G8 2003 Berufung

Aubonne Support Gruppe 24.02.2006 01:49 Themen: G8
G8 2003 Aubonne Bridge
G8 2003: AktivistInnen legen Berufung gegen den Freispruch für
Polizeibrutalität ein.

Nach dem Freispruch für die zwei schweizer Polizeibeamten, die sie während der G8 Proteste im Sommer 2003 fast getötet hätten, haben Gesine Wenzel und Martin Shaw beschlossen Berufung gegen den Beschluss des regionalen Gerichts einzulegen.

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Während des G8 Gipfels 2003 in Evian, Frankreich organisierten einige AktivistInnen eine Autobahnblockade, um Delegierte an der Anfahrt zu hindern. Um den Delegiertenkonvoi weiter zu verzögern, seilten sich Gesine Wenzel und Martin Shaw von einer Brücke ab. Die schweizer Polizisten Claude Poget und Michael Deiss waren nach kurzer Zeit vor Ort. Deiss schnitt das Kletterseil, an dem die beiden hingen durch und töte damit beinahe Shaw, der 23 Meter tief stürzte. Ein schweizer Gericht sprach die beiden Beamten letzte Woche unter großer nationaler und internationaler Medienpräsenz frei von jeglicher Verantwortung für die Folgen ihres Handelns. Die AktivistInnen werden jetzt in Berufung gehen.

« Dieser Prozess war ein reines Theater, das dazu diente die öffentliche Meinung zu manipulieren und das Blut von den Händen der Polizeibeamten zu waschen. » , erklärte Gesine Wenzel. « Dieses Urteil ist nur ein
weiterer Beweis, dass die Polizisten in der Schweiz nahezu vollständige Straffreiheit genießen. Es ist als würde ihnen eine Blankocheque für alle Misshandlungen und Gewalttaten ausgestellt. Mit unserer Berufung wollen wir die Tatsache aufzeigen, dass dieses System von oben bis unten korrupt ist. »

Ihr Anwalt Jean-Pierre Garbade erklärt dazu: « Die Polizisten sind schuldig. Der Einsatzleiter Claude Poget hat mehrere Fehler begangen. Er ignorierte seine Anweisungen den Dialog mit den AktivistInnen zu suchen
und drängte sie einfach von der Straße, ohne die Situation näher zu untersuchen. Außerdem ist es unverantwortlich, dass er seinen Untergebenen nicht über die beiden KletterInnen unterichtete. Desweiteren
hätte Michael Deiss nicht aktiv werden dürfen, ohne um Einverständnis zu fragen. Der Freispruch in dieser Instanz ist eine Fehlentscheidung. »

Martin Shaw sagte: « Die Argumentation der Verteidiger ist vorhersehbar und dennoch erschreckend. Der gesamte Prozess hat sich angefühlt, als würde er gegen uns und nicht gegen die Polizisten geführt. Die Opfer zu beschuldigen ist eine der feigsten möglichen Reaktionen. Sie behaupten unsere Aktion sei unsicher gewesen, als ob wir unser eigenes Seil durchgeschnitten hätten. Ihre Entschuldigung ist, dass die Polizei gestresst war und ihnen die Aktionsform unbekannt war. Tatsächlich war es ihnen viel wichtiger den Verkehr wieder zum fließen zu bringen, weil die G8-Delegation unterwegs war, als unser Leben zu schützen. Der gesamte juristische Prozess dient der Verschleierung dieser Polizeigewalt. »

Die UnterstützerInnengruppe erklärte unterdessen: « Die Straffreiheit für die Polizei hat in der Schweiz eine lange Tradition. Zum ersten mal seit mehr als 20 Jahren mussten sich Polizeibeamten für Mißbrauch ihrer Position vor einem so hohen Gericht verantworten. Das Rechtssystem ist so gestaltet, dass es die Verurteilung von Polizisten nahezu unmöglich macht. Gericht und Anklage arbeiten Tag für Tag mit eben diesen Polizisten zusammen. Schon deshalb werden sie sie nicht verurteilen. Die einzige Institution, die halbwegs unabhängig entscheiden könnte wäre das Bundesgericht, aber ein Gesetz unterbindet jegliche Klagen gegen Beamte vor dem Bundesgericht. Somit haben sie ein System geschaffen, das die Verfahren gegen Polizeibeamte immer ihren Kollegen überlässt. »

« Nach dem G8 Gipfel in Evian gab es zahlreiche Beschwerden wegen Polizeigewalt, die von dem Staatsanwalt abgelehnt wurden. 15 Menschen haben in den letzten Jahren einen Teil ihres Augenlichts durch Gummigeschosse verlohren, die auf ihren Kopf abgeschossen wurden. Die Polizei behauptet immer sie könnte den Polizisten, der den Schuß abgegeben hat nicht identifizieren. So auch im Fall von Guy Smallman, einem Journalisten, der während der G8 Proteste 2003 mit einer Schockgranate beschoßen wurde, die seinen Unterschenkelmuskel schwer verletzte. »

Die Antwort des Berufungsgerichts, der höchsten in diesem Fall möglichen Instanz, wird in diesem Sommer erwartet. Sollte die Berufung abgelehnt werden, bleibt als einzige rechtliche Option die Eröffnung eines zivilrechtlichen Entschädigungsverfahrens gegen den Kanton Vaud, der für die Handlungen seiner BeamtInnen haftet. Doch auch hier dürften die Chancen nicht gut stehen, da die Polizei in der Schweiz Straffreiheit zu genießen scheint.

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