EUweite Mobilisierung gegen Bolkestein-Richtlinie

meine Wenigkeit 08.02.2006 17:36 Themen: Globalisierung Soziale Kämpfe
Vom 14. bis 16. Februar will das Plenum des Europäischen Parlaments über die Bolkestein-Richtlinie zur Liberalisierung der Dienstleistungen beraten und beschließen. Deshalb fanden am 11. und 14.2. große Proteste gegen die Bolkesteinrichtlinie in Strasbourg und Berlin statt. Parallel dazu erlebt Frankreich derzeit eine riesige Protestwelle gegen den Abbau von sozialen Rechten.

www.stopbolkestein.org | verdi zur DL-Richtlinie

Update 12.2.: am Samstag Vormittag begann in Berlin die Demonstration, an der sich zwischen 30.000 und 40.000 Menschen beteiligten. In Strasbourg 7500 Menschen auf die Straße.
Artikel bei Indymedia:
Berlin, 11.2.: Bericht | Fotos und Bericht | Fotos
Strasbourg, 11.2.: Bericht und Fotos
Hendaia/Irun, 14.2.: Bericht und Fotos

Update 14.2.: In Strasbourg beteiligten sich am Dienstag zwischen 40.000 und 50.000 an der Demonstration, zu der europaweit mobilisert wurde.

Artikel bei Indymedia:
erste Infos | Video Straßburg vom 11.02. | Fotos #1 | #2 | #3 | #4 | #5 | territoriale Gewerkschaften gegen Bolkestein
Termine:
11. Februar in Strasbourg: Europäische Demonstration
11. Februar in Berlin: Aktion vor dem Wirtschaftsministerium (Invalidenpark, Berlin-Mitte)
14. Februar in Strasbourg (Place du Faubourg de Pierre): Proteste rund um das Europäische Parlament

Die Dienstleistungsrichtlinie wurde nach Frits Bolkestein benannt, ehemaliger EU-Kommissar für den Binnenmarkt.
Ziel ist die Deregulierung des EU-Dienstleistungsmarktes und die Zunahme der grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringung. Zahlreiche soziale Bewegungen und Gewerkschaften wollen alles daran setzen die geplante Richtlinie zu verhindern. Den europäischen HafenarbeiterInnen gelang im Januar mit ihrem internationalen Protest in Strasbourg die erfolgreiche Verhinderung des Port Package II. Am Samstag, 11.2. wird in Strasbourg und Berlin gegen Bolkestein protestiert. Die Bolkestein-Richtlinie hätte verheerende Folgen: Verschärfung der Lohnspirale nach unten, noch mehr Konkurrenzkampf und Konzentration, massiver Druck auf Sozial- und Umweltstandards. Dank der Niederlassungsfreiheit könnte sich ein Konzern in einem Land mit niedrigem Lohnniveau niederlassen (Herkunftslandprinzip) und dann Arbeitskräfte zu Dumpinglöhnen in einem anderen Land mit höheren Löhnen schuften lassen ohne dass die dortigen Gesetze und Tarife gelten würden. Und nicht zuletzt könnten mit der Dienstleistungsrichtlinie Teile des gestoppten Port Package II durch die Hintertüre wieder eingeführt werden.

Mensch darf sich natürlich fragen warum denn ausgerechnet an zwei verschiedenen Orten und Terminen gegen Bolkestein protestiert wird. Eines ist sicher: da sind sich einige Funktionäre von Gewerkschaften und attac in die Quere gekommen und haben eine unrühmliche Rolle gespielt...

update:
Im Europäischen Parlament wurde ein Kompromiß ausgehandelt, um die Richtlinie am 16.2. trotz Protest auf der Straße durchzudrücken. Der Begriff "Herkunftslandsprinzip" wurde ersetzt.

Weitere Texte:
ak (analyse + kritik), 18.3.2005: Die EU macht Ernst mit der Dienstleistungsliberalisierung: http://www.akweb.de/ak_s/ak493/30.htm
Vergleich Dienstleistunsgrichtlinie und Hafenrichtlinie (Port Package II): http://www.attac.de/strasbourg/fact_sheet_dlrl-pp2.pdf (PDF-Datei)
Liberalisierung pur: http://www.oew.org/de/aktuellesartikel.php?id=463
Eine Stille im Land: Montagsdemo Gera ruft gegen Bolkestein auf: http://de.indymedia.org/2006/02/138363.shtml
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Ergänzungen

Berlin: Großdemo hat begonnen

Name 11.02.2006 - 14:19
Die Polizei will 13.000 gezählt haben. Bisher war es aber immer so, daß die Polizei die Zahlen bei Demos gegen Sozialabbau gedrittelt hat, es könnten also gut 30.000 oder so sein. Aber das ist reine Spekulation und Zahlen sind nicht alles. In der Mainstream-Presse wird die Demo bis jetzt natürlich verschwiegen.

Hier schon mal ein Webcam-Bild, da aich selbst nicht mit Digicam dort sein kann.

30.000 bis 40.000

Updater 11.02.2006 - 15:42
Die Polizei hat ihre Zahlen schliesslich noch korrigiert und in einen der wenigen Berichte, die es jetzt doch in den Medien gibt heisst es:
"Nach Angaben der Veranstalter nahmen an der Demonstration rund 40.000 Menschen teil. Die Polizei schätzte die Zahl auf 30.000. Ein Großteil der Demonstranten war mit rund 600 Bussen aus allen Teilen Deutschlands angereist"
Interessanterweise haben dort auch einige SPD-Spitzenpolitiker teilgenommen. Was wollten die auf der Demo? Mit Thierse waren nämlich genau die SPDler dort, die die neoliberalen Politik am vehementesten gegen den Willen der Bevölkerung durchgedrückt haben.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 13 Kommentare

Ergänzende Fragen

Roland Ionas Bialke 09.02.2006 - 01:45
Was ist den so schlimm an Richtlinien für grenzüberschreitende Dienstleistungen? Und warum sollten grenzüberschreitende Dienstleistungen nicht mehr werden?

Jeder Anti-Nationalist kann die voranschreitende Globalisierung nur begrüssen, auch wenn die heutigen professionellen Politiker zu viele Fehler im Bezug auf dei Globalisierung machen. Das Wort hat der Fehler wegen schon gelitten.

Wollt ihr etwa ewig Grenzen stehen haben? Wenn Du sonstwo arbeiten willst, dann arbeite sonstwo. Und wenn einer aus sonstwo hier arbeiten will, dann soll er hier arbeiten. Und das Wort arbeiten lässt sich mit vielen anderen und besseren Verben austauschen.




@ Roland

irgendwer 09.02.2006 - 01:51
Sag mal, du hast die letzten 10 Jahre geschlafen - oder? Weisst du, was "Globalisierung" bedeutet? Das ist ein Begriff aus der Wirtschaft, der Wirtschaftsharmonisierung zu Gunsten der Großkonzerne bedeutet. "Globalisierung" ist ein P.R.-Begriff der neoliberalen Ideologen, deren Ziel eine Gesellschaft ist, die auf einen modernisierten Faschismus hinausläuft. Die ersten neoliberalen Umbauten wurden damals mit Pinochet begonnen. Der Wirtschftsbegriff "Globalisierung" hat nicht das geringste mit dem Fall der Nationen und Grenzen zu tun. Im Gegenteil: die Festung Europa und der neue Euronatiomalismus sind Teil der politischen Strategien.

Ergänzung

Roland Ionas Bialke 09.02.2006 - 02:11
Als ultra-liberaler Mensch habe ich den Begriff Globalisierung so verstanden: Globalisierung ermöglicht die Abschaffung von Staaten, Staatsschulden und Staatsgrenzen, sie ermöglicht also nur einen Staat mit einer gemeinsamen Währung. Dieser einheitliche Staat, in der unterschiedliche Lebensweisen und kulturen respektiert werden, gibt es also auch Sozialleistungen für alle Menschen nach gleichem Recht.

Wie Wir sowas durchführen sollen, da habe ich nicht so viel Ahnung. Aber einige Politiker haben schon gute Ansätze (z.B. den Euro) geboten.

@ Roland

Ralle 09.02.2006 - 11:09
Also da hast du was missverstanden. Bist sozusagen der BDI-Propaganda aufgesessen. Neolibelismus bedeutet starker Nationalstaat. Nur für Konzerne öffnen sich die Grenzen.

@Satanist Roland

Burns 09.02.2006 - 11:39
Es ist Dir ja wohl hoffentlich schon klar dass kein Politiker, der von Neoliberalismus und Globalisierung schwärmt, einen Einheitsstaat anpeilt. Respekt für alle Lebensweisen gibt es in diesem Programm nicht und Sozialleistungen erst recht nicht.

krank...

. 09.02.2006 - 17:06
Kann mal jemand die komischen Kommentare dieses kranken Typen löschen? Is voll nervig was sich auf Indy alles rumtreibt!

habe keinen passenden Titel gefunden

Anti-D 09.02.2006 - 23:29
Globalisierung bedeutet, dass die Großkapitalisten nicht mehr nur die Leute in "Ihrem" Land ausbeuten können, sondern grenzübertretend. Und die Gewerkschafter fordern eigentlich nichts anderes als: "Bitte beutet nicht die anderen aus, sondern uns"

Das ist eine sehr traurige Angelegenheit, schließlich stehen da ja einige Existenzen auf dem Spiel. Meines Erachtens sollte es deshalb nicht heißen, dass der Kapitalismus schlecht ist weil er entgrenzt ist - sondern generell.

Deutschland abschalten.

Bitte Kommentar in "BEITRÆGE DIE KEINE INHALTLICHE ERGÆNZUNG DARSTELLEN" verschieben. Danke.

keine Inhaltliche ergänzung

schlaubi 11.02.2006 - 19:48
ist hier gerade nen wettbewerb zur verkürzten globalisierungskritik am start oder wie?
Ich glaube von nen paar kleingrüppchen abgesehen sehen sich die meisten mitglieder der sozialen bewegungen als globalisierungs-KRITIKER, nicht gegner! Die globalisierung ist etwas gutes und vernünftigerweise auch nicht aufzuhalten. Die art und weise wie sie vorangetrieben wird, nämlich rein wirtschaftsliberal, die muss bekämpft werden!
Das Problem an Bolkenstein ist im wesentlichen, dass Dienstleister zu Konditionen ihres Heimatlandes im EU-Ausland arbeiten können. Das bedeutet einen massiven wettbewerbsvorteil für unternehmen aus ländern mit niedrigen lohnkosten und geringen rechten für arbeiter und angestellte. Folglich werden auch hier die rechte dieser gruppen, sowie die löhne zurück gedrängt.

schlaubi: typisch deutsch

ich 11.02.2006 - 20:21
globalisierung ist ein wirtschaftspolitischer begriff und bedeutet "harmonisierung der märkte zugunsten der größten unternehmen". globalisierungskritiker kritisieren diese ungerechten strukturanpassungsprogramme, die millionen in die bitterste armut stürzen. kritiker bzw. gegner dieser ungerechten wirtschaftsliberalen globalisierung sind im gegensatz zu den globlaisierern für offene grenzen und gegen jeden nationalismus. die bewegung ist global und horizontal vernetzt.
leute wie schlaubi sind typisch deutsche mittelklassekiddies aus der provinz: von nix eine ahnung haben, aber permament alles aburteilen und bewerten wollen. wenn leute wie schlaubi politisch aktiv werden dann meist in irgendwelchen sekten und parteien, die sich darüber definieren, wen sie alles hassen.

@ ich / runter damit

schlaubi 11.02.2006 - 21:05
Also der Begriff Globalisierung kommt sowohl aus der soziologie als auch aus der wirtschaft. Wikipedia schreibt: "Unter Globalisierung versteht man den Prozess der zunehmenden weltweiten Vernetzung der Menschen und Gesellschaften und der Vereinfachung ihres Marktzugangs auf Grund technischen Fortschritts in den Bereichen Information, Kommunikation, Transport, Verkehr und Kapital sowie der zunehmenden Liberalisierung des Welthandels."
Das ist, so wie es dort steht erstmal nicht negativ. Die praxis zeigt allerdings vorallem die begünstigung der multis, die verarmung der massen etc. Dies ist allerding nicht zwangsläufig mit dem Prozess der Globalisierung verknüpft, sondern mir der art und weise der umsetzung.
Und zu dem REst (also den komischen spekulationen über mich etc.) kann ich nur sagen, dass ich hoffe, dass du in deinem debattierclub nicht auch sonen depp bist.

@ schlaubi

ich 11.02.2006 - 21:33
genau das ist es, was ich meine. "Also der Begriff Globalisierung kommt sowohl aus der soziologie als auch aus der wirtschaft" ist falsch. es handelt sich um 2 unterschiedliche globalisierungs-begriffe, die gerne verwechselt und zusammengewürfelt werden. die kritik der globalisierungskritier richtet sich zu keiner zeit gegen eine globalisierung der welt, im gegenteil -siehe indymedia. sie sind es die es von allen am meisten praktizieren. der wikipedia-eintrag muss diesbezüglich unbedingt präziert werden.

@ich

schlaubi 11.02.2006 - 23:17
Also ich glaube du machst da zwei kategorien auf, dies so nicht gibt. Sobald du Grenzen (welcher art auch immer) öffnest, findet ein verstärkter austausch aller dinge (Güter, Kultur, Informationen,...) statt.
Es ist einfach nicht wegzudenken, dass menschen die miteinander Güter tauschen nicht gleichzietig informationen und kultur austauschen bzw. andersrum.
Folglich bin ich der Meinung, dass es nur eine Globalisierung gibt. Teilaspekte davon sind sehr gut (Internet mit Indymedia, WSF, ... ) andere sind sehr schlecht (WTO, IMF, ...). Die schlechten müssen geändert werden.

@ schlaubi

ich 11.02.2006 - 23:46
was du jetzt meinst ist aber nicht der begriff der neoliberalen globalisierung, bzw. der wirtschaftspolitische begriff. du meinst jetzt das, was man allgemeingebräuchlich unter dieser vokabel versteht. in diesem sinne sind die no-globals die eigentlich echten globalisierer, während die neoliberalen die antiglobalisierer sind.

im wirtschaftspolitischen sinne steht aber globalisierung nun mal nicht für dinge wie "freier warenaustausch" oder "grenzen öffnen". der wirtschaftspolitische begriff der globalisierung hat mit dem "erdglobus" nichts zu tun, sondern damit, daß "global" ein synonym für "generell" bzw. "allgemein" ist.
beispiel: wenn meine universität einen neuen globalhaushalt beschliesst, dann bedeutet das nicht, daß sie jetzt mit einer uni in tokyo oder kapstadt zusammen einen haushalt beschliesst. wenn meine universität einen neuen globalhaushalt beschliesst, dann bedeutet das, daß ein general-haushalt beschlossen wird, der meist bedeutet, daß alle fakultäten gleich viel geld erhalten, egal wie groß sie sind. das ist natürlich ziemlich ungerecht und so gibt es dozenten und angestellte und studis, die gegen den globalhaushalt protestieren und haushaltspolitik-kritiker sind. es ist aber nun unsinn ihnen vorzuwerfen, sie wären gegner jeglicher haushaltspläne oder vernünftigen wirtschaftens.
insofern führt also die begriffsverwirrerei dazu, daß kritikern der vorherrschenden politik einfach bestimmte ansichten untergeschoben werden. die neoliberale globalisierung bedeutet konkret die intensivierung der ausplünderung der 3. welt, die errichtung von reichen enklaven und die schaffung der festung europa. die begriffsverwirrung erlaubt es den medien den kritikern dieser auswirkungen unterzuschieben, sie seien diejenigen, die gegen offene grenzen usw. wären.

einen unterschiedlichen begriffsgebrauch zwischen wissenschaftlern und allgemeinheit gibt es häufig. und dieser wird genauso häufig zum politikmachen ausgenutzt. aktuelles beispiel: das wort "theorie" meint in der sprache der wissenschaft sowviel wie "sehr gutes und belegtes modell der realität". im umgangssprachlichen bedeutet "theorie" dagegen soviel wie "nicht bewiesene spekulation". die krationisten nutzen das aus, um öffentlich urknalltheorie und evolutionstehorie als spinnerei zu diffamieren. mit sehr viel erfolg.

die frage ist, wie man mit damit umgeht. vermeidet man künftig wissenschaftliche sprache in der politik, um diese missverständnisse auszuräumen? oder versucht man statt dessen auf bildung und emanzipation zu setzen und die leute zu teachen?