Gedächtnisprotokoll 1. Mai Rhein-Neckar

antifaschist 04.05.2006 21:15 Themen: Soziale Kämpfe
Eine Festnahme - Eine schmerzhafte Hundeattacke - Ein Hundestaffelführer der Spass an seinem Job hat - ED-Behandlung - Kein Tatvorwurf - 4 Stunden in Gewahrsam - aber schönes Wetter
Gedächtnisprotokoll vom 1. Mai 2006 – Heppenheim –

Meine Festnahme gestaltete sich so, dass ein stämmiger Polizeibeamter, ohne Schutzausrüstung und Jacke, sprich nur im Polizei T-Shirt sich mit seinem vollen Gewicht und vorgestreckten Armen gegen mich warf, so dass ich mit dem Kopf zuerst gegen eine PVC-Reklame, welche an einem Gartenzaun befestigt war, geworfen wurde. Der Beamte nutzte den kurzen Moment der Handlungsunfähigkeit meinerseits aus um mich Richtung Polizeiwagen zu zerren. Ich sah schnell ein, dass Gegenwehr nicht mehr möglich war und versuchte nicht mich loszureißen, da ich aus dem Augenwinkel einen Hundestaffel-Führer gesehen hatte der mit seinem Schäferhund (nicht reinrassig) auf mich zukam. Als ich meinen Blick kurz von dem Hund abwendete, da ich mit dem Gesicht auf die Motorhaube gedrückt wurde und mich nicht abfangen konnte, da der stämmige Polizeibeamte mit der anderen Hand meine Hände im Griff hatte. Im nächsten Augenblick spürte ich einen unbeschreiblichen Schmerz im Oberschenkel und wusste, bevor ich hingesehen hatte, dass der Hund mich angefallen hatte. Ich versuchte den Hund abzuschütteln woraufhin er sich festbiss. Ihn loszuwerden war unmöglich, da mir während er sich festgebissen hatte, Handfesseln angelegt wurden. Der Hundestaffelführer zog den Hund erst weg, nachdem er sich schon etwa 30 Sekunden lang festgebissen hatte. Der stämmige Polizist drückte mich ca. 5 Minuten sehr fest auf die Motorhaube auf der ich liegen musste während ich die gespreizten Beine belasten musste, wodurch der Schmerz im Beim nicht abnahm. Während dieser Zeit entnahm er mir auch meinen Geldbeutel und nahm meinen Ausweis heraus, ohne dass ich dies einsehen konnte, stecke den Geldbeutel jedoch schnell wieder in meine Tasche. Nach den genannten 5 Minuten legte mir der Beamte nahe keine Mätzchen zu machen und lockerte den Druck und legte die Hand nur noch sicherheitshalber auf mich. Dies ermöglichte es mir, dass ich mein Gewicht auf ein Bein verlagern konnte, welches jedoch etwa nach weiteren 10 Minuten auch weh tat und ich beide Beine wieder gleich belasten musste. Wie stark mein Bein blutete war für mich nicht einsehbar, doch es ist auf jeden Fall von einer Blutung auszugehen wenn mensch die große Fläche der Wunden betrachtet. Nach weiteren 5 Minuten fing das verletzte Bein sehr stark und unkontrollierbar an zu zittern und ich bekam leichte Atemprobleme wegen den Schmerzen. Ich wies die Beamten mehrfach daraufhin, dass ich nicht mehr in dieser Position stehen könne, jedoch bekam ich keinerlei Reaktion. Die Beamten schienen sich jedoch langsam (vorschriftsmäßig) Sorgen um meinen Gesundheitszustand zu machen und berieten darüber, dass ein Sanitäter sich die Wunde ansehen müsse. Dieser traf dann nach insgesamt etwa einer halbe Stunde ein und öffnete die sowieso zerfetzte Hose weiter und säuberte die Wunde kurz. Nach einem kurzen Blick auf die gesäuberte Wunde beschloss er sofort, dass ein Arzt im Krankenhaus sich dies ansehen müsse. Ingesamt stand ich ca. eine halbe Stunde auf das Auto gebeugt in der prallen Sonne in meiner auf schlechtes Wetter ausgerichteten Kleidung. So wurde ich im Krankenwagen, begleitet von dem stämmigen Polizisten ins Kreiskrankenhaus gefahren. Vor dem Einlass in den Krankenwagen wurden meine Kabelbinderfesseln ausgetauscht. Scheinbar fuhr der Hundestaffelführer mit dem Hund im Kofferraum voraus, denn er wartet im Krankenhaus schon auf mich und den stämmigen Beamten. Ziemlich schnell wurde ich in ein Behandlungszimmer geführt, nachdem meine Krankenkassenkarte der Arzthelferin gegeben wurde. Die Kabelbinder bekam ich erst kurz vor Eintreffen des Arztes abgenommen. Ich zog meine zerfetzte Hose aus und der Arzt säuberte die Wunde ein weiteres Mal und ich bekam einen Verband angelegt. Der Arzt stellte mir keine einzige Frage wie es zu dem Hundebiss kam o.ä. sondern hat sich mir nur vorgestellt und nach der Impfung gefragt. Da Tetanus-Impfung noch vorhanden war, musste ich keine Spritze bekommen und wurde von den beiden Beamten zum Polizeiauto geführt. Ich bekam eine Überschreibung zum Hausarzt welchen ich in den nächsten Tagen noch einmal aufsuchen solle. Diesmal hatte ich Handschellen angelegt, welche jedoch sehr locker waren, aber der stämmige Beamte, sagte sie würden sich zuziehen wenn ich versuchen würde sie abzustreifen. Wie er mir auch sagte hatte er keine Angst davor, dass ich mit diesem Bein wegrennen könne und wenn ich versuchen würde ihn anzugreifen, würde ich das Echo sicherlich nicht vertragen.
Im Polizeiauto dann nahm ich auf einem vollkommen mit Ausrüstung voll gestopften Rücksitz Platz und musste die Handschellen anbehalten, damit die Beamten nicht weiter aufräumen mussten. Auf der Uhr des Auto konnte ich erkennen, dass es mittlerweile 11.30 Uhr war, wodurch ich den Zeitpunkt meiner Festnahme auf etwa 12:.30 Uhr schätzen kann, da es im Krankenhaus sehr schnell ging. Als ich auf dem Polizeirevier Heppenheim angekommen war, wurde ich als erstes abfotografiert und durfte die örtlichen sanitären Anlagen aufsuchen. Ich wurde daraufhin an einen Gefangenen-Transporter geführt an dessen Tür ich erst einmal alle Taschen entleeren musste. Der Inhalt wurde mit meinem Personal-Ausweis in einen Plastiksack gesteckt und beschriftet. Meinen Geldbeutel durfte ich bei mir behalten. Nachdem mir dann die Handschellen abgenommen wurden, kam ich in eine der Einzelzellen des Gefangenentransporters, die etwa 60cm x 60cm groß war. Da mein Verband bereits abgerutscht war, scheuerte meine Wunde auf der Holzpritsche. Als ich in die Zelle gebracht wurde war es dann folglich ca. 12 Uhr. Bei einem meiner weiteren Toiletten-Besuche wies ich den mich begleitenden Beamten daraufhin, dass ich starke Schmerzen habe und die Pritsche auf meinem Bein scheuere. Dies erwirkte, dass ich als nächster zu meinem Sachbearbeiter geführt wurde. Im Gegensatz zu vielen meiner Mitinhaftierten, wurde ich nicht verhört, was aber auch nicht verwunderlich ist, da mir mein Sachbearbeiter auf mein Nachfragen, weswegen ich denn in Gewahrsam genommen wurde, keine Antwort geben konnte. Der Sachbearbeiter nahm meine Personalien auf und führte mich dann zu der ED-Zentrale. Auf dem Weg dorthin war er wohl genervt davon, dass ich die vielen Treppen sehr langsam hochumpeln musste und wies mich nachdem ich die letzte Treppe wieder runter geschafft hatte daraufhin, dass es auch einen Aufzug gäbe. Die Erkennungsdienstliche Behandlung bestand aus einer Befragung nach körperlichen Merkmalen. Dabei wurden Angeben zur Größe, Augenfarbe, Haarfarbe, ungefähre Haarlänge, Tätowierungen, Piercings, Ohrringe, große Muttermale, Feuerflecken (was auch immer das ist) von mir verlangt. Als nächstes wurden Fingerabdrücke entnommen, wobei etwa 25 verschiedene Scanns an einem digitalen Scanner vorgenommen wurden. Nachdem dann auch meine biometrischen Daten durch Abfilmen erfasst wurden, wurde ich wieder in den Zellenbus geführt, da ein Beamter die Anweisung hab, keine der in Gewahrsam genommen Personen mehr freizulassen, bevor der Bescheid des Richters eingetroffen wäre. Vor dieser Anweisung wurden viele der ED-Behandelten freigelassen. Also musste ich nach ca. einer Stunde wieder in den Bus, wo ich dann bis 17 Uhr, also insgesamt 3 Stunden, in der Einzelzelle saß. Mittlerweile hatte es angefangen zu Regnen und ich versuchte mich in der Zelle so hinzusetzen, dass die Wunde nicht mehr auf der Pritsche auflag.
Um etwa 17 Uhr wurden alle Inhaftierten nacheinander freigelassen und erhielten ihre Asservaten-Beutel zurück, ohne das ich irgendeine Bescheinigung oder ähnliches für meinen erhalten habe. Auch ein Platzverweis für Heppenheim oder eine andere Stadt wurde mir nicht erteilt. So begab ich mich zurück zum Bahnhof und fuhr aus Heppenheim raus, wobei ich auf dem Weg zum Bahnhof immer noch von hoher Polizeipräsenz begleitet wurde.
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Ergänzungen

der stämmige beamte

beobachter/in 04.05.2006 - 21:26

zeitenangabe

Klugscheißer 05.05.2006 - 15:16
"...es mittlerweile 11.30 Uhr war, wodurch ich den Zeitpunkt meiner Festnahme auf etwa 12:.30 Uhr schätzen kann..."
Stimmt doch irgendwie ned, oder?

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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ups — beobachter/in

Dienstaufsichtsbeschwerde — doc. schiwago