Großdemonstration bereitet Zapatero Sorgen

Ralf Streck 23.02.2006 12:20 Themen: Weltweit
Die Knie des spanischen Regierungschefs werden nach der riesigen Demonstration von Hunderttausenden Katalanen am Wochenende weicher.  http://de.indymedia.org/2006/02/139486.shtml José Luis Rodríguez Zapatero habe inzwischen bei der Republikanischen Linken Kataloniens (ERC) angefragt, wie man die Lage neu ausrichten könne. Zuvor hatte er den Partner ERC ausgebootet  http://de.indymedia.org//2006/01/137156.shtml und versucht mit den konservativen Nationalisten der CiU ein verwässertes Separatabkommen über das neue Autonomiestatut zu schließen. Bilder der Demo:  http://de.indymedia.org/2006/02/139566.shtml
Die Sorge drückte Zapatero gegenüber dem Generalsekretär der ERC aus. Gemäß Joan Puigcercós zeigte sich Zapatero „überrascht von der Demonstration“. Überrascht von der Größe waren auch die Veranstalter, zu der die ERC als einzige Partei mit Vertretung im Parlament aufgerufen hatte. Die Plattform mit dem Namen „Pel dret a decidir“ (Für das Recht zu entscheiden) rief nach der Demonstration die „politische Klasse“ zur „Reflektion darüber auf, was die Katalanen wirklich wollen“. Mit ihr hatten mehr als 600 katalanische Organisationen aufgerufen, um die historischen Rechte Kataloniens als Nation und das Recht über die eigenen Zukunft selbst zu entscheiden, zu verteidigen.

Die Plattform debattiert derweil über neue Aktionen, um den Entwurf eines neuen Autonomiestatuts zu unterstützen, wie er im letzten Herbst mit 90 Prozent der Stimmen das Regionalparlament passierte. Bei dessen Behandlung im spanischen Parlament sind Zapateros Sozialisten (PSOE) und die konservativen katalanischen Nationalisten (CiU) vor dem Druck der ultrarechten Volkspartei (PP) eingeknickt  http://de.indymedia.org//2006/02/138086.shtml . Die läuft allein Sturm läuft gegen jede Veränderung. Ohne die ERC zu fragen, hatten deren sozialistischern Bündnispartner mit der CiU das geplante Finanzierungssystem beerdigt. Statt im 1. Artikel Katalonien als „Nation“ zu definieren, wird nun nur noch unverbindlich im Vorwort von einer „Nationalität“ gesprochen.

Die ERC hat Zapatero erneut ihr „Nein“ zu der verstümmelten Version vermittelt. Sie werde sich nicht von dem entfernen, was die Menschen fordern. „Ein signifikanter Teil der katalanischen Bevölkerung will die Anerkennung“, sagte Puigcercós. An einer „korrekten Definition als Nation“ führt für ihn kein Weg vorbei. Vor allem die katalanischen Sozialisten versuchen weiter den Protest zu instrumentalisieren, zu dem sie gar nicht aufgerufen haben. Der katalanische Regierungschef Maragall sieht nun wieder Chancen auf eine Ausweitung des Statuts in Verhandlungen, um die ERC wieder einzubinden.

Wenn Zapatero die Stimmen der ERC aber im Parlament will, muss es eine eigenständige Finanzierung geben. Wie die Basken seit 25 Jahren, wollen auch die Katalanen die Steuern einziehen und mit Madrid die Quote aushandeln, die an den Zentralstaat abgeführt wird. Mit Blick auf anstehende Veränderungen im Baskenland, fordert die ERC nun zusätzlich einen „Vorbehalt“. Katalonien müssten „die gleichen Ergebnisse“ wie den Basken zugestanden werden. Statt der ERC müssen nach dem massiven Protest nun die PSOE und CiU fürchten, dass sie bei möglichen vorgezogenen Neuwahlen für ihr Verhalten abgestraft werden.

© Ralf Streck, Donostia-San Sebastián den 22.02.2006
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