"Gegen Polizeigewalt in Barecelona-Karcelona"

barcelona - carcelona 06.02.2006 21:37 Themen: Repression
uebersetzungen diverser texten ueber die vorfaelle und verhaftungen vom 4. februar 2006 in barcelona, publiziert am 06. 02. 06 auf indymedia barcelona
am freitag den 3. februar 2006 fand im stadtteil santa caterina (altstadt von barcelona) in dem besetzten haus "el teatro" eine party statt. bereits am 10 uhr waren polizeieinheiten der "guardia urbana" in dieser gegend praesent. gegen ca. 5 uhr begann die polizei leute vor dem besetzten haus zu schikanieren. die situation eskalierte als die polizei begann brutal auf dort anwesende personen einzuschlagen. von der polizei wurden drei scharfe schuesse abgefeuert, es kam zu willkuerlichen verhaftungen.
in diesem tumult erlitt ein polizeibeamter (der "guardia urbana") eine schwere kopfverletzung. hierzu gibt es zwei versionen: in der ersten wird davon gesprochen, dass die verletzung durch einen, vom balkon des besetzten hauses geschmissenen blumentopfes zustande kam. vierzehn stunden spaeter wird aus dem blumentopf dann ploetzlich ein stein, der von mehreren personen auf den beamten geworfen worden sei.
laut augenzeugInnenberichten wurde eine der verhafteten personen auf offener strasse von acht polizistInnen (der einheiten "mossos d'esquadra" und "guardia urbana") brutal misshandelt. bis acht uhr abends desselben tages war diese person verschwunden. die polizei verweigerte jegliche information ueber ihren aufenthalt und gesundheitszustand.
diese vorgehensweise ist illegal, angehoerige und freundInnen der verhafteten muessen um deren seelisches und koerperliches wohlbefinden fuerchten.

samstag nachmittags bemaechtigten sich polizeieinheiten der "mossos d'esquadra" des gesamten stadtteils santa caterina und begannen mit einer hetzjagd gegen verschiedene soziale zentren im stadtteil, die mit den vorfaellen vom 04. 02. 06 in keinerlei verbindung stehen.
leute mit vermeintlichem "squatteroutfit" die sich in der gegend bewegten wurden willkuerlich angehalten und kontrolliert. bis samstag 22:00 uhr erhielt werder die unterstuetzungsgruppe der verhafteten, noch die anwaeltInnen oder angehoerige nachricht ueber den zustand der verhafteten. bis dato wird eine jugendliche vermisst. ihre eltern haben eine vermisstenanzeige aufgegeben.
die informationen, die wir ueber drei der verhafteten haben sind aeussert besorgniserregend:
eineR hat eine schwere kopfverletzung, eineR andereR diverse haematome im gesicht und einen verbundenen arm. die person, die am schwersten verletzt ist, wurde brutal verpruegelt und solange an den haaren ueber den boden geschliffen, dass ihr ein dreadlock ausgerissen wurde. sie hat ausserdem einen arm in gips und den anderen verbunden.
wegen der schwere der verletzungen wurden die verhafteten ins krankenhaus gebracht. nichtsdestotrotz hatten die misshandlungen nach der entlassung aus dem spital kein ende. das alles geschieht mit der rueckendeckung der justiz, die ueber den gesamten fall eine informationssperre verhaengt hat.
waehrend der gesamten haftzeit bekamen die verhafteten nicht mehr als ein halbes glas wasser zu trinken.

wir bitten alle kollektive, die sich im kampf gegen die folter engagieren umd die maximale unterstuetzung. sei es diese informationen zu verbreiten oder auch an der aufklaerung dieser konkreten foltervorfaelle mitzuarbeiten. es ist damit zu rechnen, dass einige der verhafteten in haft verbleiben werden und sich ihre situation verschlechtern wird.

zwei versionen zur eskalation der situation am 04. 02. 06 vor dem besetzten haus "el teatro" in barcelona:

nach offiziellen quellen wurde am freitag abend der raum, in dem in der darauffolgenden nacht ein illegales fest veranstaltet werden sollte, durch die "guardia urbana" gesperrt. das fest fand unter der teilnahme von einigen hundert personen trotzdem statt. bis gegen sechs uhr morgens 30 leute, die zum fest kommen wollten aber nicht mehr in das haus gelangten, sich mit der "guardia urbana", welche die zone unter staendiger ueberwachung hielt, konfrontierten.
der offizielle sprecher versicherte, dass die leute, die sich im haus befanden damit begannen, die beamtInenn mit diversen gegenstaenden zu bewerfen.

nach informationen des besetzerInnenkollektivs befahl die polizei am samstag um 5 uhr morgens das fest zu beenden, was auch passierte. rund 30 leute, die zu diesem zeitpunkt vor dem "teatro" eintrafen, wurden nicht eingelassen. die beamtInnen begannen damit, die leute auf der strasse auf unsanfte weise zu kontrollieren. so kam es zu den ersten zusammenstoessen. die beamtInnen forderten verstaerkung durch die "antidisturbios" (spezialeinheit/antiriotpolice) an und behaupteten, dass sie mit steinen und muell beworfen worden seien.

ein nachbar, der die szene von seinem balkon aus beobachtet hat versichert, dass sich das chaos ueber den unmittelbaren ort des geschehens ausweitete und die polizei (einheiten sowohl der "mossos d'esquadra" wie auch der "guardia urbana") willkuerlich auf leute einschlug. auch auf solche, die eindeutig kundtaten nichts mit dem bestzten haus zu tun zu haben.
im laufe dieser auseinandersetzung wurde ein beamte der "guardia urbana" am kopf getroffen. er erlitt ein schaedelhirntrauma und einen schaedelbasisbruch. der beamte j. s. d. (39 jahre alt) wurde in uci krankenhaus "hospital clinic" gebracht, wohin auch der katalanische praesident pasqual maragall und der buergermeister von barcelona joan clos kamen. der buergermeister behauptete anfaenglich, dass die kopfverletzung des beamten aus dem wurf eines blumentopfes, der aus dem haus geworfen wurde, in dem das fest stattfand, resultierte. spaeter wurde dann von einem sprecher der gemeinde behauptet, dass es sich um einen gezielten steinwurf gehandelt hat - "agression directa" ("direkte aggression").
die vorfaelle endeten mit 9 verhafteten personen (zwei aus chile, eine aus argentinien, eine aus deutschland und fuenf aus spanien) im alter von 20 bis 31 jahren.
die bewohnerInnen und nutzerInnen des "teatro" behaupten, dass sich unter den verhafteten keine ihnen bekannte person befindet und sich die organisatorInnen des festes nicht an den auseinandersetzungen beteiligten.

(flugblatt von leuten, die die gefangenen vom 04. 02. 06 in barcelona unterstuetzen)

CONTRA LA REPRESIÓN POLICIAL - GEGEN POLIZEIGEWALT

am samstag den 4. februar 2006 in den fruehen morgenstunden verhaftete die polizei auf brutale weise 9 personen in der strassesant pere mes baix, in der altstadt von barcelona.
die illegale vorgehensweise durch polizei und justiz machen es unmoeglich die genaue anzahl der verhafteten personen zu eruieren, sowie informationen ueber deren identitaet und gesundheitszustand erlangen.
sicher ist, dass diese personen waehrend der verhaftungen und auf den polizeistationen geschlagen und schwer misshandelt wurden. die verhafteten sind opfer eines polizeilichen konstruktes, das versucht, sie mit schwerfen anschuldigungen zu belasten (*). die verhafteten weisen diese entschieden zurueck.
das alles ist kein zufall. diese verschaerfung der gewalt, die duch die verschiedenen polizeieinheiten seit einiger zeit vorangetrieben wird, genauer, seit dem das gesetz des sogenannten "civismo" (**) verabschiedet wurde, wir die null-tolleranz-politik und die definitive ausweitung der "mossos d'esquadra" (***) immer klarer gegen bestimmte politische kollektive und stadtteile (z.b. raval, santa caterina, sants, berga, ciutat vella, arenys) angewandt. stadtteile, wo die spekulativen interessen der gemeinde mit der sozialen realitaet der dort lebenden menschen zusammenstossen. die antwort auf diesen konflikt, der aus dem mangel von alternativen waechst, ist wueste repression in der form von unverhaeltnismaessigen polizeieinsaetzen wie z.b. dem vom letzten samstag.
sie suchen schuldige fuer die realen konflikte, die sie selbst schaffen.
wir fordern die sofortige und bedingungslose freiheit fuer die verhafteten und das ende der misshandlungen und der folter, welche unter rueckendreckung der justiz durch die verschiedenen polizeilichen koerper angewandt wird!

FREIHEIT FUER DIE GEFANGENEN VOM 4. FEBRUAR 2006!

(*) in den buergerlichen medien werden die zwei verhafteten chilenischer staatsangehoerigkeit als die vermeintlichen aggressoren benannt, die wegen versuchten totschlag (eventuell auch mordes) angeklagt werden sollen.

(**) "civismo" ist ein neu erfundener begriff der ins deutsche vielleicht mit "zivilisertheit" uebersetzt werden kann. es handelt sich dabei um eine reihe von verordnungen, mit denen die "zivilisiertheit" der bevoelkerung garantiert werden soll. beispielsweise wird das ausspucken auf der strasse verboten oder aber auch kontrolliert, ob die buergerInnen ihren muell in die richtige muelltonne werfen... kurz: es geht dem staat/der stadt barcelona um mehr kontrolle und disziplin.

(***) bei den "mossos d'esquadra" handelt es sich um eine polizeieinheit, die seit einigen jahren in barcelona taetig ist und seit dem 1. november 2005 in ganz katalunien den aufgabenbereich der "policia nacional" uebernommen hat.
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Ergänzungen

was so erzählt wird & was ich denke

echt ziemlich baff! 08.02.2006 - 14:18
... in der presse war immer wieder die rede davon, dass die polizei zunächst nur deshalb vor ort gewesen sei, um zu verhindern, dass die festbesucher überall hinpissten und -scheissten, denn die nachbarschaft hätte sich über die nutzung der strasse als öffentliches klo beschwert.
zeuginnen zufolge begannen die urbanos aber bereits um spätestens 3 uhr damit, leute nicht mehr auf die party zu lassen. zwei der urbanos fingen dann wohl an, willkürlich um sich zu schlagen. der blumentopf, der dann einen von ihnen tödlich verletzte, mutierte erst zum stein, dann zum knüppel und zuletzt behaupteten diverse bullen, nachdem was ich hörte, vor gericht: erst habe eine person einen riesigen stein genommen und damit auf den kopf des urbanos geschlagen, dieser sei zu boden gegangen und eine andere person, ebenfalls mit einem in beiden händen gehaltenen riesenstein, habe dann auf den am boden liegenden den stein herunter krachen lassen. mehrere urbanos decken sich in dieser aussage und behaupten, den haupttäter (zweitere person, mit anklage wegen versuchten mordes) eindeutig identifizieren zu können. hätte man sich weiterhin an die blumentopfversion gehalten, wäre weder eine anschuldigung wegen versuchten mordes, noch die eindeutige identifizierung des täters aufrecht zu erhalten gewesen...

zur location: die presse versucht, in gute und böse squater zu unterscheiden: diejenigen, die friedlich kultur machten auf der einen und die besoffenen randalierenden auf der anderen. die massenmeiden brauchen ja immer einfache, dümmliche patenrezepte...
in diesem zusammenhang allerdings grenzen sich auch diverse leute der squat-szene ab, die meinen, dass die theatro-betreiberinnen kaum der hausi-szene angehörten. so wurden in der presse kursierende gerüchte darüber, dass die besetzer im theatro teils zimmer vermietet (!) hatten und eine enorme individuelle bereicherung dadurch wie durch den verkauf von getränken und insbesondere anderer genussmittel stattfand, bestätigt. und politischen projekten gegenüber hätten sich die betreiberinnen des squats mehr als kurios verhalten, so sei bspw. soliknete unter misteriösen umständen verschwunden...
auch gibt es betroffene, die aussagen, dass als die urbanos unten anfingen, die leute zu verprügeln, die tür verschlossen (oder verschlossen gehalten) wurde - was ja in etwa den offiziellen berichten entspricht. nur dass eben die bullen anfingen, zu schikanieren und anschliessend wild zu prügeln...
ich habe das hier jetzt nur geschrieben, weil es ein deutsches info-portal ist - meiner meinung nach ist diese diskussion (als offene diskussion nach aussen!) in barcelona selbst sehr schwierig und sollte gut überlegt sein, um eben nicht bullen und politik in die hände zu spielen...
denn der versuch von bullen, politik und medien, die "szene" in gute und böse zu unterscheiden, sollte besser nicht gelingen. der fall is recht klar: bullen haben prügel verdient, wer nun angefangen hat, ist dabei weniger wichtig. dennoch ist es recht unwahrscheinlich, dass die besucherinnen der party grundlos einen konflikt mit den urbanos angezettelt haben. und zeuginnen bestätigen, dass die bullen anfingen. auch scheint die version des blumentopfes weitaus realistischer als die letzendliche der bullen - aber in jedem fall: dass der bulle nun im koma liegt, war sicher kaum erwartet und vielleicht nicht erwünscht. jedoch sprechen die zahlen von übergriffen seitens der polizei in der vergangenheit und gegenwart für sich und gerade deshalb ist aktive und militante gegenwehr prinzipiell wohl sehr erwünschenswert!

ein paar infos im kontext:
- am nachmittag nach dem vorfall wurden leute im barrio willkürlich geschlagen. einer person bspw., die gerade geld für ein aufwendiges soli-projekt von der bank geholt hatte, wurden dabei tatsächlich einige hundert euro im rahmen einer brutalen kontrolle von nicht identifizierten mossos entwendet ("wenn du nachweist, dass du das geld legal erworben hast, bekommst du es wieder").
- seit anfang des jahres gehen die bullen brutal gegen besetzungen vor, eine welle der räumung nimmt seither ihren lauf. ein vorwand, um die gewalt nun zu verschärfen, ist mehr als willkommen. dass die organisierte szene aber wahrscheinlich nichtmal mit dem vorfall in verbindung steht oder falls doch, es dafür keinerlei beweise gibt, spielt da keine rolle. ganz im gegenteil: nun sollen zwei oder drei organisierte hausis in einem erstklassig inszenierten prozess stellvertretend für die szene, die die bullen nach wie vor standhaft auf trab hält, abgestraft werden. und der effekt bleibt nicht aus, denn die besetzerinnen wissen, es hätte sie alle erwischen können: anklage wegen versuchten mordes! vielleicht viele jahre knast...
willkürliche brutalität und korruption scheinen hier genauso an der tagesordnung zu sein, wie in einigen postdiktatorischen ländern lateinamerikas... und auch gegen die beiden, nach einem fahrradunfall ins krankenhaus gelangten und dann ohne umschweiffe von den bullen verhafteten und misshandelten wurden die schweren anschuldigungen nicht fallen gelassen! der beweis ihrer schuld, so sagt es der szene-tratsch: eine sms im handy, die in jener nacht zu der party im theatro einlud... buenas noches, bareclona!

novedades

barcelona-karcelona 08.02.2006 - 23:01
gestern wurden nach der ersten haftpruefung 6 von den gefangenen freigelassen. es ist kein zufall, dass gerade die verhafteten aus chile und argentinien in u haft ueberstellt wurden. das entspricht den aeusserst rassistischen vorverurteilungen durch die medien und durch die polizei. die laut presse kolportierten anklagen lauten auf versuchten totschlag, der verletzte polizist liegt weiterhin im koma.
es ist uns bekannt dass die drei gefoltert wurden darum wird am samstag um 12 uhr eine demonstration am placa jaume 1 , barcelona stattfinden.
freiheit fuer die verhafteten vom 4. februar!!
.................................................vielleicht laesst sich ja auch was vor der spanischen botschaft bemerkbar machen...

falsch wiedergegeben!

echt ziemlich baff! 09.02.2006 - 12:42
es war nie von "versuchtem mord", sondern von anfang an von versuchtem totschlag die rede... sorry. (spanisch "homicidio": kann beides bedeuten, im juristischen isses aber totschlag)

beschuldigte nur zufällig dort gewesen

barcelo 09.02.2006 - 16:01
...heisst es aus kreisen der familie und der freunde der hauptbeschuldigten. diese seien weder in den besetzerkreisen aktiv, und nur teilweise auf der fiesta gewesen, und wurden zufällig in die auseinandersetzungen hineingezogen - so zitiert die vanguardia vom 9. februar den anwalt der beschuldigten, eduardo carlís.

nur so eine frage

egal 10.02.2006 - 02:14
wo genau befindet sich das haus in barcelona??stadtteil santa caterina kann ich nicht finden!!!

arco de triomf

hulla 10.02.2006 - 02:30
das theater ist/war nahe metro-station arco de triomf, direkt am platz forat de la vergonya. inzwischen hübsch vermauert.

Spendenkonto

x 10.02.2006 - 09:38
Gibt es bereits ein Spendenkonto für Anwaltskosten? Die Leute im Knast brauchen unterstützung!