Studierenden-Proteste in Frankreich

Deux Gaulles 04.03.2006 16:55 Themen: Bildung Repression Soziale Kämpfe Weltweit
Seit vier Wochen wird an Frankreichs Schulen und Hochschulen gegen den CPE (Contrat Premiere Embauche) und CNE (Contrat Nouvelle Embauche) mobilisiert. In einer angespannten innen- (Renten- und Arbeitsmarktreform; Unruhen in den Vorstädten; Notstandsgesetze) und außenpolitischen (HiroChiracs Helden- Rolle; Militäreinsätze in Westafrika) Lage droht einer wachsenden sozialen Bewegung ein ähnliches Maß an Repression, wie es 2005 schon die SchülerInnen bei ihrem Kampf gegen das Bildungs-Reformgesetz "Loi Fillon" und die aufständischen Jugendlichen der Banlieues erleben mussten. Mehrere Universitäten sind zurzeit besetzt, die Sorbonne wurde von CRS umstellt und in Tours kam es zu ersten gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der Polizei.
Oui, oui - in Frankreich läuft der zweite heiße März/April... in Folge an.
Seit etwa vier Wochen wird gegen den CPE (Contrat Premiere Embauche d.h. Aufhebung des Kündigungsschutzes bei neu Einstellungen), hohe Rückmeldegebühren an den Hochschulen, Mangel an demokratischen Strukturen aber auch Abschiebungen, Kriminalisierung der November-AufständlerInnen, letzte Sicherheitsmaßnahmen in der Innenpolitik usw. mobilisiert.
Bisher sind etwa 20 Unis und ähnlich viele Schulen im Boot. Es kam bisher zu zahlreichen Besetzungen und Blockaden (Einsatz von Schweißgeräten nicht unüblich).
Letzten Frühling begann der Kampf, welcher vor allem von SchülerInnen mitgetragen wurde mit Teil Erfolgen gegen das Fillon-Gesetz. Sein Umfassender Bildungsreformversuch koste dem Minister seinen Job, zwei Demos der SchülerInnen mit je über 100.000 TeilnehmerInnen Landesweit, Besetzungen vom Bildungs- Ministerium in Paris, Blockaden und Besetzungen Rektoraten und Schulen waren Äußerungen des Protestes...

Das wirklich interessante ist das sich SchülerInnen und Studis nun in v.a. Arbeitsmarkt- und Sozialpolitische Streitereien involvieren. Schon als Europas Hafenarbeiter das EU-Parlament in Strassbourg vor sechs Wochen entglasten und in letzten Monat gegen die Bolkestein-Richtlinie demonstriert wurde, beteiligten sich zahlreiche Studierende.
Im Rahmen der jetzigen Proteste war die erste aktive Uni Nanterre und der Vorderungs- Katalog enthielt die ausdrückliche Forderung jegliche Kriminalisierung und Abschiebungsmaßnamen welche gegen die Aufständischen des sprichwörtlich "heißen" November aufzuheben. Auch wird zunehmend auf allgemein- Gesellschaftliche Probleme Bezug genommen, statt Hochschul- und Bildungspolitik - so legitim sich die Beschäftigung hiermit auch sein mag - als einzigen Fokus zu haben.

Schwerpunkt ist das CPE-Gesetz (mittlerweile auch Contrat Premier Emprisonement genannt). Es bedeutet ein faktisches Aufheben des Kündigungsschutzes bei Neueinstellungen. Es darf zwei Jahre lang, ohne Begründung des Arbeitgebers, nach Unterzeichnung des ersten Vertrages gefeuert werden! Was in Deutschland schon lange Gang und Gebe ist, stößt bei der "Génération précaire" (Generation der Ungewissheit/Unsicherheit) auf heftigen Widerstand.
Da vor allem Junge Leute betroffen sind stellen diese sich nun quer. In der letzten Woche wurden etwa 20 Universitäten bestreikt, blockiert oder besetzt (Tolbiac/Paris; Rennes III, Montpellier; Lille III (Die drei steht in F meistens für Geisteswissenschaftliche Fakultäten). In zahlreiche Schulen wird mobilisiert und auch die meisten Gewerkschaften unterstützen die Bewegung.
Die v.a. durch Nicolas Sarkozy verschärften Gesetze ermöglichen eine zunehmende Repression, welche sein großer Konkurrent und "Friedens-" Minister DeVillepin mit sadistischem Schmunzeln mit trägt.
Am 3. März wurde die besetzte TU zu Tours in den frühen Morgenstunden von 80 CRS (Companies Républicaines de Sécurité - ähnlich wie BFE nur mit längerer Tradition) geräumt. Im Anschluss wurde vor der MEDEF- ( Mouvement des Entreprises de France - Bewegung der französischen Unternehmen; mega- Lobby der F - Wirtschaft) Sitz der Stadt Demonstriert. Bei Schlagstock- und Elektroschocker- Einsatz wurden etwa 20 StudentInnen verletzt. Drei von ihnen so schwer, dass Sie auf der Intensivstation der Stadt teil in komatösem Zustand aufgenommen werden mussten.
Die Sorbonne, mythische Universität in Paris, wurde Gestern auf Anordnung des Rektors von CRS umstellt. Diese antizipierte Paranoia ("hier stecken doch die Steinewerfer - die Geschichte hat es gezeigt") war völlig unberechtigt, da die zu der Zeit stattfindende VV in einer mäßig lahmen Uni lediglich nur über den Landesweiten Protesttag am 7. März, nicht jedoch wie befürchtet über Besetzungen und Blockaden beriet. Die Universität ist seither, ähnlich wie die TU-Tours, unter Polizeischutz. In mehreren anderen Städten wird von ähnlichen Situationen berichtet, wo weder VVs noch Infostände genehmigt werden und nicht mal Räume für Beratungen zur Verfügung stehen.
Ob sich die UMP (Union pour la Majorité Présidentielle - Vereinigung für die Mehrheit des Präsidenten, aktuelle Regierungspartei) mit diesen Maßnahmen nicht selber ins Fleisch ritzt wird sich in den nächsten Wochen zeigen.
Manche Alt-Protestler erwähnen schon Parallelen zu 68er Zeiten, wo ähnliche Repressionen und undemokratische Handlungsmuster das Vorfeld der Studierendenunruhen prägten. Die Umstellung der Sorbonne und die folgende Verhaftung von etwa 600 StudentInnen war ein Haupt- Auslöser für die damaligen Straßenkämpfe gewesen.
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Bilder

2 gaulles 04.03.2006 - 18:37
Noch ein paar Bilder die gerade nicht rüber wollten...

Bilder

2G 04.03.2006 - 18:38
...

Bilder

2G 04.03.2006 - 18:40
;-

O

P 04.03.2006 - 18:42
A

Bilder

R 04.03.2006 - 18:43
AF