VW droht mit Werksschließung wegen Streiks

Ralf Streck 05.04.2006 11:41 Themen: Soziale Kämpfe Weltweit
Volkswagen droht, die Produktion des neuen Polo nicht in der nordspanischen Provinz Navarra zu produzieren. Hintergrund dafür sind die Streiks im Rahmen des Tarifvertrags und praktisch würde das ein Schließung des Werks in der baskischen Provinz bedeuten. Trotz "intensiver Verhandlungen" komme es zu erheblichen Verlusten beim Bau von Fahrzeugen durch die Streiks, hieß es in einem Schreiben von VW-Markenvorstandsmitglied Reinhard Jung. Werde bis zum 7. April der angebotene Vertrag nicht unterzeichnet, "sehen wir uns gezwungen, die Fertigung des Polo-Nachfolgers in anderen Werken vorzusehen", drohte er dem Betriebsrat.
Die Belegschaft hatte in den letzten Wochen insgesamt vier Tage komplett gestreikt. Die Beteiligung am Ausstand war fast vollständig, gab auch die Firmenleitung zu. Derzeit wird in jeder Schicht für zwei Stunden gestreikt. Tausende Autos konnten deshalb bisher nicht produziert werden.
 http://de.indymedia.org//2006/03/142056.shtml

Doch das ist das Ergebnis der VW-Politik, denn man hatte die Belegschaft zum Streik getrieben. Der deutsche Konzern wollte ihr ultimativ einen Tarifvertrag aufzwingen, nachdem man sich 14 Monate nicht einigen konnte. Eine Verhandlungsrunde unter der Schirmherrschaft der Regionalregierung hatte VW brüsk abgewiesen. Man habe den "letzten und definitiven Vorschlag" schon präsentiert, hieß es.

Dabei war die Belegschaft der Direktion weit entgegen gekommen. Sie hatte eine Absenkung der Arbeitszeit und eine Ausweitung der Flexibilisierung über Zeitkonten angeboten. Dafür wollten sie aber die Zusicherung, dass es keine betriebsbedingten Kündigungen gibt. VW wollte mehr Flexibilität und praktisch die Löhne einfrieren. Dabei verloren die Arbeiter schon in den letzten Jahren reale Kaufkraft. Sauer wurden die erst richtig, als der Konzern die Streichung von 20.000 Stellen ankündigte und im selben Atemzug erklärte, der Gewinn 2005 sei auf über eine Milliarde angewachsen, ein Zuwachs von 61,5% im Vergleich zum Vorjahr.

Erst nach ersten Streiks nahm VW wieder den Dialog auf. Der zielte aber auf die Spaltung der Arbeitnehmer. VW machte geringe Zugeständnisse. Angesichts der Drohungen will nun die spanische Arbeiterunion (UGT) einlenken.  http://de.indymedia.org//2005/12/135230.shtml Das kennt man von ihr bei Seat  http://de.indymedia.org//2006/01/136902.shtml oder Mercedes  http://de.indymedia.org//2003/08/58860.shtml oder vom längsten Streik im Baskenland bei Pferd-Rüggeberg.  http://de.indymedia.org//2005/07/123726.shtml

Wegen der im Konzern bei Seat, wo zunächst durch eine Verlagerung in die Slowakei eine Drohkulisse aufgebaut worden war  http://de.indymedia.org//2005/09/126606.shtml , machen auch Arbeiterkommissionen (CCOO) das Spiel von VW nicht mehr mit. Bei Seat hatte sich später herausgestellt, dass die Produktion in Barcelona doch billiger ist. Auch die CCOO hält das neue VW-Angebot für „verbesserbar“. Mit den baskischen Gewerkschaften lehnt eine große Mehrheit des Betriebsrats das Angebot ab. Wegen der Dialogbereitschaft schwächte man im Gegenzug aber die Streiks ab. Für die linksnationalistische Gewerkschaft LAB, nach der UGT zweitstärkster Vertreter der Arbeitnehmer bei VW, habe man es mit leeren Drohungen zu tun. Es sei ein „Erpressungsversuch“, sagte der LAB-Sprecher bei VW Benito Uterga, der sich mit dem Kampfverhalten der Belegschaft zufrieden zeigte.

© Ralf Streck, Donostia-San Sebastian den 04.04.2006
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