Euromayday HH: Superhelden im FrischeParadies

SpiderMum 28.04.2006 15:47 Themen: Soziale Kämpfe
Am Vormittag des 28.4. haben 30 als Superhelden verkleidete AktivistInnen Champagner, Hirschkeulen und andere Delikatessen aus dem Gourmet-Supermarkt "Frische Paradies" an der Großen Elbstraße in Hamburg entwendet. Anschließend verteilten sie die Delikatessen an ErzieherInnen, PraktikantInnen, Putzfrauen und Ein-Euro-JobberInnen. Mit dieser Aktion machten sie darauf aufmerksam, dass trotz des immensen Reichtums in Hamburg das Überleben für prekär Beschäftigte immer schwieriger wird.
Nachdem die "prekären Superhelden" unvermittelt im "Frische Paradies" aufgetaucht waren, eigneten sie sich mehrere Körbe mit Delikatessen an. Bevor sie nach kurzer Zeit wieder verschwanden hinterließen sie einen Blumenstrauß für die VerkäuferInnen und eine kurze Mitteilung mit der Überschrift "5 Sterne to go II". Darin stellten sich die "prekären Superhelden" als "Spider Mum", "Operaistorix", "Superflex" und "Santa Guevara" vor und erklärten: "Ob als vollvernetze Dauerpraktikantin, Callcenterangel, aufenthaltlose Putzfrau oder ausbildungsplatzloser Ein-Euro-Jobber: Ohne die Fähigkeiten von Superhelden ist ein Überleben in der Stadt der Millionäre nicht möglich." Und weiter "Obwohl wir den Reichtum dieser Stadt produzieren, haben wir kaum etwas davon. Das muss nicht so bleiben. Von dem Gourmetfrühstück auf dem Süllberg bis zu Wildschweinkeule und Champagner vom Frische Paradies: Die Orte des Reichtums sind so zahlreich wie die Möglichkeiten sich diesen Reichtum zu nehmen." Im Anschluss an die Aktion verteilten die AktivistInnen die Delikatessen an ErzieherInnen und Eltern einer Kita, an PraktikantInnen einer Werbeagentur, an Putzfrauen an der Universität und an Ein-Euro-Jobber des Beschäftigungsträgers Hamburger Arbeit. Damit machten sie auf Orte aufmerksam, an denen sich die zunehmende Verschlechterung von Arbeits- und Lebensbedingungen besonders deutlich zeigen. Die Geschenke verbanden die AktivistInnen mit dem Aufruf an die prekär Beschäftigten sich an der Euromaydayparade zu beteiligen: "Bleibt nur noch eine Frage offen: Wo setzt du deine Superheldenkräfte ein? Komm doch einfach zur Euromaydayparade am 1. Mai um 13 Uhr an der Wiese am Michel."



Dokumentation der von den "prekären Superhelden" hinterlassenen Mitteilung:

Fünf Sterne to go II

Falls ihr uns noch nicht kennt: Wir sind Santa Guevara, Spider Mum, Operaistorix und Multiflex. Wir sind prekäre Superhelden. Superflex ist mit jeder Art von Arbeitsvertrag vertraut: Teilzeit, Vollzeit, Praktikum. Der ganze Stress führte zu einer erfreulichen Mutation seiner Moleküle. Operaistorix überlebte die letzten Jahre mit Hilfe des Arbeitslosigkeitsmoduls. Dank seiner unerhörten Beweglichkeit gelang es ihm bis jetzt Hausbesuchen der ARGE und Ein-Euro-Jobs auszuweichen. Spider Mums Mutantenkörper entstand irgendwo zwischen Kita, unbezahltem und bezahltem Putzen. In ihren Händen verwandeln sich Ajax und Wischmop in gnadenlose Waffen. Santa Guevara entzieht sich den Kontrollen und verschwindet ohne eine Spur zu hinterlassen. Mit dieser Fähigkeit gelingt es ihm immer wieder der Langeweile von Callcentern und Uni-Seminaren zu entkommen.

Falls ihr uns noch nicht kennt: Wir sind Santa Guevara, Spider Mum, Operaistorix und Multiflex. Wir sind prekäre Superhelden. Superflex ist mit jeder Art von Arbeitsvertrag vertraut: Teilzeit, Vollzeit, Praktikum. Der ganze Stress führte zu einer erfreulichen Mutation seiner Moleküle. Operaistorix überlebte die letzten Jahre mit Hilfe des Arbeitslosigkeitsmoduls. Dank seiner unerhörten Beweglichkeit gelang es ihm bis jetzt Hausbesuchen der ARGE und Ein-Euro-Jobs auszuweichen. Spider Mums Mutantenkörper entstand irgendwo zwischen Kita, unbezahltem und bezahltem Putzen. In ihren Händen verwandeln sich Ajax und Wischmop in gnadenlose Waffen. Santa Guevara entzieht sich den Kontrollen und verschwindet ohne eine Spur zu hinterlassen. Mit dieser Fähigkeit gelingt es ihm immer wieder der Langeweile von Callcentern und Uni-Seminaren zu entkommen.
Spider Mum, Operaistorix, Superflex und Santa Guevara sind nicht allein. Ob als vollvernetzte Dauerpraktikantin, Callcenterangel, aufenthaltlose Putzfrau oder ausbildungsplatzloser Ein-Euro-Jobber: Ohne die Fähigkeiten von Superhelden ist ein Überleben in der Stadt der Millionäre nicht möglich. Obwohl wir den Reichtum von Hamburg City produzieren, haben wir kaum etwas davon. Das muss nicht so bleiben. Von dem Gourmetfrühstück auf dem Süllberg bis zu Wildschweinkeule und Champagner vom Frische Paradies: Die Orte des Reichtums sind so zahlreich wie die Möglichkeiten sich diesen Reichtum zu nehmen. Bleibt nur noch eine Frage offen: Wo setzt du deine Superheldenkräfte ein? Komm doch einfach zur Euromaydayparade am 1. Mai um 13 Uhr an der Wiese am Michel.
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Ergänzungen

presse

noname 29.04.2006 - 16:24
Die Aktion war - in Hinbblick auf die Medienresonanz - so aufsehenserregend wie letztes Jahr das Plündern des Yuppie-Restaurants. Die Mopo hat die Aktion auf Seite 1 als Titelgeschichte. Solche Aktionen scheinen bis in bürgerliche Kreise vermittelbar zu sein. Dennoch frage ich mich, ob die Erklärung dazu nicht zu "jargon"-lastig ist und man die Opfer von Prekärisierung nicht durch klarere Statements ansprechen sollte.

 http://www.mopo.de/2006/20060429/hamburg/politik/brandanschlag_auf_top_wissenschaftler.html

mopo

bild 29.04.2006 - 23:53
mopo bild! titelseite

Und so steht's in der Zeitung:

Sympathisant 01.05.2006 - 01:23

Auch im Spiegel

maeht nix 08.05.2006 - 12:58
 http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,414728,00.html

Was der Spiegelredakteur an dem Satz "Attribution. You must attribute the work in the manner specified by the author or licensor." aus der CC-Lizenz, unter der der Beitrag hier steht, nicht verstanden hat, bleibt allerdings schleierhaft. Das Bild ist von hier.
 http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/de/

Demnächst auch in Schottland?

Toni Schuhpolstermacher 10.05.2006 - 01:15
Das schottische Magazin 'Scotsman' hat den Aktionen von 'Hamburg umnsonst' jetzt auch nen Artikel gewidment.

 http://news.scotsman.com/international.cfm?id=692762006

Klarer Fall, so kommt's beid en Bürgern an, und nicht nur hierzulande! Hoch die internationale Essensverteilung.

Weiterer Artikel

egal 12.05.2006 - 12:39
Einen ausführlichen Artikel zu dieser schönen Aktion gibt es bei Telepolis:  http://www.heise.de/tp/r4/artikel/22/22653/1.html

For aour non-German speaking friends

Babel 13.05.2006 - 12:11
Here is the translation of the statement into English:

In case you don't know who we are: we are Santa Guevera, Spider Mum, Operaistorix and Multiflex. We are the Precarious Super Heros. Superflex is a connoisseur of all types of work: part-time, full-time, internships. The stress led to a wondeful mutation in his molecules. Operaistorix managed to survive the last few years by using the power of his unemplyment benefit module. Thanks to his amazing flexibility, he has up until now managed to avoid both being harassed by social security agents and being forced into accepting low wages. Spider Mum's mutant body was formed somewhere between the kindergarten and cleaning - both paid und unpaid. She has the ability to turn soap and water into lethal weapons. Santa Guevera can dodge controls and disappear in a flash. Time and again this power has enabled him to escape the boredom of call-centers and lectures.

Spider Mum, Operaistorix, Superflex and Santa Guevara are not alone. Whether as a well-connected permanent internee, a call-center angel, migrant cleaner or a college drop-out with no clear job prospects: without the mutant skills of the Precarious Super Heros survival in the city of millionaires is impossible. Even though it us who produce the wealth of Hamburg City, we get none of it. That needn't remain the case. From the gourmet breakfasts at the Süllberg to boar's neck and champagne from "Frische Paradies": the locations of wealth are as numerous as are the methods of reclaiming that wealth. Just one question remains: where will you be using you super powers? Join us for our EuroMayDay celebrations at 1PM on the park at Michel.

Spanische Presse

Sina 14.05.2006 - 13:18
Die Meldungen reichen bis nach Spanien!!!
 http://www.20minutos.es/noticia/116968/0/robo/robin/hood/

auch in Italien

Panagoulis 14.05.2006 - 23:16
Berichte über diesen Coup auch in der italienischen Tageszeitung "Il Manifesto" und in einem italienischen Radiosender (hieß glaube ich "Radio Deejay"), wo die Moderatorinnen unverhohlen ihre Sympathie äußerten. Interessant, welche Kreise das zieht...

Artikel im GUARDIAN vom 17.5.2006

Luke Harding 18.05.2006 - 12:15

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 12 Kommentare

Echt Lecker!!!

Robin Hood 28.04.2006 - 16:39
Eine fnette Sache. Neue bereichernde Karaktere für die linke. Problem muss die Auffälligkeit der Kostume gewesen sein. Als Badmans, Santa Guevaras, Operaistorixe, Spidermums oder ähnlichem, davon zischen wenn der Grüne Superheld seinen KIT anschmeisst, ist bestimmt Stress.
Aber ihr seid natürlich mit der Mobilität echter Superhelden ausgestattet gewesen, so dass SuperGreenie nur noch staunend Winken konnte, als Ihr über die Alster hinweg wartetet, um dann flatternd den Hafen zu überqueren und letztendlich in Richtung Sonnenuntergang zu fliehgen.
War doch so, oder? Kein Mensch den Ihr beschenken wolltet zückte die Schellen oder so...?

Solidarische und hungrige Grüße aus dem Schlaraffenland, wo Greenie weder lag noch stand.

Classwar - Heraus zum 1. Mai

rowdy 28.04.2006 - 19:31
Na endlich mal ne etwas kreativere Aktion, die Hoffnung für den ersten Mai macht. Es wird langsam mal Zeit, daß wir den Kapitalismus direkt angreifen, und nicht irgendwelche bedepperten nazidemos. Die Herrschenden und die oberen Zehntausend (naja, vielleicht auch mehr...) sind unsere Feinde. Eat the rich!!!!

1. mai strasse frei

moderationskriterium 28.04.2006 - 19:32

Ne Analytische Ergänzung zum 1. Mai:
 http://de.indymedia.org/2006/04/144997.shtml

Sehr gute Aktion!

bitte mehr davon 28.04.2006 - 22:19
Echt nette Aktion, sowas muss noch viel öfter passieren, am besten in Luxus-Restaurants, damit die da oben merken, dass sie nich alleine am Tisch sitzen.

falsch verstanden?

ecriture 29.04.2006 - 01:27
ich finde die aktion auch super! und ich finde auch, dass es viel mehr von der art geben sollte. allerdings habe ich die aktion offenbar etwas anders verstanden als "bitte mehr davon". die aktion richtete sich doch nicht - verkürzt kapitalismuskritisch - gegen "die da oben", sondern wenn schon gegen, dann gegen verhältnisse (kapitalismus/empire/...), die prekarität hervorbringen, aber eher noch dafür, dass genug reichtum für alle auf der straße liegt, der darauf wartet, von superhelden angeeignet zu werden. oder hab ich das falsch verstanden?

klasse!

v 29.04.2006 - 13:44
v

@ ecriture

hwm 29.04.2006 - 14:53
natürlich handelt es sich um eine aktion gegen "die da oben", sonst hätte man viel leichter und einfacher lebensmittel aus dem kiosk um die ecke klauen können. und das ganze ist nicht nur "verkürzt kapitalismuskritisch", sondern hat mit kritik am kapitalismus gar nichts zu tun!!

Kapitalismus

Schon immer Jobberin 29.04.2006 - 19:04
Ich finde die Aktion auch sehr schön, nur verstehe auch ich sie nicht im geringsten als antikapitalistisch. Das was dazu geschrieben wird ist das übliche Antiprekarisierungsgewinsel. Ich verstehe die Aktion als Betteln nach regulierter Ausbeutung in "Normalarbeitsverhältnissen".

@kapitalismuskritikerInnen

. 30.04.2006 - 13:50
Es ist so symptomatisch, wenn eine Aktion, die durch einen offensiven Umgang mit Prekarisierung für die Parade am 1. Mai mobilisieren soll, wieder von einigen durch die abstrakte Kapitalismus-Kritik-Mühle gedreht wird. Ich verstehe solche temporären Selbstermächtigungen als das Gegenteil von Gewinsel nach Ausbeutung: nämlich als symbolische Zurückweisung der Logik, dass soziale Rechte bzw. gesellschaftliche Teilhabe an Ausbeutung von Arbeitskraft, Aufenthaltstitel etc. gebunden sein müssen.
Von solch kollektiver, in den Alltag hineinzunehmender Selbstermächtigung könnten grundlegende gesellschaftliche Veränderungen getragen werden - aber wohl kaum von wohlfeiner Kapitalismus-Kritik allein.

@.30.04.2006 12:50

xyz 30.04.2006 - 14:16
".30.04.2006 12:50" hat recht.
Natürlich ist es wichtig, solcherlei Aktionen zu bemängeln, die die Kritik am Kapitalismus auf ein einfaches schwarz/weiss (sprich: oben/unten)reduzieren. Wenn aber diese Kritik zum Selbstzweck wird (wie es hier passiert), bzw. letztendlich nur der Bestätigung der eigenen Identität nützt, ist das eindeutig Scheisse. Was soll ich mit Theorie, die nichts mehr mit den realen Verhältnissen zu tun hat ?! Und Vorgänge der "präkarisierung" (OrCallItAsYouWant), sind nunmal verdammtnochmal kapitalistische realität.

get alive,
Smash the Show.

@schon immer Jobberin

el Pinko 01.05.2006 - 12:39
mal im ernst für die Leute die in Prekarisierten jobs arbeiten ist eine regulierung ziemlich wichtig. Mann kann nicht immer nur alles auf einmal fordern sondern muss sehen das man den Leuten mut macht und so viel veränderung wie eben gerade möglich ist bringt. Kein Mensch spricht davon das es mit einer Regulierung getan ist aber irgendwo muss man ja schliesslich anfangen oder?

Gefällt mir auf jeden fall die aktion

Labertaschen

pantoffelpunk 08.05.2006 - 14:45
Ich hoffe diese Gruppe lässt sich von den totreflektierten Spaßbremsen ultrakommunistischer Anti-Alles-Staubfänger nicht abhalten, mehr solcher fantastischer Aktionen durchzuziehen!