HH: Funkenflüge? Veranstaltung zu Frankreich

Avanti- Projekt undogmatische Linke 12.04.2006 17:33 Themen: Bildung Soziale Kämpfe Weltweit
Mit kräftigem Applaus begrüßten rund 300 TeilnehmerInnen am 11. April insbesondere Antoine, den Vertreter der Nationalen Koordination der Studierenden, jungen Arbeitenden, Kulturprekären und prekär Beschäftigten, hatte doch einen Tag zuvor die Regierung verkündet, den am meisten umstrittenen Teil des CPE Gesetzes zurückzuziehen.
Unter dem Titel „Funkenflüge? Frankreich in Bewegung“ hatten Avanti – Projekt undogmatische Linke, der Asta der Universität Hamburg und die Redaktionen von Jungle World sowie analyse & kritik zur Podiumsdiskussion mit dem Journalisten Bernhard Schmid, dem Aktivisten und Mitglied der „Nationalen Koordination der Studierenden, jungen Arbeitenden, Kulturprekären und prekär Beschäftigten“ Antoine und Bernd Beier als Redakteur der Jungle World in den Philturm der Uni Hamburg eingeladen, um über den Generalstreik und die Proteste gegen das Gesetz zum Neueinstellungsvertrag (Contrat Premiére Embauche, CPE) sowie die Kürzungen und prekären Beschäftigungsverhältnisse in Frankreich zu berichten.

Die aktuelle Zurücknahme des CPE kann als enormer Erfolg des Widerstands der sozialen Bewegungen, Studierende und Gewerkschaften gefeiert werden – da das CPE aber nur einen Artikel in dem Gesetzespaket „für Chancengleichheit“ umfasst, muss dringend weiter analysiert und diskutiert werden, um die Kämpfe für weitere Mobilisierungen in Frankreich zu nutzen und Ansätze wie Perspektiven für Proteste in Deutschland heraus zu arbeiten:
So folgte den Berichten über die politische Konstellation, die Akteure, deren Handlungsmacht und -spielräume in Frankreich eine Diskussion über die unterschiedlichen politische Kulturen in Frankreich und Deutschland, mögliche Parallelen und Unterschiede: Welches Politisierungspotential verschiedener sozialer Gruppen kann mit welchen Strategien aktiviert werden? Welche Spaltungslinien innerhalb der politischen Eliten können wie genutzt werden? Was können wir aus einem historischen Rückblick auf 1968 in Frankreich und Deutschland lernen?

Über diese und etliche weitere Fragen kann am 12. April in Lübeck (Gewerkschaftshaus, Holstentor 5, 19:30h) mit Antoine und Bernhard Schmid weiter debattiert werden.

Hinweise zu weiteren Veranstaltungen und aktuelle Infos findet ihr unter www.avanti-projekt.de.
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Ergänzungen

Weiterlesen

mensch 12.04.2006 - 19:19
Artikel von Bernhard Schmid zu Frankreich findes du z.B. hier:

29.3. Nach dem Massenprotest (TP)
 http://www.heise.de/tp/r4/artikel/22/22349/1.html

10.4. Staatsbegräbnis für das umstrittene Arbeitsgesetz (TP)
 http://www.heise.de/tp/r4/artikel/22/22437/1.html

10.4. Staatsbegräbnis für den CPE - Champagner! für einen wichtigen Teilsieg (LinkeZeitung)
 http://www.linkezeitung.de/cms/content/view/323/35/

22.3. Von der Uni auf die Straße (JungleWorld)
 http://www.jungle-world.com/seiten/2006/12/7396.php

Foto

mensch 13.04.2006 - 10:23
Hier noch ein Foto von der Veranstaltung

28.4.06: Bernard Schmid in Nürnberg!

Nürnberg-Gostenhof 17.04.2006 - 14:43
Ausnahmezustand in der Banlieue - Aufstand der SchülerInnen und Studierenden - Generalstreik in Frankreich gegen CPE

Fr. 28.4.06, Stadtteilladen Schwarze Katze, Mittlere Kanalstr.19, Gostenhof, 20 Uhr.

Autos brennen, Suchscheinwerfer aus Hubschraubern suchen Hochhauswände ab, massive Polizeikräfte werden zusammengezogen, Steine fliegen... Spektakuläre Bilder aus Frankreich flimmerten im Oktober und November vorigen Jahres über die Bildschirme auch in anderen Ländern.

Aktuell werden pro Woche "nur" noch ein Dutzend Autos angesteckt. In einer Umfrage, welche die bürgerlich-moderate Boulevardzeitung Le Parisien drei Monate nach Ausbruch der Riots durchführte, erklärten 82 Prozent der befragten Franzosen und Französinnen: "Keines der dahinter stehenden sozialen Probleme ist gelöst." Und 86 Prozent stimmten der Auffassung zu, dass Ereignisse wie jene im November und Dezember "jederzeit wieder passieren" könnten.

Selbst die konservative Regierung kommt um die Feststellung nicht umhin, dass diesen Unruhen massive soziale Probleme und Ungerechtigkeit zugrunde lagen. Deshalb lieb sie im März 06 auch ein "Gesetz zur Chancengleichheit" verabschieden, das einen Mix aus Antidiskriminierungs-, repressiven und wirtschaftsliberalen Mabnahmen darstellt und angeblich "die Antwort" auf die hinter den Unruhen stehenden Probleme bringt.

Viele dieser Bestimmungen werden die sozialen Probleme voraussichtlich nur verschärfen. Etwa die Demontage des Kündigungsschutzes für Jugendliche und junge Erwachsene, die angeblich den benachteiligten Jugendlichen zu Arbeit verhelfen sollen. Dagegen flammten ab Februar massive Proteste auf. Unis und Schulen wurden besetzt. Die Gewerkschaften riefen zum Generalstreik gegen CPE. Aber festzuhalten gilt es daneben auch, dass die Regierung in ihrer Begründung zu dem Gesetzespaket nicht umhin kann, die Realität der flagranten rassistischen Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt festzustellen. Um zu behaupten, mit ihren Mabnaßmen werden sie dieses Problem angeblich lösen.

Koloniale Muster? Mit dem zeitlichen Abstand zu den Banlieue-Riots und ihren spektakulären Erscheinungsformen haben, möchten wir in Ruhe die Mechanismen untersuchen, die den staatlichen Umgang mit ihnen prägten. Während die Unruhen noch anhielten, war der repressive Aspekt im Regierungshandeln vorherrschend. Bemerkenswert ist dabei vor allem der Rückgriff auf Notstandsmabnahmen und Sondergesetze, die Frankreich zuletzt dort erprobte und anwandte, wo es als Kolonialstaat herrscht(e).

Die im November für die Dauer von drei Monaten in Kraft gesetzte Notstandsgesetzgebung war im April 1955 verabschiedet worden. Sie diente damals als Ermächtigungsgrundlage für den Versuch, im Kolonialkrieg in Algerien die französische Herrschaft aufrecht zu erhalten. In Algerien wurden damals Lager eröffnet, die Pressezensur eingeführt, missliebige Personen festgenommen. All dies erlaubt die Notstandsgesetzgebung (und die Folter, die nicht im Gesetz steht, kam in Algerien in massenhafter Form hinzu). Auf dem Hintergrund dieses Notstandsgesetze verübte die französische Staatsmacht auch das Polizeimassaker an 200 bis 300 algerischen Demonstranten mitten in Paris, das am 17. Oktober 1961 stattfand. Die Wahrheit über die Ermordung mehrerer hundert in Frankreich lebender Algerier an jenem Tag kam später erst allmählich und stückweise an die Öffentlichkeit – inzwischen ist sie jedoch anerkannt, und die Pariser Stadtverwaltung ließ hochoffiziell eine Gedenktafel am Ort des Geschehens anbringen.

Vor diesem Hintergrund wird der Autor und Frankreich-Korrespondent Bernard Schmid aus Paris untersuchen: Trifft es zu, dass das Vorgehen des französischen Staates Parallelen zu Herrschaftstechniken aus der Kolonialära aufweist? Herrscht eine rassistische Komponente in seinem Umgang mit den "Problembevölkerungen" vor, oder handelt es sich eher um einen sozioökonomisch zu erklärenden Ausdruck von Klassenverhältnissen? Welche ideologische Begleitmusik wurde dazu angestimmt? Handelt es sich um einen einmaligen Vorgang – oder aber um einen eventuellen Ausblick auf eine unangehme Zukunft?

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