Nachrichten aus dem spanischen Staat

Ralf Streck 27.04.2006 11:55 Themen: Antifa Kultur Repression Soziale Kämpfe Weltweit
Die VW-Belegschaft gibt dem Erpressungsversuch nicht nach und streikt.
Streit um Picassos "Guernica" um den 69. Jahrestag der Bombardierung des baskischen Gernika durch Hitlers Legion Condor.
Ibarretxe hat an diesem Tag seinen "Plan für Frieden und Zusammenleben" vorgestellt. Der Angeklagte im Massenprozes Jokin Goristidi ist gestorben.
Batasuna hat die span. Regierung schwer kritisiert.
Brüsssel hat E.ON die Bahn frei gemacht, um die spanische Endesa gegen den Widerstand der span. Regierung zu übernehmen.
Bei VW in Iruña wird wieder gestreikt, nachdem VW die Verlegung der Produktion bestätigt hat. Die Regionalregierung schießt schwer gegen die Gewerkschaften ELA, LAB und CCOO (dabei ist ELA nicht mal vertreten). Die erhalten derweil Unterstützung von einigen Parteien und kritisieren ihrerseits, dass die Regionalregierung seit Jahren nichts dafür tut, dass die Region weniger von VW abhängig macht und die vielen Beihilfen nicht an Bedingungen geknüpft hat. Man könne sich nicht alle Erpressungsversuche bieten lassen. Im Gespräch für die Polo - Produktion ist Bratislava oder ein neues Werk in Russland.

Der Jahrestag der Bombardierung von Gernika vor 69 Jahren durch Hitlers Legion Condor ist vom Streit um das berühmte Bild von Picasso "Guernica" überschattet. Die baskische Regierung hatte beantragt, es in Gernika und danach im Guggenheim auszustellen. Das wurde von der unsäglichen span. Kultusministerin Carmen Calvo abgelehnt. Sie lehnte auch die temporäre Verlagerung, die danach beantragt wurde ab. "So lange ich Ministerin bin...."

Sie beruft sich auf Gutachten, wonach das angeblich schädlich für das Bild sei. Internationale Gutachter aus England, Kanada und den USA hatten einst erklärt, die Probleme seien nicht technischer sondern politischer Natur. Die Kultusministerin meint, es sei wohl nicht zuviel verlangt, wenn sich die Basken nach Madrid begeben, um das Bild zu sehen, weil der "Frieden an sich diesen Aufwand rechtfertige". Doch das ist nur das typische Siegergehabe: Spanien hat sich ja auch nie, im Gegensatz zu Deutschland, bei der baskischen Bevölkerung für das Massaker entschuldigt.

Der baskische Regierungschef Juan José Ibarretxe hat gerade an diesem Tag seinen "Plan für Frieden und Zusammenleben" vorgestellt. Damit will die baskische Regierung den Friedensprozess nach der Waffenruhe der ETA stärken. Den Opfern soll eine "spezielle Rolle" zukommen, ihr Leiden anerkannt werden. Genauso soll der Folter vorgebeugt und alle zivilen und politischen Rechte verteidigt werden. Die Zerstreuung der Gefangenen soll aufhören, die Massenprozesse [1] und das Parteiengesetz fallen. Am Tag zuvor ist der Angeklagte im Massenprozess Jokin Goristidi gestorben, im Interview mit Xabier Alegria stand ja, dass er im Koma lag.

Batasuna hat das Vorgehen der span. Regierung schwer kritisiert, nachdem die zuvor Batasuna gelobt hatte. [2] Hintergrund der Kritik ist die neue Verhaftung [3] und die Tatsache, dass der unsinnige Massenprozess nicht abgebrochen wird und sich an der Frage der Folter und der Zertreuung der Gefangenen nach einem Monat Waffenruhe nichts geändert hat.

Brüsssel hat E.ON die Bahn frei gemacht, um die spanische Endesa gegen den Widerstand der span. Regierung zu übernehmen. Die hält weiter an einer Übernahme durch Gas Natural fest. Interessant ist, dass Brüssel E.ON nicht einmal Auflagen macht. Dabei hatte selbst die spanische Regierung der kleineren Gas Natural schon Auflagen bei der Übernahme von Endesa gemacht, damit die Vormachtstellung nicht zu groß wird. Angeblich hat das für die europäischen (spanischen) Verbraucher keine große Bedeutung. Aus Gas Natural wäre mit Endesa der drittgrößte Energieversorger weltweit geworden, aus E.ON und Endesa soll der größte werden.

Jetzt muss noch der Energierat in Spanien prüfen, dessen Kompetenzen von der Regierung in dem Rahmen erweitert wurden. Das Verfahren dagegen hat Brüssel zunächst ausgesetzt.

[1] Belastende Dokumente gibt es nicht (25.04.)
 http://de.indymedia.org/2006/04/144769.shtml
[2] "Selbstbestimmung ist nun das Ziel" (29.03.)
 http://de.indymedia.org/2006/03/142518.shtml
[3] Tausende begrüßen Otegi (10.04.)
 http://de.indymedia.org/2006/04/143869.shtml

© Ralf Streck, Donostia - San Sebastián den 27.04.2006
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Ergänzungen

friedenspozeß ??

Ernst 27.04.2006 - 14:48
Der Nationale Gerichtshof hat heute Arnaldo Otegi zu 15 Monaten Gefängnis und 7 Jahre Berufsverbot verurteilt. Seit verkündung des Waffenstillstandes hat sich bislang von Seiten des Staates, nicht viel getan. Neue Verhaftungen, Folter, Massenprozeß und nun das. Alles eine Frage der zeit bis die eta zu den Waffen zurück kehrt?

Jokin Gorostidi

Paul 27.04.2006 - 18:39
Am Sonntag gibt es ne Ehrung für Jokin Gorostidi in Deba.  http://de.indymedia.org/2006/04/144907.shtml Die Angeklagten im Massenprozess fordern, den Nationalen Gerichtshof dicht zu machen. Es ist ein Sondergericht, das 1976 nach dem Tod Francos aber noch vor der Einführung der Demokratie und den ersten Wahlen geschaffen wurde. Es ersetzt das frühere Sondergericht mit dem Namen "Gericht für Öffentliche Ordnung" (TOP). Der Gerichtshof ist Ausdruck der politisierten Justiz und sollte eigentlich nur eine begrenzte Zeit bestehen. Seine Befugnisse werden allerdings immer weiter ausgeweitet. Vor den TOP war Jokin Gorostidi zweifach zum Tod im Prozess von Burgos verurteilt worden, nach Protesten weltweit, mußte das in Lebenslänglich umgewandelt werden. Nach dem Ende der Dikatur wurde er amnestiert.