Münchner Frühling: Nazis und Rassisten bekämpfen

autonome antifas 28.04.2006 21:38 Themen: Antifa
Frühjahr 2006: Am 25.März feiern 60 Neonazis im Allacher Hochbunker ein großes Fest; am 3./4.April kommt es zu einer Sachbeschädigung an dem Denkmal der „Weißen Rose“ am Geschwister-Scholl-Platz. Ein paar Tage später, am 11.April, ist in der Süddeutschen Zeitung (SZ) zu lesen, dass der TU-Präsident Herrmann 26 Wissenschaftler, darunter Claude Dornier und Willy Messerschmidt, beide überzeugte NSDAP Anhänger und federführende Köpfe von Rüstungsfirmen, in denen tausende ZwangsarbeiterInnen malträtiert wurden, am U-Bahnhof Garching-Forschungszentrum ehren lassen will.
Militante Neonazis in München

Im Herbst 2005 springt der Autonome Nationalist (AN) und Junge Nationaldemokrat, Philipp Hasselbach, bei dem Versuch einer Spontandemo vor dem Gebäude der SZ einem Zivibullen ins Gesicht, so dass dieser nicht unerheblich verletzt wird. In der Nacht zum 12.01.2006 verüben Neonazis aus dem Umfeld der „Autonomen Nationalisten München“ einen Farbanschlag auf den Kulturladen Westend (Hakenkreuze und Parolen werden auf die Hausfassade gesprüht ( http://www.indynews.net/gegenrechts0/article/1946/978/79ce833578/neste/1/). Am 13.1.06 kommt es in der Wohngemeinschaft von Philipp Hasselbach und Hayo Klettenhofer (beide AN) zu Ruhestörungen. Eintreffende Bullen werden mit dem Spruch: „Ihr gehört ´alle vergast`!“ beleidigt und Phillip Hasselbach schlägt auf einen der Beamten ein. In derselben Nacht wird der Kulturladen Westend wiederholt aus dem Umfeld der AN angegriffen und Scheiben eingeworfen ( http://www.indynews.net/gegenrechts0/article/1950/978/916da6ca66/neste/1/). Am nächsten Tag findet ein Aufmarsch der AN in München statt. Phillip Hasselbach tritt dabei als Redner auf. Zwei Antifaschisten, die bisher noch nie rechtskräftig verurteilt wurden, kommen sechs Stunden lang in Polizeigewahrsam Die Begründung: Sie seien als linksextremistische Straftäter bekannt. (siehe Dokumentation der Roten Hilfe:  http://www.indynews.net/gegenrechts0/article/1951/978/5cbbd074a1/neste/1/). Zur gleichen Zeit kann der einschlägige Neonazi Phillip Hasselbach seine Hasstriaden ungehindert durch das Mikrofon des blauen Neonazilautsprecherwagens brüllen. Es geht hier nicht um einen Appell an den Staat, von diesem erwarten wir uns nichts. Vielmehr verdeutlicht dieses Beispiel die Rolle und Funktion dieses Staates und seiner Repressionsorgane in Bezug auf Neonazis. Während die Staatsorgane, die ihrerseits Teil eines Systems sind, das den Faschismus hervorgebracht hat, Faschisten und ihr menschenverachtendes Vorgehen in gewissen Aspekten je nach den spezifischen historischen Bedingungen benutzen, werden AntifaschistInnen massiv mit Repression überzogen. Am 25.März feiern 60 Neonazis im Allacher Hochbunker ein Fest. Erst jetzt wurde bekannt, dass die Neonaziband „Die Feldherren“ (die in Deutschland ein Auftrittsverbot haben und selbst nur noch in der Schweiz und Österreich spielen) dort seit 1998 mit weiteren Bands (auf die noch einmal genau geschaut werden sollte) einen Übungsraum zur Verfügung hatten. Nach einer Intervention von AntifaschistInnen erschien in der SZ ein Artikel hierzu und der Eigentümer hat den „Feldherren“ zum 30.April den Mietvertrag gekündigt. Die „Feldherren“ treffen sich jeden Donnerstag im St.Georgstüberl in der Westendstr. im Münchner Stadtteil Schwanthalerhöhe. Ein erstes Gespräch mit dem Wirt ergab kein Ergebnis. Dieser sah keinen Anlass seine Gäste aus der Kneipe zu werfen (dazu mehr unter Gegenaktionen). Am 3./4.April beschädigen Unbekannte das Denkmal der „Weißen Rose“ am Geschwister-Scholl-Platz. Wer den Platz kennt, weiß wie oft die Bullen an der Leopoldstr. vorbeifahren. Teile der Gedenksteine wurden ausgehebelt, wozu man Werkzeug braucht. Die Polizei hat nach dieser Zerstörung „keine Hinweise auf einen rechtsextremistischen“ Hintergrund. Der ansonsten völlig leere Platz muss aber gezielt aufgesucht worden sein. Im März startete Norman Bordin (Kameradschaft München/NPD München) einen neuen Versuch: Zusammen mit Thomas Wittke (Kameradschaft München), Roland Wuttke (Bezirksvorsitzender NPD Oberbayern), Wolfgang Bukow (Ex-REP nun Deutsche Partei-Kreisrat in Fürstenfeldbruck), Rüdiger Schrembs (Deutsche Liga für Volk und Heimat, NPD-Bundestagskandidat 2005) und Renate Werlberger (NPD-Bundestagskandidatin 2005) und weiteren haben sie die "Bürgerbewegung Pro München - patriotisch und sozial" gegründet und wollen unter diesem Namen auch zur Kommunalwahl 2008 antreten ( http://aida.open-lab.org/index.php?option=com_content&task=view&id=421&Itemid=154). Ansonsten hatte Bordin in den vergangenen Wochen nicht so viel Glück: Wie aus dem NIB zu erfahren war und durch Einsicht in seine Krankenakte bestätigt wurde, hat Norman Bordin bei einem Streit in der S-Bahn zwei Messerstiche abbekommen, ein weiterer „Kamerad“ bekam eine Flasche über dem Kopf. Sehr beliebt scheint Bordin bei der Münchner Bevölkerung nicht zu sein. Da es sich bei den Personen, die möglicherweise aus Notwehr reagierten, um Einwanderer handelte, scheint auch die Motivation der Neonazis erkennbar zu sein, nun wieder massiv gegen Menschen aus anderen Ländern zu hetzen: u.a. ist eine Demonstration unter dem Motto "Rückführung statt Integration" am 1.Juli 2006 von der NPD Bayern geplant. Die Verlierer des Aktionsbüros Süddeutschland erhoffen sich durch die Weltmeisterschaft erhöhte Aufmerksamkeit.

Die Rolle des Staates, der Stadt und des Freistaats Bayern

Die Behörden in München sind oftmals jenseits von gut und böse. So meinte zum Beispiel Staatsanwalt Stern, dass er im Zusammenhang mit einer geplanten Demonstration am 9.November vor der Feldherrnhalle in München zum Gedenken an den Putschversuch von 1923, keine Verherrlichung des NS-Regimes erkennen könne, da die Nationalsozialisten ja erst 1933 an die Macht gekommen seien. AntifaschistInnen und die gesamte Linke hingegen werden massiv kriminalisiert (jede und jeder die/der einmal die jährlichen Proteste gegen die NATO-Sicherheitskonferenz besucht hat kann davon ein Lied singen). Unabhängig davon gab es im vergangenen Jahr eine ganze Reihe gelungener antifaschistischer Aktionen ( http://de.indymedia.org//2005/06/120319.shtml) und auch die Aktionen gegen den Naziaufmarsch am 14.1.2006 zeigen, dass unkontrollierbare Aktionen (wie Nazis abseits der Demo angreifen, blockieren, Klamotten schmeißen oder Barrikaden bauen) sich durchaus lohnen und den Bullenapparat überfordern können. Der Staat reagierte mit einer Unmenge von Verfahren (allein wegen dem 2.April 2005 gibt es 92 Verfahren, 50 weitere wegen dem 8.Mai 2005, 40 wegen dem 14.1.06 und eine Reihe weiterer Vorwürfe wegen Infoständen, Mahnwachen etc. in und um München). Die willkürliche Behandlung bei Gewahrsamnahmen (welche ohnehin ein Instrument der Willkür darstellen), der Versuch durch die Bullen, Neonazis an den Montagsdemos teilnehmen zu lassen oder das Nichteingreifen der Bullen am 9.11.05. An diesem Tag genehmigten die Bullen Norman Bordin eine Mahnwache. Dort verlas dieser, gut dokumentiert von der Spiegel TV Reportage, sämtliche Namen der bei dem Marsch auf die Feldherrnhalle 1923 zu Tode gekommenen vor, ohne das die Bullen einschritten. Stattdessen werden wie üblich AntifaschistInnen schikanierten. Ein Teilnehmer der Demo gegen die NATO-Sicherheitskonferenz 2005 wurde im letzten Monat zu 50 (!) Tagessätzen wegen des Rufens der Parole: „BRD Bullenstaat wir haben dich zum kotzen satt“ verurteilt. Leider wurde in diesem Fall kein Widerspruch eingelegt, was dazu führt, dass die Bullen dieses Urteil auf ihre Weise auslegen: Nach einem Polizeieinsatz gegen Antifas am 26.4.06 wurden 17 Antifas nach einem Prügeleinsatz der Bullen festgenommen ( http://www.jungewelt.de/2006/04-27/044.php ). Wie es scheint war der Anlass das Rufen der Parole „BRD Bullenstaaat ...“. Ein ähnliches Verfahren wegen Mittenwald führte zwar zu einer geringeren Strafe, eine Verurteilung gab es aber auch hier (  http://www.indynews.net/inn/news/aktuell/article/2075/1013/b578963c8b/ ).

Die Veröffentlichung des Verfassungsschutzberichts 2005 lässt ebenfalls nichts Gutes für das Jahr 2006 von staatlicher Seite her erwarten. Bei der Vorstellung des Berichts und einem Artikel aus der Abendzeitung (AZ) vom 7.4.2006 wird ein angeblicher Anstieg von “linksextremistischen Gewalttaten“ auf 107 und damit eine Vervierfachung gegenüber dem vergangenen Jahr genannt. Zeitgleich suchte der Verfassungsschutz Bayern zu der damaligen Zeit auf seiner Webseite unter Jobs „Funktechniker und Mikroelektroniker“ – nochmals Zahlen, um einer Kriminalisierung antifaschistischer Aktionen staatlicherseits entgegen zu wirken.

Nicht nur die Bullen und Gerichte zeigen in diesen Tagen erhöhtes Engagement, auch der TU-Präsident Herrmann legt sich in Zeug: Für die Ehrung von 26 Wissenschaftlern am U-Bahnhof Garching-Forschungszentrum. Unter ihnen soll es auch Gedenktafeln für Dornier und Messerschmitt geben, wenn die U-Bahn im Oktober 2006 eröffnet wird. Die Beiden gehörten zu den führenden Kampfflugzeug-Konstrukteuren im Nationalsozialismus und waren Mitglieder der NSDAP. In den Werken der Rüstungsfirmen von Dornier und Messerschmidt arbeiteten tausende ZwangsarbeiterInnen. Bei Dornier z.B. waren es mehr als 1900, die in unterirdischen Produktionslagern unter unmenschlichsten Bedingungen arbeiten mussten.

Gegenaktivitäten

Im Westend startete am 20.4. eine breite Kampagne gegen Nazikneipen. 200 Plakate wurden im gesamten Viertel geklebt, vier Infotische wurden angemeldet ( http://www.indynews.net/gegenrechts0/article/2080/978/77f072a264/). Wie der Wirt des St.Georgstüberl darauf reagieren wird ist noch unklar. Auch in weiteren Kneipen in München treffen sich Neonazis, weshalb die Kampagne nicht auf die Schwanthalerhöhe beschränkt ist ( http://www.indynews.net/gegenrechts0/article/2080/978/77f072a264/). Notwendig ist, dass alle im Alltag wieder aktiver werden: Die vielen Adressen durch die gehackten Naziversande nutzen, plakatieren gehen, zur bundesweiten antirassistischen Demonstration am 3.Mai 2006 um 17 Uhr am Marienplatz anlässlich der Bundesinnenministerkonferenz in Garmisch kommen, die zahlreichen Aktivitäten der Neonazis stören: Norman Bordin hat bis 2017 Demonstrationen zum 8.Mai und 17.August (Rudolf Hess) und 9.November auf dem Marienplatz angemeldet (siehe:  http://www.aida-archiv.de/) – dieses Jahr von 14h – 22h, uvm.

Nazis und Rassisten angreifen immer und überall!

antifaschistische dates:

29.4.06, Dachau::
Gedenken zum Todesmarsch – Theodor-Heuss-Str./ Ecke Sudetenlandstr.

29.4.06, Augsburg:
Antifa Soli Konzert mot Kitty Empire (Postcore), Sputnik Boosters (Elektro Punk), Loki (Drum ´n Bass) und Sonic Sisters (Electropop), im Provino Live Club, Provinostr. 35, 21 h

30.4.06, Dachau und Hebertshausen:
Gedenkveranstaltungen zum 61.Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus

1.5.06, München:
10:00 vor dem Arbeitsamt, Kapuzinerstr. – schwarz-roter Block auf der DGB-Demo
( http://www.indynews.net/inn/news/aktuell/article/2070/1013/5167c2ff0b/ )

1.5.06, München:
revolutionäre 1.Mai Demo „Unterm Pflaster liegt der Strand“ – 12:30 Sendlinger Tor
(  http://www.indynews.net/inn/news/aktuell/article/2071/1013/89e7925d62/ )

1.5.06, Nürnberg
revolutionäre 1.Mai Demo „Kapitalismus abschaffen – für die soziale Revolution“ – 12:00 Bauerngasse/Gostenhofer Hauptstrasse

1.5.06, Regensburg
Neonazis um den Schwachkopf Willi Wiener planen Provokationem ( siehe:  http://www.indynews.net/inn/news/aktuell/article/2077/1013/60eb42bd67/ )

3.5.06, München:
Bundesweite Demo für das Bleiberecht für MigrantInnen und Flüchtlinge anlässlich der Bundesinnenministerkonferenz in Garmisch, 17:00 Marienplatz

4.5.06, München:
Infotisch zur „Westendkampagne“ – Ganghoferstr./Heimeranstr. - 14:00-19:00

4.5.06, München:
KUK, Antifacafe, Thema: Mittenwald, Marat, Thalkirchnerstr. 104, II.Aufgang, 18:00

6.5.06, München:
Antifa Soli Party der SDAJ im Feierwerk/Hansastr. 39 – 19:00
Mit den Bands: Big Kahoona (Rock), Slugfugg (Punk), Loonataraxis (Crossover), Dread Cannibals (Ska-Punk) und Syff (Punk)

6. Mai 2006:
JN-Stützpunktgründung München mit Hayo Klettenhofer u. Philipp Hasselbach, Liedermacher "Flex & Chris" (bisher ist der Ort noch nicht bekannt, achtet auf kurzfristige Veröffentlichungen)

8.5.06, München:
Aktionen gegen die Kundgebung von NPD und Kameradschaft München, Marienplatz 14:00 bis 22:00

11.6.06, München:
Infotisch zur „Westendkampagne“ –Heimeranstr./Ligsalzstr. - 14:00-19:00

27./28. Mai 2006, Mittenwald:
alljährliches Pfingsttreffen des "Kameradenkreis der Gebirgstruppe

1.Juli 2006:
NPD- Demo unter dem Motto "Rückführung statt Integration" verhindern!
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autonome antifas 28.04.2006 - 22:04
Überschrift und Name wurden versehentlich vertauscht.
Überschrift: Münchner Frühling: Neonazis und Rassisten bekämpfen!

Broschüre "Entwicklung der Neonaziszene...

...im Raum Regensburg 02.05.2006 - 14:47
Die Broschüre kann absofort bei der VVN/BdA bestellt werden. Bestellungen bitte an folgende E-mail-Adresse schicken:

 vvn-bda@che-zentrum.de

Für die Broschüre wird eine Schutzgebühr von 2€ berrechnet, hinzukommen 2€ für den Versand (bei mehreren Exemplaren Versandkosten nur einmal).

Die Bezahlung erfolgt per Überweisung:

VVN-BdA Landesverband Bayern

Kto.Nr.: 243 766

BLZ: 750 500 00

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