Verhaftungen in Italien

Libert@d 02.04.2006 13:25 Themen: Repression Weltweit
... wegen angeblichen Brandanschlages auf die Forza Italia
In der Nacht vom Mittwoch wurden in Italien Giuliano (51Jahre) und Soriano (55 Jahre) in ihren Wohungen in Pietrasanta ( Provinz Lucca ) ziemlich massiv ( eingetretene Türen ) verhaftet. Die beiden werden beschuldigt, den Brandanschlag auf das Parteilokal der Forza Italia von Pietrasanta, in derselben Nacht, verübt zu haben.

Die ersten Solidaritätsaufrufe wenden sich gegen die Vorgehensweise bei der Verhaftung und gegen die Lügen der öffentlichen Presse, die für Verunsicherung sorgen und jeden Dissens über die Fäulnis der Gesellschaft verunmöglichen.

Die momentanen Anschriften der Inhaftierten sind:


:: Marchetti Giuliano
Via San Giorgio 110
55100 Lucca
Italia


:: Marcucci Gino Doriamo
Via San Giorgio 110
55100 Lucca
Italia

Anarchici ed anarchiche di via del cuore - Pisa
Gruppo ecologista "Il Silvestre"
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Ergänzungen

Strategie der Spannung

Antifa 02.04.2006 - 14:30
In den 70'er Jahren gab es in Italien Bombenanschläge auf öffentlichen Plätzen, bei denen etliche Menschen starben. Damals dienten sie als Legitimation die Linke zu zerschlagen und die Hälfte der Bewegung einzusperren. Heute ist bewiesen, dass die Verantwortlichen der Anschläge die damalige Regierung und faschistische Terrorgruppen waren, die in Italien punktuell immer wieder zusammen gearbeitet haben. Historisch spricht man von der Strategie der Spannung.
Der Angriff auf die Diaz Schule war ein weiterer solcher Fall.

Gladio....

ergänzung zu "Antifa" 02.04.2006 - 16:11
Gladio (vom lateinischen gladius für Schwert) oder auch Stay-Behind-Organisation war der Name einer Geheimorganisation von NATO, CIA und des britischen MI6 während des Kalten Krieges. Besonders in Italien, aber auch in fast allen anderen westeuropäischen Ländern wurden Agenten ausgebildet, die im Falle einer Besetzung des jeweiligen Landes durch Truppen des Warschauer Vertrags Guerillaoperationen und Sabotage durchführen sollten (sogenannte „stay-behind“-Operationen). Zu diesem Zweck wurden europaweit geheime, illegale Waffendepots angelegt. Die Mitglieder von Gladio wurden unter anderem aus militärischen Spezialeinheiten, Geheimdienstkreisen und Rechtsextremisten rekrutiert, letztere teilweise mit bekanntem kriminellem, in der Bundesrepublik Deutschland auch nationalsozialistischem Hintergrund. Im Zuge der Aufdeckung von Gladio wurde 1990 bekannt, dass Teile der Geheimarmeen unter Mitwirkung von staatlichen Organen systematisch und zielgerichtet an gravierenden Terrorakten beteiligt waren.

weiterlesen unter  http://de.wikipedia.org/wiki/Gladio

jüngere Geschichte der Strategie der Spannung

ip_ghost 02.04.2006 - 16:37
Und noch ein bischen mehr zur Strategie der Spannung und ihre jüngere Geschichte...


Zitate

Man musste Zivilisten angreifen, Männer, Frauen, Kinder, unschuldige Menschen, unbekannte Menschen, die weit weg vom politischen Spiel waren. (...)
Der Grund dafür war einfach. Die Anschläge sollten das italienische Volk dazu bringen, den Staat um grössere Sicherheit zu bitten. Diese politische Logik liegt all den Massakern und Terroranschlägen zu Grunde, welche ohne richterliches Urteil bleiben, weil der Staat sich ja nicht selber verurteilen kann.

Vincenzo Vinciguerra, 1990 wegen Mordes an drei Carabinieri verurteilter Rechtsextremist und Mitglied der Geheimorganisation Gladio,

Quelle: Schweizer Zeitung "Der Bund"


Terror eignet sich mehr als irgendeine andere militärische Strategie dazu, die Bevölkerung zu manipulieren.

Dr. Daniele Ganser, Historiker und Gladio-Forscher (Quelle: Der Europäer, Jg. 9 / Nr. 6 / April 2005)

Beispiele für Anwendung einer Strategie der Spannung in der jüngeren Geschichte:


Südafrika -

Südafrikanischen (weißen) Sicherheitsdiensten nahestehende Kräfte verübten in den 80er und 90er Jahren Terroranschläge und Morde an weißen Zivilisten, die der schwarzen Widerstandsbewegung African National Congress (ANC) in die Schuhe geschoben wurden, um deren Einfluss zu schmälern. Der ANC dementierte, dass er für die Anschläge verantwortlich sei. Er führte an, dass für die Taten eine dritte Kraft (Third Force) verantwortlich sei, was nach dem Ende der Apartheid auch bestätigt wurde (Bericht der südafrikanischen Wahrheits- und Versöhnungskommission, wichtigste Punkte in Paragraph 3 und 5 der ersten Seite zusammengefasst). Da zur Zeit der Anschläge eine Beteiligung von regierungsnahen, weißen Kräften an den Terroranschlägen als kaum vorstellbar galt, litt das Ansehen des ANC unter der weißen Bevölkerung genau wie von den Urhebern beabsichtigt.

Italien -

zahlreiche Terroranschläge der 70er und 80er Jahre wurden von rechtsgerichteten geheimdienstnahen Kräften begangen und von offizieller Seite der extremen Linken zugerechnet. Das angestrebte und auch teilweise erreichte Ziel war die Diskreditierung der gesamten politischen Linken, speziell der Kommunistischen Partei Italiens (siehe auch Gladio, Demagnetize, Rote Brigaden, Propaganda Due).


Chile -

vor und während der Regierungszeit des sozialistischen Präsidenten Salvador Allende führte die CIA mehrere verdeckte Operationen zusammen mit Teilen des chilenischen Geheimdienstes DINA durch. Ziel war der Sturz der gewählten Regierung, unter anderem wurden landesweite Streiks in wichtigen Industriezweigen organisiert (Transport) und die resultierende Schwächung der Wirtschaft Allende zugeschrieben. Nach einem Putsch gegen Allende 1973 begann die systematische Verfolgung, Folterung und Ermordung von Sozialisten und Gewerkschaftern unter dem Deckmantel der Bekämpfung von "Subversiven" und "Terroristen" (siehe auch Operation Condor, Französische Doktrin).


 http://de.wikipedia.org/wiki/Strategie_der_Spannung

dort finden sich auch detailiertere Quellenangaben und weiterführende links

Ergänzung

wer weiss... 02.04.2006 - 19:51
wer weiss, was nicht in den Schuhen der
baskischen ETA steckt, was nicht deren
eigenem Schritt entspricht ??!!Der spanische Richter Garzón und die Paras
 http://de.indymedia.org/2006/02/139196.shtml


Darstellung in Wikipedia höchst bedenklich

Andrea 02.04.2006 - 20:31
Vorsicht mit Wikipedia!

Die Darstellung zu Gladio ist sehr tendenziös und teilweise falsch.

Wikipedia übernimmt aus Bücher, wie etwa von Gerhard Feldbauer (ein parteikommunistischer Quadratschädel) die Darstellung wie sie der italienienischen KP am liebsten ist.

Die Anschläge waren meist dahin gerichtet die revolutionäre Linke zu diskreditieren und eine insgesamt linke Stimmung, aber bestimmt nicht gezielt gegen KPI.

Auch falsch:
"In Italien war der Einsatz von Gladio auch für den möglichen Fall einer demokratischen Regierungsübernahme durch die Kommunistische Partei Italiens gedacht, die zeitweilig die stärkste Partei im italienischen Parlament war."

Denn Gladio kam ja zum Einsatz, ohne dass die KPI die Regierung übernommen hätte.

Auch die Geschichte mit den BR ist mit Vorsicht zu genießen. Sicher waren die BR infiltriert (so wie die BR auch Leute ins Innenmministerium infiltriert hatten, die Geschichte großer bewaffneter Gruppen in den Metropolen, z.B. auch der IRA, hat viel mit Spionage und Gegenspionage zu tun), aber daraus zu konstruieren, dass sie gelenkt waren, entspricht der Sichtweise der KP, die schon immer interessiert war, glauben zu machen es gäbe nichts links von ihr, um sich als einzige linke Kraft darzustellen.

Auch die in Wikipedia präsentierten Ergebnisse der parlamentarischen Untersuchungskommission sind nicht wirklich Ergebnisse, sondern die Aussagen eines sogenannten "Reuigen" der Roten Brigaden, der auch nur Vermutungen anstellt...

Strategie, Einschüchterung oder Polizeistaat

muss ausgefüllt werden 02.04.2006 - 22:44
Ob dieser Einsatz gegen die beiden Anarchisten auf Grund einer "Strategie der Spannung" oder nur der ganz alltägliche "Polizeistaat" ist, der unter jedem Vorwand Mißliebige heimsucht, terrorisiert und belästigt, ist nicht klar.
Sie - als polizei-bekannte Anarchisten - waren gegen die herrschende Ordnung und ihre Polizei. Das reicht eigentlich bei autoritären Regimen und ihrer halb-faschistischen Polizei wie in Italien oder der BRD, um bei ihnen einen militanten Hausbesuch & Verhaftung zu machen.
Der Rest ist nur die formal-rechtliche Abwicklung einer - politisch motivierten - polizeistaatlichen Aktion. Einschüchterung ist auch ein Teil der Strategie der Spannung. Kriminalisierung und dauernde Repression ein Teil der machiavellischen Strategie der Herrschaft - eben staatlicher Faschismus im der real-existierenden Demokratie und Rechtsstaat.

22:44 sieht das richtig

inhaltliche ergänzung 03.04.2006 - 16:53
Man könnte über manches Ding berichten, das in letzter Zeit gelaufen ist und echt was von einer Strategie der Spannung hatte. Die Verhaftung der beiden Anarchisten ist hauptsächlich aber in der anderen Kategorie einzuordnen. Die beiden verhafteten Personen wurden sehr zielgerichtet schon länger "bei Nacht" observiert. Ähnliches gilt auch für drei weitere Personen, die auf Sardinien ebenfalls wegen einem Anschlag auf ein AN-Büro verhaftet wurden und mindestens mit einer Wanze in einem Auto, das die drei häufiger benutzten abgehört wurden. Ihnen wird gesellschaftszersetzende Vereinigung vorgeworfen.