Ver/Handlung bei CNH-Streik in Berlin-Spandau

Autonomer Anarchist 08.03.2006 14:16 Themen: Soziale Kämpfe
"Internationaler Frauentag"! Es wird ständig versucht den Streik zu brechen. Heute war der IG-Metall Voritzende der einstmals "grössten Einzelgewerkschaft der Welt" (IG-Metall) da. Kolleg_Innen der anderen Betriebe und die Verwaltungsstelle besuchten heute die Streikversammlung. Einiges über den Innen-Sicherheits-Dienst, der Polizei und die Stimmungen der Kolleg_Innen und deren Bitte um Solidarität. Ausserdem Linke-Gruppen Umschau.
Ich berichtete das die Chefs nicht ins Werk kommen konnten am Montag. Am Dienstag konnten sie einfach so Morgens gegen Acht reinfahren, was auch früher als üblich ist.

Was interessant ist, das in der Ersten Woche kaum Polizei nachts Streife entlang der Streikposten gefahren ist. In der Zweiten Woche schon öfters und Nun schon ein paar Mal die Stunde. Und zwar nicht nur Berliner Polizei, sondern auch Bundesgrenzschutz. Dennoch bleibt sie höflich und versucht sich eher neutral zu Verhalten.

Seit dem der Gerichtsbeschluß gilt (nämlich Sonntag um 12 Uhr), das am S und B Tor eine Gasse von 3 Metern und am Haupttor eine Gasse von 5,50 Meter sein muss, sind Sicherheitsbedienstete an den Maschinen am Haupt, S- und B-Tor. Sie sind meist schwarz gekleidet und stehen Tag und Nacht in der Kälte "für n Appel und n Ei". Kriegen aber angeblich für so einen speziellen Auftrag ein paar Groschen mehr. Sie stehen auf der anderen Seite der Streik- [Klassen]-Linie. Während wir nachts an den Brennenden Containern sitzen, müssen sie in der Kälte an den Sperrigen Maschinen stehen und kucken teils verdutzt durch den Zaun. Sie haben Handschellen am Gürtel und wirken auf mich militant. Es soll wohl hier und da Gespräche mit ihnen gegeben haben. Ich habe es aber nur seltenst erlebt. Meistens beobachten sich Streikende und Securitys halbwegs interessiert, teilweise abwertend gegenseitig. Aber nie das es feindselig werden würde oder gar feindschaftlich. Teilweise werden die gar nicht ernst genommen.

Ich denke den Securitys und den Streikenden ist klar, das sie auf anderen Seiten stehen. Eigentlich sind alle Positionen von "Arme Schweine" bis verbitterten Hass gegenüber diesen Typen vertreten. Sie stellen halt die Definitons-Hoheit auf der anderen Seite des Zauns in Frage auch wenn sie trotz ihres bitteren Auftretens lächerlich wirken. Zitat der aktuellen Streikzeitung: "Privater Sicherheitsdienst auf dem Werksgelände - was wird hier nach 14 Streiktage bewacht? Unsere Arbeitsplätze oder die verfügungsgewalt über Produktionsmittel?"

Unheimlich wirken die Securitys auf mich nur Nachts, wenn sie mit finsterer Miene durch den Zaun glotzen, wie Raubtiere im Käfig. Wir sind aber immer extrem viel mehr als die und es gab bisher keine (verbalen) Auseinandersetzungen.

Irgendwie sind bei Streikbeginn die Bagger uva Maschinen hinter den Toren, teilweise aufgebockt, stehen geblieben. Es muss wohl vergessen worden sein sie wegzufahren, denn es gehen dadurch die Tore nicht auf und es können keine Maschinen heraustransportiert werden. Bei so langen Stehzeiten (nun schon zwei Wochen) Soll es gar passiert sein das die Höchstspezielle Feinstmotorik nicht richtig funktioniert, ja mängelhafterweise teilweise keine Luft mehr in den Reifen ist und die Geräte teilweise auf den Felgen stehen. So ist es Problematisch sie einfach wegzufahren oder ähnliches zu machen, wofür die Arbeiter_innen ja nichts können. Gestern wurden gerade mal 2 Bagger von Streikbrechenden Arbeitern von Fremdfirmen vorm Haupttor weggeschleppt. Es wurde versucht LKWs auf das Gelände fahren zu lassen, aber es geht ja nicht mal das Tor auf. Es wird von innen heraus gemunkelt das etwas die Schienen blockiert, weswegen auch kein Zug in den Betrieb kommt. Es standen von Polizei beschützt die Chefs draussen auf der Staakener Straße um zu kucken ob die LKWs reinkommen.

So gegen 16 Uhr sollen die Chefs gestern gar unter die Bagger gekraucht sein um Irgendwas zu fotografieren...

Der Streik tut ihnen richtig weh. Kunden springen ab, kriegten ihre Ware nicht ausgeliefert usw.

Es ist eine Fabrik wie es sie seit der Manufaktur gibt. Keine Fließbandarbeit! Jeder Arbeitsgang wird von höchst spezialisiertem Personal getätigt. Da kann nicht jeder daher kommen und Arbeitsprozesse, die sich über 40 Jahre eingespielt haben, nachmachen.

Ausserdem kamen gestern die Kollegen von "Alstom Power Service GmbH" und "DaimlerChrysler Marienfelde", der Vertrauenskörperleiter von Daimler Chrysler, Detlef Fendt betonte: "Diese Auseinandersetzung führt ihr stellvertretend für uns alle" (Zitat CNH Streikzeitung Nr 11, 8. März 2006).

Ausserdem war auch gestern der Bezirksleiter von dem IG-Metall Bezirk Berlin-Brandenburg-Sachsen (IG Metall BBS) da und überbrachte die solidarischen Grüsse der Tarifkommission bei der Auseinandersetzung in der Metall- und Elektroindustrie. Sie sind ja erst in der ersten Verhandlungsrunde und würden in spätestens drei Wochen mit Warnstreiks in der Branche beginnen.

Interessanterweise war auch gestern die Polizei auf dem Gelände.

Gestern waren wir zu dritt Solidarisch am Streikposten und so wurde ich heute von mehreren Kollegen uabhängig voneinander angesprochen, wo denn "die Genossen" seien, mit denen ich immer sonst da sei und wieviele ich denn zum Streik mobilisieren könnte und konnten gar nicht glauben dass ich ganz alleine da sei. Ich wurde wieder mit allerlei Köstlichkeiten am Streikposten von den Kollegen versorgt.

Es werden also dringendst "freiwillige" solidarische Streikposten gesucht!

Es war heute nacht wieder richtig Kalt und Minusgrade, zwischendrin Schneite es gar.

Um 6:53 Uhr ging die Sonne auf.

Um Acht Uhr morgens fuhr plötzlich ein LKW vors Hauptor und wunderte sich solidarisierend warum er gestern losgeschickt worden sei und war erstaunt das schon seit über Zwei Wochen gestreikt wird. Er sollte zwei Bagger aufladen..., die Polizei beschwerte sich das er direkt vorm Haupttor stand, er solle wohl weiterfahren.

Da kamen 8:15 Uhr noch zwei "Tieflader" mit lateinischer Schrift in slawischer Sprache.

Um 8:22 Uhr fuhren sie alle drei zur Wendeschleife, wo das S-Tor ist um zu wenden und irgendwohinzufahren...

So gegen 9 Uhr kamen Jürgen Peters, Arno Hager (1.Bevollmächtigter in Berlin), uvam an. Es war wieder plötzlich absoluter Pressetrubel, aber keine Fernsehkameras vor Ort... womit ich jetzt mit die "Linke Gruppen Schau" beginne, weil diese nämlich nur zu solchen Hoch-Zeiten auftauchen.

In dem Streik-Zelt lagen schon Flugblätter von "Roter Oktober" (RO - Organisation zum Aufbau der Kommunistischen Partei in Deutschland). Ich sah wie einige Kollegen sich zügig ein paar einsteckten. Es waren auch Flyer die zur Frauentags-Demo in Neukölln (AGiF, Dest-dan, MLPD, RO) mobilisieren dort.

Die Gruppe Arbeitermacht (GAM) war vor Ort und mobilisierte auf Flyern zu einer Veranstaltung ("Streik im öffentlichen Dienst -Tarifkampf der IG Metall") und sie verkauften Zeitungen.

Die Spartakisten (Spartakist Arbeiterpartei Deutschland) verteilten ein "Extrablatt": "Für einen solidarischen Ver.di-Streik! Macht die Betriebe dicht durch Streikpostenketten!" vom 5.März in dem sie fordern "Kein Ausverkauf! Keine Spaltung, keine Arbeitszeitverlängerung!" und indem halt grundlegende Sachen und Übergangsforderungen drinstehen wie "Gleicher Lohn für Gleiche Arbeit!" und "Streikpostenketten überquert man nicht!" aber auch Polemiken gegen Linkspartei.PDS/ WASG, SAV, Schließend unter anderem Fordernd:"Stoppt die Sozialdemokratischen Ausverkäufe!" ABER nichts konkretes zum CNH-Streik!!!!

Das Interessante fand ich, was mir aufgefallen ist: Das sie letztens viele Zeitungen verkauften und viele Arbeiter_Innen auch heute mit ihnen ernsthaft diskutierten (es ist ja auch bitterer Ernst) und sich das Extrablatt einsteckten.

Da ich nun so ausgiebig über Partei-Kommunist_Innen geschrieben hab und von Anarchistischen Genoss_Innen gar gehört habe, ich wäre nicht als Anarchist aufm Streik, so muss ich wohl berichten was unsere (anti)politische Strömung vor Ort macht: PRAKTISCHE SOLIDARITÄT! Moralische Unterstützung! Tatkräftig mithelfen. Auch wenn einige von uns, von einigen Kollegen misstrauisch beäugt werden, so sehen doch fast alle unsere ehrliche Unterstützung.

Ich bin seit dem 2ten Streiktag bisher wirklich jeden Tag präsent. Wir sind fast immer 3 - 5 GenossInnen/ Anarchist_Innen. Wir beglücken die Arbeiter_Innen nicht mit Wahrheiten, über die viele von ihnen selbst schon lange reden: Betrieb in Arbeiter_Innen-Selbstverwaltung, Kritik gegen alles mögliche usw.usf. Wir reden mit ihnen natürlich auch politisch. Viele meinten ja anfänglich das wir von der WASG seien und können uns, weil wir das nicht sind, nirgends zuordnen. Andere wissen das wir "Anarchisten" sind. Und viele berichten mir ganz offen, was sie von der Gewerkschaft, den Betriebsräten und der Führung halten. Aber das gehört hier noch nicht hin.

Ich finde, dass man einen Klassen-Kampf praktisch unterstützen sollte, mit der Anwesenheit am Streikposten bei bis zu Minus 10 Grad Nachts. Deswegen hatte die AG (Anarchistische Gruppe) auch letzten Sonnabend (Samstag) die 100 Leute Demo ausm Friedrichshain nach Spandau mobilisiert ("Raus aus der Szene, Rein in den Klassenkampf"), die zu Fünfzigst mit Polizeibegleitung ankamen. Was einige Arbeiter_Innen und Autonome aus Vorurteilen sich selbst gegenüber nicht verstanden: SOLIDARITÄT! Und dem Betriebsrat hat das gar nicht gefallen. Die Arbeiter_Innen und die IG-Metall hatten in erster Linie Angst vor dem Auftreten und vor unsinnigem Ärger.

Es begann diesmal nach ausgiebigen Fotos schiessen und Händeschütteln die Streikversammlung im Zelt.

Es wurden Grüsse aus einem Metallbetrieb in Ludwigsfelde und dem Betriebsratsvorsitzenden der Post in Spandau überbracht.

Jürgen Peters Vorsitzender der Industriegewerkschaft Metall (IG Metall), Kritisierte die Politik und die Unternehmer. Und forderte grundsätzliche Reformen in der Gesellschaft. Er appellierte an die Politik und wetterte gegen das Kapital und seine Interessen. Er erwähnte dass in den letzten Jahren "60.000 Industriearbeiter ihren Job in Berlin verloren, während die Stadt 60 Milliarden Schulden habe" wo sollte denn das Geld herkommen um den Haushalt zu sanieren wenn man den Stellenabbau durch Förderungen der "öffentlichen Hand" subventioniere und durch Sozialpläne und Steuervergünstigungen den Unternehmer belohne hier Arbeitsplätze abzubauen. Er forderte die "Stadt" auf, die 70 Millionen Euro zurückzufordern. Er meinte das die Kolleg_Innen für Menschenwürde und Solidarität streiken. "Eigentum verpflichtet" stehe im Grundgesetz weswegen es auch verpflichte auf das Wohl der Arbeiter zu achten.

Meiner Meinung kamen auch "Standortlogik" befürwortende Argumente daher.

Lothar Näthebusch, Vorsitzender der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Unmwelt (IG BAU) warnte seinerseits davor faule Kompromisse einzugehen, Belegschaften gegeneinander auszuspielen und von den Bossen "auseinander dividieren zu lassen" und versprach das die IG BAU sich darum kümmern werde das die Kollegen nachts nicht frieren müssten! Er hielt meiner Meinung nach die kämpferischste Voll-Blut-Gewerkschafter-Rede, die tendenziell dafür argumentierte den Streik nicht beim ersten Angebot abzubrechen. Denn im Radio würde gesagt, das sich ein Kompromiss abzeichnen würde, da ja die Streikleitung und Geschäftsführung miteinander verhandeln.

Der Betriebsratsvorsitzende von CNH meinte das sie die ersten drei Quartale 2005 über 30% Profit für CNH eingefahren haben, die FIAT dazu nutzt die Autosparte gesundzufinanzieren und sie förmlich ausgesaugt würden.

Es wurde aber schon die Ganze Zeit dafür Argumentiert: "Die Arbeitsplätze zu erhalten!" Na mal sehen wie es weitergeht.

In dem Betrieb gibt es wenig Frauen und da die gesamte Verwaltungsstelle vor Ort war waren auch viele Frauen da. Jede bekam eine Rose von der IG Metall.

Am Freitag tagt wohl die SPD Spandau im Streikzelt in einer öffentlichen Sitzung.

Das wars für heute...?
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Ergänzungen

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"kritisch beäugt" — hmm...

Frage — longestwinter

tolle taktik! — kommunist