Konspiration gegen Morales in Bolivien

Ralf Streck 13.02.2006 10:29 Themen: Weltweit
Multinationale Ölfirmen konspirierten gegen die neue bolivianische Regierung, erklärte letzte Woche der Präsident Evo Morales. "Man spricht darüber, wie man Bewegungen zur Destabilisierung unserer Regierung finanzieren kann", sagte Morales, der vor vier Wochen das Amt übernommen hatte. Die Militärführung habe die Regierung darüber unterrichtet, weshalb weitere Ermittlungen eingeleitet wurden, sagte Morales. Namen nannte er nicht, er schloss nur die brasilianische Firma Petrobas explizit aus. Die zweigrößten Öl- und Gasvorkommen in Südamerika nach Venezuela werden noch von der spanisch-argentinischen Repsol-YPF, der französischen Total, von British Gas, British Petroleum und den US-amerikanischen Firmen Exxon und Enron kontrolliert.
Der spanische Botschafter in La Paz sprang für Repsol in die Bresche und dementierte, dass der Ex-Staatsbetrieb an der Konspiration beteiligt sei. "Alle spanischen Firmen haben großes Vertrauen in die legitime Regierung", erklärte Francisco Montalbán. Denen "läge nichts ferner" als die Stabilität Boliviens zu gefährden. Am Samstag machte Monatalbán sich erneut zum Repsol-Sprecher und kündigte ein baldiges Treffen der Firma mit der Regierung an, um über deren Politik in Bezug auf die Energiereserven zu sprechen.

Zu sprechen gibt es einiges, denn Repsol wird auch vorgeworfen, sie habe über ihre Tochterfirma Andina Benzin im Wert von fast 6,5 Milliarden Dollar aus dem Land geschmuggelt. Das behauptet der Präsident der staatlichen Erdöl- und Gasgesellschaft Boliviens (YPFB) Jorge Alvarado. Demnach habe Repsol über ihre Tochterfirma Andina insgesamt 160.211 Barrel Benzin aus dem Land gebracht. "Der Wert dieser Menge, die vermutlich ohne die notwendigen Genehmigungen ausgeführt wurde, beträgt 6.404.904,60 Dollar", sagte Alvarado. Er fügte an, Andina habe erklärt, es habe sich um eine Mischung aus Rohöl und anderen Komponenten gehandelt. "Doch wegen des spezifischen Gewichts wissen wir, dass es zu einem hohen Anteil Benzin enthielt". Autorisiert worden sei ein Rohölgemisch und auch nur für einen Teil der Gesamtmenge.

Boliven untersuche nun alle Dokumente über die Exporte in den Jahren 2004 und 2005. Die Zollbehörde werde demnächst ein Gutachten vorlegen. Reiche es nicht für ein Strafverfahren, handele es sich um einen „Verstoß gegen geltende Normen“. Das führe zu einem administrativen Verfahren und Repsol werde mit einer Geldstrafe belegt, sagte Alvarado.

Ob Repsol tatsächlich konpiriert hat, ist noch unklar. Klar ist bisher nur, dass Repsol von dem Politikwechsel besonders hart betroffen ist. Repsol hat in den letzten Jahren rund 800 Millionen Euro in Bolivien investiert und gilt als der größte Einzelinvestor im Land. Ende Januar hatte der Konzern ein Viertel seiner nachgewiesenen Reserven abschreiben müssen. Es handelte sich um 1,254 Milliarden Barrel Öl- und Gasäquivalente, von denen 51 % auf Bolivien entfielen. Weitere Abschreibungen werden nicht ausgeschlossen und wegen dem folgenden Kurssturz der Aktion musste ihr Handel an der Madrider Börse zeitweise ausgesetzt werden. Der Konzern wird nun in New York von Aktionären verklagt. Die Firma habe zuvor falsche Zahlen vorgelegt, um den „Wert der Aktie künstlich aufzublähen“, werfen die Repsol vor.

Die Abschreibung begründete Repsol unter anderem mit neuen Gesetzen in Bolivien. Das will heißen, die Firma hatte Reserven die Bolivien gehören als Eigentum in den Büchern geführt. Die Firma hat nun geplante Investitionen von 400 Millionen Euro in dem Land auf Eis gelegt. Zunächst müsse der „gesetzliche Rahmen“ geklärt werden. Bolivien hat alle Öl- und Gasreserven als Eigentum reklamiert. Allerdings hatte Morales bei seinem Besuch in Spanien kürzlich erklärt, Verstaatlichung „bedeute nicht, dass Firmen enteignet oder konfisziert werden“. Als ersten Schritt, um die Bevölkerung an dem Reichtum zu beteiligen, wurden die Steuern und Abgaben erhöht. Die Ölbranche muss nun statt 18 % etwa 50 % auf ihre Einnahmen zahlen.

© Ralf Streck, Donostia-San Sebastián den 13.02.2006
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Ergänzungen

Zahl

Ralf 13.02.2006 - 13:42
"El valor de estas cantidades presuntamente exportadas sin los permisos correspondientes, ascendería a unos 6.404.904,60 dólares". Das sind Milliarden.

Tschuldigung

Ralf 13.02.2006 - 15:19
Da habe ich doch tatsächlich zwei Mal das Komma am Ende als Punkt gelesen. Also tschuldigung. Es sind Millionen.

Zahl

Ponce 13.02.2006 - 20:04
Sorry, aber 6.404.904,60 sind Millionen, keine Milliarden!!! Bitte achtet auf den Unterschied. Solche Fehler nutzen der Sache wenig!

Junge Welt

Ponce 15.02.2006 - 17:23
Schade und jetzt ist sogar in der Jungen Welt der Artikel mit den falschen Zahlen erschienen. Keine schöne Sache!

Repsol ist auf Bolivien Geschäft angewiesen

Maria Eugenia Chavez 18.02.2006 - 10:45
Man muss sich die Börsennachricht vom 16.08.05 merken:
Siehe google: "Nach Ansicht von Citigroup ist Repsol-YPF auf das Boliviengeschäft angewiesen" ... auch die BG-Group und Total.... "Analysten schätzen, dass Repsol bis 2008 über 80% ihres Fördermengenwachstums in bolivien erzielen wird, auch wenn Bolivien derzeit nur 1,50 EUR je Aktie..beitrage "...
Bitte beteiligen Sie sich nicht auf die Verbreitung der Legende von den 50prozentigen Belastung. Die Erdölgesellschaften haben Macht genug es zu tun. Außerdem ist die bolivianische Presse mehrheitlich in spanischen Händen, da kursieren genug Falschinformationen.

Genau so ist es!

Cristina 21.02.2006 - 10:51
América Económica bestätigt, dass Repsol keine Steuern bezahlt. Der liebenswürdige Carlos Mesa hat sie von der 32 prozentigen Exportsteuer CEDEIM befreit.
www.americaeconomica.com/numeros4/358/noticias/agrepsolbolivialu.htm

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