Einseitiger baskischer Friedensprozess

Ralf Streck 08.05.2006 13:34 Themen: Weltweit
Sechs Wochen hält die baskische Untergrundorganisation ETA nun die dauerhafte Waffenruhe ein, um einen Friedensprozess einzuleiten. Die spanische Regierung führt derweil die Repression gegen die linke Unabhängigkeitsbewegung fort.
Die Vizeministerpräsidentin María Teresa Fernández de la Vega brachte das am Samstag auf den Punkt: "Das wir einen Friedensweg einschlagen, bedeutet nicht, dass die Institutionen, darunter die Justiz, so funktionieren wie sie funktionieren und weiter funktionieren werden".
Das war auch eine Absage der Sozialisten (PSOE) an das baskische Parlament. Am Freitag hatte die Mehrheit in Gasteiz (span. Vitoria) vom Ministerium für Staatsanwaltschaft gefordert, die Anschuldigungen in den Massenprozessen gegen baskische Organisationen "als Geste zur Überwindung des Konflikts" zurückziehen. Es sei eine Altlast einer politischen Verfolgung durch konservative Regierung der Volkspartei (PP), die acht Jahre gebraucht habe, um mit einen Prozess zu beginnen. Das Hauptverfahren schleppt sich seit vergangenem November durch viele Anomalien. Kürzlich verstarb ein Direktionsmitglied der 1998 "vorläufig" geschlossenen Tageszeitung Egin kurz vor seiner Vernehmung an einen Herzanfall. Letzte Woche erlitt ein weiterer, der nunmehr noch 54 Angeklagten, eine Herzattacke.
Doch die Sozialisten (PSOE) wollen offenbar keine Entspannung, um den Frieden zu fördern. Umsonst forderte die Vereinte Linke (IU) erneut, das Parteiengesetz zu streichen. Das hatte die PP mit Hilfe PSOE geschaffen, um 2003 die Partei Batasuna (Einheit) zu verbieten. Wegen des Verbots können die Linksnationalisten, die den Prozess angestoßen haven, nicht frei politisch arbeiten. Ihre Treffen und Demonstrationen werden verboten und ihre Führer verhaftet.
Am Freitag ließ der Ermittlungsrichter am Nationalen Gerichtshof Fernando Grande-Marlaska erneut ein Parteilokal "vorläufig" schließen. Der Sonderrichter, bekannt für seine Inhaftierungen des Parteichefs Arnaldo Otegi, behauptet, über das Lokal werde die ETA finanziert. Er argumentiert mit angeblichen Aussagen des Jugendlichen Ibon Meñika nach dessen Verhaftung an Ostern. Damit ließ er auch die Gewerkschafterin von LAB Sandra Barrenetxea verhaften. Doch sein Kollege Santiago Pedraz ließ die letzte Woche wieder frei. Nur mit Aussagen von Meñika, die er vor dem Richter nicht wiederholt hat, könne keine Inhaftierung begründet werden. Barrenetxea und Meñika hatten nach der berüchtigten tagelangen Kontaktsperre angezeigt, von der Guardia Civil gefoltert worden zu sein.
Weder wurden die von der UNO geforderten Schritte zur Verhinderung von Folter umgesetzt, noch wurde die Sonderbehandlung der 700 politischen Gefangenen aufgehoben. Sie sind weiter über ganz Spanien und Frankreich zerstreut, worunter auch die Angehörigen leiden. Sie müssen am Wochenende bis zu 2000 Kilometer für kurze Besuche zurücklegen, immer wieder verlieren Menschen bei Verkehrsunfällen das Leben.
Mit der Politik versucht die PSOE der scharfen Kritik der PP zu begegnen, die sich gegen Verhandlungen zur Konfliktlösung stellt und versucht Zeit zu gewinnen. Die Parteiengespräche sollen erst im Herbst beginnen. Zunächst soll geprüft werden, ob die Waffenruhe halte. Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero will sich in den nächsten Wochen die Erlaubnis vom Parlament bestätigen lassen, mit der ETA zu verhandeln. Das ist ein Schritt, um die baskische Linke bei der Stange zu halten. Unterstützung findet er bei der großen Baskisch-Nationalistische Partei (PNV), die auch auf Zeitgewinn setzt. Allerdings kommt die in Widerspruch zum Koalitionspartner Solidaritätspartei (EA). Die Sozialdemokraten wollen keine Zeit mehr verlieren und stellen die Koalition mit der PNV in Frage.

© Ralf Streck, Donostia-San Sebastián den 08.05.2006
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Ergänzungen

Blick

Paul 09.05.2006 - 11:14
mal über die Deutsche Brille hinweg. Im Rest der Welt ist das nämlich kaum ein Problem links und nationalistisch zu sein. Vor allem ist das im Fall der Basken ein sehr solidarischer, integrierender, internationalistischer Nationalismus, der aus der Weigerung (und heftiger Verfolgung) entstanden ist, die Basken als sich, ihre Kultur und Sprache anzuerkennen. Es handelt sich nicht um einen Blut und Boden Nationalismus. Er basiert auf der Vorstellung: Jeder ist Baske, der im Baskenland seine Arbeitskraft verkaufen muss (sich natürlich nicht aktiv gegen die Basken stellt)
Es geht um die Verteidigung der Eigenständigkeit, gegen eine Gleichmacherei. Die Bewegungen gegen die Globalisierung machen nichts anderes, nur mit nem anderen Hintergrund. So fressen wir bald alle fettige ekelhafte Mc Burger und saufen nur noch Cotza Cola.

anna und paul...

haltens maul 09.05.2006 - 22:09
hier noch ein paar bilder der next generation ;)

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 5 Kommentare an

die eta hat... — egal

ETA ist nicht links — Eric J. Hobsbawm