Bericht: "Unterstützt den CNH-Streik in Berlin-Spandau!"

Autonomer Anarchist 02.03.2006 11:38
Am Mittwoch verliessen die Firmenbosse die Verhandlungen und erklärten sie für gescheitert, Bericht über den aktuellen Stand, auch mit Streikbrechern, und was nun folgt. Weshalb O & K und nicht CNH. Ausserdem das dankbare Verhalten der Kolleg_Innen gegenüber Unterstützer_Innen und eine Aussicht auf heute. Linke Propaganda-Schau!
Als Anarchistische Gruppe (dieAG) gehen wir in Berlin öfters zum CNH-Streik um ihn solidarisch zu unterstützen. Wir wollen aber das mehr hingehen und deshalb schreibe ich einen aktuellen Bericht.

Gestern, am Mittwoch, wurden von den Firmenbossen die Verhandlungen für gescheitert erklärt. Es ist also jederzeit mit Streikbruch zu rechnen. Insgesamt sei ja das Problem, das der Italienische Eigner nicht an den Verhandlungstisch möchte meinte z.B. Luis Sergio von der Streikleitung.

"Case New Holland Baumaschinen GmbH" (CNH) war ja früher Orenstein & Koppel (O&K). O&K wurde von New Holland übernommen und als sich Case zu New Holland gesellte wurde daraus CNH. O&K Fahnen wurden weggeschmissen aber von traditionsbewussten Arbeitern gerettet. CNH gehört wohl aber zur FIAT-Gruppe und es sieht ganz nach einer feindlichen Übernahme aus. So trotzen (und ärgern) die Arbeiter_Innen die "italienischen Bosse" mit den Symbolen ihrer vorherigen Besitzer, so nach dem Motto: "Wir gehören euch nicht!"

Nach kapitalistischen Gesichtspunkten ist es ja so das das Werk trotz Gewinnabwurf geschlossen werden soll. So appelierte schon am Dienstag bei der Kundgebung der 1. Bevollmächtigte der IG Metall in Berlin, Arno Hager die Geschäftsleitung: "Setzen Sie nicht auf juristische Winkelzüge, setzen Sie auf Gespräche.....Was unser Berater bei Prüfung der spärlichen Unterlagen herausfand, belegt: CNH in Berlin Spandau wirft so viel ab, dass die Eigner hier jahrelang alles, was sie herausholen konnten, herausgeholt haben" und schiebt die Schuld nicht etwa der Deutschen Geschäftsleitung, sondern der Italienischen unter. Nun scheint das alles ein bisschen Nationalistischer zu werden. So appelierte Arno Hager dass er ja nicht eine Landsmannschft vor die andere stellen würde. Die Stossrichtung des ganzen war natürlich schon die "Deutschen" Arbeitsplätze in "Deutschland" zu behalten und Ursula Engelen-Kefer meinte auch das man Unternehmer für solch eine Flucht bestrafen sollte. Ich denke dass eine gewerkschaftliche Foderung in diesem Falle: "Gleicher Lohn für Gleiche Arbeit!" Überall sein müsste.

Jetzt da die Verhandlungen gescheitert sind fängt das Kräftezerren erst richtig an! Ein paar Streikbrecher sind schon in Berlin und die Geschäftsleitung soll, nach Gerüchten dazu in der Lage sein eine einstweilige Verfügung zu erwirken. Was bedeuten würde das eine Gasse durch die Polizei freigemacht werden könnte...

In dem Schlichtungsverfahren selber können beide Seiten aber auch Richter und Anwälte für BEFANGEN erklären und das Schlichtungsprozedere kann bis zu 8 Wochen (!) dauern.

Das Wetter ist kalt. Es schneit die ganze Zeit und nachts ist Wolkenlos. Das heisst: Schneerutsch und Kalt!

Nun zu dem Hauptteil: DER S O L I D A R I T Ä T !!!

Heute wurde ich von mehreren Schichten eindringlichst Gegrüsst: "Codewort!" schrie ein Streikposten, als ich mich auf ihn zu bewegte. Ich stutzte kurz und schrie : "Na, STREIK!" zurück. Woraufhin er mich begrüsste: "Na da ist ja unser Solidarische Genosse!" Mir wurde von den Streikpost_Innen ersteinmal Getränke und Essen angeboten.

Bei einer anderen Schicht heute: "Herzlich Willkomen Genosse!"

Ich finde es imposant, da ich selber nie dieses Wort dort vor Ort verwendet habe.

Einer von der Streikleitung gleich liebevoll: "Ach da sind ja wieder die AktivistInnen!", obwohlich nur alleine vor Ort war.

Also die Internet-Revoluzzer die hier behaupten es sei keine Unterstützung vor Ort erwünscht: HALTET DIE FRESSE und KOMMT VORBEI!

Von den Streikenden wird man so nett behandelt wie man es sich von seinen Besten Freund_Innen wünschen würde!

Nun zu den Linken /Linksradikalen vor Ort. Mir ist aufgefallen, dass viele von ihnen nur zu den Medienstoss-Zeiten auflaufen und sich meiner Meinung nach mehr aufs Zeitungsverkaufen denn auf das Solidarisieren konzentrieren. Ich meine, Sie haben doch einen anderen Anspruch als irgendwelche Bürger_Innen die nur mal so auf den Sprung vorbeischauen.

Nichts gegen Linke und Radikale Propaganda. Ich finde gut das sie dort gemacht wird, aber am Streikposten stehen ist doch wohl hilfreicher. Es kann ja beides geichzeitig geschehen.

So schrieb die WASG in ihrem Flugblatt:"...Wir... werden versuchen, euch weiterhin jeden Tag zu besuchen. Euer Kampf ist unser Kampf! Wir werden alles in unseren Kräften stehendes unternehmen um praktische Solidarität mit euch zu üben!"

Doch fragt man verschiedene Streikpost_Innen so will sie keiner dort gesehen haben...

Gleichberechtigt neben der zu verteilenden IG-Metall-Propaganda liegen die Flugblätter von der WASG und der Gruppe Arbeitermacht (GAM). Öfters sieht man einen Arbeiter z.B. ein GAM-Flugi in der Pause lesen und woanders liegen lassen... Auch diskutierten Vorgestern Arbeiter_Innen mit den Spartakisten und kauften deren Zeitungen. Ob die "Solidarität" (Zeitschrift der ehemaligen "Sozialistischen Alternative Voran") verkauft werden konnte kann ich nicht beurteilen...

Nun ist es ja aber wohl nicht meine Aufgabe meinen politischen Gegnern: Leninist_Innen und Reformist_Innen aller Couleur, als Anarchist, zu sagen was sie zu tun hätten und wie sie effektiver arbeiten könnten. Ich wollte es nur aus Gründen der unverschönten Richtigkeit/ Wahrheitstreue erwähnen. Solidarisieren ist ein bisschen mehr als ein Lippenbekenntnis hier und dort.

Da wir schon mal bei Lippenbekenntnisse sind so kann gesagt werden, das die (von Möchtegern Intellektuellen oft titulierte) "Deutsche Volksgemeinschaft" hinter den Streikenden steht.

So titelt das 60 Jahre in Spandau bestehende "Spandauer Volksblatt" in der Jubiläums-Ausgabe vom 1. März 2006 auf Seite 5:"Bei CNH stehen alle Räder still", weiter heisst es in dem Artikel dass die CDU Bürgermeister Konrad Birkholz und der Staakener CDU-Kandidat für die Abgeordnetenhauswahlen Heiko Melzer den CNH-MitarbeiterInnen versichere:"...dass seine Partei gemeinsam mit allen gesellschaftlichen Kräften des Bezirks an ihrer Seite stehe, um gegen `den Fingerstreich aus Turin´ vorzugehen"

Aber auch "Die Sozialdemokraten rufen alle Spandauer auf, die Streikenden vor dem Werkstor zu besuchen und sich so mit ihrem Anliegen zu solidarisieren"

Weiter heisst es:"In einen Dringlichkeitsantrag aller Parteien und Fraktionen sprach auch die Bezirksverordneten-Versammlung am 22.Februar der CNH-Belegschaft ihre Solidarität aus..." Soweit zur bürgerlichen Propaganda.

Heute, am 02.03.2006, findet beim Baumaschinenhersteller CNH in Berlin-Spandau um 13 Uhr eine Streikversammlung statt. Treffpunkt ist, wie immer, vor dem Werkstor in der Staakener Straße 53-57. Es wird diesmal Petra Pau (ein Mitglied des Bundestages und der Linkspartei/PDS) erwartet. Gegen 14 Uhr soll ein Autokorso mit Beschäftigten der Bosch-Siemens-Hausgeräte GmbH Berlin bei den Streikenden eintreffen, um ihnen ihre Solidarität zu zeigen und sie in ihrem Kampf zu unterstützen. Um 17 Uhr wird Helmut Markov (Mitglied des Europäischen Parlamentes und Linkspartei) erwartet. Auch er will eine Solidaritätserklärung abgeben.

Es ist also viel los in Spandau. Fahrt hin und unterhaltet euch mal mit den "GenossInnen" und "KollegInnen" von CNH. Sie fressen euch nicht auf und beissen auch nicht.

In vielen Gesprächen mit Streikenden scheinte eine gewisse Häme gegenüber dem AEG-Abschluss durch. Andreas Wiedemann versuchte ihn meiner Meinung nach zu gut zu verkaufen und sicher wäre noch mehr drinne gewesen. Doch das soll die Entscheidung der Kolleg_Innen in Nürnberg sein. Einige O6K ler fanden es nicht schlecht, viele wunderten sich über die Zahlen und fanden es ein bisschen wenig. So ist das.

Auch gibt es Stimmen, die bisher nicht jeden Winkelzug der Streikleiter_Innen für toll befanden, was mich nichts angeht aber doch aus anarchistischen/ operaistischem Gesichtspunkt eine gewisse Differenz zwischen Basis und Führung klar macht. Auch gibt es wie in jeder Organisation Pragmatische und Fetischist_Innen. Aber ich denke schon das dieser Streik, wie der IG BAU Streik vor 4 Jahren eine gewisse Eigendynamik der Selbstorganisation entwickelt, die ich hier nicht näher erläutern kann.

So hat der Streik viele Optionen: Radikale, Reformistische und auch Klassenkollaborationistische. Es kommt halt darauf an, wie die Reaktion der Streikenden auf die Geschäftsleitungsaktionen ist. Ich will dieser nur sagen das sich daraus immer eine Dynamik entwickeln kann, die sich über ihre Köpfe entwickelt.

Doch wie sagte Luis Sergio kämpferisch, im Beisein von Ursula Engelen-Kefer und Arno Hager am Dienstag zu den Streikenden: "Ich warne sie... Wenn sie den SOZIALEN KRIEG wollen dann können sie ihn haben!"
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Ergänzungen

Gute Arbeit

abc 02.03.2006 - 14:47
Also ob die Ag ne Spinnergruppe ist oder nicht kann ich aus der Ferne leider nicht beurteilen allerdings sind die Artikel die von ihnen geschrieben werden sehr informativ und auch sehr lesenswert. Und das im Gegensatz zu vielen anderen Linken(radikallinken)Gruppen noch etwas konkret praktische Solidarität kommt finde ich auch nicht verkehrt und sehr lobenswert und besser als Parteizeitungen zu verkaufen ist das allemal. In Berlin sitzt doch die Masse an Radikalen Gruppen und wenn von denen keiner mehr den Arsch zu sowas hochbekommt(mit einigen Ausnahmen wie zB. der FAU) ist das doch eigentlich sehr schade und zeigt wie die Szene momentan drauf ist, feiern und kleine Nazis jagen scheint das einzigste zu sein was so passiert und natürlich Anti-Naziläden Demos.Also Ag macht weiter so auch wenn ihr tatsächlich keine grosse Gruppe seid, immernoch besser als nichts zu tun undvielleicht werdet ihr ja so doch etwas grösser.

Solidarische und kämpferische Grüsse an die Streikenden und ihre Unterstützer

hmm kleine anmerkung

(muss ausgefüllt werden) 03.03.2006 - 00:30
ich glaube das problem liegt da das die meisten genossen auch vorbei kommen würden wenn sie wüsten wo sie hin müssen den spandau ist groß

also seit doch einfach mal so nett und veröffentlicht mal die addresse

und meine persönliche meinung sollte es mehr infos über den streik geben

Danke...

berliner 03.03.2006 - 17:42
... für die regelmäßigen informationen zum streik. ich für die berichte sehr dankbar. ich werde mich demnächst mal solidarisch nach spandau aufmachen. womit könnte man den den streikenden den helfen? sprich, was könnte man mitbringen?

ergaenzung

. 04.03.2006 - 09:39
vom rathaus mit dem m32'er (in richtung döberitzer weg) bis egelpfuhlstraße & dann laufen oder aber mit dem 130'er (richtung irgendwas) bis zepplinstraße/seegefelderstraße. ersteres ist die bessere option, da es leichter zu finden is und weniger fußweg bedeutet.


heute, 14 uhr treffpunkt für all die, die zum streik mitkommen möchten: petersburger platz/ ecke müsahmstraße. ursprünglich geplant war ne demo, da aber die lauti-gruppe abgesagt hat, wird es diese nicht geben. stattdessen wird zum streik gefahren.



Klage vom CNH- Manager

Detlef 04.03.2006 - 16:39
Gestern am 3.3.06 war eine Gerichtsverhandlung,indem die Streikleitung vom Arbeitsgeber verklagt wurde, da sie zwei Streikbrecher nicht in den Betrieb zum Arbeiten reingelassen haben. Die Streikposten sperrten die Einfahrten des Betriebs.

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