird.

Die technische Fernsehqualität wird sich durch HDTV eher verschlechtern als verbessern, denn schon heute sparen die Sender an jeder Datenrate, wie in dem Bildern im Anhang zu sehen ist. Das Premiere Fußballbild verliert auch nach Aussagen von Dipl.-Ing. Wolfgang Graf, Geschäftsfeldleiter des Bereichs Fernsehen beim Institut für Rundfunktechnik, ständig an Schärfe, sobald die Kameras schwenken. Die WM wird also voraussichtlich bei ARD, ZDF und RTL in besserer Qualität zu sehen sein.

Pro7/Sat1 HD bringt meist lediglich hochgerechnetes PAL. Der Sender ist aber nicht in der Lage 16:9 anamorph auszustrahlen. 16:9 Zuschauer könne durch eine anamorphe Ausstrahlung in der alle PAL Zeilen genutzt werden ihre Auflösung gegenüber schlechter digitaler Qualität mehr als verdoppeln und gegenüber guter Qualität immerhin noch um 25% erhöhen.

Die PAL Qualität der meisten HDTV Fernseher läßt bislang teils sehr zu wünschen übrig. Zudem haben HDTV Fernseher immer den Kopierschutz HDCP integriert, mit dem sich Aufnahmen in allen Qualitäten unterbinden lassen.

Anhang:

HDTV - PAL Bildvergleiche des WDR, der inwa und anderer  http://www.beepworld.de/members94/inwa/hdtv.htm

Geht es schärfer als scharf? - Grenzauflösung des Auges
 http://www.beepworld.de/members94/inwa/grenzaufloesung.htm

Zur oft schlechten Qualität von HDTV Fernsehern
 http://www.beepworld.de/members94/inwa/fernseherqualiaeten.htm

Weitere Informationen und Quellen
 http://www.beepworld.de/members94/inwa/quellen.htm
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Ergänzungen

zu: ich bvin kein spezialist...

inwa 13.05.2006 - 14:00
Das Magazin Video und alle anderen berichten, dass das HDTV Fußballbild an Schärfe verliert, sobald die Kamera schwenkt. Auf einem kleiner Fernseher wird es wohl nicht so auffallen. Da braucht man aber auch kein HDTV. Wie es um das normale Premiere Bild bestellt ist, entzieht sich unserer Kenntnis.

Stiftung Warentest schreibt:

"HDTV-Bilder wirken bei geringen Betrachtungsabstand am besten." Deshalb wurde für den HDTV-Sehtest der Abstand auf das 1,5fache der Diagonalen reduziert. Für 80 cm Geräte sind das 1,20 Meter. "Aus diesem Abstand ist
die Zeilenstruktur der Geräte nicht mehr sichtbar. Wer als Betrachtungsabstand das 2,5 bis 3,5fache der Diagonalen wählt, (...) verschenkt diesen Vorteil" Die feinerern Strukturen von HDTV lassen sich allenfalls erahnen. Üblich ist ein Betrachtungsabstand vom 4fachen der Diagonalen.

Fazit der Stiftung Warentest:

"Die besten Bilder bietet HDTV auf einem hochauflösenden LCD-Schirm bei geringem Betrachtungsabstand. Bei normlen Abstand gewinnt DVB-T. Beim PAL Fernsehen punkten die Röhrenfernseher von Metz und Phillips."
(Heft Nr.5 2006 / Seite 55)

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Die Angaben zur Bildhöhe wurden in Angaben zur Diagonalen eines 16:9 TVs umgerechnet. Ein Betrachtungsabstand vom 2,5 bis 3,5fache der Diagonalen eines 16:9 TVs entspricht dem 3 - 4fachen der Diagonalen eines 4:3 TVs.

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