08.04.2006 Aktionen in Bautzen / Hoyerswerda

Antifa Vernetzung Ostsachsen 16.04.2006 10:36 Themen: Antifa
Bericht zu der verbotenen Nazidemo am 8. April in Bautzen und zum Naziaufmarsch in Hoyerswerda
Erstveröffentlichung

Obwohl der vom rechten Lausitzer Aktionsbündnis (L.A.B.) angemeldete Naziaufmarsch am 8. April in Bautzen von den Ordnungsbehörden im Vorfeld verboten wurde, konnten an diesem Tag ca. 250 Neonazis in der ostsächsischen Region demonstrieren.

Die als Solidaritätsaktion konzipierte Demo für den in Mannheim inhaftierten Holocaust-Leugner Ernst Zündel wurde im Vorfeld breit von freien Kameradschaften beworben. Sie sollte als Ergänzung zu dem am selben Tag in Mannheim geplanten bundesweiten Aufmarsch dienen. Als die Mannheimer Demo schließlich verboten wurde und die Anmelder mit einer Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht scheiterten, zog auch die Bautzener Ordnungsbehörde nach und verbot die geplante Versammlung ebenfalls. Daraufhin verzichteten die Anmelder Silvio Anders und Klaus Menzel (NPD-MdL) auf Rechtsmittel. Das Lausitzer Aktionsbündnis rief nun stattdessen auf, sich an dem in Bautzen geplanten Bürgerfest „Bautzen ist bunt“ zu beteiligen und mobilisierten außerdem kurzfristig zu einer vom JN-Stützpunkt Hoyerswerda angemeldeten Kundgebung gegen den dort zeitgleich stattfindenden PDS-Jugendtag.
Schon bald stellte sich offensichtlich für Antifas dar, dass trotz erlassenem Verbot Nazigruppen in Bautzen an diesem Tag weitgehend ungehindert agieren konnten. Am späten Vormittag hatte das in der Innenstadt angesiedelte Bürgerfest - initiiert von DGB, verschiedenen Parteien und Initiativen - begonnen. Mehrere hundert Leute waren dort anwesend, darunter auch eine Vielzahl alternativer Jugendlicher und Antifas. Die Polizei war zu diesem Zeitpunkt nur sehr marginal präsent. Als kurz nach 11 Uhr eine größere Gruppe von Nazis aus einer Seitengasse auf dem Hauptmarkt traten, reagierten die meisten der anwesenden Bürger sehr verhalten bis gar nicht. Die etwa 20-köpfige Gruppe - unter ihnen Mitglieder der Kameradschaft „Sturm 24“ aus Bautzen – posierte eine ganze Weile am Rande des Festes, bis sich ihnen eine größere Gruppe Antifas und jugendlicher Punker entgegenstellte. Als unter immer lauter werdenden „Nazis raus“-Rufen eilig herzueilende Bereitschaftspolizei versuchte, die beiden Lager zu trennen, kam es zu einem heftigen Gerangel mit den Beamten. Einige Flaschen fanden den Weg zu den Nazis. Die Polizei drängte daraufhin die Nazis in eine Seitengasse ab. Im Anschluss an die Aktion wurden drei Antifas aus der Menge gegriffen und sehr brutal festgenommen. Die Cops setzten hier kurzzeitig Schlagstöcke gegen die Antifas ein. Im weiteren Verlauf gelang es der Nazi-Gruppe jedoch immer wieder kurzzeitig teilweise bis fast vor die große Bühne zu kommen und Präsenz zu zeigen. Während linke Jugendliche Versuche unternahmen, die Nazis abzudrängen, reagierten die Veranstalter fast gar nicht darauf. Letztendlich wurde die Gruppe mehrmals von den Cops aus dem Fest heraus gedrängt.
In der zeitweise sehr unübersichtlichen und aufgeheizten Atmosphäre konnten zudem drei als Linke verkleidete Nazis rechte Propaganda auf dem Fest verteilen. Mit langen Haaren und „Gegen Nazis“-T-Shirts u. ä. verteilten die drei die Postille des L.A.B., den „Blickpunkt Lausitz“. Als sie daraufhin von einigen Jugendlichen angesprochen wurden, zog einer von ihnen sofort eine Dose CS-Gas aus der Tasche und sprühte damit einer jungen Frau ins Gesicht.
Nach dem Auftritt der Band „Silbermond“ formierte sich eine Spontandemo. Etwa 150 linke Jugendliche und Antifas zogen lautstark durch die Innenstadt. Die ganze Zeit über wurden Parolen gerufen. Die Demo verlief weitgehend ohne Zwischenfälle. Lediglich aus einem Dachfenster wurden einige Eier auf die Demo geworfen. Durch die Spontan-Demo konnte sich der Protest in einem Punkt bündeln und bot den jugendlichen DemonstrantInnen die Möglichkeit, aktiv und lautstark zu agieren. Nach Ende der Demo verließen jedoch die meisten der auswärtigen Antifas die Stadt wieder. Es kam noch zu weiteren Auseinandersetzungen mit Nazis in der Innenstadt, bei denen auch ein Polizist mit einer Flasche getroffen wurde und ins Krankenhaus musste.

Im nahe gelegenen Hoyerswerda konnten an diesem Tag etwa 200 Nazis eine spontane Demo durchführen.
Um 10 Uhr morgens versammelten sich am Bahnhof Neustadt in HOY ca. 100 Nazis. Die Polizei war fast nicht präsent und versuchte die Demonstration (welche vom JN- Stützpunkt Hoyerswerda angemeldet wurde, unter Führung von Robert Engler) dennoch nicht zu genehmigen, da es sich vermutlich um eine Ausweichveranstaltung für Bautzen mit ähnlichem Themenbezug handelte. Daraufhin bewegten sich mindestens zwei große Nazigruppen ohne Polizeischutz in Richtung Innenstadt, ca. 2 Dutzend Nazis blieben am Bahnhof und verhandelten mit der total überforderten Polizei.
Um ca. 10.30 Uhr trafen sich Antifas und jugendliche Nazigegner an der Kulturfabrik ( KUFA ) in dem der PDS Jugendtag stattfand, um Schutz zu suchen und gemeinsam die weitere Planung zu besprechen. Auf Grund der unübersichtlichen Lage in der Stadt und der Tatsache, dass sich auch Landes- und Bundestagsabgeordnete unter den Besuchern der KUFA befanden, wurde Polizeischutz beantragt. Die Polizei traf wenig später mit 2 Wagen ein. Später war die Polizei mit mindestens 6 Sixpacks und mehren PKW’s vor Ort und begann das Gelände um die KUFA zu verriegeln. Nur mit Auto konnte man noch rein und raus fahren. Außerdem begannen sie zu filmen.
Nach über einer Stunde Verhandlung mit der Polizei, die immer noch trotz Verstärkung der Einsatzkräfte Probleme zu haben schienen, wurde eine Spontandemonstration unter dem Motto "Handeln statt wegschauen - Gegen Rassismus und Nationalismus" angemeldet. Ca. 80 Menschen beteiligen sich schließlich um 13.30 Uhr lautstark und mit mehreren Transparenten an der Demo, die durch die Altstadt und über den Marktplatz wieder zurück zur KUFA führte.
Dabei gab es zu Beginn noch einige Diskussionen mit der Polizei, die es nicht gestatten wollte, dass Seitentranspis getragen werden. Außerdem sollen keine Sonnenbrillen, Kapuzen und Mützen getragen werden. Schließlich bewegte sich der Zug ohne Seitentranspis, aber immerhin mit Mützen los.
Nachdem der Bürgermeister (Brähmig, PDS), der wohl auf einer Beerdigung feststeckte und somit kein Verbot für die Nazidemo verfügen konnte, sammelten sich gegen Mittag wieder alle Nazis am Neustädter Bahnhof und zogen mit ihrer Demo los. Bei einem gescheiteren Durchbruchsversuch bekamen die Kameraden allerdings die chemische Keule (Pfefferspray) der Staatsmacht zu spüren und besonnen sich daraufhin wieder etwas. Die Teilnehmerzahlen schwanken hier zwischen 150-250 Nazis. Sie selbst sprechen von knapp 300. Mit dabei mindesten 50 Leute mit Megaphon aus Richtung Leipzig. Außerdem sehr viele Nazis im „autonomen Look“ und mit bunten Transparenten im Antifa-Style.

Fazit:
Die Nazis des Lausitzer Aktionsbündnis können sich leider fast zu Recht auf die Schulter klopfen. Es ist ihnen gelungen, trotz gültigen Demonstrationsverbotes ihre geplante Demo durchzuführen – nur eben nicht in Bautzen sondern in Hoyerswerda. Ebenso die „Teilnahme“ am Bürgerfest in Bautzen ist ihnen teilweise gelungen, so wie es im Internet angekündigt worden ist.
Positiv bleibt anzumerken, dass sich auch circa 200 jugendliche Nazigegner nicht von der rechten Präsenz abschrecken lassen haben. Insgesamt dürften an diesem Tag etwa 250 Nazis an den Aktionen in Ostsachsen beteiligt gewesen sein. Während die Presse die Naziaktionen in Bautzen fast völlig ausgeblendet hatte, werden nun im Falle Hoyerswerdas von der Linkspartei juristische Überprüfungen bezüglich des Verhaltens der Polizei gefordert. Doch in Hoyerswerda hat das L.A.B. seinen klaren Heimvorteil ausgespielt und wird dies auch weiterhin tun, wenn ihnen nicht ein Riegel vorgeschoben wird.

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Ergänzungen

Teilnehmerzahl

Doc28/AFAHoy 16.04.2006 - 13:49
Moin,

die Nasen in Hoyerswerda waren beim Abmarsch genau 328 Stück. Durch unsere gute Position auf einem Balkon gegenüber des Neustädter Bahnhofes konnten wir das sehr gut überblicken.

Es zeigt sich, dass die Zahl von 200 LEIDER untertrieben ist.

Hoyerswerda / Ostsachesen ist ein brauner Fleck auf der Landkarte!!!

Spontandemo

Ruuuudy 16.04.2006 - 18:03
Bei der Spontandemo schienen ja nach dem Bild zu unrteilen aber bestimmt auch über 150 Leute dabei gewesen zu sein, oder?

AntifaAg Hoyerswerda

mit aktueller Seite wieder online 08.04.2007 - 18:20
Zu Naziaktivitäten in und um Hoyerswerda gibt es eine neue Blogseite: aaghoyerswerda.blogsport.de

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Kein wunder...

Christian 17.04.2006 - 18:33
... das dort die "Nazis" als die guten darstehen gegen die nichts unternommen wird.

Du schreibst selbst in deinem Bericht das eine 20-köpfige-Gruppe dort "am Rande des Festes posierte", bis dann eine Gruppe Antifas sich denen "entgegenstellte" (ich denke man weiss was man darunter zu verstehen hat!). Und dann schreibst du noch das Flaschen geworfen wurden, in Richtung der "Nazis" - SO muss man sich nun wirklich nicht wundern das die dortige Präsenz der "Nazis" ungebrochen bleibt und der "normale" Bürger kein Problem damit sieht das diese Leute sich dort aufhalten. Denk(t) doch einfach mal ganz logisch nach - stell(t) dir/euch vor ihr seit inmitten der Gesellschaft, das Treiben von "links" gegen "rechts" interessiert euch nicht besonders, nur eher am Rande. Dann spielt sich obige Szene ab - wer ist dann für dich/euch wohl eher der "böse"? Und gegen wen ist man dann wohl eher abgeneigt?

zahlen ficken....

nasen bluten... 17.04.2006 - 19:05
egal wieviel hoy heute oder damals hatte und hat die tatsache ist das es nazis gibt und davon nicht zu wenig und das troz der erkennbar stupiden und dummen arbeit von ROBERT ENGLER und seinem kindermob es tozdem gelingt mehr nazis als antifas ins gebiet zu bekommen setzt wohl zeichen. wenn also die antifa bundesweit auf diesem stil weiter faehrt und das sogn. hinterland mit maessig besuchten sonntagsspaziergaengen erfreut dann koennen nazis wieder anfangen orte zu waehlen in dem sie ruhe , zeit und genug trottel a la ENGLER, HOFFMAN, FLEISCHER usw. haben um zu agieren . wer dem hinterland seine solidaritaet kundtut ist zwar nett und lustig aber davon lassen sich leere und kahle koepfe nicht abhalten sich dort einzunisten. trozdem sei gesagt das allen die da waren gedankt werden sollte fuer wenigstens die bereitschaft sich einem hier deutlich "staerkeren" gegner zu stellen auch wenn es wohl er die kufa war als die strasse. wie auch immer nazis die stuehle wegziehen......gymnasialkids die realitaet zwischen pop ups und frieden zeigen........das hinterland rocken.........solidaritaet und aktive unterstuezung fuers dock28....und dem kleinen aber kreativen haufen antifas............augen auch global oeffnen fuer g8 2007 .......


ps. rak sameach ve ein piguim nie mehr......viva TEL AVIV