Ffm: Opernball und Protest

antifa [f] 26.02.2006 14:02 Themen: Antifa
Über 500 Demonstranten haben am Samstag, den 25.02., an
der Demonstration anlässlich des deutschen Opernballs
teilgenommen. Die Demonstration war, nach Angaben der
Veranstalter gekennzeichnet durch ein "überzogenes und
repessives Polizeiaufgebot." Nach Ende der
Demonstration kam es zu Auschreitungen im gesamten
Innenstadtbereich.
Unter dem Motto "Gegen Sozialabbau und Innere
Aufrüstung - Luxus für Alle!" zog die Demonstration
vom Haubtbahnhof über die Hauptwache zur Alten Oper.
Die Demonstranten riefen Sprechchöre wie "Alles für
Alle - und zwar Umsonst!", "Kapitalismus abschaffen!"
und "No Justice - No Peace - fight the Police!".

Schon vor Beginn der Demonstration kontrolierten und
filmten die Polizeikräfte zahlreiche
Demonstrationsteilnehmer. Auf der Demonstration
griffen die vermummten und behelmten Polizeikräfte
(hauptsächlich aus Baden-Würtemberg), ohne erkennbaren
Grund, wiederholt die Protestierenden an. Dabei
setzten sie mehrfach Schlagstöcke und Gas ein. Einige
Demonstraten wurden verletzt. Darüberhinaus glich Der
Demonstrationszug nach Angaben eines Augenzeugen eher
einem "Gefangenentransporter", wodurch offenbar
widerrechtlich eine Außenwirkung der Versammlung
verhindet wrden sollte. So wurden Passanten und
Demonstrationsteilnehmer nicht zur Versammlung
gelassen und auch das Verlassen des Aufzuges, bzw.
Wanderkessels wurden durch die "aggressiv und
provokativ" auftretenden Beamten verhindert. Die
Toilette beispielsweise durfte nur aufsuchen, wer
seinen Personalausweise abgab. Darüberhinaus kam es
auch zu polizeilichen Übergriffen auf
Demonstrationsbeobachter aus dem Frankfurter
Stadtparlament. Generell brachen die Einsatzkräfte
alle im Vorfeld getroffenen Absprachen und verkündeten
ständig neue, "willkürlich" Auflagen.

Nach der Ankunft der Demonstration versuchten etliche
Versammlunsteilnehmer sich über die Absperrungen an
das Buffet in der Oper zu begeben. Auch hier setzte
die Polizei körperliche Gewalt ein um dies zu
verhindern. Daraufhin flogen Feuerwerkskörper und
Leuchtspurmunition auf die Polizei und die alten Oper,
in der zur gleichen Zeit der hessischen
Ministerpräsident Roland Koch und der neue
Bundesverteidigungsminister Jung feierten. Um ihrem
Protest gegen das "brutale und autoritäre" Vorgehen
des Polizei Ausdruck zu verleihen zogen auch etliche
Demonstranten in die Innenstadt. Hier kam es zu
zahlreichen militanten Aktionen. Schaufensterscheiben
wurden eingeworfen, Mülltonnen angzündet und
"Ordnungshüter" wurden attackiert.
Die Polizei reagierte offensichtlich überfordert und
nahm willkürlich über 20 Personen fest, die
Ansatzweise nach Linken aussahen.

Sahra Brechtel, Sprecherin der antifa [f], erklärte
dazu: "Die Strategie der Law and Order Strategen ist
voll vor die Wand gefahren. Wer glaubt der Kritik an
der Verschärfung der kapitalistischen Verhältnisse mit
Repression begegnen zu können, der ist gestern eines
besseren belehrt worden. Polizei und Ordnungsamt
haben auf Eskalation gesetzt - zahlreiche
DemonstrantInnen haben dieser Koaltion der inneren
Sicherheit dafür die Rechnung präsentiert."
Die antifa Sprecherin kündigte an juristisch und
politisch gegen den "skandalösen Polizeieinsatz"
vorzugehen.

Brechtel abschließend: "Das Verhalten der sogenannten
Sicherheitskräfte zeigt wie man sich die Situation im
Standort Deutschland nach der Inneren Aufrüstung in
Zukunft vorzustellen hat: kritische Meinungen werden
schikaniert und überwacht. Gesellschaftliche Konflikte
werden autoritär gehandhabt und kriminalisiert. Das
Verhalten der Demoteilnehmer allerdings, zeigt auch
wie der Widerstand dagegen aussehen kann."

Ein Dank geht an all die GenossInnen aus Nah und Fern diesen Abend zu einem unvergesslich Ballvergnügen gemacht haben.
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Ergänzungen

Gute Sache

Antifa Nord 26.02.2006 - 14:42
Zum Glück hat es geknallt. Das war 1. die richtige Antwort auf den Bullenterror und 2. wurde dadurch linke Öffentlichkeit geschaffen. Sogar im n-tv Untertitel von heute wurde über Ausschreitungen gegen den Opernball berichtet, "wo zuvor etwa 350 Personen unter dem Motto: "Gegen den Opernball - Luxus für alle", demonstriert haben." Macht weiter so und solidarische Grüße nach FFM!

Eigenlob stinkt

neue mitte [f] 26.02.2006 - 14:46
Sag mal, Sarah, hast du dich in dem Gefangenentransporter wohlgefühlt? Klingt so: "Die Strategie der Law and Order Strategen ist voll vor die Wand gefahren. Wer glaubt der Kritik an der Verschärfung der kapitalistischen Verhältnisse mit Repression begegnen zu können, der ist gestern eines besseren belehrt worden." Es war aber alles andere als schön, diese Demo. Und eine angemessene Reaktion aus der Demo ist den Veranstaltern nicht eingefallen. Also ist die Bullen-Strategie doch aufgegangen.

Mehr und bessere Infos:  http://de.indymedia.org/2006/02/139928.shtml

Redebeitrag von Redical M

Alexandra Kahlo 26.02.2006 - 15:05
Liebe Genossinnen und Genossen.
Nicht weit entfernt feiert protzig und prunkvoll die High Society Deutschlands sich und ihren Standort. Der Frankfurter Opernball ist inzwischen traditionelles Schaulaufen der deutschen Eliten aus Wirtschaft, Politik und Showbusiness, deswegen heißt er ja inzwischen „Deutscher Opernball“. Hier kommen die Charaktermasken – in der Öffentlichkeit gerne als Repräsentanten und Aushängeschilder des Standorts Deutschland bezeichnet – zur Staatssause zusammen. Und zu feiern haben sie einiges: Sozialer Kahlschlag und Kürzungen an allen Ecken und Enden machen den Standort fit und immer fitter für den globalen Wettbewerb. Perfider Weise wird die Verantwortung dafür jetzt auch noch auf alle abgeschoben: Du bist Deutschland und sollst was für dein Land tun, in dem du für einen Euro arbeitest, Studiengebühren zahlst, deine DNA abgibst, Deutschland zum Weltmeistertitel führst, dich integrierst, dein Maul hälst, brav bist, aufräumst usw. usf. Wer sich dem verweigert, schade angeblich dem „deutschen Volk“ und müsse dafür kollektiv bestraft werden. Armut und soziale Verelendung werden demnach als die individuelle Schuld der Betroffenen verkauft und somit als gerecht. Die Luxusveranstaltung Deutscher Opernball feiert in diesem Jahr unter dem Motto „Let’s enjoy!“. Enjoy? – Was eigentlich? Vermutlich die eigene Rolle in diesem Land, den eigenen Reichtum und die eigene Macht, also das aktuelle gesellschaftliche Verhältnis mit allem, was gerade den Kapitalismus ausmacht. Ihr Symbolwert für die Elite macht den Widerstand dagegen ebenfalls zu einem bedeutsamen Symbol für alle, die dies nicht mitmachen, sich Deutschlands Realitäten verweigern und diese bekämpfen. In diesen Zeiten erscheint besonders die Zurschaustellung des eigenen Luxus auf dem Opernball besonders perfide. Ihr Luxus resultiert aus der kapitalistischen Ordnung.
Doch was klassifiziert Luxus als solchen. In erster Linie stellen Luxusgüter solche Waren dar, die durch besondere Distributionsverhältnisse nicht allen Menschen zugänglich gemacht werden, also nur durch Ausschluss von Personen ihren Wert realisieren können. Auf den Punkt gebracht wird Luxus durch Exklusivität und den Ausschluss aller, die nicht dazugehören sollen, entfaltet. Da Luxus für Jede und Jeden relativ zu sein scheint, muss der Luxusbegriff grundsätzlich alles umfassen. Ob es sich dabei um besonders teure Meeresfrüchte, sauteure Getränke oder einfach einmal in drei Jahren in den Urlaub fahren zu können handelt, spielt dabei keine Rolle. Gerade die gesellschaftliche geradezu religiöse Annahme, dass bestimmte Waren von unterschiedlicher Qualität sind, obwohl alles den Ursprung der Arbeit hat, verwandelt durch eine bestimmte Verteilung, eine bestimmte Ware zu einem Luxusgut. Deshalb stehen hier geradezu exemplarisch die Bullen vor uns, um allen, die sich nicht an dem vermutlich köstlichen Buffet etc. laben dürfen, fern zu halten und somit nicht nur hier gesellschaftliche Verhältnisse zementieren. Ihre Aufgabe besteht förmlich darin, Luxus zu erhalten, sonst würde es sich bei Kaviar und Co ja nicht mehr um Luxus handeln.
Die Forderung „Luxus für alle!“ als Antwort auf die Präsentation von Luxus auf dem Deutschen Opernball richtet sich somit gegen dieses gesellschaftliche Verhältnis. Sie ist nicht Neid oder Eifersucht geschuldet. Es geht hier nicht um „Bonzen“, denen man die Party verderben will, auch wenn einige das Glauben wollen. Hier geht es darum, deutlich zu machen, dass Mechanismen von Verwertung und dem Standortnationalen Geseier eine deutliche Antwort gebührt, die auch verstanden werden kann ohne zig Marxseminare besucht zu haben. Wir stellen uns aktiv gegen den Status quo und seine weitere Verschärfung zu Gunsten des Kapitalismus. Wir wollen uns weder Arbeitszwang, noch Ordnungswahn unterwerfen. Logische Folge dieser Forderung kann nur die Abschaffung des Kapitalismus und seiner ihm typischen gesellschaftlichen Zurichtung sein.

Innere Aufrüstung sabotieren! Alles für alle! get out of control!

Aufruf von Redical M zum Opernball
 http://www.puk.de/redicalm/stuff/06/Aufruf_gg_opernball__redicalm.pdf

und das sagt die Polizei dazu...

david freyheyt 26.02.2006 - 16:02
Frankfurt (ots) - Wie bereits berichtet, ist es gestern Abend am
Rande des Frankfurter Opernballes in der Innenstadt zu gewalttätigen
Aktionen von Demonstranten gekommen. Nach Ende der
Abschlusskundgebung gegen 19.45 Uhr gelang es mehreren gewalttätigen
Kleingruppen innerhalb von nur 15 Minuten zahlreiche Scheiben von
Geschäften in der Großen Friedberger Straße, Bleidenstraße,
Hasengasse, Goethestraße, Liebfrauenberg sowie an der Hauptwache
einzuschlagen sowie zahlreiche Pkw zu beschädigen. Nur durch
schnelles und konsequentes Nachsetzen und Einschreiten der Polizei
konnte größerer Schaden verhindert werden. Über die Höhe des
entstandenen Sachschadens können noch keine Angaben gemacht werden.
Die Polizei nahm im Laufe des Abends 15 Personen vorläufig fest, die
sukzessive wieder auf freien Fuß gesetzt wurden. Verletzte auf Seiten
der Polizei sind nicht zu beklagen. Auch aus den Reihen der
Demonstranten wurden ebenfalls keine Verletzten gemeldet.

Mehrere hundert Demonstranten hatten sich zuvor am Nachmittag zu
einem von der Versammlungsbehörde ohne Auflagen genehmigten Aufzug
unter dem Thema "Gegen Opernball 2006 - Luxus für alle" in der
Kaiserstraße (Kaisersack) versammelt und waren anschließend durch die
Innenstadt bis zur Alten Oper gezogen. Dabei verlief die
Demonstration nicht so friedlich, wie nach ersten Erkenntnissen
zunächst gemeldet worden war. Die inzwischen vorliegenden Berichte
der eingesetzten Beamten belegen, dass es bereits kurz nach Beginn
des Aufzuges vom Bahnhof in Richtung Hauptwache ausgehend von
Versammlungsteilnehmern, besonders im vorderen Drittel des Aufzuges
immer wieder und mit zunehmender Heftigkeit zu Auseinandersetzungen
mit den Zug begleitenden Beamten kam. An einer Engstelle im Bereich
des Kaiserplatzes musste nach Angriffen auf die Einsatzkräfte durch
drei Beamte Pfefferspray eingesetzt werden. An dieser Stelle
gemeldete Sachbeschädigungen an Pkw wurden bei der anschließenden
Absuche jedoch nicht bestätigt. Nach einer kurzen Zwischenkundgebung
an der Hauptwache erreichte der Demonstrationszug, der inzwischen auf
450 bis 500 Personen angewachsen war, kurz nach 19.00 Uhr die Alte
Oper. Die während dieser Zeit stattfindende Zufahrt von
Opernballgästen wurde in keiner Weise beeinträchtigt. Lediglich zu
Fuß aus Richtung Fressgass´ ankommende Ballbesucher wurden durch
Gegendemonstranten vereinzelt verbal attackiert.

Noch während der Abschlusskundgebung versuchten Demonstranten
mehrfach die polizeilichen Absperrungen an der Alten Oper zu
durchbrechen, was durch den Einsatz starker Polizeikräfte verhindert
werden konnte. Dabei wurden die Beamten mit Feuerwerkskörpern
beworfen.
Aufgrund dieser Vorkommnisse wurde die Demo im Einvernehmen mit dem
Versammlungsleiter für beendet erklärt.

Bereits am Samstagvormittag haben sowohl Polizeibeamte als auch
Zeugen im Bereich Hauptwache, Taunusanlage und Junghofstraße mehrere
pyrotechnische Gegenstände (Silvesterknaller) aufgefunden, die von
bislang unbekannten Tätern im weiteren Umfeld der Alten Oper
versteckt wurden. Des Weiteren wurden mehrere zum Teil in
Plastikbeuteln und leeren Getränkedosen versteckte Behältnisse
gefunden, bei denen der Verdacht besteht, dass sie brennbare
Substanzen enthalten.
Der gewählte Zeitpunkt und die Art der Ablage, unter anderem in
Papierkörben der Parkanlage und unter Buschwerk, lassen den Schluss
zu, dass sie von gewaltbereiten Störern des Opernballes rechtzeitig
vor dem Veranstaltungsbeginn dort gezielt deponiert wurden. Offenbar
lag es in der Absicht der Täter, etwaige polizeiliche Kontrollstellen
beanstandungsfrei passieren zu können.
Die Gegenstände wurden gesichert und zwecks weiterer
kriminaltechnischer Untersuchung zum Hessischen Landeskriminalamt
transportiert. Ein Untersuchungsergebnis liegt bislang nicht
vor(Manfred Feist/Karlheinz Wagner/ 755-82115).


PolizeiOsterei

hannover is doch klar 26.02.2006 - 16:17
das polizeiaufgebot und dessen durchführung war äußerst überzogen und vorallem juristisch nicht nur bedenklich, sondern (nach bürgerlicher gesetzgebung) nicht legal.

schon im vorfeld wurden teilnehmerInnen einzeln abgefilmt und mußten sich mit Perso vor die Kamera der Bullen stellen. Wer/welche (was wir nicht mit uns machen ließen) sich nicht abfilmen lassen wollte und sich im Laufe der Demo einreihen wollte, der konnte dies nicht tun, da die Polizei einen nicht durch ließ.

das transp vorn war nicht zu sehen, da die bullen so dicht spalier liefen, dass es verdeckt war. die außenwirkung war durchträngt mit repression und krminalisierung.

ich hätte mir persönlich gewünscht, dass vorallem hartz Iv betroffene sich angeschlossen hätten- dem war leider nicht so.

aber: dennoch dank an der AA(f) für die Party am Abend, wo dann einige Biere gegen den Frust zu sich genommen werden mussten.

Erfolg: Ja!

Antifa 26.02.2006 - 17:11
Mal an alle KritikerInnen: Sagt was ihr wollt, so eine Reaktion auf eine 'Szeneveranstaltung' war lange nicht mehr da. Das letzte Mal war es der 8.5.05 in Berlin, wo aber auch nur die Demokratie abgehypt wurde und kaum Inhalte rüberkamen.

Auf allen wichtigen Medien wie TV, Presseagenturen, Radio und Internet wurde ausführlich über die Randale berichtet. Das ist es doch was wir wollen. Ob nun diese Kapitalismuskritik im Detail oder im Ganzen zu kritisieren ist, sei mal dahingestellt. Jedoch haben wir es geschafft, radikale Positionen und das vielzitierte Motto "Luxus für alle" in die Öffentlichkeit zu tragen. Jedem Außenstehenden ist klar um was es ging. Vielleicht nur sehr krass verkürzt; und bestimmt sogar, aber trotzdem ging mal eine logische Ansage an die Leute raus. Gerade sozialschwächere, die nicht deutschmobmäßig unterwegs sind, werden sich bestimmt heimlich freuen. Und alleine das war es wert, den Leuten zu zeigen, dass man trotz Bullenstaat und Arm-Reich-Schere, den Herrschenden die Show stehlen konnte. Denn welcher VIP hat schon Bock auf einen Opernball mit so eine schlechten Ruf zu gehen?

Herzliche Grüzze an die Antifa [F] und alle OrganisatorInnen

P.S. Die Gruppen die ihren Namen zur Unterstützung hergegeben haben und dann nicht kamen, sollten mal das Wort "Solidarität" definieren!

Redebeitrag des Rhein-Main-Bündnisses

Frank Jäger 26.02.2006 - 17:55
Hallo ich grüße alle, die hier gegen Sozialabbau, gegen innere und äußere Aufrüstung und gegen diesen Luxusball demonstrieren, der in diesem prächtigen Gebäude heute Abend stattfinden wird.
“Don’t enjoy that”, das ist Teil unseres Mottos und es gibt in der Tat Vieles, über das wir uns gar nicht freu-en können.

Nichts zu lachen haben bekanntlich arbeitslose junge Menschen, die auf Hartz IV/Arbeitslosengeld II an-gewiesen sind.
Die Sonderbehandlung von arbeitslosen unter 25-jährigen Jugendlichen und Jungen Erwachsenen ist an sich nichts Neues an einer Arbeitsmarktpolitik nach dem Leitbild „Fördern und Fordern“. Schon bei den Modellprojekten der Sozialämter in Köln und Mannheim, die für Hartz IV Pate standen, sind junge Men-schen in das Visier der „Aktivierungsfans“ geraten. Sie wurden z.B. in sinnlose Trainingsmaßnahmen ge-steckt und gezwungen, in Arbeitskolonnen Hilfsarbeiten zu verrichten. Die Bedingungen beim Kölner „Jump Plus“ Pilotprojekt für unter 25-Jährige waren so miserabel, dass sich 28 % der jungen Menschen aus der Maßnahme und aus dem Leistungsbezug verabschiedeten. Sie sind im wahrsten Sine des Wortes abge-sprungen. Dieser Schwund an Leistungsberechtigten wurde von den Sozialbehörden als Erfolg gefeiert. Was aus den „Abbrecherinnen und Abbrechern“ geworden ist und wie sie sich fortan durchs Leben schla-gen, darüber gibt diese Erfolgsstatistik keine Auskunft.

Mit Hartz IV wurde diese gesetzliche Sonderbehandlung junger Menschen konsequent weiterentwickelt. Dabei darf nicht aus dem Blick geraten, dass die große „Arbeitsmarkreform“ für alle Betroffenen an sich schon ein Entrechtungs- und Enteignungsprogramm war und ist. Im Arbeitslosengeld II-Bezug dürfen junge Erwerbslose unter 25 mit verschärften Sanktionen rechnen, wenn sie nicht nach der Aktivierungspfeife der Fallmanager tanzen, Nachweisschikanen nicht erfüllen und sinnentleerte ‚Trainings’ oder Ein-Euro-Jobs ablehnen.
Welche Blüten das treibt, wissen wir durch einen Fall aus Nordrhein-Westfahlen: Dort bekam eine junge Arbeitslose ihre Regelleistung komplett gestrichen, weil sie die Abgabefrist für ihren Lebenslauf um ein paar Tage verstreichen ließ. Zum Glück ging die junge Frau in Aachen vors Sozialgericht. Das hob diese Willkürentscheidung der Behörde nämlich sofort wieder auf.

Das Beispiel zeigt: Junge Arbeitslose müssen spuren, weil sonst ihre Existenz bedroht ist. Dabei haben die Behörden kaum etwas zu bieten, was jungen Menschen auf dem Arbeitsmarkt eine Perspektive verschaf-fen könnte. Auch die Arbeitgeber haben kaum noch Interesse an der Ausbildung und Beschäftigung von jungen Erwachsenen. Die bevorzugte Betreuung durch die Jobcenter mutiert zu aggressivem Fallmana-gement, das zum Ziel hat, die jungen Leute aus dem Leistungsbezug zu katapultieren. Aus dem Aktivie-rungsprinzip „Fördern und Fordern“ wird in der Praxis ein „Überfordern und Hinausbefördern“.

Den von rot-grün eingeläuteten Aktivierungskurs setzt die große Koalition fort. Die Ersten Verschärfungen bei Hartz IV wurden jetzt vom Bundestag im Schweinsgalopp verabschiedet, weitere im Koalitionsvertrag angekündigte Verschlechterungen werden folgen. Künftige Entbehrungen richten sich auf den ersten Blick nicht gegen alle Erwerbslosen, sondern gegen bestimmte Zielgruppen unter ihnen. Z.B. gegen EU-AusländerInnen und StudienabsolventInnen aus dem Ausland, denen ab April der Zugang zum Arbeitslo-sengeld II erschwert werden soll. Und die Gesetzesverschärfung richtet sich gegen unter 25-jährige Er-werbslose und ihre Familien, die in ein neues Armenrecht mit verschärften Unterhaltspflichten gezwungen werden. In der nächsten Runde, vielleicht im nächsten Monat, vielleicht vor der Sommerpause im Getöse der WM, geht es dann unverheirateten Paaren und Patchworkfamilien an den Kragen.

Die letzten Hartz IV-Änderungen wurde am 17. Februar verabschiedet. Erwerbslose junge Menschen, die nach diesem Stichtag noch im Haushalt der Eltern wohnen, müssen, wenn sie dennoch eine eigene Woh-nung beziehen wollen, sich künftig den Auszug vom Jobcenter genehmigen lassen. Das Amt wird aber ohne Weiteres nicht zustimmen. Denn genehmigen soll die Behörde nur, wenn z.B. scherwiegende soziale Gründe einem Wohnen bei den Eltern entgegenstehen. Auszug also nur dann, wenn die Familie schon so weit zerrüttet ist, dass dies dem Jobcenter nachgewiesen werden kann? Wer den Umgang mit den Alg II-Behörden kennt, braucht nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen, dass dies einem Auszugsverbot für junge Erwachsene gleichkommt. Und genau das will die große Koalition.

Junge erwachsene Arbeitslose werden in die verschärfte Unterhaltspflicht der elterlichen Bedarfsgemein-schaft gezwungen und bekommen künftig nur noch 276 Euro also nur 80 % der Regelleistung, die erwach-senen Erwerbslosen zusteht. Volljährige unter 25 werden hier behandelt wie Minderjährige. Das heißt:
1. Viele bekommen gar keine Leistungen, weil die Eltern in eine gesteigerte Unterhaltspflicht genommen werden. Die Eltern müssen demnach zuerst die erwachsenen Kinder versorgen und eigene Bedürfnisse jenseits der Existenzsicherung zurückstellen.
2. Wer zusammen mit seinen Arbeitslosengeld II-beziehenden Eltern wohnt, wird mit einer Armutsleistung abgespeist, die zum Leben nicht reicht. Diese Armutsverhältnisse schaffen gravierende Abhängigkeitsver-hältnisse und familiäre Spannungen und berauben die Familien ihrer Selbstbestimmungsrechte.
3. Wer die Situation zu Hause dann irgendwann nicht mehr aushält und dennoch, ohne Genehmigung der Behörde, auszieht, bekommt nur 80 % Regelleistung. Das sind, wie gesagt, nur noch 276 Euro im Monat. Unterkunftskosten für die eigene Wohnung werden ohnehin nicht übernommen. Auch hier braucht man keine besondere Phantasie, drohende Folgen vorauszusehen: Obdachlosigkeit, graue Wirtschaft und Kri-minalität werden von dieser Arbeitmarktpolitik aktiviert.
4. Wollen erwerbslose junge Erwachsene der vom Staat verordneten Stallpflicht entgehen, sollten Sie sich gut informieren. Es gibt auch in Zukunft noch Wege für Erwerbslose eine eigene Bleibe zu beziehen, denn die Gesetzesänderung ist mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch nicht zu vereinbaren. Leider werden Betroffe-ne in solchen Fällen eine Entscheidung vor Gericht suchen müssen...

Was beim Aktivierungsprogramm Hartz IV zum Prinzip gemacht wurde, wird durch die Sonderbehandlung von jungen Menschen auf die Spitze getrieben:
- Der Druck auf Erwerbslose soll erhöht werden, um die Leute zur Aufnahme jeder noch so miesen Tätig-keit zu zwingen oder um sie ganz aus dem Leistungsbezug zu drängen, Diese Art der Aktivierung erzielt ihre positive Wirkung vor allem in Bezug auf die Arbeitsmarktstatistik.
- Die Kürzung des Arbeitslosegeld II für eine bestimmte Zielgruppe ist außerdem ein Testballon. Ein Test, wie weit man in Zukunft gehen kann, ohne mit erkennbarem Widerstand rechnen zu müssen. Mit dem ge-planten Kombilohn könnte beispielsweise das Arbeitslosengeld für alle gesenkt werden, die keiner Arbeit nachgehen oder nicht in einer Maßnahme – einem Ein-Euro-Job – stecken.

Deshalb darf das Thema Hartz IV nicht individualisiert werden. Erwerbslosen müssen für ihre Rechte kämpfen, aber sie dürfen nicht allein gelassen werden in ihren Alltagskämpfen gegen eine übermächtige Behörde und ein schikanöses Gesetz.
- Polischer Widerstand gegen die Pläne der Koalition, Hartz IV weiter zu verschärfen, muss auf eine breite-re Basis gestellt werden: Erwerbslose, wie zuvor schon MigrantInnen und AsylbewerberInnen, dienen als Testpersonen für den Repressionsapparat der Zukunft. Der Duck auf bestimmte Zielgruppen steigt genau-so wie die allgemeinen Nachweisschikanen beim Amt. Sozialschnüffler ermitteln im Umfeld von Erwerbslo-sen und zu Hause werden diese mit Telefonabhöraktionen terrorisiert...
- Dagegen muss eine regionale Widerstandpraxis konzentriert werden auf die Bereiche, wo die Verantwort-lichen vor Ort, in den Jobcentern, den Rathäusern und Kreistagen zu greifen sind.
Hier geht es vor allem um die Übernahme der vollen Unterkunftskosten und die Verhinderung von Zwangsumzügen. Es geht um die Bedingungen bei den örtlichen Beschäftigungsträgern – den „Ein-Euro-Sklavenhändlern“ – und es geht um die Gestaltung der rieseigen Ermessensspielräume der Jobcenter vor Ort.
- Solidarische Widerstandformen müssen politische Spektren übergreifen. Vor allem die Spaltung von Be-schäftigten und Erwerbslosen muss überwunden werden. Denn die Beschäftigten von heute sind die Arbeitslosengeld II-Beziehenen von morgen.

rechtswidrige Maßnahmen der Polizei

genervter 26.02.2006 - 18:06
DeMaßnahmen der Polizei sind in meinen Augen rechtswidrig. Teilnehmende durften, nachdem sich der Demozug in Bewegung setzte, diesen nicht mehr verlassen. Somit war man kein Individuum mehr und konnte nicht selbst entscheiden. Man hatte praktisch nicht das Recht, die Demo zu verlassen, wenn man im Verlauf merkte, daß die Interessen doch nicht die sind, mit denen man sich identifiziert. Das nur zum Prinzip. Desweiteren wurde es Menschen, die sich der Deom anschließen wollte verboten, dies zu tun. Dies ist in Meinen Augen eine Verletzung des Demonstrationsrechtes. Die Polizei war zu dem vermummt (ich dachte es gibt ein Vermummungsverbot ...) und ohne Einsatznummer, so daß nachträgliche Identifizierung nicht möglich war. Vorgehen kann man dagegen übrignes mit einer Feststellungs- bzw.
Fortsetzungsfeststellungsklage, wo dann festgestellt wird, ob/dass das
Verhalten der Polizei rechtswidrig war.

Zur Demo selbst: ich fand sie sehr szeneintern und ohne Aussagekraft nach außen. Dazu sei gesagt, daß eigentlich gar keine Aussage nach außen gemacht werden konnte, da die Bullen die Leute nicht aus dem Demozug lies und so ein Verteilen der gut vorbereiteten Flyer unmöglich war. Leider fand ich die Demo auch nicht wirklich kämpferisch, es gab wenig Sprechchöre und wenig Transpis. Lediglich die Bullenprovokationen wurden energisch mit "Haut ab" - Rufen beantwortet.

Für das nächste mal würde ich mir wünschen, daß die Abschlußkundgebung direkt am Eingang der Ballbesucher stattfindet, also direkt neben der U-Bahnstation "Alte Oper". Während der Abschlußkundgebung gingen Ballbesucherinnen ungestört mit ihren Pelzen in die Oper. Die Demonstration wurde durch die Walzermusik praktisch unhörbar gemacht. Desweiteren finde ich Zwischenkundgebungen mit extrem langen, theoretischen Reden die auch noch von Band ablaufen, mehr als schlecht. Die Zwischenkundgebung war nicht kämpferisch und für Aussenstehende ohne Information.

Schön war als alle Leute -Reclaim the Streets-mäßig anfingen zu tanzen, während sich der Lautiwagen kurz vor der Oper seinen Weg vorbei der Absperrungspfosten suchen musste.

Also, schöne Zeit noch!

Eliten, Opernball und alles was dazugehört abschaffen!

Gegen Sicherheit

antifa r4 giessen 27.02.2006 - 12:56
Redebeitrage der antifa r4:

In der Nacht vom 29. auf 30.1.2006 hat die Polizei in Giessen einen 33. jährigen Algerier in den Tod gejagt. Auf der Flucht vor der Polizei wurde er von einem Zug erfasst und getötet. Dass Auto des Mannes war nicht zugelassen und er wollte sich offensichtlich nicht von der Polizei kontrollieren lassen, vielmehr lässt sich über den Hergang nicht herausfinden. Alles was bekannt ist, sind die Aussagen von den beteiligten Polizeikräften. Die Giessener Zeitungen die davon berichteten, ließen die Redakteure zu Wort kommen, die schon seit jeher dem zunehmenden Sicherheitswahn die Hand halten und reaktionäre Politik vorantreiben. U.a. mit der Forderungen das Obdachlose die Bänke in öffentlichem Parks nicht nutzen dürften oder Hetze gegen linke/autonome Aktivitäten. Die Frage, ob die Polizei nicht vielleicht die Jagd hätte einstellen sollen, wenn eine lebensbedrohliche Situation entstehen kann oder, dass die Rücknahme der Gefahrenabwehrverordnung in Betracht der jüngsten Konsequenzen gefordert wird, ist von den VerterterInnen dieser reaktionären und selbstherrlichen Politik nicht zu erwarten.

Ein kleiner Exkurs in die Vergangenheit verdeutlicht, wie sich Giessen zur Stadt der „Uniformenvielfalt“ entwickelt hat. Begonnen hat das ganze nach Bildung des neuen Giessener Magistrats durch die CDU/FDP/FWG-Koalition. Nach der Installierung von zahlreichen Überwachungskameras, war die Einführung der sog. „Gefahrenabwehrverordnung“ die erste Umsetzung des im Wahlkampf der CDU propagierten SOS-Programms. Diese beinhaltet so sinnvolle Verbote wie das Teppichausklopfen zur Strasse hin, legt Bußgelder wegen Verunreinigung des Bürgersteiges u.ä. fest, verbietet das öffentliche Trinken in Gruppen ab 3 Personen, sowie das Verteilen von Flugblättern und fördert die sozialrassistische Vertreibung von Obdachlosen, Alkohol- und Drogenkranken, sowie Bedürftiger aus der Innenstadt. Neben Betteln, dem öffentlichen Gruppentrinken (mit Ausnahme bei Stadtfesten natürlich) Wühlen in Mülleimern, ist auch das Schlafen im Freien verboten.
Vorangetrieben wird diese Vertreibungspolitik insbesondere von dem hessischen Innenminister Volker Bouffier, ein Giessener, der offensichtlich in seiner Heimatstadt ein Exempel statuieren will.
Der Kirchplatz hat mittlerweile die höchste Polizeidichte Mittelhessens, nahezu täglich werden dort und an anderen Orten in der Stadt, soziale Randgruppen kontrolliert und vertrieben. Unterstützt wird die Polizei hierbei von zahlreichen Ordnungs- und Sicherheitsdiensten, städtische und freiwillige.
Nahezu wöchentlich finden Schleierfahndungen in der Stadt und Anwendung des Rasterfahndungsprinzips statt. Die Praxis der Rasterfahndung wird dabei auch unumwunden von Polizeibeamten gegenüber den betroffenen Person zugegeben. Ins Fadenkreuz geraten dabei in erster Linie vermeintliche Linke, als potentielle DrogenkonsumentInnen als auch Menschen mit nicht-deutscher Herkunft oder vermeintlich ausländischem Aussehen. Die Kontrolle des Algeriers um jeden Preis, die letztlich zu dessen Tod führte, ist ebenso als Teil der diskriminierenden und rassistischen Verfolgungsmaßnahmen zu bewerten, wie die gezielten Kontrollen von vermeintlichen Ausländern am Giessener Bahnhof.
Die Schleierfahndung findet nicht nur auf hessischen Autobahnen und Landstrassen statt. Sogar tagsüber in der Innenstadt gerieten in den letzten Monaten Betroffene in die präventiven Maßnahmen der Strafverfolgungsbehören.
Der Vertreibung von sozialen Randgruppen und der Schikanierung alternativ aussehender oder lebender Menschen folgt die Kriminalisierung sozialer Bewegungen.
Ein Beispiel ist der skandalöse Prozess, der gegen Menschen aus der Projektwerkstatt geführt wird, welche eine der aktivsten Gruppen im Protest gegen die Gefahrenabwehrverordnung waren. Wie auch immer man zu den Strategien und Handlungen der „Gruppe“ steht, die Kriminalisierung macht deutlich: Wer sich zu laut und langfristig gegen diese Politik zur Wehr setzt, bekommt massive Schwierigkeiten.
Eine neue Errungenschaft Giessens, als auch anderer Städte ist die Einführung von sog. „Business Improvement Districts“ (BID), das Konzept soll Stadteile, die wirtschaftlich hinterherhinken auf Touren bringen. Dabei schließen sich Gewerbetreibende und Grundstückseigentümer zu einem Verein zusammen, zahlen in diesen Geld ein und kümmern sich in der Folge um die Aufwertung, Vermarktung und Säuberung des Stadtteils. Hierbei werden nicht die Interessen aller dort lebenden Menschen berücksichtigt, an den Beschlüssen haben nur die Ladeninhaber und Gründstückseigner mitzureden und davon nur die, die bezahlt haben. So hat Giessen nun in der architektonisch ansprechenden Innenstadt ein „Marktquartier“ was damit lockt dort „das besondere zu entdecken“.

Dass mit Einführung der BID´s das Aufräumen der Innenstädte weiter vorangetrieben wird liegt auf der Hand; neben ohnehin schon zahlreichen städtischen und polizeilichen Maßnahmen werden nun die Interessen der Gewerbetreibenden zusätzlich gebündelt. So ist ein Ziel der BID, die betreffenden Gegenden angenehmer, d.h. konsumfreundlicher zu gestalten, bspw. Graffitis und anderen Unrat zu entfernen. BID-Konzepte sind jedoch nur ein aktuelles Beispiel für Gestaltung öffentlichen Raums. Wie auch immer das Konzept heißt, öffentlicher Raum wird immer mehr zu einer Ressource, die auf ihre Verwertbarkeit geprüft, entsprechend genutzt und bei Bedarf faktisch privatisiert wird. Es zählen nicht die Interessen der Menschen die dort Leben und verkehren, sondern im Mittelpunkt stehen ökonomische Gesichtspunkte, die es mit aller aufgebotenen Sicherheit zu schützen gilt.
Die Auseinandersetzungen um Orte und Plätze in den Innenstädten spiegeln die gegenwärtigen Machtverhältnisse wider, aktuelle Stadtentwicklungen manifestieren die voranschreitende Kluft zwischen Arm und Reich und setzen diese mehr und mehr geografisch fest; unliebsame Gruppen und Personen werden auf Distanz gehalten und ausgegrenzt. In den Innenstädten sollen die Zustände entschärft werden, die gesellschaftliche Teilung nach sozialem Verhalten und finanziellen Möglichkeiten wird von Polizei und Ordnungsdiensten praktische umgesetzt, die Ärmeren und Unpassenden werden in Gegenden gedrängt die aus dem Blickfeld sind. Die Freizügigkeit ist längst kein Recht mehr auf das sich alle berufen können. Wer nicht der Rolle als einkaufende Person gerecht wird, wird schnell zum Opfer von Sicherheit, Ordnung und Sauberkeit. Kommunikation zwischen den gesellschaftlichen Gruppen wird so weitestgehend unterbunden, staatliche Integrationsmaßnahmen gehören der Vergangenheit an, in der Folge werden sich die Sozialen Konflikte verschärfen und gegenseitiges Unverständnis zwischen den verschiedenen Gruppen wachsen. Aus dieser Mischung entstehen wiederum Bedrohungsszenarien die massive Überwachung rechtfertigen. Oft stehen dabei Themen im Vordergrund, die im Grunde nicht von strafrechtlicher Relevanz sind, z.B.: die Unsauberkeit von Plätzen und Straßen, Alkohol trinken und Betteln.

Wie es in den Wald hinein gerufen wird so schallt es mehrfach hinaus.
Die Propaganda die um den Abbau des Sozialstaates und die ausufernde Überwachung gemacht wird, ist so umfassend wie erfolgreich. „Man muß die Ängste der Bürger ernst nehmen“, mit dieser Prämisse werden die Befindlichkeiten der BürgerInnen zur Begründung für politische und polizeiliche Handlungen, die längst nicht mehr dem Grundsatz des Unschuldsmomentes entsprechen, sondern viel mehr alle verdächtigt die ins jeweilige Raster passen. Der Staat, der seine ökonomische und sozialstaatliche Handlungsfähigkeit zunehmend reduziert, fördert im Gegenzug seine Überwachungsaufgaben. So wird im Sinne der ökonomischen Handlungsfähigkeit immer mehr das Funktionieren des Systems, des Aufrechterhaltens von Sicherheit und Ordnung, durch umfangreiche Repressions- und Überwachungsapparate gewährleistet. Es wird versucht zusammenzuhalten, was im Grunde durch das grundlegende Prinzip der Gesellschaft, das kapitalistische, zerstört wird.
Die Akzeptanz die der Inneren Aufrüstung entgegenschlägt ist groß, der Widerstand marginal. Zum einen entwächst die breite Zustimmung gegenüber der Inneren Aufrüstung und dem Sozialabbau der Propaganda mit der auf den Weg geschickt wird. Doch darin allein die Ursache für breite Zustimmung zu sehen wäre vereinfacht.
Gerade Phasen in denen die Kluft zwischen Arm und Reich wieder wächst, bekommen nicht gerade solidarische und/revolutionäre Positionen Zulauf, vielmehr Entstehen panische Versuche auf den Zug nach Oben aufzuspringen, und dabei gilt es Leistung zu zeigen, nach unten treten und auszugrenzen; der Überwachungsapparat ist mit seine repressiven Folgen die logische Antwort. Sozialer Abstieg ist für viele eine reale Gefahr, der Sozialneid wächst wie die klammheimliche bis offene Freude über die Säuberung der Innenstädte. Denn es wird nicht nur der Schmutz hinaus getragen, sondern auch der personifizierte soziale Abstieg, das potentiell eigene Schicksal wird aus dem Blickfeld gekehrt. Wasser auf den Mühlen der Konkurrenzgesellschaft. Staatliche Maßnahmen orientieren sich weniger an den Bedürfnissen der Menschen, als an den Anforderungen der Repressionsapparate. Der Sicherheitswahn steigert sich von selbst immer weiter, der Erfolg kommt von der breiten Akzeptanz.

Der jüngste Todesfall in Giessen zeigt es mal wieder mit aller Deutlichkeit:
Das Maß ist längst voll. Die Linke kann hier nicht mit Mitleid gegenüber Betroffenen dienen, das kann getrost den bürgerlich linken Gutmenschen überlassen werden, die damit im Endeffekt die herrschenden Zustände bestätigen und stärken. Genauso dürfen die Reaktionen nicht in einer abstrakt-theoretischen, mithin universitären Ebene bleiben, sie müssen dort stattfinden wo sich die geschichtliche Gegenwart befindet: In den derzeitigen Politik- und Herrschaftsstrukturen. Dabei ist das Beharren auf bürgerlichen Grundrechten lediglich als ein Mittel dafür zu sehen, dass wir weiter in der Lage sind Widerstand zu leisten und nicht die Verwirklichung einer emanzipatorischen Perspektive. Alles andere wäre ein Schlag ins Gesicht der Betroffenen, mitunter also in das eigene. In einer Gesellschaft wo „die Krankheit zum Symptom der Genesung wird“ kann die Antwort nur ein Angriff auf die Überwachungsgesellschaft und all ihre Auswüchse und Multiplikatoren sein. Das Ziel kann nur eine emanzipatorische, herrschaftsfreie Gesellschaft jenseits von Kapitalismus und Überwachungsgesellschaft sein.
In diesem Sinne: Gegen den Opernball 2006, refuse-resist-revolt...join the revolution

Ex-Steffi -Transpi war auch zu sehen

... 27.02.2006 - 13:50
Anlässlich des gleichzeitig stattfindenden bundesweiten Aktionstages für Wagenplätze, linke Freiräume und Selbstverwaltung gab es auch ein Transparent für das akut von der Räumung bedrohte AZ Ex-Steffi in Karlsruhe zu sehen.

Nach dem die Gespräche von der Stadt als gescheitert bezeichnet und die Räumung der Ex-Steffi Ende März angedroht wurde (  http://de.indymedia.org/2006/02/139252.shtml), finden die nächsten Aktionstage vom 29.3.-2.4.06 statt.
Ob diese dann auch den friedlichen Charakter haben werden ist jedoch mehr als fraglich.
Höhepunkt wird eine grosse Streetparade sein.

Die Nacht ist nicht nur zum schlafen da!
Ex-Steffi verteidigen!
Luxus für alle!



Homepage:  http://www.exsteffi.de

Wo ist die "Innenstadt"?

städter 27.02.2006 - 14:07
Den Artikel über die "BID"´s finde ich nicht schlecht.Jedoch der Begriff "Innenstadt" passt nicht.Dieser wird selbst von den Herrschenden nicht mehr so gebraucht.Im Zeitalter von "moderieren" und "gouverance" hat dieser Begriff doch zuviele "vertikale" Konnotationen,als das man diesen den Beherrschten noch zumuten dürfte.
Vielleicht ist dies ein Indikator eines "Neodemokratismus" der Herrschenden,der wieder stärker auf zentrale Einheiten zurückgreifen mag.Dies läuft aber innerhalb einer Entwicklung ab,den man "Zwischenstadt" nennen könnte.

Redebeitrag der Gruppe dissident

dissident 28.02.2006 - 12:21
Der Redebeitrag konnte leider nicht gehalten werden, da sich die Demo durch Polizeirepression verschleppte und mensch noch die Gäste an der Oper empfangen wollte. Darum hier zu Dokumentation:

In ihrer Neujahrsansprache forderte Bundeskanzlerin Merkel die Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik auf, sich jeweils eines ihrer Probleme vorzunehmen und zu lösen. Wir sollen uns aktivieren, aufhören unsere schlechten Lebensumstände zu bejammern und anfangen unser Leben zu gestalten. Wir sollen bei Gesundheitsvorsorge und Rente mehr Eigenverantwortung zeigen, damit die Lohnnebenkosten gesenkt werden können. Dieser Appell ist keine Freiheit von den Zwängen des alten Sozialstaates. Er zwingt uns die durch Angriffe des Kapitals forcierte Unsicherheit in unseren Lebens- und Arbeitsbedingungen selbst aufzufangen. Parallel dazu trichtert uns die „Du bist Deutschland“ Kampagne seit Ende vergangenen Jahres ein: „Behandle dein Land doch einfach wie einen guten Freund“. Wir alle sollen also aktiv werden. Aktiv für den Standort Deutschland, der sich im internationalen Wettbewerb mit anderen Standorten in Europa, Asien und den USA befände. Mit solchen Kampagnen soll der Eindruck erweckt werden, es gäbe ein gemeinsames Interesse „aller Deutschen“ am Erfolg transnationaler Konzerne, die ihren Sitz in der Bundesrepublik haben. Für deren Gewinne sollen wir „von der Bremse runtergehen“, wie es an anderer Stelle in Spots der Kampagne heißt. Schließlich, so der neoliberale Mainstream, hätten wir alle etwas davon, wenn es dem Standort Deutschland gut geht. Höhere Unternehmensgewinne würden Arbeitsplätze schaffen oder zumindest die noch existierenden sichern. Dementsprechend werden die Menschen in diesem Land dazu verdammt, immer größere soziale Schweinereien hinzunehmen. Ausweitung der Arbeitszeit, eine Verschärfung des Arbeitszwanges und immer größere Zugeständnisse bei den Löhnen und Gehältern fördern im Rahmen der Standortideologie den Erfolg eines „Modell Deutschlands“. Verbunden mit direkter Erpressung von Beschäftigten in den unterschiedlichsten Branchen hat diese Ideologie leider immer größeren Erfolg und schafft es, die noch existierenden Abwehrkämpfe von Belegschaften und sozialen Bewegungen gesellschaftlich zu isolieren.
Dabei müsste dieses Konzept an den eigenen Widersprüchen scheitern. Über 25 Jahre Standortrethorik und Abbau sozialstaatlicher Sicherungssysteme konnten die von ihnen gegebenen Versprechen von Arbeitsplatzsicherheit und dem Ausbau von Freiheit in der Gesellschaft keinesfalls halten. Für die Beschäftigten bspw. bei der Telekom und bei VW muss es derzeit wie Hohn klingen, wenn behauptet wird höhere Unternehmensgewinne würden zu sicheren Arbeitsplätzen führen. Trotz guter Gewinne im vergangenen Jahr und aller Zugeständnisse der Vergangenheit drohen beide Unternehmen mit Arbeitsplatzabbau in gewaltigem Ausmaß: die Telekom will 30.000 Stellen abbauen und VW überlegt Komponentenwerke wie Baunatal und Salzgitter zu schließen. Und auch der Ausbau von Freiheiten hat sich in sein Gegenteil verkehrt. Die vermeintliche Freiheit durch den Rückbau des Sozialstaates hat nur die Unsicherheit in Arbeits- und Lebensverhältnissen gebracht. Von uns wird eine Flexibilität gefordert, die keinerlei Rücksichten auf Beziehungen, Freundschaften und freie Wahl des Wohnortes mehr nimmt, sondern verlangt sich den Erfordernissen der Wirtschaft anzupassen. Durch die Befristung von Arbeitsverhältnissen wird es unmöglich, sein weiteres Leben zu planen, da niemand mehr weiß, ob er nächstes Jahr noch Arbeit hat. Und schließlich die offensichtliche Beschneidung der Freiheit von Erwerbslosen durch die Hartz IV Gesetze. Spätestens hier wird offensichtlich, dass es bei dem Gerede über Freiheit nie um die Freiheit von Lohnabhängigen, sondern nur um die Freiheit ging diese noch effektiver ausbeuten zu können.
Hintergrund dieser Entwicklungen ist die Transformation des alten Sozialstaates, der vor allem den Klassenkompromiss nach '45 garantieren sollte, in einen Wettbewerbsstaat. Dessen Aufgabe ist es den international operierenden Kapital durch die Bereitstellung von Infrastruktur und gut ausgebildeten Arbeitskräften bestmögliche Verwertungsbedingungen zu bieten. Für die Konkurrenz mit anderen Wettbewerbsstaaten muss er die Bevölkerung zu immer größeren Zugeständnissen zwingen bzw. überzeugen, dass diese sinnvoll sind. Zu diesem Zweck wird auf den bereits beschriebenen Mix aus Standortdiskursen und Repression zurückgegriffen. Der Staatsapparat versucht seine Bürgerinnen und Bürger zu aktivieren, zu eigenständig im Sinne des Standorts funktionierenden Ich-AGs zu machen.

Menschen sind jedoch keine Ich-AGs. Sie sind nicht automatisch die Ware Arbeitskraft, von der Marx im Kapital spricht, sondern müssen im Verwertungsprozeß dazu gemacht werden. Und wie derzeit deutlich wird, bricht der Widerstand dagegen immer wieder auf. So scheint die Bundesrepublik eine Renaissance der ArbeiterInnenbewegung zu erleben. Parallel haben sich verschiedene Streiks entzündet: Bei AEG streiken die ArbeiterInnen gegen ihren Absturz in Hartz IV, bei Gate Gourmet streiken die ArbeiterInnen für ihre Würde am Arbeitsplatz, im öffentlichen Dienst streikt ver.di gegen eine Verlängerung der Arbeitszeiten ohne vollen Lohnausgleich und im März steht die erste Metall-Tarifrunde an, in der alles auf Konflikt eingestellt ist. All diesen Kämpfen ist gemeinsam, dass die ArbeiterInnen und Angestellten trotz aller Standortrhetorik keine Zugeständnisse mehr machen wollen. Sie weigern sich ihre Bedürfnisse länger der Verwertungslogik völlig unterzuordnen. Das heißt keineswegs, dass sie nicht anfällig wären für Einbindungsversuche durch Parteien, Gewerkschaftsapparate und deren nationalistische Konzepte. Aber sie bilden eine Grenze für eine weitere Ausweitung der Warenlogik auf alle Lebensbereiche. Ihre Kämpfe haben einen hohen symbolischen Charakter und werden stellvertretend für große Teile der Lohnabhängigen geführt. Bei AEG und Gate Gourmet entscheidet sich, ob sich Beschäftigte gegen die Zumutung ihrer Unternehmensleitungen zu wehr setzen können. Beim Streik im öffentlichen Dienst geht es um die Frage unserer Arbeitszeit. Müssen wir demnächst mehr als 40h arbeiten oder bleibt die Chance auf eine Verkürzung der Arbeitszeit erhalten? Außerdem wird sich nach dem Einsatz von 1-Euro Jobbern als StreikbrecherInnen in diesem Streik entscheiden, ob die Erpressung der Noch-Beschäftigten durch Hartz IV mit Gewinn des Kampfes zumindest vermindert werden kann. In der Metall Tarifrunde schließlich entscheidet sich, ob nach der Niederlage um die 35h-Woche ein wenigstens geringer Fortschritt bei den Reallöhnen erreichbar ist, oder ob die Abwärtsspirale für die nächsten Jahre festgelegt wird.
Wegen des hohen symbolischen Gehalts, den diese Kämpfe haben, gilt ihnen unsere Solidarität. Auch wer nicht mit dem politischen Kurs hiesiger Gewerkschaften einverstanden ist, muss anerkennen, dass die Lohnabhängigen nur in solchen Auseinandersetzungen ihren Glauben an eine Umgestaltung der Verhältnisse zurückgewinnen können. Ohne Widerstandserfahrungen aus solchen Kämpfen und der damit verbundenen Stärkung der sozialen Bewegung ist eine Mehrheit für ein Projekt, in dem die Bedürfnisse der Menschen die Ziele der Produktion bestimmen und nicht mehr die Produktion die Ziele der Menschen, unmöglich. Aus diesen Widerstandserfahrungen den Willen nach mehr als einen sozial abgefederten „rheinischen Kapitalismus“ zu machen, muss in linker Intervention und gemeinsamen Kämpfen erarbeitet werden.

Daher:
Solidarität mit den streikenden Kolleginnen und Kollegen von AEG, Gate Gourmet und des Öffentlichen Dienstes!
Der Opernball ist ein Symbol ihrer und unserer Unterwerfung. Versauen wir den Herrschenden ihre Party!


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bild von hr — rolf