"Ausplünderung der Bodenschätze ist beendet"

Ralf Streck 04.05.2006 09:08 Themen: Globalisierung Weltweit
Der bolivianische Präsident Evo Morales hat den 1. Mai genutzt, um sein Wahlversprechen einzulösen. Per Dekret erhält Bolivien das Eigentum und die volle Kontrolle über die Bodenschätze. Weitere Wirtschaftszweige würden folgen, kündigte er an. Die Fördergebiete, Raffinerien und Pipelines wurden vom Militär besetzt und die Steuern angehoben. Die Konzerne haben nun sechs Monate Zeit um mit dem neuen Staatskonzern YPFB neue Bedingungen auszuhandeln. Das Vorgehen führt zu Spannungen in den Beziehungen zu Spanien und Brasilien, deren Unternehmen Repsol-YPF und Petrobas besonders betroffen sind. Spanien zeigt sich besorgt, während Brasilen das Vorgehen als "unfreundliche Geste" bezeichnet hat. Morales kündigt die Nationalisierung weiterer Branchen an.
"Der bolivianische Staat hat die Ausplünderung der Bodenschätze durch die multinationalen Unternehmen beendet", erklärte der Evo Morales auf der 1. Mai-Kundgebung an den Ölfeldern in der Provinz Tarija. "Es ist die Stunde gekommen, der ersehnte Tag, der historische Tag, an dem Bolivien wieder die totale Kontrolle über seine Bodenschätze erlangt", sagte er. In der Nacht auf Dienstag unterzeichnete der Präsident das "Höchste Dekret" Nummer 28710 ( http://bolivia.indymedia.org/es/2006/05/28848.shtml). So verfügt er, dass die Energievorkommen unter die Kontrolle des Staatskonzerns "Yacimientos Petrolíferos Fiscales Bolivianos" (YPFB) gestellt werden. Der Aymara-Indio und Anführer der Koka-Bauern löst sein Versprechen ein, mit dem er im vergangenen Dezember die Wahlen deutlich gewann.  http://www.heise.de/tp/r4/artikel/21/21619/1.html. Der Konflikt um den privatisierten Energiesektor stürzte im letzten Sommer die Regierung unter Carlos Mesa und ebnete Morales den Weg zur Macht.  http://www.heise.de/tp/r4/artikel/20/20337/1.html

Erstaunlich ist, dass sich viele Beobachter erstaunt über den Schritt äußern, denn Morales hatte diese Politik auch nach dem Wahlsieg vertreten. Nur 24 Stunden ließ er nach der Machtübernahme am 23. Januar verstreichen, um mit seinem venezolanischen Amtskollegen Hugo Chávez ein strategisches Energieabkommen zu unterzeichnen. Zehn Punkte hat der Vertrag und erlaubt es der venezolanischen Petróleos de Venezuela S.A. (PDVSA) in Bolivien tätig zu werden. Minuten zuvor hatte der gerade ernannte Minister Andrés Soliz Rada angekündigt, dass die Reserven des spanisch-argentinischen Konzerns Repsol-YPF an der Börse in New York als Eigentum von Bolivien deklariert werden. Repsol, der als größter Einzelinvestor im Land gilt, schrieb daraufhin ein Viertel seiner Reserven ab. Das waren 1,254 Milliarden Barrel Öl und Gasäquivalente.

Auch juristisch zog Bolivien die Schrauben gegen Repsol an. Die Behörden in La Paz beschuldigen die bolivianische Tochter Andino des Schmuggels von Benzin und Fälschung von Dokumenten. Der Firmensitz wurde durchsucht und Mitglieder der Direktion verhaftet. Im März trat der angeschuldigte Präsident von Repsol in Bolivien zurück, nachdem er auf Kaution aus dem Gefängnis kam.

Neben dem von Spanien dominierten Ex-Staatsbetrieb sind von dem Dekret vor allem das brasilianische Staatsunternehmen Petrobas, die britischen Unternehmen British Gas, sowie Britisch Petroleum (BP) und der französische Multi Total betroffen. Sie dürfen ihre Geschäfte nur noch über die staatliche YPFB abwickeln. Sie müssen ihre Lizenzen zur Ausbeutung der Energievorkommen zurückgeben und haben sechs Monate Zeit, um neue Verträge mit YPFB auszuhandeln. Wer dazu nicht bereit sei, müsse das Land verlassen, sagte Morales. Mit dem Dekret wurden auch die Steuern für die drei größten Gasausbeuter im Land erhöht. Hatte Morales sie schon zuvor auf 50 % angehoben, steigen sie für Repsol, Petrobas und Total nun auf 82 %.

Wegen der Lage für Repsol sprach die sozialistische spanische Regierung ihre „tiefste Besorgnis“ aus, während sich der Konzern bereit zu Verhandlungen zeigt. Madrid hat den Wirtschaftsbeauftragten der bolivianischen Botschaft, Alvaro del Pozo, einbestellt. Das Außenministerium  http://www.mae.es besteht in einer Erklärung auf Verhandlungen mit den Firmen über eine Lösung. „Es muss ein wirklicher Prozess des Dialogs und Verhandlungen geöffnet werden, in denen die Interessen von beiden Seiten beachtet werden und ein negatives Signal an internationale Investoren vermieden wird.“  http://www.elpais.es/articulo/internacional/Gobierno/espanol/expresa/preocupacion/e/insta/dialogo//20060502elpepiint_4/Tes

Für die EU kritisierte der Spanier Javier Solana das Vorgehen. Der Verantwortliche für die gemeinsame Außenpolitik erklärte, er sei in großer Unruhe und sehr unzufrieden. „Ohne Sicherheit gibt es keine Auslandsinvestitionen und ich glaube nicht, dass das Land sich so entwickeln kann“, fügte Solana an. Die Bolivianer würden darunter zu „leiden“ haben.  http://www.europapress.es/europa2003/noticia.aspx?cod=20060502172420&tabID=1&ch=69 Für den deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier ist die „Reichweite“ der Beschlüsse noch nicht klar. Die Entwicklung sei aber ungünstig für die Wirtschaftsbeziehungen meinte er: „Das lässt sicher einige Investoren vorsichtig sein.“

Am deutlichsten fiel die Bewertung Brasiliens aus. „Es ist eine unfreundliche Geste, die als Bruch früherer Vereinbarungen verstanden werden kann“, sagte ein Sprecher des Bergbau- und Energieminister Silas Rondeau. Ähnlich äußerte sich der Petrobras-Präsident José Sergio Gabrielli, der seinen Besuch in Texas abgebrochen hat. Der einseitige Schritt zwinge Petrobas dazu, seine Lage in Bolivien genau zu analysieren. Gabrielli zeigte sich erstaunt darüber, dass Morales auch so hart mit dem befreundeten Land umgehe. Präsident Luiz Inacio Lula da Silva hatte seine Regierung zu einer Sondersitzung einberufen, um über das Dekret zu beraten. 60 % des in Brasilien verbrauchten Erdgases liefert Bolivien über eine 3200 Kilometer lange Pipeline.

Nach dem Vorbild von Venezuela will Morales die Einnahmen aus dem Energiegeschäft nun der völlig verarmten Bevölkerung zugute kommen lassen.  http://www.heise.de/tp/r4/artikel/21/21836/1.html Die Kontrolle der Ressourcen durch das „bolivianische Volk ist die Lösung für die ökonomischen und sozialen Probleme in unserem Land“, erklärte er. Derweil ließ er vom Militär mehr als 50 Fördergebiete, Raffinerien und Pipelines besetzen. Die würden aber nicht „konfisziert“, sondern nur gesichert, versicherte er. Bei der Rücknahme der Privatisierung werde der Staat nun die Aktien übernehmen, die sich im Besitz von ausländischen Firmen befinden. Mit den erwarteten Einnahmen würden Arbeitsplätze geschaffen, um den Reichtum des Landes zu verteilen und produktiv wirksam werden zu lassen. Bolivien ist zwar eines der ärmsten Länder Südamerikas, es hat aber nach Venezuela die zweitgrößten Gasvorkommen in Lateinamerika. Das Land produziert täglich auch mehr als 40.000 Barrel Rohöl. Die Öl- und Gasvorkommen machen etwa 15 Prozent seiner gesamten Wirtschaftsleistung aus.

Das sei erst der Anfang der Nationalisierungen, sagte Morales: „Schon bald werden die Minenunternehmen, die Forstwirtschaft und alle anderen nationalen Reichtümer, für die unsere Vorfahren gekämpft haben, an die Reihe kommen“, versicherte er vor tausenden jubelnder Anhänger am Sitz der Regierung in der Hauptstadt La Paz.

Der Konflikt zwischen Brasilien und Bolivien wirkt sich allerdings hinderlich darauf aus, Bolivien für den gemeinsamen südamerikanischen Markt Mercosur zu gewinnen. Dem Krisenpakt gehören derzeit Argentinien, Brasilien, Uruguay und Paraguay an. Chávez will ihn durch den Beitritt Venezuelas beleben und ihm eine neue Richtung geben. Er hat nach dem definitiven Ausstieg aus dem Andenpakt (CAN) im April darauf gesetzt, dass sich auch Bolivien dem Mercosur anschließt. Zu dessen ambitionierten Plänen gehört auch eine Gaspipeline über mehr als 8.000 Kilometer von der Karibik bis zum Rio de la Plata. Chávez hat den Ausstieg aus dem CAN damit begründet, dass Kolumbien und Peru bilaterale Freihandelsabkommen mit den USA geschlossen haben und damit dem ohnehin leblosen CAN endgültig den Todesstoß versetzt hätten. Chávez setzt darauf, einen Gegenpol zur Vormachtstellung der USA in Lateinamerika aufzubauen.

© Ralf Streck den 04.05.2006
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Ergänzungen

radio z beitrag zu bolivien

radio z 04.05.2006 - 13:32
unter  http://freie-radios.info/mp3/20060503-dieverstaat-12463.mp3 gibt es ein interview von radio z mit thomas fritz vom forschungs- und dokumentationszentrum lateinamerika zur aktuellen situation in bolivien und die zukunftsaussichten für lateinamerika.

Radio KonradAdenauerSti im Prinzip Sovereign

BERLIN/SANTIAGO/LA PAZ 05.05.2006 05.05.2006 - 10:49
( http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/56347?PHPSESSID=23i5i4dnhi8avd6nalgafchg84) Angesichts umfangreicher bolivianischer Verstaatlichungs-Vorhaben bringt die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) ihre lateinamerikanischen Filialen und deren Partnerorganisationen gegen die Regierung in La Paz in Stellung. Bolivien hat vor wenigen Tagen ein Wirtschaftsbündnis mit Venezuela und Kuba abgeschlossen und Maßnahmen zur Nationalisierung der Energiebranche eingeleitet, die auch europäische Konzerne betreffen und in Berlin scharf kritisiert werden. Zu Beginn der kommenden Woche wollen hochrangige KAS-Vertreter auf einer zweitägigen Konferenz mit mehreren Staatssekretären und Bundestagsabgeordneten sowie brasilianischen Experten das weitere Vorgehen erörtern. Die Konferenz dient der Vorbereitung auf den Lateinamerika-Gipfel der EU (11.Mai). Dort werden die bolivianischen Wirtschaftsmaßnahmen ("neuer Populismus in Südamerika") im Mittelpunkt stehen. Bestimmende Kreise der deutschen Außenpolitik und die chilenische KAS-Außenstelle wenden sich seit geraumer Zeit gegen die Neuorientierung der bolivianischen Wirtschaftspolitik. Die deutsche Stiftung, in deren Mutterpartei bereits 1973 Sympathien für das Putschregime von Augusto Pinochet laut geworden waren, hat in den 1980er Jahren Kontakte zur damaligen christdemokratischen Opposition in Chile aufgenommen und verfügt heute über hervorragende Beziehungen zu den regierenden Eliten des Landes.
Die bolivianischen Verstaatlichungs-Pläne werden von Berlin seit Monaten kritisiert [1] und jetzt zum Anlaß für deutliche Warnungen des deutschen Außenministers sowie der Europäischen Union genommen. In die enge Kooperation Boliviens mit Venezuela und Kuba könnte nach einem möglichen Sieg des oppositionellen Präsidentschaftskandidaten Ollanta Humala auch Peru einbezogen werden. Diese Perspektive bedroht deutsche und europäische Konzerninteressen, zumal die bisherigen Pläne zur engeren wirtschaftlichen Anbindung Südamerikas an die EU vor dem Scheitern stehen. Die Zukunft des Staatenbündnisses Comunidad Andina (Andengemeinschaft) [2], mit dem die EU ein Freihandelsabkommen abschließen wollte, ist ungewiss, seit Venezuela im April seinen Austritt erklärt hat. Ebenso vom Zerfall bedroht ist der Zusammenschluss Mercosur [3], mit dem die EU gleichfalls ein Freihandelsabkommen anstrebt [4]; der Präsident Uruguays hat jetzt mitgeteilt, sein Land ziehe einen Ausstieg aus dem Bündnis in Betracht.
Sorge
Angesichts der drohenden Rückschläge, die wegen des wachsenden Wirtschaftseinflusses der Volksrepublik China in Lateinamerika an Bedeutung gewinnen [5], mobilisiert die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) ihre lateinamerikanischen Filialen sowie deren Partnerorganisationen, um gegen die neuen Bündnisstaaten Venezuela, Kuba und Bolivien vorzugehen. Die KAS-Außenstelle in Chile versammelte Mitte März "die für internationale Fragen kompetenten Mitglieder" der chilenischen CDU-Partnerpartei Partido Demócrata Cristiano Chileno (PDC), darunter "ehemalige Botschafter, Außen- und Verteidigungsminister", zu einem außenpolitischen "Workshop" mit entsprechender Stoßrichtung. "Die Gefahr eines zunehmenden Populismus in Lateinamerika war Konsens bei den Anwesenden", umschrieb die KAS nach dem Treffen die verabredete Frontstellung gegen Maßnahmen zum Schutz der nationalen Wirtschaft Boliviens und anderer Nachbarstaaten.[6] Wenige Tage später vertraute die Organisation mehreren Journalisten chilenischer Printmedien ihre "Sorge (an), daß sich in der Region populistische Bewegungen breit machen". Was sich hinter der sorgenvollen deutschen Sprachregelung ("Populismus") wirklich verbirgt, erfuhren chilenische Journalisten von der Konrad-Adenauer-Stiftung in einem Hintergrundgespräch. Demnach ist die "Marktwirtschaft" in Gefahr, wenn souveräne Regierungen in Lateinamerika Wirtschaftsprotektionismus betreiben - eine in Deutschland, in den Kernstaaten der EU sowie in den USA alltägliche Praxis, sofern sie die der Einhegung eigener Unternehmenssektoren dient. Bei identischer Konkurrenzabwehr auf dem lateinamerikanischen Kontinent ruft die KAS nach höheren Werten: "Demokraten aus Parteien und Regierungen" sollten dem vermeintlichen Populismus ein "Bekenntnis zum Rechtsstaat" entgegensetzen, forderte die deutsche Stiftung in dem Hintergrundgespräch mit chilenischen Pressevertretern.[7]
Sehr positiv
Die KAS ist seit rund 40 Jahren in Chile tätig und verfügt über Einfluss auf den PDC (Partido Demócrata Cristiano Chileno), der Teil des Parteienbündnis "Concertación" ist. Das Bündnis regiert seit dem Ende der Pinochet-Diktatur und stellt ein PDC-Mitglied als Außenminister. Von ihm weiß die deutsche Stiftung, daß er "eine kritische Position zu den vom venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez angeführten Linkspopulisten Lateinamerikas einnehmen wird".[8] Angesichts der sich zuspitzenden Lage in Lateinamerika sucht die KAS den deutschen Flügel des PDC weiter zu stärken und setzt dabei u.a. auf die Bildungseinrichtung der Partei (Instituto Chileno de Estudios Humanísticos/ ICHEH). Wie die Stiftung mitteilt, hat der neue ICHEH-Präsident Otto Boye 14 Jahre in Deutschland verbracht und über mehrere Jahre an der chilenischen Botschaft in Bonn gearbeitet; er äußert sich "sehr positiv über die Zusammenarbeit mit der KAS". Auch enge Beziehungen zu der vor wenigen Tagen gewählten neuen PDC-Vorsitzenden Soledad Alvear ließen "auf eine Verbesserung der Kooperation zwischen PDC, ICHEH und KAS hoffen", heißt es bei dem Berliner Polit-Unternehmen in Chile.[9]
Guter Rat
Ein Beispiel für die engen personellen Kontakte zu chilenischen Christdemokraten bietet das Mitglied des chilenischen Verfassungsgerichts Mario Fernández Baeza. Der Jurist ist der deutschen Stiftung verbunden, seit er in den 1970er Jahren mit einem KAS-Stipendium in Deutschland studierte - unter anderem bei dem ehemaligen KAS-Repräsentanten in Chile, Prof. Dr. Dieter Nohlen. Fernández Baeza arbeitete von 1990 bis 1999 mit zwei kürzeren Unterbrechungen als Staatssekretär im chilenischen Verteidigungsministerium und übernahm von 2000 bis 2002 die Leitung der Behörde.[10] Im Jahr 2003 wurde er für drei Jahre als Botschafter nach Deutschland entsandt - ein Amt, das zwischen 1990 und 2003 bereits vier weitere KAS-Stipendiaten innegehabt hatten. Bei einem gemeinsamen Treffen in den Räumen der deutschen Stiftung in Santiago riet Fernández Baeza kürzlich seiner Nachfolgerin, ihre Botschaftstätigkeit in Berlin zu nutzen, um "zu einer engen Zusammenarbeit mit den deutschen politischen Stiftungen und insbesondere mit der ihm und ihr verbundenen Konrad Adenauer Stiftung" beizutragen.[11] Für seine Verdienste um die deutsch-chilenischen Beziehungen hat Fernández Baeza bereits vor Jahren das deutsche Bundesverdienstkreuz erhalten.
Ordnung
Ihre Kontakte zu chilenischen Christdemokraten baute die KAS in den 1980er Jahren auf, als sich der Übergang vom Militärregime Augusto Pinochets zu Formen parlamentarischer Demokratie abzeichnete. Pinochets Putsch vom 11. September 1973, der Verstaatlichungs-Plänen des damaligen chilenischen Staatspräsidenten Salvador Allende ein blutiges Ende setzte, hatte zuvor in Kreisen der deutschen Unionsparteien zuverlässige Unterstützer gefunden. "Angesichts des Chaos, das in Chile geherrscht hat, erhält das Wort Ordnung für die Chilenen plötzlich wieder einen süßen Klang", schrieb die Parteizeitung der CSU am 22. September 1973; einen Monat später äußerte CDU-Generalsekretär Bruno Heck angesichts der damaligen Pogrome nach einem Chile-Aufenthalt: "Soweit wir Einblick bekommen haben, bemüht sich die Militärregierung in optimalem Umfang um die Gefangenen."[12] Über die neoliberale Wirtschaftspolitik, die das Pinochet-Regime in Abstimmung mit seinen ausländischen Gönnern durchsetzte, waren deutsche Wirtschaftskreise voller Bewunderung: "In Chile wird das Prinzip der freien Marktwirtschaft heute mehr praktiziert als bei uns und einiges, was man erreicht hat, grenzt ans Unglaubliche."[13]
Aggressiver
Die Grundzüge der chilenischen Wirtschaftspolitik blieben nach dem Ende des Pinochet-Regimes intakt. An dieser Kontinuität mitgewirkt zu haben, darf sich die Konrad-Adenauer-Stiftung anrechnen. Wie Berliner Regierungsberater urteilen, führt die seit 1990 regierende "Concertación" die "makroökonomische (...) Politik der unter Pinochet agierenden 'Chicago-Boys'" fort.[14] Daß dies auch für die übrigen Staaten Lateinamerikas gelten soll, unterstreicht der deutlich aggressiver werdende Auftritt der Berliner Außenpolitik und ihrer diversen Stiftungen zwischen La Paz und Mexico-City.
[1] s. dazu Wandel durch Entwicklung  http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/56336?PHPSESSID=lorop36ehkb3s4qlot4fabpg17
[2] Mitglieder sind derzeit noch Bolivien, Kolumbien, Ecuador und Peru.
[3] Mitglieder sind Argentinien, Brasilien, Uruguay, Paraguay und Venezuela.
[4] s. dazu Gestolpert und Wichtiger Markt
[5] Die Volksrepublik China hat in den vergangenen Jahren ihren Wirtschaftsaustausch mit Lateinamerika vervielfacht und erhält inzwischen mehr als vier Prozent der gesamten lateinamerikanischen Exporte. Rund ein Drittel der chinesischen Auslandsinvestitionen fließt nach Lateinamerika. S. auch Strategische Neubestimmungen und Neuer Anlauf
[6] Workshop: Herausforderungen der Außenpolitik für die neue chilenische Regierung; Konrad-Adenauer-Stiftung Chile, März 2006. Der Bericht der deutschen Stiftung über das Treffen endet mit dem Hinweis: "Die Gäste dankten der Stiftung für die Initiative, einen Beitrag zur Debatte über internationale und außenpolitischen Fragen zu leisten und baten um eine Fortsetzung dieser Treffen in der Zukunft. "
[7] Journalistengespräch über Herausforderungen für die neue chilenische Regierung; Konrad-Adenauer-Stiftung Chile, März 2006
[8] Michelle Bachelet beruft sieben Christdemokraten in ihr Kabinett; Länderbericht der Konrad-Adenauer-Stiftung 02.02.2006
[9] Partnerrunde mit den Leitern der von der KAS in Chile geförderten Institutionen; Konrad-Adenauer-Stiftung Chile, April 2006
[10] s. dazu Siegeskreuz  http://germany.indymedia.org/2006/05/145581.shtml
[11] Almuerzo-Coloquio mit Herrn Marion Fernández Baeza, Mitglied des chil. Verfassungsgerichts; Konrad-Adenauer-Stiftung Chile, April 2006
[12] Hans-Werner Bartsch, Martha Buschmann, Gerhard Stuby, Erich Wulff (Hg.): Chile. Ein Schwarzbuch, Köln 1974
[13] Dr. Otmar Emminger, ehemaliger Präsident der Bundesbank, zitiert nach: Gaby Weber: "Krauts" erobern die Welt, Hamburg 1982
[14] Die neue politische Landkarte Lateinamerikas; SWP-Aktuell 6, Februar 2006

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